der-prophetII
12 May 2005, 12:45
Einen Thread für Zitate gibt es schon, aber noch keinen für die schönsten Gedichte.
Mein Libelingsgedicht ist von Heinrich Heine:
Doktrin
Schlage die Trommel und fürchte dich nicht,
Und küsse die Marketenderin!
Das ist die ganze Wissenschaft,
Das ist der Bücher tiefster Sinn.
Trommle die Leute aus dem Schlaf,
Trommle Reveille mit Jugendkraft,
Marschiere trommelnd immer voran,
das ist die ganze Wissenschaft.
Das ist die Hegelsche Philosophie,
Das ist der Bücher tiefster Sinn!
Ich hab sie begriffen, weil ich gescheit,
Und weil ich ein guter Tambour bin.
Kleine Forderung
Sicher findet die Hand
Den schmerzenden Punkt
Auf dem Rücken
Gehe ich meinen Weg
In den hastigen Tag
Teile meine Möglichkeiten
In die Notwendigkeiten
Dieser Zeit
Die Einerstelle vor dem Komma
Nenne ich Einsicht
So kommt und fordert
Noch längst ist nicht alles bezahlt
Dem Komma folge ich
In Zehnteln Welträtsellöser
Nach bestem Gewissen
Der den Kopf in den Sand steckt
Vorbeugend
Die Panzer zu hören
Den Menschen das Recht abspricht
Den Kopf nur zum Essen zu tragen
Ich sage
Ich will aus Dachrinnen
Saufen
Um euch Vorbild zu sein
Die ihr nur den äußeren Eindruck
Erachtet
med.ex
12 May 2005, 17:52
mein Lieblingsgedicht hat mein bester freund mal für mich geschrieben...
Am Abend
Die Sonne, wenn sie untergeht
verschwindet hinter Bäumen.
Und wenn der Mond am höchsten steht,
beginne ich zu träumen.
Ich träume und die ganze Welt
erscheint mir dann so klein.
Die Augen geschlossen, mir vorgestellt
der Größte hier zu sein.
Ich weiß genau was du hier siehst
das bin nicht wirklich ich.
Wovor du Angst hast, wovor du fliehst
Das weißt du selber nicht.
Ich weiß auch, dass du manchmal die Augen schließt,
um einmal du zu sein.
Doch wo jetzt Dunkelheit noch ist,
Ist bald schon heller Sonnenschein.
Ein ganzer Tag in Einsamkeit
den wir gemeinsam haben.
Und warten in Unendlichkeit
Nur auf den nächsten Abend.
Flizzi
12 May 2005, 20:11
NACHTGEDICHT
Dich bedecken
nicht mit Küssen
nur einfach
mit deiner Decke
(die dir
von der Schulter
geglitten ist)
daß du
im Schlaf nicht frierst
Später
wenn du
erwacht bist
das Fenster zumachen
und dich umarmen
und dich bedecken
mit Küssen
und dich
entdecken
(Erich Fried)
yocheckit
12 May 2005, 20:14
Kleine Aster
Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.
Irgendeiner hatte ihm eine deunkelhellila Aster
zwischen die Zähne geklemmt.
Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in das nebenliegende Gehirn.
Ich packte sie ihm in die Brusthöhle
zwischen die Holzwolle,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft,
kleine Aster!
(Gottfried Benn - 1912)
chaoscone
12 May 2005, 20:48
jaaa...gedichte fetzen !!! hab auch ein ganz ganz tolles
Wilhelm Busch
~ Fuchs & Igel ~
Ganz unverhofft an einem Hügel, sind sich begegnet Fuchs und Igel.
„Halt!“ Rief der Fuchs „Du Bösewicht, kennst du des Königs order nicht?
Ist nicht der Frieden längst verkündigt, und weißt du nicht dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht? Im Namen seiner Majestät,
geh her und übergib dein Fell!“ Der Igel sprach „Nur nicht so schnell!
Lass dir erst deine Zähne brechen, dann wollen wir uns weiter sprechen!“
Und also gleich macht er sich rund, schließt seinen dichten Stachelbund
Und trotzt getrost der ganzen Welt, bewaffnet doch als Friedensheld.
razzbatzz
30 Jun 2005, 00:39
#404
simpson
30 Jun 2005, 01:20
eins für die nacht:
Dort ist der Galgen, hier die Stricke
Und des Henkers roter Bart,
Volk herum und gift'ge Blicke -
nichts ist neu d'ran Meiner Art!
Kenne dies aus hundert Gängen,
Schrei's euch lachend ins Gesicht:
Unnütz, unnütz, Mich zu hängen!
Sterben? - Sterben kann ich nicht!
Bettler ihr! Denn euch zum Leide
Ward Mir, was ihr nie erwerbt:
Zwar Ich leide, zwar Ich leide -
Aber ihr - - ihr sterbt, ihr - sterbt!
Auch nach hundert Todesgängen
Bin Ich Atem, Dunst und Licht -
Unnütz, unnütz Mich zu hängen -
Sterben? - Sterben kann Ich nicht!
Friedrich Nietzsche.
morgen kommt eins von nem guten freund.. hat mih in meiner jugend tief bewegt..aber muss ich abtippen und suche..zuviel für jetzt..
Dr_NickRiviera
30 Jun 2005, 06:46
Vor unserem Haus da drauß´
hängt am Baum ein Futterhaus.
Vom Fenster gut zu sehen,
wie sie ein- und ausgehen,
die fröhliche Vogelschar,
vereinzelt oder als Paar.
Ein lustig Treiben ist dort,
sie kommen, sie fliegen fort,
ständig geht es hin und her,
ja, der reinste Flugverkehr.
Körner sie fleißig picken
und ständig um sich blicken,
ob nicht etwa Gefahr droht,
umsonst war das liebe Brot.
Welch´ Gezwitscher und Gesang,
gar lieblich erscheint der Klang,
nicht nur in Aug´und Ohr
ruft es Freud´und Glück hervor,
ist auch gut fürs Seelenheil,
deshalb ich am Fenster weil.
Doch eines Tags´kam ein Spatz
ein frecher, nahm darin Platz,
um sich schnell auszubreiten
begann er gleich zu streiten.
Tat die Vögelein picken,
auch in die Füßchen zwicken.
Das war ihnen gar nicht lieb,
wie er sie alle vertrieb.
Die Vöglein kommen nicht mehr,
das Futterhaus isst fast leer.
Allein sitzt nun da der Spatz,
jetzt hat er genügend Platz.
Kann sich darin ausbreiten,
gemütlich einher schreiten.
Wie er so sitzt ganz allein,
fängt er laut an zu schrein:
Ach, kommt alle wieder her,
doch es kommt
kein Vöglein mehr.
Kein Blick widmet sich
mehr dem Haus
wo einst man flog ein und aus.
Eulenspiegel 4/05
Seite 39 Fehl-Anzeiger.
mcnesium
30 Jun 2005, 11:19
das tiefste deutsche Gedicht...
Fisches Nachtgesang
Christian Morgenstern
der-prophetII
30 Jun 2005, 16:29
Sind wir schon bei Nietzsche angelangt, folgt der nächste!
"Pia, caritatevole, amoresissima".(Auf dem campo santo.)
O Mädchen, das dem Lamme
Das zarte Fellchen kraut,
Dem Beides, Licht und Flamme,
Aus beiden Augen schaut,
Du lieblich Ding zum Scherzen,
Du Liebling weit und nah,
So fromm, so mild von Herzen,
Amorosissima!
Was riss so früh die Kette?
Wer hat dein Herz betrübt?
Und liebtest du, wer hätte
Dich nicht genug geliebt? -
Du schweigst - doch sind die Thränen
Den milden Augen nah:
Du schwiegst - und starbst vor Sehnen,
Amorosissima?
-Friedrich Nietzsche-
Nietzsche gibt's bei
Gutenberg,
lest Nietzsche, lest Nietzsche!
