Wer kennt nicht den Roman „Die Wolke“, wird dieses Buch doch so oft als Pflichtlektüre in der Schule behandelt, während man, so weit man Physik nicht abgewählt hat, nur wenig, oder rein gar nichts über die Realität erfährt. In dem Buch wird beschrieben, wie ein deutsches Atomkraftwerk infolge einer Havarie enorme Mengen radioaktiven Materials in die Atmosphäre abgibt. Die Folgen sind klar und vollkommen richtig. Was leider vollkommen falsch ist, dass es im Buch um den Reaktor in Grafenrheinfeld geht, den ich besucht habe. Er steht noch, arbeitet vollkommen zuverlässig und das wird - solange es politisch nicht verhindert wird - die nächsten Jahrzehnte ohne Probleme möglich sein. Es ist nämlich rein physikalisch vollkommen unmöglich, dass ein derartiger Störfall in einem deutschen Atomkraftwerk passieren kann. Solche Bücher und keinerlei Aufklärung in der Bevölkerung erzeugten die bekannten Bilder von angeketteten Menschen auf Schienen und den massenhaften Zulauf zu Greenpeace und Co. Leider wurde nie ausreichend geklärt, was die Realität ist.
Es ist vollkommen richtig, dass in Kernkraftwerken enorme Mengen Radioaktivität freigesetzt werden. Das liegt einfach an der Tatsache, dass es sich um kerntechnische Prozesse handelt. Diese Radioaktivität wird aber ohne äußere Gewalteinwirkung niemals das Containment, das ist diese große Kugel, die man immer sieht, verlassen können. Die Spaltzone in einem deutschen Kraftwerk befindet sich in einem Druckbehälter, der mit Wasser gefüllt ist, dieses Wasser und der 25 cm starke Behälter schirmen die radioaktive Strahlung schon weitgehend ab. Neun Meter darüber befindet sich ein weiterer Betondeckel, der nur zum Brennelementaustausch geöffnet wird. Die nächste Sicherheitsbarriere wäre dann das Containment, eine Stahlbetonkugel, die zwei Meter dick ist und im Inneren zusätzlich mit einer dicken Stahlschicht verstärkt ist. Ein vollbesetztes Passagierflugzeug, das auf die Kuppel stürzten würde, erzeugt „leichte äußere Schäden“ am Containment. Dieser Fall kann aber ausgeschlossen werden. Ich habe dazu einen Piloten befragt, ob es möglich wäre ein Flugzeug gezielt in ein Kraftwerk zu lenken. Seine Antwort war eindeutig: Ziele dieser Größe in Bodennähe mit einem Flugzeug zu treffen ist so gut wie unmöglich.
Die Sicherheitssysteme:
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Diese geringe Exposition kann dadurch gewährleistet werden, dass es schon viele passive Sicherheitssysteme gibt. Das wären zum ersten die Brennstäbe selbst, die gasdicht verschweißt verhindern, dass radioaktives Material in die Wasserkreisläufe gelangt. Als nächstes käme der Druckbehälter, siehe oben. Und zum Schluss das Containment. Und ich kann bestätigen: es gibt Leute, die täglich im Containment arbeiten und noch leben, also kann man sich getrost auch längere Zeit neben einem AKW aufhalten, denn wenn im Inneren die radioaktive Exposition schon verschwindend ist, dann ist sie außerhalb des Kraftwerkes nahe null. Zumal wir in diesem Zusammenhang nie vergessen sollen, dass zum Beispiel ein Kohlekraftwerk auch radioaktive Isotope in die Atmosphäre bläst, denn Kohle strahlt auch. Desweiteren kann man an der Zusammensetzung der Gesamtstrahlungsleistung für einen Durchschnittsmenschen leicht sehen, dass der Anteil durch den Betrieb atomarer Anlagen kaum messbar ist. Der Rest unserer Umgebung strahlt wesentlich mehr.
Bei so genannten Störfällen, kann durch eine Schnellabschaltung die Kettenreaktion in der Spaltzone innerhalb von 2 Sekunden gestoppt werden, dabei werden einfach die Steuerstäbe fallengelassen. Die Restwärme, die entsteht, wird im Normalfall über den Primär- und Sekundärkreislauf abgeführt. Sollten diese aus irgendwelchen Gründen ausfallen, lecken, oder sonstiges, kann der Reaktor mit vier Notkühlsystemen gekühlt werden. Wobei zu erwähnen ist, dass für einen sicheren Betrieb auch eines reicht, vier gibt es, und weitere vier stehen auf Reserve. Das bedeut, dass Meldungen wie: „Störfall in Biblis, Kühlkreislauf ausgefallen!“ absolut harmlos sind. Falls noch dazu der Strom ausfallen sollte, stehen vier Notstromdiesel zur Verfügung, auch hier reicht ein Einziger für den sicheren Betrieb der gesamten Anlage und weitere vier stehen auf Lager. Die Notdiesel werden einmal pro Woche getestet. Was, wenn das alles nicht funktioniert? Gut, dieser Fall ist eigentlich unmöglich, aber falls er doch eintreten sollte, kann das gesamte Containment mit Wasser aus dem Main geflutet werden. Als Vergleich: ich stand im Kraftwerk direkt neben dem Abklingbecken, in dem die abgebrannten Brennelemente abkühlen und Radioaktivität verlieren. Mich trennten nur 4 Meter Wasser von den hochradioaktiven Abfällen, 1 Meter würde reichen.
