Artikel von bea.floh
Poetry-Slam am 24.02. in der Scheune/DresdenMein erstes MalWas ist ein Poetry Slam?
Wer ist ein Poetry Slam?
Warum ist ein Poetry Slam?
Als allererstes Reizüberflutung. Schummriges rotes Licht im Eingangsbereich, der gutaussehende Garderobier. Die Treppe hoch, ein Becks. Und so viele Menschen. Die halbe Neustadt, mindestens.
Also los, schnell einen der Klappstühle besetzen. Die stehen in Reih und Glied vor der Bühne. Es sind viele, aber längst nicht genug. Am Ende wird der Raum nicht nur mit sitzenden, auch stehenden, hockenden (liegenden) Zuschauern prallgefüllt sein.
Spannung. Die Moderatoren lassen auf sich warten.
Endlich. Die beiden Männer betreten die Bühne. Der unglaublich lässig wirkende Stefan Seyfarth und der seine blonde Haarpracht schwingende Michael Bittner erklären den Slam-Jungfrauen die Regeln. Der Ablauf ist einfach. Und spannend.
Stefan Seyfarth
beim Grand Slam of Saxony im Sommer 2005Zunächst tragen die zehn Wettbewerbsteilnehmer ihre Texte vor.
Der Erste hats meist nicht leicht und darum erhalten Florian + Martin auch zweimal Applaus als sie von der Bühne gehen. Der Text, den sie erst am Nachmittag gemeinsam verfasst haben, wird mit jungenhaften Charme vorgetragen, ist aber zumindest beim ersten Hören konfus und undurchsichtig. Doch so solls wohl sein. Wirkliche Poesie versteht man nicht.
Interessant wird’s, als ein Chemnitzer Belorusse die Bühne betritt, im Arm einen Vogelkäfig, rote Brille auf der Nase. Liest Textfetzen auf Russisch und Deutsch und lässt kleine Papierflieger ins Publikum segeln. Leichte Belustigung. Den Sinn verstehen? Nöööö.
Als er fertig ist, Applaus.
Er schmeisst den Käfig auf den Boden.
Springt wie ein Wilder draufrum.
Und kickt das Teil ins Publikum.
Das ist Kunst. Selbst die Moderatoren sind ein wenig verstört.
Volker Strübing ist ein äußerst bekannter und erfolgreicher Slammer, so wird erzählt. „Könnt ihr nichtmal alle die Fresse halten“ beginnt er und heißt sein Text. Der Berliner überzeugt. Der erste Favorit.
Ins Finale können und kommen aber nur drei Poeten. Am Einlass hat jeder Besucher einen Pfennig erhalten. Mithilfe des kleinen Geldstückes wird nun für einen der Slammer gestimmt.
Frank Klötgens plastischer Text „Muckefuck“, Nora Gommringers „Liebe ist ein Scheiß“ und Mareike Schneiders Text über die beinamputierte, fette Liebessuchende bringen ihre Autoren in die Endrunde.
Jeder der drei Finalisten hat nun die Möglichkeit einen weiteren eigenen Text an Mann und Frau zu bringen und diese endgültig zu überzeugen.
Klötgen versucht dies mit einem Gedicht über den Berliner Wald. Nicht schlecht, auch die Zuschauer dürfen mal ein bisschen rumschreien.
Frank KlötgenFrauen sind selten in der Szene.
Nora Gommringer ist die Queen der Slammer. Die Bambergerin hat bereits zahlreiche Slams gewonnen, ist sogar von Beruf Autorin. Rundum perfekt. Wirft auch mal ihre beeindruckende Lockenpracht nach hinten und jault wie ein Wolf. Die Frau kanns, das hört und sieht man.
Nora Gomringer (links)
mit ihrem Team
"Tha Boyz with tha Girlz in tha Back"Aber auch Mareike Schneider aus Leipzig weiß, was sie tut. Die junge Frau kommt mit einem Bier in der Hand auf die Bühne und steckt sich während des Vortrags eine Zigarette an. Sie ist cool, genauso wie ihre Geschichte über den Polen und seinen hässlichen Hund, der aussieht wie sich die Erzählerin im Text fühlt.
Nun ist es soweit, die Zuschauer müssen ihre Entscheidung fällen.
Klötgen und seine beiden Mitstreiterinnen treten gemeinsam auf die Bühne.
Gewinnen wird, wer den lautesten und überzeugendsten Applaus erntet.
Die Zuschauer johlen und klatschen.
Alle drei waren gut.
Klötgen wird dritter. Die Entscheidung zwischen den beiden Frauen ist knapp. Zweimal möchten die Autoren den Applaus hören, am Ende gewinnt Mareike Schneider.
Sie bekommt eine Flasche Whiskey und die Anthologie zu den Poetry-Slam-Meisterschaften „Slam 2005“. Strahlend verlässt sie die Bühne.
Das war also mein erstes Mal beim Poetry Slam.
Beeindruckend. Faszinierend. Mitreissend.
Am 31.03. ist es wieder soweit. Und ich werde auf jeden Fall dabei sein.
Wer so etwas noch nie erlebt hat, sollte kommen.
Ich meine...wer will schon ewig Jungfrau bleiben?