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>Sex in the City? Gedanken zum „Wegweiser für Prostituierte ..."

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post 16 Dec 2008, 02:36
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Sex in the City?

Gedanken zum „Wegweiser für Prostituierte in Dresden"


Wer den täglichen Newsletter der Landeshauptstadt Dresden abonniert hat, wird heute (16.12.2008) zwei Themen finden ...

1. Bauarbeiten am Verkehrszug Waldschlößchenbrücke
2. „Wegweiser für Prostituierte in Dresden“ gibt es nun als Broschüre


Da das erste zwar oft in den Medien, doch nur noch teilweise interessant ist, bleibt der Blick neben dem "ß" in "Waldschlößchenbrücke" eventuell natürlich möglicherweise smile.gif beim zweiten Thema hängen.

„Wegweiser für Prostituierte in Dresden“ gibt es nun als Broschüre
(PDF-Version)

Man kann/konnte natürlich vermuten, dass es in Dresden Prostitution gibt (wo gibt es die nicht?), wobei hier von der sexuellen Prostitution die Rede ist, denn körperliche, geistige und seelische Prostitution hat ja viele Gesichter ...
Ihren Körper verkaufen nicht nur Personen im sog. "horizontalen Gewerbe", sondern womöglich 10-50% der DresdnerInnen irgendwie, irgendwo ... und sei es durch Schreibtischarbeit. Im sog. Rotlichtmilieu ist es eben nur sehr offensichtlich und für manche vielleicht auf unangenehme Weise klar, worum es geht.

Für mich als quasi bekennenden Hartz-IV-Empfänger war vor allem ein Abschnitt interessant ... Unter dem Stichwort "Sozialrecht" ist auf Seite 8 (von 18) folgendes zu lesen:
Bei Bezug von Renten, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Hartz IV muss jeder Nebenverdienst bei ausreichender Institution (Rentenversicherungsträger, Sozialamt, ARGE) und Finanzamt angegeben werden. Wer schwarz arbeitet, ist erpressbar (Freier, Kollegen). Missbrauch von Sozialleistungen ist strafbar. Behörden gehen jeder, auch anonymen Anzeigen nach.

Spätestens an dieser Stelle frage ich mich, ob so ein Wegweiser nicht ein Wegweiser in die Sackgasse ist ... a.) für die möglicherweise Ausübenden, b.) für die Lösung wirklicher Problemfälle, c.) für die Freier (m/w), d.) den Staat, der so etwas ernst meint, e.) die Gesellschaft als solche, die eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema m.E. (immer noch) nötig hat.

Keine Ahnung, wie viele von 100 Freiern statistisch wirklich nicht zahlen, handgreiflich werden usw., doch ich stelle mir das gerade mal bildlich vor. Welche Prostituierte oder welcher Prostituierter würde seinen Job oder seine Nebentätigkeit wirklich beim Arbeitsamt oder bei der ARGE angeben? Ich meine, das klingt ja schon wieder fast nach Kabarett bzw. Realsatire ...

Will man die Prostitution etwa verstaatlichen? So wie versuchsweise in der DDR?

Also, ich weiß nicht, so sehr man sich Gedanken über das Thema macht, wenn man bei Zinnwald über die tschechische Grenze fährt, doch in Dresden verliert die Ernsthaftigkeit spätestens bei solchen behördlichen Ratschlägen jeden Halt.

Ich kann es nur empfehlen, diesen Wegweiser einmal durchzulesen oder zu überfliegen ...
Gerade blieb ich beim Punkt "Dresdner Gewerbeordnung" hängen ... O-Ton "Sie können und müssen als Prostituierte kein Gewerbe 'Prostitution' anmelden."
Nach dreimaligen Lesen wusste ich endlich, was mir dieser Satz sagen wollte.

Als Kartograph war für mich auch die "Übersichtskarte zur Verordnung des Regierungspräsidiums Dresden über das Verbot der Prostitution zum Schutze des öffentlichen Anstandes und der Jugend der Landeshauptstadt Dresden vom 01. Juli 1999" (S. 9/10) irgendwie interessant. Demzufolge liegen Rathaus, Landtag, die gesamte Uni ... mein Wohnhaus ... in der Sperrzone. Nur das Arbeitsamt bzw. die ARGE hat sozusagen "vogelfrei" smile.gif ... Selbst um den Großen Garten ist eine ca. 500 Meter breite Schutzzone eingezeichnet.

Nach 5 Minuten Betrachtung dieser Karte frage ich mich, ob nicht eine Karte, wo überall in dieser Stadt Prostitution stattfindet, nicht viel aufschlussreicher und interessanter wäre. Hmm, vielleicht eine Projektidee für das Institut für Kartographie, wo ich immatrikuliert bin smile.gif. Ich glaube, ein interdisziplinäres Projekt mit Soziologen etc. wäre sicher sinnvoller als ein "Wegweiser" dieser Art. Für mich hat es immer mehr den Anschein, dass dieses Dokument unbewusst eher verdecken und verstecken möchte, denn aufklären.

Nun, sei es wie es sei ... ich hoffe mal, dass diejenigen Frauen und Männer, die sich wirklich Hilfe von diesem Dokument versprechen, die nötigen Hinweise finden werden.

Bei allem Ernst kann ich mich immer noch nicht so recht entscheiden, was bei mir momentan überwiegt: häufiges Stirnrunzeln und so manches Schmunzeln.
Was hier nach Hilfe und Wegweiser aussieht, wirkt für mich eher wie Kriminalisierung ...

In diesem Sinne ... Vater Staat passt auf dich auf - auch in Dresden? ... Micha.


