
Zeugen Jehovas müssen staatlich anerkannt werden
Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas muss nach einem Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichts (OVG) als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden. Damit entschieden die Richter gegen das Land Berlin, das diese Anerkennung verweigert hatte. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Das Land Berlin prüft nun eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.
Seit mehr als zehn Jahren stritten die Zeugen Jehovas juristisch darum, vom Land Berlin als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Der seit 1993 dauernde Fall ging durch alle Instanzen und war im Mai 2001 schon einmal vom Bundesverwaltungsgericht mit Auflagen an die Vorinstanz - das OVG - zurückverwiesen worden.
Gütliche Einigung am Land Berlin gescheitert
Zuletzt hatte das OVG Berlin im Dezember 2004 eine gütliche Einigung vorgeschlagen. Danach sollte das Land Berlin der Religionsgemeinschaft den Körperschaftsstatus zuerkennen. Im Gegenzug wurde von den Zeugen Jehovas verlangt, unwiderruflich und bundesweit geltend, auf das Recht zur Erhebung von Kirchensteuern, der Erteilung von Religionsunterricht an staatlichen Schulen sowie auf das so genannte Dienstherrenprivileg zu verzichten. Während die Zeugen Jehovas bereit waren, den Vergleich anzunehmen, lehnte das Land Berlin ab.
Der Grund: Die Religionsgemeinschaft verhalte sich intern anders, als sie es nach außen darstelle. Der Vorsitzende Richter, Jürgen Kipp, erklärte dazu: "Es gibt keine Auskünfte von Familiengerichten oder Schulpsychologen, die belegen, dass die Zeugen Jehovas eine Drucksituation aufbauen, wenn sich ein Familienmitglied von der Gemeinschaft abwendet". Die Aussagen von Aussteigern reichten nicht aus, weil erst ihr psychischer Hintergrund überprüft werden müsse. "Diese Arbeit hat das Land Berlin seit zwölf Jahren nicht geleistet", kritisierte er.
Steuervergünstigungen und Religionsunterricht
Mit der jetzigen Gerichtsentscheidung steht den Zeugen Jehovas als Körperschaft öffentlichen Rechts alles zu, worauf sie beim Vergleich verzichten wollten. Denn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die religiöse Zwecke verfolgt, darf Gemeindehäuser unterhalten, Religionsunterricht erteilen und Kirchensteuer einziehen. Sie hat ein Recht auf steuerliche Vergünstigungen und darf in Rundfunkräten vertreten sein. Köperschaften offentlichen Rechts stehen unter staatlicher Aufsicht.