eXma » Diskutieren » Dies und das
Startseite - Veranstaltungen - Mitglieder - Suche
Vollständige Version anzeigen: Politische Systeme
Chris
Wir haben uns gestern mal wieder über das leidige Thema Demokratie unterhalten. Dabei sind wir auf ein paar interessante Sachen gestoßen. Zum Beispiel, dass die Menschen sich unter Demokratie eigentlich eine Timokratie vorstellen. Zur Erklärung:
Timokratie bedeutet die direkte Herrschaft des Volkes. Jeder darf und muss Entscheidungen treffen und hat deshalb auch direkten Einfluß auf alle Entscheidungen des Staates.
Im Gegensatz dazu steht die Demokratie, die nur einen indirekten Einfluß zulässt. Man delegiert seine Stimme einem Abgeordneten, der diese bis zur Entscheidungsfindung zu tragen hat. In Griechenland wurde die Demokratie erfunden. Dort haben 20.000 der höheren Einwohner von Athen, und nur diese, über 60.000 Sklaven und ca. 1 Million weitere Bürger im Reich bestimmt.

Und nun kommen wir zu dem System, dass wir hier in Deutschland haben. Können wir das überhaupt Demokratie nennen. Wir wählen Abgeordnete, die über uns Wohl und Wehe entscheiden. Doch wir delegieren bei der Wahl nicht unsere Stimme. Wir wählen lediglich die Person, von der wir denken, dass seine Meinung am ehesten unserer entspricht. Im Endeffekt erlauben wir also einer gewisse Menge Menschen selbstherrlich über uns zu herrschen. Lediglich legen wir alle 4 Jahre fest, wer es denn sein darf.

Und nun die provokante These. In 2000 Jahren seit Erfindung der Demokratie hat sich das System nicht sonderlich geändert. Lediglich das "Marketing" im Volk hat sich geändert. Will sagen, man startet von einem Diktator/König mit einem Beraterstab. Diese Menschen haben ganz offensichtlich alle Macht, keiner kann was dagegen sagen. Im Laufe der Zeit tauscht man die Möglichkeit schnell und direkt Entscheidungen zu fällen gegen eine "Scheinentscheidungsgewalt" des Volkes ein. Damit fühlt sich das Volk frei, es hat scheinbar in der Hand alles zu bestimmen (was es durchaus nicht will), im Endeffekt entscheidet aber immer wieder die Spitze. Die Entscheidungen sind nur etwas verlangsamt, und eventuell muss man in 1% der Fälle (die aber unwichtig sind) dem Volk eine Entscheidung zugestehen.

Was denkt ihr dazu?
JoSchu
Zuerst einmal denke ich, dass ein paar inhaltliche Fehler ausgeräumt werden müssen:
Timokratie bezeichnet die Herrschaft der Angesehenen, was meist gleichbedeutend ist mit den Vermögenden und geht mit dem Zensuswahlrecht einher. Genau das ist es dann auch, was in Griechenland erfunden wurde (wie du schon sagtest: "Dort haben 20.000 der höheren Einwohner von Athen, und nur diese, über 60.000 Sklaven und ca. 1 Million weitere Bürger im Reich bestimmt."). Eine kleine Gruppe entschied also für das gesamte Volk - hat für mich mit Demokratie nicht wirklich viel zu tun.
Demokratie bedeutet nicht zwangsläufig die Delegation des Stimmrechtes, bei der direkten Demokratie kann man immer noch selbst politische Entscheidungen fällen.

Nun aber zu deiner Frage: Ja, Diktatur und Demokratie sind nicht so weit voneinander entfernt wie gemeinhin angenommen. Warum? Weil in beiden Fällen ein Teil des Volkes für das ganze Volk entscheidet. Der Unterschied liegt nur daran, dass sich bei der Demokratie der Entscheidungsträger durch ändernde Mehrheitsverhältnisse von Zeit zu Zeit ändert.
Warum aber herrscht immer nur ein Teil? Weil der Mensch auf Hierarchien steht und nur in Hierarchien Macht und Herrschaft möglich sind (Macht: die Fähigkeit, die Handlungen eines anderen gegen seinen Willen zu beeinflussen).
Warum steht der Mensch auf Hierarchien? Zum einen, weil er immer noch ein Herdentier ist bzw. das Tier, dass in seiner pgylogenetischen Entwicklung am stärksten überhaupt von der Bildung von Gruppen und der ihnen inhärenten Hierarchie abhängig war, zum anderen, weil dies einfach mal Bedingung für eine Entscheidungsfindung ist. Jemand muss das letzte Wort haben, die Entscheidung treffen und se dann auch durchsetzen können.

Soviel (erstmal) von mir.