Erbitterte Gegner vor dem höchsten US-Gericht

[Unterhaltungsbranche will Tauschbörsen im Internet stoppen]
Zwei erbitterte Gegner treten zum Showdown an: Auf der einen Seite wird das Hollywoodstudio MGM von mehr als zwei Dutzend Firmen der US-Musik- und Filmindustrie unterstützt. Ihnen gegenüber stehen die Betreiber der kostenlosen Internet-Musikbörsen Grokster und StreamCast, die zahlreiche Verbraucherschützer und Internetnutzer hinter sich wissen.

[Eingang zur Zentrale von Metro-Goldwyn-Mayer, eines der ältesten Filmstudios Hollywoods]
Die Unterhaltungsbranche wirft ihnen vor, hunderttausende Musiktitel und Filme ohne Achtung des Urheberrechts weiter zu verbreiten. Nach mehreren gerichtlichen Niederlagen haben die Konzerne im Fall "MGM vs. Grokster" nun die höchste richterliche Instanz in den USA, den Obersten Gerichtshof, angerufen. Die Richter müssen nach einer Anhörung, die heute beginnt, über die Schließung über die beiden Online-Tauschbörsen entscheiden. Ein Urteil wird im Sommer erwartet. In den vorangegangenen Urteilen hatten die Betreiber der Internetseiten, die den kostenlosen Tausch von urheberrechtlich geschützten Musikstücken und Filmen unter den Nutzern erlauben, Recht bekommen.
Betamax-Schatten fält auf Kläger
Seit Jahren versucht die Branche ohne Erfolg, die Tauschbörsen-Betreiber zur Verantwortung zu ziehen. Zwar folgten die Richter der Argumentation der Musikproduzenten, wonach kostenlose Verbreitung und Herunterladen rechtswidrig sind. Allerdings könnten die Tauschbörsen, so die Richter, nicht für das illegale Handeln ihrer Nutzer verantwortlich gemacht werden. Sie stützten sich auf ein Urteil von vor zwanzig Jahren. Damals wollte die Unterhaltungsindustrie die Sony-Betamax-Videorekorder verbieten lassen, weil die Geräte illegales Kopieren von urheberrechtlich geschützten Produkten ermöglichten. Die Richter gaben jedoch Sony recht, weil die Geräte nach Ansicht der Richter auch für völlig legale Aktivitäten genutzt werden könnten.
Erinnerungen an Napster werden wach
Es werden aber auch Erinnerungen an einen anderen Fall werden wach, in dem die Musikindustrie schon einmal erfolgreich ihre Muskeln spielen ließ: Nachdem ein US-Gericht der Online-Tauschbörse Napster ihr kostenloses Angebot untersagt hatte, musste das Unternehmen vom Netz gehen. Nach zwischenzeitlicher Insolvenz bietet es heute unter dem Namen "Napster 2.0" nur noch legal erworbene Musiktitel an, deren Abruf bezahlt werden muss. Auch bei den Tauschbörsen werden legal Inhalte verbreitet.

[Bildunterschrift: Ausschnitt der Homepage der umstrittenen Musiktauschbörse Kazaa.]
Unbeeindruckt von dem juristischen Hickhack blieben andere Tauschbörsen wie Grokster, KaZaa und Morpheus online. Der Kunstgriff dieser Anbieter: Anders als Napster verzichten sie auf ein Zentralverzeichnis aller Musikstücke. Alle Titel lagern dezentral auf den Computern der Nutzer. Während die Börsenbetreiber argumentieren, nur die Software für den Tausch zur Verfügung zu stellen, will die Industrie sie auch für die illegalen Downloads verantwortlich machen. Für den juristischen Laien ist Grokster so näher am Fall Betamax als am Fall Napster.
Dabei geht es um viel Geld: Allein in Deutschland hätten 2003 7,3 Millionen Menschen zum großen Teil ohne Rücksicht auf Urheberrechte Musik aus dem Internet abgerufen, rechnete Hartmut Spiesecke vom Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft in Deutschland jüngst vor. Die insgesamt 600 Millionen heruntergeladenen Titel hatten demnach einen Marktwert von 900 Millionen Euro.
Quelle: tagesschau.de