Prof, können wir nicht mal über Unabhängigkeit sprechen … ?
von Michael Winkler
Was und wie schreibt man über Unabhängigkeit, wenn man zwei Gläser Rotwein getrunken, eine Zigarette geraucht hat und danach Zahlen von rund 140.000 Alkohol- und Nikotintoten jährlich allein in Deutschland im Kopf hat. Hmm, man lässt wohl am besten im Hintergrund bei YouTube das Video zu „Live With Me“ von Massive Attack (Link) laufen.
Unabhängigkeit ist ja irgendwie das Gegenteil von Abhängigkeit; auch wenn wir vielleicht immer wieder mal darüber stolpern, dass es dabei kein Schwarz-Weiß gibt. Kein ehemaliger Raucher wird jemals wieder in seinem Leben zu einem Nichtraucher; selbst wenn er mehrere Jahre oder Jahrzehnte ohne Klimmstengel ausgekommen ist. Unabhängiger von welchen Dingen oder Menschen auch immer wird man (oder frau) wohl langfristig nur, wenn man sich seiner Abhängigkeiten bewusst ist bzw. wird und Alternativen schafft.
Von wem oder was ist z.B. ein Student abhängig? Vom BaföG-Amt? Von den Eltern? Von der Uni? Von den eigenen Interessen? Von den Interessen anderer Menschen? Wonach wählt er z.B. seine (oder ihre) Studienrichtung aus? Nach dem Numerus Clauses? Nach dem bestehenden Markt? Nach dem späteren Einstiegsgehalt? Nach dem Studiengang der besten Freundin oder des besten Freundes?
Und ein Professor oder Dozent? Wonach wählt er seine Vorlesungsinhalte aus? Aus den Erfahrungen seines eigenen Studiums? Den Abstracts seiner Papers, die er über die Jahre in diversen Wissenschaftsjournalen platzieren konnte? Nach seinen Geldgebern? Bespricht er die Inhalte seines Lehrplanes mit seiner Ehefrau, Freundin, Geliebten oder einfach mit den möglicherweise befreundeten Profs ABC von den Universitäten der Städte XYZ? Oder mit allen zusammen?
Ist das alles wirklich wichtig, wird man sich vielleicht fragen, während einem bei der morgendlichen Vorlesung oder beim abendlichen Hausarbeitenschreiben zum Beispiel irgendein Lied durch den Kopf geht. Wer Björk mag, für den ist es vielleicht deren “Declare Independence“ (Link). Laut Wikipedia den Färöer-Inseln und Grönland gewidmet, wird darin nicht nur dazu aufgerufen, eine eigene Briefmarke herzustellen und die eigene Sprache zu schützen, sondern auch eine eigene Währung zu starten. Hmm, was mochte uns da Björk Guðmundsdóttir sagen? Hatte sie die Banken- und Finanzkrise schon einige Monate vorausgesehen? Oder gar das Schicksal ihres eigenen Heimatlandes bzw. der Kauphting-Bank?
Wir wissen es nicht genau, doch so ganz unwichtig könnte der (politisch-)künstlerische Einfluss des Songs nicht gewesen sein. Am 25. November 2008 fand jedenfalls im an Rohstoffen sehr reichen Grönland eine Volksabstimmung statt, mit der die Ersetzung des seit 1979 geltenden Autonomiestatus durch eine Selbstverwaltungsordnung erreicht werden soll; auch wenn u.a. die Geld- und Währungspolitik wohl zunächst noch von Dänemark bestimmt bleiben werden.
Tja, vielleicht brauchen einige Institute an den Universitäten auch einfach einen inspirierenden Song, um sich in gewisser Weise unabhängiger zu machen; wissenschaftlich vernetzen wird man sich ohnehin (müssen), schon rein aus fachlichen Gründen. Und unabhängigere Institute bedeuten vielleicht längerfristig auch unab-hängigere Studenten; einmal abgesehen vom Glas Wein oder Bier oder einer Zigarette …
In diesem Sinne … ein weitestgehend unabhängiges Semester wünscht Micha.

If songs get more political will politics get then more cultural?
Bildquelle: http://bjork.com/db/images/di_stills.jpg
letztmalig geändert am 5.12.2008, 13:06 Uhr (Rechtschreibung, M.W.)