Kommt es noch schlimmer, z.B. die Steuerstäbe reichen nicht aus, um schnell genug abzuschalten, was wiederum eigentlich ausgeschlossen ist, kann man den Reaktorkern mit schwacher Borsäure fluten. Diese hat die angenehme Eigenschaft auch das letzte freie Neutron zu absorbieren, und den Reaktor mehr als nur abzuschalten.
Aber das Allerbeste an deutschen Atomkraftwerken ist, dass sie sich niemals überlasten können und somit das Bersten des Druckbehälters vollkommen ausgeschlossen ist. Das Stichwort heißt Dampfblasenkoeffizient. Wie am Anfang beschrieben, kann man Uran nur mit langsamen Neutronen spalten. In deutschen Atomkraftwerken werden die Neutronen mit Wasser gebremst, welches gleichzeitig das Kühlmittel ist. Wasser bremst aber nicht nur Neutronen, sondern kann sie auch in seinen Atombau aufnehmen. Es wird also stets eine gewisse Menge Neutronen abtransportiert. Steigt die Leistung des Reaktors zu stark an, so steigt die Brennstofftemperatur und es kommt im Wasser zur Bildung von Dampfblasen. Da die Teilchendichte von Wasserdampf geringer ist als die von flüssigem Wasser, werden weniger Neutronen gebremst, es kommt zu weniger Kernspaltungen, der Reaktor verliert an Leistung. Natürlich werden auch weniger Neutronen vom Wasser absorbiert, da jedoch der Moderatoreffekt größer als der Absorptionseffekt ist, kommt es bei steigender Leistung ab einem gewissen Punkt zwangsläufig zu weniger Spaltungen und damit zu selbstständigen Stabilisierung des Reaktors.
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Tschernobyl war eine Katastrophe, die hätte verhindert werden können. Es ist nicht im geringsten zu Abzustreiten, dass die Folgen dieser Katastrophe bis heute enormes menschliches Leid erzeugen und erzeugt haben. Ich habe auch nicht vor diesen Vorfall zu relativieren. Ich möchte lediglich aufzeigen, warum dies mit der richtigen Technik nicht passieren kann. Und warum Geschichten von einem möglichen GAUs in Deutschland einfach falsch sind.
Nachdem oben schon gezeigt wurde, was im Normalfall deutsche Reaktoren stabilisiert und warum es nie ein deutsches Tschernobyl geben wird, betrachte ich den absolut schlimmsten Fehler, den es in einem deutschen Kernkraftwerk geben könnte. Dies wäre ein Lecken des Reaktorkerns und damit das Ausdampfen des Kühlmittels. Die Reaktorkuppel würde dem kompletten Ausdampfen des Kühlmittels standhalten, der entstehende Wasserdampf würde danach kondensiert, gefiltert und abgeführt. Im Normalfall würde nun ein Notkühlsystem einspringen und die Restwärme abführen. Nehmen wir an, keines der Notkühlsysteme könnte gestartet werden. Dann würde sich durch die Restwärme der Reaktorkern bis zur Schmelze aufheizen. Berechnungen und Simulationen haben gezeigt, dass zwar in diesem Fall der Druckbehälter durchgeschmolzen wird, aber die Schmelze im 5 Meter dicken Fundament zum erkalten kommt. Während dieser Zeit sollte es jedoch gelungen sein den Reaktor zu kühlen, da dieser Vorgang Wochen dauern würde. Es ist also so gut unmöglich, dass ohne fremde Gewalteinwirkung jemals große Mengen radioaktiven Materials einen deutschen Reaktor verlassen könnten. Es bleibt jetzt an jedem selbst zu entscheiden, ob man der Technik vertrauen kann, oder nicht, danach kann man sich ins passende Lager einordnen. Ich persönlich vertraue der Technik und halte das Risiko für sehr gut Überschaubar, wenn man die Richtigen Mittel benutzt.
Ende Teil drei… viel Spaß damit.
Eines möchte ich hier noch mal verdeutlichen. Ich will keinem von euch meine Meinung aufzwingen. Mir ist ehrlich gesagt egal, wie eure Meinung zu dem Thema ist, wenn ihr euch wenigstens damit befasst habt. Da ich das aus der Debatte hier im Forum entnehme, hab ich mein Ziel schon mal erreicht. Also dann. Bis zum Teil vier.