Nummer 1
Zitat
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Aus: Neue Gedichte (1907)
von R.M. Rilke
Nummer 2
Zitat
als wir uns liebten
liebten wir uns selbst nicht
als wir uns den Krieg erklärten
gaben wir uns schon verloren
als wir geschlagen waren
bemühten wir die Geschichte
als wir allein waren
übertönten wir sie mit Musik
als wir uns trennten
blieben wir am gleichen Ort
und so lagen wir uns bald wieder in den Armen
und nannten es ein Liebesgedicht
aber kein Liebesgedicht erklärt uns
die Angst vor der Liebe
und warum der Himmel so blau war
als wir uns trafen
und warum er immernoch so blau sein wird
wenn wir sterben werden
du für dich
ich für mich
von Jörg Fauser
Nummer 3
Zitat
Auf einem gelben Stück Papier, grün liniert,
schrieb er ein Gedicht
Und der nannte es "Chops"
denn das war der Name seines Hundes
Und nur darum ging es
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
und einen goldenen Stern
Und seine Mutter klebte es an die Küchentür
und las es seinen Tanten vor
Das war das Jahr, als alles Kinder
mit Father Tracy in den Zoo fuhren
Und sie sangen mit ihm im Bus
Und seine Schwester kam auf die Welt
mit winzigen Zehennägeln und kahl
Und seine Eltern küssten sich oft
und das Mädchen um die Ecke schickte ihm
eine Valentinskarte mit vielen "X"-en
Und er fragte seinen Vater, was die "X"-e bedeuten
Und sein Vater brachte ihn am Abend ins Bett
Und war immer da, um das zu tun.
Auf einem weißem Stück Papier, blau liniert,
schrieb er ein Gedicht
Und nannte es "Herbst"
denn es war gerade Herbst
Und nur darum ging es
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
und sagte, er solle präziser schreiben
Und seine Mutter klebte es nicht an die Küchentür
denn die war frisch gestrichen
Und die anderen sagten ihm,
dass Father Tracy Zigaretten rauchte
Und sie in der Kirche fallen ließ
Und manchmal brannten sie Löcher in die Bänke
Das war das Jahr, als seine Schwester eine Brille bekam
mit dicken Gläsern und schwarzem Gestell
Und das Mädchen um die Ecke lachte ihn aus,
als er mit ihr auf den Weihnachtsmann warten wollte
Und die anderen sagten ihm,
warum sich seine Eltern oft küssten
Und sein Vater brachte ihn abends nicht mehr ins Bett
Und sein Vater wurde wütend,
als er ihn weinend darum bat
Auf einem Blatt aus einem Notizbuch
schrieb er ein Gedicht
Und nannte es "Unschuld: Eine Frage"
denn das war die Frage, die seine Freundin betraf
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
und sah ihn lange und seltsam an
Und seine Mutter klebte es nicht an die Küchentür,
denn es zeigte es ihr nicht
Das war das Jahr, als Father Tracy starb
Und er vergaß, wie das Glaubensbekenntnis ging
Und er erwischte seine Schwester,
wie sie hinterm Haus herumknutschte
Und seine Eltern küssten sich nicht mehr
und schwiegen sich an
Und das Mädchen um die Ecke trug zu viel Make-up
sodass es husten musste, wenn er sie küsst,
aber er tat es trotzdem,
weil es das war, was man halt tat
Und um drei Uhr morgens brachte er sich ins Bett,
während sein Vater nebenan schnarchte
Auf einem Stück brauner Papiertüte
versuchte er sich an einem Gedicht
Und nannte es "Absolut nichts"
denn nur darum ging es wirklich
Und er verpasste sich eine Eins
und einen Schnitte in jedes Handgelenk
Und klebte es an die Badezimmertür,
denn er glaubte nicht, dass er es noch
bis zur Küche schaffen würde
von Dr. Earl Reum
(entnommen aus dem Buch "Vielleicht lieber morgen" von Stephen Chbosky)
Magnolia
01 Jul 2005, 06:26
Zitat(yocheckit @ 12 May 2005, 20:14)
Kleine Aster...
(Gottfried Benn - 1912)

Eines meiner liebsten...
Aber mein allerliebstes ist
Deutschland, ein Wintermärchen von Heinrich Heine, davon liegt mir am nächsten am Herzen der
Abschied vo Paris, die Einleitung, die Heine einst selbst strich, ich werde das Gedicht bald ergänzen, nur nicht heute Nacht!
Magnolia
08 Jul 2005, 11:27
Zitat
Ade, Paris, du teure Stadt
Wir müssen heute scheiden
Ich lasse dich im Überfluß
Von Wonne und von Freuden.
Das deutsche Herz in meiner Brust
Ist plötzlich krank geworden,
Der einzige Arzt, der es heilen kann,
Der wohnt daheim im Norden.
Er wird es heilen in kurzer Frist,
Man rühmt seine großen Kuren;
Doch ich gestehe, mich schaudert schon
Vor seinen derben Mixturen.
Ade, du heitres Franzosenvolk,
Ihr meine lustigen Brüder,
Gar närrisch Sehnsucht treibt mich fort,
Doch komm ich in Kurzem wieder.
Denkt Euch, mit Schmerzen sehne ich mich,
Nach Torfgeruch, nach den lieben
Heidschnucken der Lüneburger Heid,
Nach Sauerkraut und Rüben.
Ich sehne mich nach Tabaksqualm,
Hofräten und Nachtwächtern,
Nach Plattdeutsch, Schwarzbrot, Grobheit sogar,
Nach blonden Predigerstöchtern.
Auch nach der Mutter sehne ich mich,
Ich will es offen gestehen,
Seit dreizehn Jahren hab ich nicht
Die alte Frau gesehen.
Ade, mein Weib, mein schönes Weib,
Du kannst meine Qual nicht fassen,
Ich drücke dich so fest an mein Herz,
Und muß dich doch verlassen.
Die lechzende Qual, sie treibt mich fort
Von meinem süßesten Glücke-
Muß wieder atmen deutsche Luft,
Damit ich nicht ersticke.
Die Qual, die Angst, der Ungestüm,
Das steigert sich bis zum Krampfe.
Es zittert mein Fuß vor Ungeduld,
Daß er deutschen Boden stampfe.
Vor Ende des Jahres bin ich zurück
Aus Deutschland, und ich denke
Auch ganz genesen, ich kaufe dir dann
Die schönsten Neujahrsgeschenke.
Quelle:
heinrich-heine.net
MaxwellDemon098
22 Jul 2005, 14:15
warum hat ers denn gestrichen?
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Rainer Maria Rilke
ist für mich der inbegriff der melancholie und ich kram es in jedem herbst auf das neue raus. da aber noch sommer ist, tu ich es ganz schnell wieder in die kiste rein
dachluke
02 Sep 2005, 01:55
freitod
es klingt viel schöner als dieses andere wort.
es hört sich viel mehr nach freiheit an.
es klingt viel mehr nach erlösung als nach einem ende von allem.
es hört sich leicht an, wenn man einfach nur einen schnitt oder einen sprung wagen muss.
es wird die anderen dazu bringen, dass sie sich endlich für dein gefühlsleben interessieren.
es klingt so überhaupt nicht danach, dass du der seeliche mülleimer bist.
es klingt danach als ob dir die engel dabei helfen.
aber leider klingt es auch nach selbstmord.
und ich will nicht morden, nur einfach frei sein.
aspasia
02 Sep 2005, 08:33
allein
es führen über die erde
straßen und wege viel,
aber alle haben
dasselbe ziel.
du kannst reiten und fahren
zu zwein und zu drein,
den letzten schritt mußt du
gehen allein.
drum ist kein wissen
noch können so gut,
als daß man alles schwere
alleine tut.
hermann hesse
gonozal
02 Sep 2005, 09:53
Matthias Claudius
Der Mensch
Empfangen und genähret
vom Weibe wunderbar,
kommt er und sieht und höret
und nimmt des Trugs nicht wahr;
gelüstet und begehret,
und bringt sein Tränlein dar;
verachtet und verehret,
hat Freude und Gefahr;
glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,
hält nichts und alles wahr;
erbauet und zerstöret
und quält sich immerdar;
schläft, wachet, wächst und zehret,
trägt braun und graues Haar.
Und alles dieses währet,
wenn's hoch kommt, achtzig Jahr.
