Gestern war ja nun das Konzert von Arcade Fire im Palladium in Köln. Die Vorband
Herman Düne fand ich nicht so berauschend, die Kölner sind aber offensichtlich von Natur aus etwas frohsinniger oder leichter zu begeistern, denn ihnen hat der Auftritt spürbar gefallen. Oder sie sind so sarkastisch gemein wie ich, die kräftig Applaus spenden, auf das sie endlich die Bühne für die Headliner frei machen. Einen klaren musikalischen Stil hat Herman Düne (noch?) nicht so richtig, er läßt sich aber in die Schublade "Rockmusik mit Folk Einfluß von Männern im Holzfällerhemd" einsortieren. Ein Track war ähnlich wie alte Jazz Songs strukturiert, bei dem ein Thema als Solo von Instrument zu Instrument weitergereicht wird - das war ganz unterhaltsam, die Gitarrensoli des Frontmenschen hätte man sich auch sparen können - aber auch hier haben die Kölner fleißig Applaus gespendet (muß aber wie Eingangs erwähnt eher an der Feierkultur, als an der Darbietung gelegen haben).
Dann kamen endlich The Arcade Fire auf die Bühne, wobei man sich die Live weniger als Band, sondern vielmehr als Orchester vorstellen muß. Das Bild oben im Thread gibt das ganz gut wieder. Die Bühne im Palladium ist etwas schmaler als im Alten Schlachthof, sodaß die zehn Musiker in Reichweite voneinander standen, wenn sie denn nicht rumsprangen.
Sogar eine richtige Orgel haben sie mitgebracht, die im Arcade Fire Sound eine ganz bedeutende Rolle spielt. Auf vier, fünf rund eingefaßten, an old school Röhrenfernsehern erinnernden Displays wurden von ungezählten über die Bühne verstreuten, kleinen Kameras die Bandmitglieder beim Spielen gezeigt.
Die Setlist habe ich nicht mehr so genau im Kopf, ich kann nicht mal mehr sagen, was der Opener war - bei Arcade Fire ist ja ein Song mitreißender als der andere. Es könnte Keep The Car Running gewesen sein. Gleich als zweiten Titel haben sie No Cars Go gespielt - live noch monumentaler, größer, breiter und extatischer als auf Platte. Unsereiner fehlen die Worte dafür, um das zu beschreiben, man könnte heulen vor Freude

Dieses zehnköpfige Orchester türmt Soundschichten aufeinander, daß etwas ganz großes entsteht und jedes Teil an seinem Platz steht ohne ein anderes zu verdecken.
Das war so einer dieser typischen Momente wo man sich fragt, warum spielen die ihre Perlen zuerst - doch dann halten sie die Spannung schon allein durch ihre Art des Spiels aufrecht und setzen dabei noch eins drauf. Sie haben alle meine Lieblingsstücke gespielt, wobei das ausufernde Power Out in einem regelrechten Rewind Jam endete, den Régine dann mit der Melodie des nächsten Stücks in ein Medley verwandelte. Aber auch ruhigere Stücke wie My Body Is A Cage oder das heißgeliebte In The Backseat (für Socres: da geht es eher um Landschaft

) wurden zum Vortrag gebracht.
Die amerikanische Tugend des Instrumentenwechsels hat auch bei Arcade Fire Einzug gehalten - so hat Régine auch schon mal die Drums betätigt, wenn auch bei den eher einfacheren Rhythmen

, aber auch Bongos und die Orgel gespielt. Wie nennt man eigentlich dieses Instrument mit der Kurbel an der Seite, daß man sich umschnallen kann?
Ich freue mich schon auf das Konzert in Berlin (btw eine Karte habe ich noch über).
Letztlich war dieses grandiose Konzert schon ein bißchen Wiedergutmachung für eine Woche Zelten bei Kälte, Regen, lärmenden Holländern und der kleinen Enttäuschung bei der WRC kurz vor Schluß.