Der Kernaspekt des Buches ist für mich der Mensch in der Moderne, der Mensch der eben in seiner ganzen Entwicklung und Evolution selber zu einer Maschine geworden ist und keinen Blick mehr für das Nebensächliche hat; die Schönheit der Dinge steht nur noch an zweiter Stelle und muss der Funktion weichen.
Fabers Beziehung zu Ivy ist ein gutes Beispiel, natürlich braucht er den Sex, aber der Rest ihm eigentlich völlig egal, er mag Ivy nicht der Schönheit wegen, sondern weil sie "praktisch" ist.
Oder auch die Heirat mit Hanna, die nicht stattfindet, weil Faber Hanna vorrangig beschützen möchte.
Faber ist erfolgreich und hat eigentlich alles was er nach seinem eigenen Verständnis zum Glück braucht (einen guten Job, eine Frau, Respekt, Geld), aber er ist nicht glücklich - was ihn nachdenklich macht; denn er
müsste es sein.
Die erste Zäsur findet statt, als er sich nach der Notlandung entschließt Joachim zu begleiten und dann wird der Konflikt immer mehr aufgebaut (Treffen von Sabeth, sein Verlieben in eine viel jüngere Frau, die gemeinsame Reise, die Erkenntnis das Sabeth seine Tochter ist).
Die Person Faber muss deshalb auch nicht sympathisch oder interessant sein - im Gegenteil - sie dient Frisch nur als Mittel zum Zweck - um selber zum Nachdenken über das eigene Sein anzuregen.
Ich persönlich kann oft genug den Homo Faber in mir erkennen und kämpfe eifrig dagegen...
Ich finde selbst ohne diese philosophische Ebene ist Homo Faber lesenswert, außerdem ist es ja wirklich nicht soo lang.
Die Szenen mit der Feier in NY mit Ivy und Dicks Freunden sind jedenfalls herrlich komisch oder auch die lakonischen Kommentare von Faber, als die Maschine notlanden muss und alle in Unterwäsche in der brütenden Sonne rumrennen...
Zitat
Natürlich versuchte ich alles von der komischen Seite zu nehmen, auch als die indianische Vase in Trümmer ging, die gar nicht mir gehörte.
Ivy fand mich humorlos
[...]
Zitat
Als ich gelegentlich auf Toilette ging, war die Tür verriegelt. Ich holte einen Schraubenzieher und sprengte die Türe. Einer saß am Boden und rauchte und wollte wissen, wie ich heiße.
So gings die ganze Nacht.
@tuesday
Dass Sabeth seine Tochter ist, wird übrigens schon relativ am Anfang gesagt (Suhrkamp blaues Paperback S. 64), der Roman wechselt ja etwas zwischen dem Bericht und der Gegenwart.
Max Frisch kann ich sonst auch nur jedem ans Herz legen, der sich für gute Literatur interessiert. Yocheckit hat ja schon "Mein Name sei Gantenbein" und "Stiller" angesprochen, aber auch seine Stücke sind nachdenklich "Biedermann und die Brandstifter" oder auch sehr komisch "Don Juan - oder die Liebe zu Geometrie". Allen Werken die ich bisher von ihm gelesen habe, ist gleich, dass sie sich immer mit der Psyche von Menschen beschäftigen.
C'ya,
Christian