Dann legt er sich zu seinen Vätern nieder,
und er kömmt nimmer wieder.
aspasia
02 Sep 2005, 14:23
meine liebe
sie schweigt und denkt mit trauervollen
gedanken ihrer fernen toten.
ich habe sie vielen angeboten,
es hat sie keiner haben wollen.
ich trug sie feil auf allen gassen
es wollte sie keiner - sie kann nicht lachen!
was soll ich mit meiner liebe machen?
ich will sie meinen toten lassen.
h.hesse
yocheckit
02 Sep 2005, 14:26
mein herz ist tot
ich lebe!
aspasia
05 Sep 2005, 08:15
der reingewaschene
ich kannte einen
dem hätte ich gern verziehen
daß seine hände
nicht rein waren
aber er
bestand darauf
sich öffentlich reinzuwaschen
von kopf bis fuß
und dann mit dem mühsam rosig
gebürsteten finger
zu zeigen auf andere
da konnte ich
nichts mehr sehen
als die von lauter waschen
rissig und spröde gewordenen stellen
an ihm
e. fried
aspasia
12 Sep 2005, 19:24
ich liebe kitsch aus einem alten gedichtband 1895 von frida schanz
titel: mädchengedanken
wenn ich das könnte,
daß ich ihn froh einer anderen gönnte,
daß ich um seiner seligkeit willen
wüßte das schluchzen der seele zu stillen,
daß ich den himmel ihm lächelnd gönnte-
wenn ich das könnte!
dachluke
06 Oct 2005, 01:16
Ich will
Ich will, dass du
mir zuhörst, ohne über mich zu urteilen.
Ich will, dass du
deine Meinung sagst, ohne mir Ratschläge zu erteilen.
Ich will, dass du
mir vertraust, ohne etwas zu erwarten.
Ich will, dass du
mir hilfst, ohne für mich zu entscheiden.
Ich will, dass du
für mich sorgst, ohne mich zu erdrücken.
Ich will, dass du
mich siehst, ohne dich in mir zu sehen.
Ich will, dass du
mich umarmst, ohne mir den Atem zu rauben.
Ich will, dass du
mir Mut machst, ohne mich zu bedrängen.
Ich will, dass du
mich hältst, ohne mich festzuhalten.
Ich will, dass du
mich beschützt, aufrichtig.
Ich will, dass du
dich näherst, doch nicht als Eindringling.
Ich will, dass du
all das kennst, was dir an mir missfällt,
dass du es akzeptierst, versuch es nicht zu ändern.
Ich will, dass du weisst...
dass du heute auf mich zählen kannst...
Bedingungslos.
Jorge Bucay
Julschn
09 Oct 2005, 15:17
Unerreichbar.
Gefangen in einer unbekannten Welt.
Die Tür versperrt.
Den Schlüssel verloren.
Die Hoffnung ihn zu finden, aufgegeben.
Was bleibt ist die Einsamkeit.
Und Dunkelheit, die alles Licht verschlingt.
Wird einmal jemand den Weg entdecken?
Der so gut ist versteckt?
Wird ihn zu Ende gehen?
Und den Kampf aufnehmen, der schon lange scheint entschieden!
Vielleicht wird einmal jemand das Unmögliche möglich machen und dich befreien.
swammy
08 Nov 2005, 15:56
Im Garten
Die hohen Himbeerwände
Trennten dich und mich,
Doch im Laubwerk unsre Hände
Fanden von selber sich.
Die Hecke konnt` es nicht wehren,
Wie hoch sie immer stund.
Ich reichte dir die Beeren
Und du reichtest mir deinen Mund.
Ach, schrittest du durch den Garten
Noch einmal im raschen Gang,
Wie gerne wollt` ich warten,
Warten stundenlang.
(Theodor Fontane)
Das Ideal
Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.
Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:
Neun Zimmer - nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve -
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) -
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.
Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wär ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.
Ja, und das hab ich ganz vergessen:
Prima Küche - erstes Essen -
alte Weine aus schönem Pokal -
und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch ne Million und noch ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.
Ja, das möchste!
Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.
Etwas ist immer.
Tröste dich.
Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Daß einer alles hat:
das ist selten.
(Kurt Tucholsky, 1927)
swammy
08 Nov 2005, 15:57
Ich liebe dich, weil ich dich lieben muß...
Ich liebe dich, weil ich dich lieben muß;
Ich liebe dich, weil ich nicht anders kann;
Ich liebe dich nach einem Himmelsschluß;
Ich liebe dich durch einen Zauberbann.
Dich liebe ich, wie die Rose ihren Strauch;
Dich liebe ich, wie die Sonne ihren Schein;
Dich liebe ich, weil du bist mein Lebenshauch;
Dich liebe ich, weil dich lieben ist mein Sein.
(Friedrich Rückert)
Zaphod
08 Nov 2005, 16:39
...
Eppinator
08 Nov 2005, 17:53
Zwar nicht Rilke, aber dafür kurz:
Ein Rabe geht im Feld spazieren,
da fällt der Weizen um.
Helge Schneider
Text: Jens Jensen
Im Juni `63 sitzt `ne kleine Frau und weint
weil die Tage nicht kommen, nicht mehr kommen wie es scheint
sie hat total den Mut verlor `n und wartet jetzt auf ihn
wischt sich die Hände an der Schürze ab
und stellt den zwei `n das Essen hin
drei Kinder sind nicht drin, das war den beiden klar
also Rotwein, heiße Bäder und die Treppen, was and `res war nicht da
die Pille oder so was gab es nicht, wenn man sich liebt hält man sich fest
und von dem Wundertee von drüben
war ihr nur doppelt schlecht
und so hing das Leben wieder mal an diesem dünnen Faden dran
dieses Garn der Liebe und der Not, das dieses Leben spann
ist es Mut, ist es Lüge, und die Liebe gar nicht wahr
ist es aus und vorbei, und du vielleicht nicht da
sie lehnten sich aneinander an, wussten nicht wie `s weitergeht
es blieb nur noch der Engelmacher in der Prenzlauer Allee
im Warteraum wo `s nach gar nichts klang, sah sie ihn an, und er nahm sie
als sie die Treppen runter sprang fühlte sie sich wie ein Kind
so froh war sie noch nie
und so hing das Leben wieder mal an diesem dünnen Faden dran
dieses Garn der Liebe und der Not, das dieses Leben spann
und hätten sie sich in dem Warteraum nicht so angeseh `n
und ihre Liebe nicht wahr,
wär es aus und vorbei für mich, und ich wär gar nicht da
Günter Kuhnert: Vorschlag
Ramme einen Pfahl
in die dahinschießende Zeit.
Durch deine Hand rinnt der Sand
und bildet Formlosigkeiten,
die sogleich auf Nimmerwiedersehen
in sich selbst einsinken:
vertanes Leben.
Was du nicht erschaffst, du
bist es nicht. Dein Sein nur Gleichung
für Tätigsein: Wie will denn,
wer nicht Treppen zimmert,
über sich hinausgelangen?
Wie will heim zu sich selber finden,
der ohne Weggenossen?
Hinterlass mehr als die Spur
deiner Tatze, das Testament
ausgestorbner Bestien, davon die Welt
übergenug schon erblickt.
Ramme einen Pfahl ein. Ramme
einen einzigen, einen neuen Gedanken
als geheimes Denkmal
deiner einmaligen Gegenwart
in den Deich
gegen die ewige Flut.
Joint Venture: Das Brummen
Vom Rhein ein Brummen, stur und heiser,
ein Frachtschiff, das vorüberzieht.
Und immer leiser, immer leiser,
bis es fast den Ohrn entflieht.
Doch da von oben, grad vom Himmel,
raubt mir ein andrer Ton die Ruh.
Im Mond ein Streifen, grau wie Schimmel.
Die Augen zu, die Augen zu.
Ach, ich sehne mich nach Stille,
da, wo´s niemals stille wird.
Ein Auto fährt, es zirpt ne Grille.
Nebenan wird kopuliert.
In den Pappeln sitzen Raben,
krächzen was vom Totenreich.
Der unter mir muß Durchfall haben.
Oder Gäste, beides gleich.
Das Leben ist ein lautes Treiben,
niemand hilft die aus der Not.
Das Brummen wird wohl immer bleiben.
Ruhe bringt dir erst der Tod.
Vom Rhein ein Brummen, stur und heiser.
Ein Frachtschiff, das vorüberzieht.
Und immer leiser, immer leiser,
bis es ganz den Ohrn entflieht.Hat irgendwie 'was - erscheint an manchen Stellen etwas ironisch/unseriös aber an anderen Stellen wieder sehr tiefsinnig. @Zaphod: Heinz Erhard ist klasse! Dieses Gedicht insbesondere.
Christian Morgenstern
Das Mondschaf
Das Mondschaf steht auf weiter Flur.
Es harrt und harrt der großen Schur.
Das Mondschaf.
Das Mondschaf rupft sich einen Halm
Und geht dann heim auf seine Alm.
