Leider ist nun doch niemand mitgekommen, war aber auch so sehr unterhaltsam. Der Postbahnhof ist eine Location, die noch etwas kleiner als die Reithalle ist und auch etwas mehr Clubatmosphäre versprüht, aber vom Gebäude einen ähnlichen Charakter hat. Wie schon bei den letzten paar Veranstaltungen in Berlin fiel mir wieder auf, daß der Altersdurchschnitt schon spürbar höher ist, als bei den meisten Konzerten hier in der Stadt.
Als erstes kam eine Band mit zwei Damen und einem Haufen Matrosen auf die Bühne und spielten sowas wie Old School Rock'n Roll mit Kontrabass, Schmalzlocken und so weiter. Der Gitarist sah ein bißchen aus wie Glogowski

und machte den Eindruck, schon in jeder Berliner Kneipe mal gespielt zu haben. Die beiden Frontfrauen teilten sich optisch in eine Petticoat und eine Punk/Riot grrrrl Fraktion. Daher wohl auch der Name "Kamikaze Queens". An sich war's nicht sooo meine Mucke, aber die Band hat gut Gas gegeben.
Nach einer Weile kam dann die nächste Vorband auf die Bühne - eigentlich kam erst mal niemand, denn in einem zeltartigen Dingens tauchte eine Puppe auf, die zu wüsten HipHop Beats auf einem Plüschschallplattenspieler brachiale Gitarrenverzerrungen zusammenscratchte. Das ging dann noch ein wenig mit anderen Puppen und Sounds so weiter und war wirklich mal was neues und jeder fand's toll, obwohl es eigentlich für das Lineup des Abends etwas unerwartet war. Nach zwei, drei Stücken kam dann die eigentliche Band auf die Bühne und machte in diesem Stil ne Art Electro Rock, aber nicht so wie Northern Lite sondern deutlich rockiger. Sehr angenehm war so'n Drum & Bass Subbass, der den Mageninhalt etwas durchgewirbelt hat. Das haut mich immer wieder weg, was für'n Sound aus diesen inzwischen recht kleinen Lautsprechern kommen kann.
Die Sängerin bewegte sich und sang ein bißchen wie Bjork oder stellenweise Alanis Morisette, was vielleicht an ihren zu zwei "Antennen" (das Logo der Band sieht so ähnlich aus) gebundenen langen Haaren lag. Ach so, die hießen übrigens The Spores. Sehr witzig war zum Schluß des Sets ein Mix aus der Melodie eines Simon & Garfunkel Songs (Sound of Silence) mit den Lyrics von Should I Stay Or Should I Go von The Clash.
Nach einem ziemlich langwierigen Soundcheck kam dann endlich Jesse "The Devil" Hughes begleitet von Hip Hop Beats auf die Bühne, um sich erst mal vorn am Bühnenrand stolzierend etwas feiern zu lassen. Und gefeiert wurde von Anfang an. Bei den ersten paar Stücken war der Sound noch etwas breiig, aber das sind halt Ami's, ich weiß ja inzwischen, daß man da manchmal etwas Abstriche machen muß

Jesse poste so gut wie zwischen jedem Song mit seiner Pornobrille rum und schwung den Kamm durch seine Haaren und den stylischen Red Neck Bart. Aber so richtig langweilig wurde das nicht. Das lag vor allem daran, daß er viel mit dem Publikum kommuniziert und jede Menge Hände am Bühnenrand abgeglatscht hat. Nach dem dritten Lied hat er sichtlich bewegt zugeben müssen, daß schon bis hier hin die Berliner Crowd die Konzerte in Skandinavien weggeblasen hat - o.k. sollte keine Kunst sein. Aber er ist halt Ami, da darf man sowas sowieso nicht so ernst nehmen, zwischendurch waren wir auch mal kurz in London und nicht in Berlin

Aber so wie er seine Bandmitglieder breit angegrinst hat und fassungslos den Kopf geschüttelt hat schien wohl etwas wahres dran gewesen zu sein an seiner Begeisterung.
Sein Gitarrist hatte zwar einen Irokesen, sah aber schon ein wenig betagt aus, was durch sein Truckerhemd auch noch ein wenig unterstützt wurde. Der Bassist hatte irgendwas komisches aufm Kopp, aber egal, dafür konnte er das "Bad News" in "The Boy's Bad News" super intonieren.
Jesse hat sich auch fast besabbert, wie leicht sich das Publikum sich zum Männer UUUhhhhhhhh! und die Frauen Yeeeesssss! Skandieren bewegen ließ. Ganz großes Pornokino, das gab's sicherlich nicht im Vorprogramm zu der Tournee mit den Guns'n Roses Hupen.
Und dann, es war gerade 0 Uhr, mußte der Geburtstag eines der Typen von den Roadies gefeiert werden, woraufhin gleich alle Happy Birthday sangen und der Meister sich freute: "You did it on your own and i appreciate this!" Und dann gleich noch ein "very special feature" dieser Show, heute ist Valentinstag - nichts wurde ausgelassen.
Gegen 20 vor 1 war dann auch die zweite Zugabe und auch alle großen Dinger der beiden Alben gespielt. Wobei noch zu erwähnen wäre, daß in der letzten Zugabe "Brown Sugar" der Stones zum Vortrage gebracht wurde. Total durchnäßt verließ schließlich die Band die Bühne und aus der Anlage kam in unverminderter Lautstärke passende Mucke.
Und die Lautstärke war wirklich schon ein wenig zu laut, zum Glück hatte ich diesmal die teuren Stöpsel nicht vergessen - so war's richtig gut.
Auf
last.fm hat auch jemand ein
Review gepostet, in dem die Links zu den einzelnen Bands zu finden sind.