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WETTBÜRO FILM / AMERICAN HARDCORE

Mi., 10.02.2010 - Altes Wettbüro
off schuhmanns | post 18 Jan 2010, 21:58 | Themenlink
WETTBÜRO FILM / AMERICAN HARDCORE
Altes Wettbüro
am Mittwoch den 10.02.2010
(Musikdokumentation, USA, 2006)

Regie: Paul Rachman
Drehbuch: Steven Blush, nach seinem Buch "American Hardcore: A Tribal History"
Darsteller/innen: Keith Morris, Joey „Shithead“ Keithley, Henry Rollins, Ian MacKaye u. a.
Kamera: Paul Rachman
Laufzeit: 100 min, OF
Filmpreise: Sundance Film Festival 2006
Altersempfehlung: empfohlen ab 14 J.
Themen: Werte, Identität, Individuum (und Gesellschaft), Jugend/Jugendliche/Jugendkultur, Außenseiter, Rollenbilder, Musik, Popkultur
Unterrichtsfächer: Musik, Englisch, Sozialkunde/Gemeinschaftskunde, Deutsch



Verrauschte Videobilder und impulsive Erinnerungen an die wilden frühen 1980er-Jahre: Musikvideoregisseur Paul Rachman hat die amerikanische Hardcore-Punk-Musikszene porträtiert, eine jugendliche Subkultur mitten im konservativen Amerika der Reagan-Ära. In kleinen Clubs und Kellerräumen, angekündigt auf handgemalten Plakaten, spielen junge Bands, die vor allem eins sind: dagegen. Sie sind gegen die "Plastic World" ihrer Eltern, gegen Disko und New Wave, gegen den Kommerz. Erbittert brüllen sie ihre Texte in übersteuerte Mikrofone, malträtieren ihre Gitarren, zucken mit halbnacktem Körper – je improvisierter und spontaner, desto besser. Das ist inzwischen über zwanzig Jahre her. Hardcore ist neben Punkrock fast in Vergessenheit geraten, obwohl der Musikstil enormen Einfluss auf die nachfolgende Rockmusik hatte. Bands wie Nirvana, Beastie Boys und Red Hot Chilli Peppers wären ohne ihre Vorreiter in den 1980er-Jahren nicht denkbar, da sind sich die ehemaligen Mitstreiter/innen der Hardcore-Szene einig.

Regisseur Paul Rachman, der früher selbst dazu gehörte, lässt in seinem Film Bandmitglieder von Black Flag, Bad Brain, Minor Threat oder Red Hot Chilli Peppers zu Wort kommen. Entstanden ist das mosaikartige Porträt einer exzessiven Jugendkultur. Unzählige Interviewausschnitte hat Rachman assoziativ montiert, so dass sich die Gesprächspartner/innen gegenseitig die Stichworte zu liefern scheinen. Dazwischen flackern Konzertmitschnitte über die Leinwand. Es gibt keinen übergeordneten Erzählstrang oder eine faktenorientierte Darstellung, stattdessen einen Strudel der Erinnerungen. Unangepasst und etwas spröde nähert sich Rachmans Film auch formal der Jugendkultur, die er dokumentiert. In dieser Konsequenz macht er deutlich, was die Szene ihren Mitgliedern bedeutete und noch heute bedeutet: Sie waren dabei. Durch diese Insider-Perspektive kommen die kritischen Aspekte der Hardcore-Bewegung nur am Rande zur Sprache. Die Gewaltexzesse im Publikum und Prügeleien mit der Polizei werden von den Protagonisten/innen der Szene bis heute größtenteils verklärt und der Rassismus-Vorwurf an die Band Minor Threat wegen ihres Songs Guilty of Being White sogar als Missverständnis deklariert. Ganz unaufdringlich und umso nachhaltiger zeigt American Hardcore, was Reiz, aber auch Schicksal einer jeden Jugendbewegung ist: Irgendwann ist es unwiederbringlich vorbei. Die wilden Anekdoten und markigen Sprüche der Musiker/innen werden herrlich konterkariert von den plüschigen Sofas, auf denen sie heute sitzen, von adrett eingerichteten Häusern mit Swimmingpool und der bequemen Wohlstandshülle, die ihnen die Zeit seit damals geschenkt hat.

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