Das Mondschaf.
Das Mondschaf spricht zu sich im Traum:
»Ich bin des Weltalls dunkler Raum.«
Das Mondschaf.
Das Mondschaf liegt am Morgen tot.
Sein Leib ist weiß, die Sonn' ist rot.
Das Mondschaf.
dachluke
13 Jan 2006, 03:02
Ich hoff, der ganze Frust verschwindet, der mich zu lange schon umgibt.
Ich wäre gerne eine Magnet, der warmes Licht anzieht.
Was unter Schnee verborgen lag, bringt dann die Sonne an den Tag.
Viele mögliche Ideen, ach, könnte ich doch die Zeit vordrehen.
Und ich warte mal wieder auf den Frühling, man kann nicht nur traurige Lieder
singen.
Doch bald werden sie wieder anders klingen, wenn die ersten Sonnentage Wärme
bringen.
Die alten winterkalten Gedanken verfliegen wie Rauch im lauen Wind.
Wenn wir in den Wiesen liegen und etwas neues beginnt.
Ich finde wieder die richtigen Worte, ich treffe wieder den richtigen Ton.
Ich dem Drang nicht widerstehen, ach, könnte ich doch die Zeit vordrehen.
Man kann nicht nur traurgige Lieder singen ...wenn die ersten Sonnentage Wärme bringen...
Und ich wart mal wieder auf den Frühling, man kann nicht nur traurige Lieder
singen.
Doch bald werden sie wieder anders klingen, wenn die ersten Sonnenstrahlen Wärme
bringen.
sportfreunde stiller - frühling ... meine hymne dieses jahr
der-prophetII
13 Jan 2006, 11:23
Die Schnupftabaksdose
Es war eine Schnupftabaksdose
Die hatte Friedrich der Große
Sich selbst geschnitzelt aus Nußbaumholz.
Und darauf war sie natürlich stolz.
Da kam ein Holzwurm gekrochen.
Der hatte Nußbaum gerochen
Die Dose erzählte ihm lang und breit.
Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.
Sie nannte den alten Fritz generös.
Da aber wurde der Holzwurm nervös
Und sagte, indem er zu bohren begann
"Was geht mich Friedrich der Große an!"
Joachim Ringelnatz
der-prophetII
13 Jan 2006, 11:30
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
Die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
Kommt er dem armen Vogel näher.
Der Vogel denkt: Weil das so ist
Und weil mich doch der Kater frißt,
So will ich keine Zeit verlieren,
Will noch ein wenig quinquilieren
Und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.
Wilhelm Busch
der-prophetII
13 Jan 2006, 11:35
Fuchs und Igel
Ganz unverhofft an einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
»Halt!« rief der Fuchs, »du Bösewicht,
kennst du des Königs Order nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
und weißt du nicht, daß jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht?
Im Namen Seiner Majestät -
geh her und übergib dein Fell!«
Der Igel sprach: »Nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen;
dann wollen wir uns weiter sprechen.«
Und alsogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.
Wilhelm Busch
der-prophetII
13 Jan 2006, 11:35
/Verzeiht mir, aber Wilhelm Busch ist durchgehend die Wahrheit
Verzeihlich
Er ist ein Dichter; also eitel.
Und, bitte, nehmt es ihm nicht krumm,
Zieht er aus seinem Lügenbeutel
So allerlei Brimborium.
Juwelen, Gold und stolze Namen,
Ein hohes Schloß, im Mondenschein
Und schöne, höchstverliebte Damen,
Dies alles nennt der Dichter sein.
Indessen ist ein enges Stübchen
Sein ungeheizter Aufenthalt.
Er hat kein Geld, er hat kein Liebchen,
Und seine Füße werden kalt.
Wilhelm Busch
Christian Morgenstern
Die beiden Esel
Ein finstrer Esel sprach einmal
zu seinem ehlichen Gemahl:
"Ich bin so dumm, du bist so dumm,
wir wollen sterben gehen, kumm!"
Doch wie es kommt so öfter eben:
Die beiden blieben fröhlich leben.
Mariszka
18 Jan 2006, 20:54
Kleine Auswahl aus meiner "Sammlung":
Dylan Thomas’ "Do Not Go Gentle into That Good Night"
Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.
Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.
Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.
Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.
Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.
And you, my father, there on the sad height,
Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray.
Do not go gentle into that good night.
Rage, rage against the dying of the light.
Barbara Fletcher "Green Woman"
In the third pew I saw her
turn to reach for a hymnal:
a woman, turtle-shell green and radiant,
verdant skin and eyes marbled
with veins of copper and silver.
In the stained-glass sunlight
she shone metallic, like the flash
of fish in northern Ontario waters,
or birch leaves in a September wind:
the flashdance of chlorophyll and silver-white.
The others whispered that she was a
victim of a misplaced needle as a child:
a sudden and irrevocable infusion
of emerald-green into every cell.
And she was permanently transformed
into a serpent.
But there was nothing reptilian
about this living jade sculpture,
this perfect singing jewel.
Verfasser unbekannt (?)
Do not stand by our graves and weep,
We are not there.
We do not sleep.
We are a thousand winds that blow.
We are a diamond glint on snow.
We are the sunlight on ripened grain.
We are the gentle autumn rain.
When you awake in the morning hush,
We are the swift up-flinging rush
Of quiet birds in circling flight.
We are the soft star shine at night.
Do not stand by our graves and cry.
We are not there.
We did not die.
Verfasser unbekannt (?)
Running down
through
corridors
through
automatic doors
I see hope escape in a plastic box
flegelkind
19 Jan 2006, 15:05
sieb
sie gehen durch
ein sieb ist mein
kopf auf mir
nicht zu mir
gehört all dies
macht mich krank
ist mein kopf
wie das sieb
ein sieb
ist in mir
zweifeln
richtig ist was
richtig mir erscheint
aus jeder Sicht
ist es nicht richtig
egal was richtig ist
es kann nie richtig
sein wie es scheint
nicht richtig aus
jeder
Sicht – niemals
papier
nicht sehen wollen
dass man möchte
nicht sehen wollen
dass man sich bemüht
nur sehen wollen
dass man nicht kann
nichts wirklich sehen wollen
nichts sehen wollen
außer papier
Brownie83
19 Jan 2006, 15:17
Ich hab auch noch eins:
Strange Fruit
Southern trees bear strange fruit,
Blood on the leaves and blood at the root,
Black bodies swinging in the southern breeze,
Strange fruit hanging from the poplar trees.
Pastoral scene of the gallant south,
The bulging eyes and the twisted mouth,
Scent of magnolias, sweet and fresh,
Then the sudden smell of burning flesh.
Here is fruit for the crows to pluck,
For the rain to gather, for the wind to suck,
For the sun to rot, for the trees to drop,
Here is a strange and bitter crop.
(Billie Holiday/Abel Meeropol)
Giovanni
19 Jan 2006, 22:45
Freunde
Es lagen zwei Sämlein
unter der Erde, doch erstickten sie nicht.
Unerreichbar weit entfernt wußten sie nichts voneinander.
Warum sollten sie sich regen? Würde es etwas verändern?
Es regnete. Es geschah etwas mit ihnen. Eine feine Wurzel und ein zartes Grün.
" Ich habe eine kraftvolle Wurzel. " sagte das eine.
" Was für ein kräftiges Grün! " tönte das zweite.
Übermütig wuchsen sie schnell heran.
Eine Eiche. Eine Buche.
" He Eiche. Ich war einmal ein Sämlein! "
" Ja Buche. Gut das wir uns erst jetzt begegnen. "
" He Eiche. Gern hätte ich Dich eher getroffen. "
" Nein Buche. Wir wären beide erstickt, nicht das geworden. "
Sie wuchsen und gediehen. Ihre Wurzeln bildeten ein Geflecht.
Gemeinsam träumten sie davon, in die Wolke zu wachsen.
Gemeinsam wollten sie ihre Kronen in jenem bleichen See benetzen.
Gemeinsam.
Männer kamen. Egal war ihnen der Treueschwur:" Nie allein! "
Die mächtige Buche ächzte unter den schweren Hieben: "Ich kann nicht widerstehen."
Krachend fällt sie zu Boden: "Ich verspreche, ich komme wieder."
Ein Jahr vergeht. Die Eiche wartet.
Ein Jahr vergeht. Die Eiche erinnert sich.
Ein Jahr vergeht. "Die Buche kann nichts dafür."
Die Jahre vergehen. Junge Buchen und Eichen gedeihen.
Die Jahre vergehen. Dicke Rinde ist über die Wunde gewachsen.
Männer kamen. Dachten an den Treueschwur: "Ich komme wieder."
Die Buche war nur noch ihr Holz. Ein neuer Kopf aus Stahl.
... das Gedicht ist den Philosophen gewidmet die nächste woche dienstag Logik schreiben, bleibt stark!
Joachim Ringelnatz
Logik
Die Nacht war kalt und sternenklar,
Da trieb im Meer bei Norderney
Ein Suahelischnurrbarthaar. -
Die nächste Schiffsuhr wies auf drei.
Mir scheint da mancherlei nicht klar,
Man fragt doch, wenn man Logik hat,
Was sucht ein Suahelihaar
Denn nachts um drei am Kattegatt?
Karezza
20 Jan 2006, 11:27
Leider hab ich keine Ahnung von wem das stammt....
Ich darf nicht,
ich darf dich nicht lieben,
darf es nicht zulassen,
muss es verhindern,
es wäre mein Untergang,
das darf nicht sein,
ich darf keine Gefühle mehr für dich haben,
nein, ich muss es verhindern,
doch die Gefühle kommen zurück,
sie werden stärker,
ich kann es nicht ändern,
ich muss aber,
es würde mich ins Unglück reißen,
nochmal würde ich es nicht schaffen,
dich zurück zu kriegen,
Hoffnungslos,
nie wieder werden wir eins,
ich muss es vergessen,
muss dich vergessen,
musste Heute wieder merken,
es wird nichts mehr,
es geht nicht mehr,
du willst es nicht,
ich muss dich vergessen,
was soll ich bloß machen?,
wo soll ich bloß hin,
mit diesen Gefühlen,
mit dieser Sehnsucht,
mit diesen Gedanken,
für mich sind wir perfekt,
wir gehören zusammen,
habe diese Gedanken noch immer nicht los gelassen,
immer noch nicht gehen lassen,
glaube immer noch,
du und ich,
wir gehören zusammen,
möchte diesen Gedanken nicht los lassen,
doch es hat keinen Sinn,
ja, ich weiß,
meine Gefühle für dich steigen,
ja , ich weiß,
sie dürfen es nicht,
ich weiß,
ich muss es verhindern,
aber wie?,
ich liebte dich mehr als alles andere,
ich habe so unendlich viele Tränen geweint,
ich kam mit dem Schmerz ohne dich nicht klar,
es wird wieder so kommen,
ich werde dich wieder mehr als alles andere lieben,
werde wieder unendlich viele Tränen weinen,
weil ich mit dem Schmerz ohne dich nicht klar kommen werde,
doch ich kann nicht anders,
du bist das , was mein Herz hält,
du bist der Name,
der in meinem Herz steht,
du bist der Mensch,
den ich tief im Herz so sehr liebe,
der Mensch , den ich tief im Herz ,
nie aufhören werde zu lieben,
was soll ich bloß machen,
DU bist meine Schwäche,
du wirst es immer schaffen,
ich kann nur flehen,
liebe mich.
Julschn
21 Jan 2006, 23:05
Leben und leben lassen, niemals hassen.
Fühlen und fühlen lassen, niemals Gewalt erfassen.
Lieben und lieben lassen, niemals was anderes lassen.
-TheTux-
Julschn
22 Jan 2006, 18:13
Wer bin ich,
wollte ich nur ich sein,
wer bist du,
ich war durcheinander,
was war los,
ein Schleier legte sich über allen,
Aufwiedersehen ohne das Wiedersehen,
nur ein Vielleicht bleibt,
bitte ein Normal und ich und du.
--------------------------------------------------
Vom Wahn immer weiter getrieben,
einen Weg zu suchen, der alles erklärt,
sind wir doch an einem verblieben,
von dem man glaubt, dass man alles erfährt.
Hätte man einen anderen Weg gewählt,
hätte man das Ziel vielleicht nicht so verfehlt.
Doch das kann man jetzt nicht mehr sagen.
Auch nicht erfragen, denn es ist vergangen.
Also warten wo uns dieser Weg hinführt
und hoffen auf einen Weg, auf dem man das Leben wieder spürt.
---------------------------------------------------
-TheTux-
Giovanni
23 Jan 2006, 10:56
Ochserspaziergang
Ein Ochse geht spazieren
im November und ohne zu frieren.
Er ärgert sich, weil es schneit.
Er weiß: am Äquator ist grad Sommerzeit.
So spaziert er gehend immer weiter,
lernt Leute kennen und wird gescheiter.
Doch es kommt so, wie es kommen muß.
Mit dem Bildungsweg ist plötzlich Schluß.
Ein Frosch versperrt den Pfad mit einer Barrikade.
Der Ochse muß umkehren... Jammerschade.
Giovanni
19 Feb 2006, 18:37
Fragen, Fragen immer nur Fragen,
ein Fisch kann nicht pfeifen und ich kann nicht klagen.
Gebt mir ein Rätsel auf, ich werde sagen:
DA musst jemand anders fragen.
(Puh-Bär.)
zum 150sten Todestag Heinrich Heines (17. Februar 1856)
Morgens steh ich auf
Morgens steh ich auf und frage:
Kommt feins Liebchen heut,
Abends sink ich hin und klage:
Ausblieb sie auch heut.
In der Nacht in meinem Kummer
Lieg ich schlaflos, wach;
Träumend, wie im halben Schlummer,
Wandle ich bei Tag.
Giovanni
24 Feb 2006, 23:27
Schminke verwest.
Außen tötet Innen
Innen verwest
Außen wird Innen
Schminke verwest.
...sooo schööön
Bertolt Brecht: Terzinen über die Liebe
(1928)Sieh jene Kraniche in großem Bogen!
Die Wolken, welche ihnen beigegeben
Zogen mit ihnen schon, als sie entflogen
Aus einem Leben in ein andres Leben.
In gleicher Höhe und mit gleicher Eile
Scheinen sie alle beide nur daneben.
Daß also keines länger hier verweile
Daß so der Kranich mit der Wolke teile
Den schönen Himmel, den sie kurz befliegen
Und keines andres sehe als das Wiegen
Des andern in dem Wind, den beide spüren
Die jetzt im Fluge beieinander liegen.
So mag der Wind sie in das Nichts entführen;
Wenn sie nur nicht vergehen und sich bleiben
So lange kann sie beide nichts berühren
So lange kann man sie von jedem Ort vertreiben
Wo Regen drohen oder Schüsse schallen.
So unter Sonn und Monds wenig verschiedenen Scheiben
Fliegen sie hin, einander ganz verfallen.
Wohin, ihr?
Nirgendhin.
Von wem entfernt?
Von allen.
Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen?
Seit kurzem.
Und wann werden sie sich trennen?
Bald.
So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.
Mal relaxen können wie eine Maus in der Falle
In den meisten Fällen
enden wir als senile
gutmütige Narren, hin
und her geschoben von
einer rosigen Kranken-
schwester, die uns an-
blafft, weil die
Bettpfanne wieder rand-
voll ist.
Es sei denn, es nimmt
ein gewaltsames Ende -
ein Finish, in dem
noch einmal alles an uns
vorüberzuckt: Mahagoni-
farbene Sonnenstrahlen,
Girls am Strand, Platt-
füße, Haarschnitte,
rasselnde Wecker, ein
rasender Puls.
Egal wie, es kommt nie
richtig zusammen.
Ich gehe in Bars, durch
leere schmale Seiten-
straßen, ins Wettbüro,
frage mich, was ich
eigentlich will, und
denke wehmütig an
Urwälder voll Kletter-
pflanzen und ähnliche
Dinge, z.B. an Mäuse,
die sich mit den Vorder-
pfoten die Nase putzen.
Ich sehe mir die Leute an,
aber sie sind alle
beschäftigt mit Dingen,
die ein Spinner wie ich
für Unfug hält: Ein Haus
abstottern, von da nach
dort kommen, Geld verdienen
und darüber reden.
Das einzige wovon man
etwas hat, ist wahrscheinlich
rücksichtslos zu schlafen,
aber auch das geht nicht
lange genug gut - überall
werfen sie Preßlufthämmer an,
die Kirchenglocken juckt der
Schweiß der Beter, die Bienen
stechen, die Fenster gleißen,
Boote kentern und verfüttern
ihren Inhalt an die Haie, nur
Kanonen schlafen ungestört
in Museen. Ich gehe weg von
allem, habe nichts gelernt,
weiß jeden Tag weniger, meine
Hände werden magnetisch ange-
zogen von meiner Kehle,
meine Füße tragen mich voran
wie bewußtlose tierische
Extremitäten, in Gegenden
hinein, wo es schimmelt und
gärt, in eine behagliche
Hölle, voll von Grünzeug,
Ranken und Lianen, und dafür
danke ich ihnen auf den Knien.
Charles Bukowski
Rainer Maria Rilke
Du Dunkelheit, aus der ich stamme ...
Du Dunkelheit, aus der ich stamme
ich liebe dich mehr als die Flamme,
welche die Welt begrenzt,
indem sie glänzt
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -:
für irgend einen Kreis,
aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß.
Aber die Dunkelheit hält alles an sich:
Gestalten und Flammen, Tiere und mich, wie sie's errafft,
Menschen und Mächte -
Und es kann sein: eine große Kraft
rührt sich in meiner Nachbarschaft.
Ich glaube an Nächte.
Kurt Schwitters "An Anna Blume". O du, Geliebte meiner siebenundzwanzig Sinne, ich
liebe dir! - Du deiner dich dir, ich dir, du mir.
- Wir?
Das gehört (beiläufig) nicht hierher.
Wer bist du, ungezähltes Frauenzimmer? Du bist
- - bist du? - Die Leute sagen, du wärest, - laß
sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht.
Du trägst den Hut auf deinen Füßen und wanderst auf
die Hände, auf den Händen wanderst du.
Hallo, deine roten Kleider, in weiße Falten zersägt.
Rot liebe ich Anna Blume, rot liebe ich dir! - Du
deiner dich dir, ich dir, du mir. - Wir?
Das gehört (beiläufig) in die kalte Glut.
Rote Blume, rote Anna Blume, sie sagen die Leute?
Preisfrage: 1. Anna Blume hat ein Vogel.
2. Anna Blume ist rot.
3. Welche Farbe hat der Vogel?
Blau ist die Farbe deines gelben Haares.
Rot ist das Girren deines grünen Vogels.
Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid, du liebes grünes
Tier, ich liebe dir! - Du deiner dich dir, ich dir, du
mir, - Wir?
Das gehört (beiläufig) in die Glutenkiste.
Anna Blume! Anna, a-n-n-a, ich träufle deinen
Namen. Dein Name tropft wie weiches Rindertalg.
Weißt du es Anna, weißt du es schon?
Man kann dich auch von hinten lesen, und du, du
Herrlichste von allen, du bist von hinten wie von vorne:
"a - n - n - a".
Rindertag träufelt streicheln über meinen Rücken.
Anna Blume, du tropfes Tier, ich liebe dir!
mArVinTheRobot
07 May 2006, 12:39
den thread hatte ich ja noch garnicht entdeckt.
Da Heinrich schon so oft zitiert wurde, etwas von meinem zweitliebsten Dichter:
Die Selbstkritik hat viel für sich
Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich:
So hab ich erstens den Gewinn,
Daß ich so hübsch bescheiden bin;
Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritiküssen;
Und viertens hoff ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
Daß ich ein ganz famoses Haus.
[Wilhelm Busch]
Erich Kästner: Im Auto über Land
An besonders schönen Tagen
ist der Himmel sozusagen
wie aus blauem Porzellan.
Und die Federwolken gleichen
weißen, zart getuschten Zeichen,
wie wir sie auf Schalen sahn.
Alle Welt fühlt sich gehoben,
blinzelt glücklich schräg nach oben
und bewundert die Natur.
Vater ruft, direkt verwegen:
"'n Wetter, glatt zum Eierlegen!"
(Na, er renommiert wohl nur.)
Und er steuert ohne Fehler
über Hügel und durch Täler.
Tante Paula wird es schlecht.
Doch die übrige Verwandtschaft
blickt begeistert in die Landschaft.
Und der Landschaft ist es recht.
Um den Kopf weht eine Brise
von besonnter Luft und Wiese,
dividiert durch viel Benzin.
Onkel Theobald berichtet,
was er alles sieht und sichtet.
Doch man sieht's auch ohne ihn.
Den Gesang nach Kräften pflegend
und sich rhythmisch fortbewegend
strömt die Menschheit durchs Revier.
Immer rascher jagt der Wagen.
Und wir hören Vater sagen:
"Dauernd Wald, und nirgends Bier."
Aber schließlich hilft sein Suchen.
Er kriegt Bier. Wir kriegen Kuchen.
Und das Auto ruht sich aus.
Tante schimpft auf die Gehälter.
Und allmählich wird es kälter.
Und dann fahren wir nach Haus.
Erich Fried
Kinder und Linke
Wer Kindern sagt
Ihr habt rechts zu denken
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Ihr habt links zu denken
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Ihr habt gar nichts zu denken
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Es ist ganz gleich was ihr denkt
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
was er selbst denkt
und ihnen auch sagt
daß daran etwas falsch sein könnte
der ist vielleicht
ein Linker
Julschn
05 Jun 2006, 08:36
Die Liebe hemmet nichts
Sie kennt nicht Tür noch Riegel
Und dringt durch alles sich
Sie ist ohn Anbegin
Schlug ewig ihre Flügel
Und schlägt sie ewiglich
-Matthias Claudius-
No Name
05 Jun 2006, 12:33
kenn ich von Schiller - Ruhe [Zeitgeist]
Wiglaf Droste
Wirrsingsong
Ein Frühlingslied
Ich bin ein bisschen durch den Wing
äh Wind. Mein Kopf ist da im Ding
im na, wie heißt es? Hose?
Mein Kopf, mein Dings
Mein Klingeling
Ich stotterstammel, nein: ich sing
den wirren Song, den Hop, den Sing
Den Wirrsing aus der Dose?
Ich sage Gark statt Guten Tag
Mein Popf, nein: Kopf ist weicher Quark
Was wäre, wenn’s so bliebe?
Das wär, ich weiß es,
viel zu arg.
Ich wehre mich und bleibe stark
Ich topf den Kopf um jeden Tag. –
Nutzt gar nichts: Es ist Liebe …
Julschn
29 Jun 2006, 14:21
Heut will ich einmal traurig seinHeut will ich einmal traurig sein.
Heut hab ich keine Lust zu lachen.
Heut bleib ich bloß mit mir allein,
heut will ich keine Witze machen.
Und wer mich tröstet, ist gemein,
der kann gleich wieder gehen.
Ich will heut einfach traurig sein
das wird man doch verstehen.
Ich will nur mit dem Hut am Kopf
in einer finstern Ecke hocken,
will drehn an meinem Hosenknopf,
will schmollen, mürrisch sein und bocken.

Und wer mich tröstet, ist gemein,
der kann gleich wieder gehen.
Ich will heut einfach traurig sein
das wird man doch verstehen.
Will nicht an roten Rosen riechen,
will keinem lieben Freund begegnen.
Ich will mich nur in mich verkriechen
und draußen soll es regnen!
Und wer mich tröstet, ist gemein,
der kann gleich wieder gehen.
Ich will heut einfach traurig sein
das wird man doch verstehen.
Klaus Caesar Zehrer: Die schoenste Sache der Welt
Die Liebe ist doch allemal
viel schoener als ein Schlaganfall.
Die Liebe ist auch ganz gewiss
viel schoener als ein Kreuzbandriss.
Soweit ist alles ganz einfach. Aber jetzt:
Was von diesen zwei ist schoener:
Die Liebe oder Chicken Doener?
Hier gilt es abzuwaegen.
Die Liebe, das ist nicht nur Ficken,
Sie bringt oft unser Herz in Not.
Der Doener, das ist nicht nur Chicken,
Er bringt uns auch Salat und Brot.
So, damit waere das ja wohl geklaert.
Sonst noch Fragen?
yocheckit
30 Jun 2006, 03:21
ich tendieren zwischen genial und ganz schlecht..
EnjoyTheChris
30 Jun 2006, 04:39
Eindeutig ganz schlecht...
C'ya,
Christian
yocheckit
30 Jun 2006, 10:46
genial wegen des döners..
Magic_Peat
02 Jul 2006, 15:51
Villon, François (1431-1464)
Eine verliebte Ballade für ein Mädchen namens Yssabeau
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,
da blüht ein schöner Zeitvertreib
mit deinem Leib die lange Nacht.
Das will ich sein im tiefen Tal
dein Nachtgebet und auch dein Sterngemahl.
Im tiefen Erdbeertal, im schwarzen Haar,
da schlief ich manches Sommerjahr
bei dir und schlief doch nie zuviel.
Ich habe jetzt ein rotes Tier im Blut,
das macht mir wieder frohen Mut.
Komm her, ich weiß ein schönes Spiel
im dunklen Tal, im Muschelgrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
Die graue Welt macht keine Freude mehr,
ich gab den schönsten Sommer her,
und dir hats auch kein Glück gebracht;
hast nur den roten Mund noch aufgespart,
für mich so tief im Haar verwahrt...
Ich such ihn schon die lange Nacht
Im Wintertal, im Aschengrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.
Im Wintertal, im schwarzen Beerenkraut,
da hat der Schnee sein Nest gebaut
und fragt nicht, wo die Liebe sei,
Und habe doch das rote Tier so tief
erfahren, als ich bei dir schlief.
Wär nur der Winter erst vorbei
und wieder grün der Wiesengrund!
...ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
Giovanni
04 Jul 2006, 00:13
....................Liebe isT
Unsterblich aber nichT
Alt Jung .....aber nichT
Achtungslos..RespekT
Aber ...............nichtT
Angst..................MuT
Aber....nicht ÜbermuT
Aufpassen..aber nichT
Überwachen.
Julschn
04 Jul 2006, 00:15
ach Tanne... mööönsch das is toll!
und wieder was genauso tolles von dir wie: [sei doch einfach ein freund...]
Giovanni
04 Jul 2006, 10:59
Zitat(Julschn @ 04 Jul 2006, 00:15)
ach Tanne... mööönsch das is toll!
und wieder was genauso tolles von dir wie: [sei doch einfach ein freund...]


Ernst?
Julschn
04 Jul 2006, 13:03
Horst?
von Robert Gernhardt
"Ich hasse Sonette"
Sonette find ich sowas von beschissen
so eng, rigide, irgendwie nicht gut.
Es macht mich ehrlich richtig krank, zu wissen,
daß wer Sonette schreibt, daß wer den Mut
hat, heute noch so'n Scheiß zu bau'n.
Allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,
das kann mir echt den ganzen Tag versau'n.
Ich hab da eine Sperre und die Wut
darüber, daß so'n abgefuckter Kacker
mich mittels seiner Wichserein blockiert
schafft in mir Aggressionen auf den Macker.
Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
Ich tick es echt nicht, will's echt nicht wissen.
Ich find' Sonette unheimlich beschissen.
Über das Faulenzen
Eine Matratzendichtung
Faulsein kostet reichlich Kraft:
Man liegt da und ist geschafft
Man liegt da und denkt verpennt:
Puh, ist Faulsein anstrengend
Denn man musste so viel tun:
Schlummern, dösen und dann ruhn!
Siesta halten! Oh! Strapaze!
Rasch zurück auf die Matratze
Lecker essen. Lecker trinken.
Wieder in die Kissen sinken.
Schnurrend in der Suhle liegen
Und sich umeinander schmiegen
Um in diesem guten Hafen
Wiederum sich auszuschlafen
Bald singt man in höchstem Ton:
"Regression, ich komme schon!
Welt, du bist aus einem Guß:
Glück ist, wen man nichts mehr muß!"
-Wiglaf Droste
Julschn
07 Jul 2006, 11:16
Stein
Ich will mich befreien
Gedanken löschen
Kalt sein wie Eis
In einer Regentonne fliehen
Die Vergangenheit lochen
Weinen vor Freude
Rausreißen mein Herz
Hineinlegen einen Stein
Denn der kann nicht brechen
Magic_Peat
07 Jul 2006, 11:30
Zitat(Julschn @ 07 Jul 2006, 11:16)
Stein
Ich will mich befreien
Gedanken löschen
Kalt sein wie Eis
In einer Regentonne fliehen
Die Vergangenheit lochen
Weinen vor Freude
Rausreißen mein Herz
Hineinlegen einen Stein
Denn der kann nicht brechen


Das Gefühl kenn ich, schönes Gedicht!
Julschn
22 Jul 2006, 13:50
Friedrich Hollaender [Lieder eines armen Mädchens]
Wenn ick mal tot bin
Wenn ick mal tot bin und in weißen Seidenkleid
in meinen Sarie lieje mit Bescheidenheit,
dann fällt die Schule aus,
dann jeht's zum Kirchhof raus,
die janze Klasse kommt bei mir ins Trauerhaus,
die wolln mir alle sehn,
wenn ick mal tot bin.
Wenn ick mal tot bin,
ach, det wird zu scheen!
Wenn ick mal tot bin, kommt ooch Pastor Eisenlohr,
der liest'n schönen Vers aus seine Bibel vor:
Wer ohne Schuld tut sein, der schmeiß den ersten Stein
uff Liesken Puderbach, det liebe Engelein.
Doch ick - ick lieg janz still,
wenn ick mal tot bin.
Wenn ick mal tot bin,
mach ick, was ick will.
Wenn ick mal tot bin, zündn se jelbe Lichter an,
die stelln se rechts und links an mir janz dichte ran,
dann fällt een joldner Schein
uff meen verstorbnet Jebein,
und unser Lehrer, 'der fängt furchtbar an zu wein!
Nur Tante freut sich sehr,
wenn ick mal tot bin.
Wenn ick mal tot bin,
eß ick doch nischt mehr!
Wenn ick mal tot bin, schick ick aus mein kleenet Jrab
mein Letzten Willn und wat ick zu vermachen hab:
mein Püppchen ohne Kopp,
mein rotet Band forn Zopp
und dann ooch noch den jlanzrichen Perlmutterknopp.
Den will ick Truden schenken,
wenn ick mal tot bin.
Wenn ick mal tot bin,
soll se an mir denken.
Wenn ick mal tot bin, dann fängt erst mein Leben an,
wenn ick durchs Wolkenmeer in Himmel schweben kann,
die Engel tiriliern, die Geijen jubiliern,
wenn zum Empfang von Liesken alle aufmarschiern.
Mensch! Machen die een Krach,
wenn ick mal tot bin.
Wenn ick mal tot bin,
is mein schönster Tach!
Julschn
25 Jul 2006, 06:53
wenn stricke reißen
fallen leichen,fallen grenzen
zwischen uns.wenn schmerzen beißen
brennen körper,brennen strecken
zwischen uns.wenn stimmen schreien
laufen blicke,laufen tränen
zwischen uns.wenn briefe flehen
werden kettenund zersprengen
alle strecken
zwischen uns.
Julschn
15 Aug 2006, 07:49
Le soleil brille
Mais j'ai froid...
Je ne suis pas tombée
Mais j'ai mal...
Je ne veux pas manger
Mais j'ai faim...
Je veux t'oublier
Mais je t'aime...
ein kleines französisches Herz
dshami
18 Aug 2006, 00:11
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn, und das Ende ist dort.
Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.
Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
-Rilke-
Julschn
18 Aug 2006, 11:22
brennenden auges nach liebe
unterwegs für eine handvoll liebe
hier am weggebrochnen straßenrand
wo derb das vieh
und ich auf die knie
und reibt und treibt
inwendig
diese handvoll liebe grob
und für ein paar pfennig
kotz ich mich gesund.
lugt um die ecke
auch ein ganz verdellter hund
und ich frag ihn ob er liebe hat
aber er hat nur die scheiß
und der mann, der mich nach hause bat
entlädt sich in mir leis
und ich suche
brennenden auges nach liebe.
[ellen]
zorronte
19 Aug 2006, 12:58
Theodor Storm
Geflüster der Nacht
Es ist ein Flüstern in der Nacht,
Es hat mich ganz um den Schlaf gebracht;
Ich fühl's, es will sich was verkünden
Und kann den Weg nicht zu mir finden.
Sind's Liebesworte, vertrauet dem Wind,
Die unterwegs verwehet sind?
Oder ist's Unheil aus künftigen Tagen,
Das emsig drängt, sich anzusagen?
Wenn man in Storms Gedichten blättert, so fällt einem auf, wie viele seiner Strophen jenem seltsamen Zwischenbereich gewidmet sind, in dem das selbstgewählte Fürsichsein dessen, der sich schlafen gelegt hat, kippen kann in einen Zustand der Unruhe, ja des Ausgeliefertseins, der von Grübeln und Zweifeln und selten nur von erlösenden Träumen erfüllt ist.
aspasia
24 Aug 2006, 12:48
Robert Gernhardt: Weils so schön war
Paulus schrieb an die Apatschen:
Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen.
Paulus schrieb an die Komantschen:
Erst kommt die Taufe, dann das Plantschen.
Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.
Robert Gernhardt: Wie tun es die anderen?
Heute: Die Inselbewohner
Man tuts auf den Komoren
mit angelegten Ohren
Man tuts auf den Lofoten
mit schräggestellten Pfoten
Man tuts auf den Kykladen
mit abgespreizten Waden
Man tuts auf den Mollukken
genauso, nur im Ducken
Man tuts auf den Seychellen
an höchst versteckten Stellen
Man tuts auf den Kurilen
nach stundenlangem Zielen
Man tuts auf den Antillen
in Trance, wie wider Willen
Man tuts auf der Insel Juist
indem man durch den Schniepel niest.
http://www.litlinks.it/g/gernhardt_r.htm
aspasia
24 Aug 2006, 12:52
Robert Gernhardt: Theke - Antitheke - Syntheke
Beim ersten Glas sprach Husserl:
"Nach diesem Glas ist schlusserl."
Ihm antwortete Hegel.
"Zwei Glas sind hier die Regel."
"Das kann nicht sein", rief Wittgenstein,
"Bei mir geht noch ein drittes rein."
Woraus Herr Kant befand.
"Ich seh ab vier erst Land."
"Ach was", sprach da Marcuse,
"Trink ich nicht fünf, trinkst Du se."
"Trinkt zu", sprach Schopenhauer,
"Sonst wird das sechste sauer."
"Das nehm ich", sagte Bloch,
"Das siebte möpselt noch."
Am Tisch erschall Gequietsche,
still trank das achte Nietzsche.
"Das neunte erst schmeckt lecker!"
"Du hast ja recht, Heidegger",
rief nach Glas zehn Adorno:
"Prost auch" und nun von vorno!"
Robert Gernhardt
"Im Glück und anderswo. Gedichte"
S. Fischer, Frankfurt am Main, 2002, S. 248
http://www.litlinks.it/g/gernhardt_r.htm
[/quote]
the cat empire
24 Aug 2006, 13:04
Kleines Beispiel
Auch ungelebtes Leben
geht zu Ende
zwar vielleicht langsamer
wie eine Batterie
in einer Taschenlampe
Aber das hilft nicht viel:
Wenn man
(sagen wir einmal)
diese Taschenlampe
nach so- und so vielen Jahren
anknipsen will
kommt kein Atemzug Licht mehr heraus
und wenn Du sie aufmachst
findest Du nur Deine Knochen
und falls Du Pech hast
auch diese
schon ganz zerfressen
Da hättest Du
genau so gut
leuchten können
Erich Fried
Julschn
16 Dec 2006, 18:24
Die Nacht, das Glück, der Tod
Verlassen stieg
Verlassen stieg die Nacht an Land,
der Tag war ihr davongerannt.
Durchs Dunkel tönte ihr Geschrei,
wo denn der liebe Tag wohl sei.
Indessen saß der Tag bei mir,
bei weißem Brot und hellem Bier
hat er die Suchende verlacht:
Die säh doch nichts, es sei ja Nacht.
Und endlich trat
Und endlich trat das Glück herein,
sehr still, auf sieben Zehen.
Im frühen Morgensonnenschein
konnt ich es humpeln sehen.
"Was ist mit deinen Zehen, sprich!"
"Darüber spräch ich lieber nicht.
Drei hat mir eine Tram gekappt -"
"Kann man nichts machen. Pech gehabt."
Denkt euch
Denkt euch, ich habe den Tod gesehn,
es ging ihm gar nicht gut.
Seine Hände wirkten so seltsam bleich,
so gar nicht wie Fleisch und Blut.
Und auf dem dürren Hals saß gar
ein Kopf, der ganz aus Knochen war.
Aus Knochen, ganz aus Knochen, denkt!
Da hab ich ihm fünf Mark geschenkt.
Robert Gernhardt
Euronymus
16 Dec 2006, 22:29
Aus verheerter Erde
werden neue Gestalten sich erheben
doch was anfangs unsre Augen beleidigt
wird schließlich als willkommene Geburt betrachtet
Wie lange weinten wir vergebens
in den langen, endlosen Nächten?
Nicht einmal Sekunden.
Im Dunkeln weint niemand vergebens -
wir können es nur nicht sehen.
Wir beklagen die Ruinen vor unseren Augen
und streuen Asche auf unsrer Häupter
und erkennen nicht den Phönix
in den Flammen.
Weinst du noch?
Weinst du noch laut?
Tarjei Vesaas - Land der verborgenen Feuer
Robert Gernhardt
Trost im Gedicht
Denk dir ein Trüffelschwein,
denks wieder weg:
Wird es auch noch so klein,
wird nie verschwunden sein,
bleibt doch als Fleck.
Was je ein Mensch gedacht,
läßt eine Spur.
Wirkt als verborgne Macht,
und erst die letzte Nacht
löscht die Kontur.
Hat auch der Schein sein Sein
und seinen Sinn.
Mußt ihm nur Sein verleihn:
Denk dir kein Trüffelschwein,
denks wieder hin.
Herzeleid
Bewahret einander vor Herzeleid
denn kurz ist die Zeit die ihr beisammen seid
Denn wenn euch auch viele Jahre vereinen
einst werden sie wie Minuten euch scheinen
Herzeleid
Bewahret einander vor der Zweisamkeit
.... Man beachte (BITTE BITTE) die letzte Zeile...
lusch3
15 Jan 2007, 02:23
ist das gedicht oder liedtext von till?
simpson
15 Jan 2007, 02:25
also..also..
das is rammstein herrrrzeeleeeeiiid (genauSO gesungen)
lusch3
15 Jan 2007, 02:27
ich weeß....ich will bloß wissen ob das geklau...gecovert wurde oder ob das so als gedicht auch existiert
soweit ich weiß von Till...
simpson
15 Jan 2007, 02:35
Subkulturaner
15 Jan 2007, 16:15
Joseph Freiherr von Eichendorff:
"Wünschelrute"
Es liegt ein Lied in allen Dingen,
die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
Passt eigentlich immer und Überall.
Julschn
07 Feb 2007, 15:19
Annemarie Bostroem
Ich bin so müde, daß des Tages Gaben
wie überreife Früchte von mir gleiten.
Ich möchte nur noch Deine Lippen haben,
und Deine Arme sollst Du um mich breiten,
wenn ich ins Nichts versinke. Laß mich schlafen
und tastend in die ersten Träume schreiten.
Ich bin so müde, daß ich alle Waffen
am Rand des Daseins kraftlos fallen lasse.
Du wirst mich nicht für meine Schwäche strafen
und dulden, daß ich Deine Hände fasse,
da sie sich öffnen, all die dunklen Türen ...
Ich seh Dein Lächeln, eh ich Dir verblasse
und weiß, es wird mich wieder zu Dir führen.
Julschn
09 Apr 2007, 17:42
[attachmentid=12584]
weiß nich von wem - lag aufem desktop
myrmikonos
17 Apr 2007, 23:15
[Anthologia Latina, 495, ed. Burm., I]
Ver pingit vario gemmantia prata colore.
Ignea vestit agros culmis Cerealibus aestas.
Vitibus autumnus turgentes detrahit uvas.
Frigidus hiberna est gravidus nive nubilus aether.
Der Frühling malt Wiesen, die wie Edelsteine bunt gefärbt sind.
Heiß kleidet der Sommer Felder mit Ähren der Ceres.
Der Herbst pflückt strotzende Weintrauben von den Reben.
Kalt ist der von winterlichem Schnee schwere dunkle Himmel.
~> ein Hexameter
pink ftw
~
aktsizr
17 Apr 2007, 23:34
NEIN!
Pfeifft der Sturm?
Keift ein Wurm?
Heulen Eulen hoch vom Turm?
Nein!
Es ist des Galgenstrickes
dickes
Ende, welches ächzte,
gleich als ob,
im Galopp,
eine müdgehetzte Mähre
nach dem nächsten Brunnen lechzte
(der vielleicht noch ferne wäre).
-- C. Morgenstern