PS: Irgendwie sind mir da solche Wegweiser sympathischer und unterhaltsamer -
Hape Kerkeling und Jürgen v. der Lippe lesen aus 'Vollidiot'
PPS: Keine Ahnung, ob dieses Thema unter "Liebe, Sex & Zärtlichkeit" am besten reinpasst ... bevor ich den Text begann, wusste ich noch nicht so recht, wohin die Reise gehen würde ... und irgendwie sollte es ja auch nichts Politisches werden ... hmm, sei's wie's sei.



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Dieser Beitrag wurde von Michael13: 17 Dec 2008, 04:09 bearbeitet


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post 26 Dec 2008, 11:35
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mein gutster, es ehrt dich, dass du dich um mitmenschen und gewissen themen sorgst, aber deine herangehensweise lässt auf eine gehörige portion selbstdarstellungssucht schließen, die sich in ausufernden schnellschüssen ohne langes nachdenken widerspiegelt..

tatsächlich ist es so, dass wirklich sehr, sehr viele prostituierte offiziell arbeiten (oder arbeiten wollen) und bei den entsprechenden ämtern gemeldet sind und es wie in jedem anderen gewerbe auch viele (verwaltungs)rechtliche dinge zu beachten gibt und somit ist es auch verdammt wichtig und richtig, dass es broschüren gibt, die neueinsteigern und erfahrenen ausübenden den weg weisen.. schon alleine, um das illegale element aus den köpfen zu kriegen.. sicher, es gibt IMMER bessere ansätze, aber vielleicht ist es nicht gerade an einem hartz4 empfangenden studenten (wie geht das eigentlich? in welcher broschüre hast du diesen trick gefunden?), diese zu entwickeln

es ist ein job, nicht ganz wie jeder andere auch, aber eben doch ein job! und jeder handwerker, jeder existenzgründer für automatensaft oder augenbrauenfärbemittel findet irgendwo im netz die passenden broschüren und branchenhinweise..

im ernst: du musst mal lernen, "auf den punkt zu kommen" - vielleicht fragst du dazu mal die eine oder prostituierte, scheinst ja einige zu kennen, die können das jedenfalls

Dieser Beitrag wurde von marek_penksa: 26 Dec 2008, 11:36 bearbeitet


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"Ein arroganter Stinkstiefel aus der Akademiker-Bronx Dresden Neustadt., vereint die fußballerischen Fähigkeiten von Bukowski mit dem lyrischen Talent von Michael Ballack"
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post 27 Dec 2008, 01:48
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Zitat(marek_penksa @ 26 Dec 2008, 10:35)
mein gutster, es ehrt dich, dass du dich um mitmenschen und gewissen themen sorgst, aber deine herangehensweise lässt auf eine gehörige portion selbstdarstellungssucht schließen, die sich in ausufernden schnellschüssen ohne langes nachdenken widerspiegelt..

tatsächlich ist es so, dass wirklich sehr, sehr viele prostituierte offiziell arbeiten (oder arbeiten wollen) und bei den entsprechenden ämtern gemeldet sind und es wie in jedem anderen gewerbe auch viele (verwaltungs)rechtliche dinge zu beachten gibt und somit ist es auch verdammt wichtig und richtig, dass es broschüren gibt, die neueinsteigern und erfahrenen ausübenden den weg weisen.. schon alleine, um das illegale element aus den köpfen zu kriegen.. sicher, es gibt IMMER bessere ansätze, aber vielleicht ist es nicht gerade an einem hartz4 empfangenden studenten (wie geht das eigentlich? in welcher broschüre hast du diesen trick gefunden?), diese zu entwickeln

es ist ein job, nicht ganz wie jeder andere auch, aber eben doch ein job! und jeder handwerker, jeder existenzgründer für automatensaft oder augenbrauenfärbemittel findet irgendwo im netz die passenden broschüren und branchenhinweise..

im ernst: du musst mal lernen, "auf den punkt zu kommen" - vielleicht fragst du dazu mal die eine oder prostituierte, scheinst ja einige zu kennen, die können das jedenfalls
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Hallo Marek,

ich kam beim Lesen deiner Zeilen - offen geschrieben - nicht um einige Schmunzler drumherum, denn eigentlich schreibst du mehr über dich selbst als über mich und die Sache, um welche es geht.
Was du als "Selbstdarstellungssucht" bezeichnest, ist für mich gesprochen ein Interesse an gesellschaftlichen Dingen, die um mich herum geschehen. Ich würde es als "Interesse am Informieren" bezeichnen; sozusagen eine halb-journalistische Arbeit ... ohne Bezahlung, was völlig in Ordnung ist, weil ich weiß, ich werde dafür nicht bezahlt.
In den letzten Jahren habe ich häufiger solche Bezeichnungen gehört und mittlerweile weiß ich, dass es in 99% der Fälle eher Minderwertigkeitskomplexe auf Seiten derer sind, die mir etwas in der Art "unterstellen" (wollen). Habe ich wahrscheinlich früher auch so gemacht ... irgendwann tut man die Dinge, die man selbst möchte ... Kritiker und Nörgler wird es immer geben. Wenn ich meine Herangehensweise nicht gut gewählt habe, kann ich lernen ... oder auch nicht. Das braucht eigentlich nur mich zu interessieren.
Offenbar hat dich ja z.B. dieser Thread angesprochen, sonst hättest du nicht geantwortet ... Fazit für mich: Ziel erreicht. As simple as that.

Zum Sachlichen:
Nehmen wir einfach mal den Fall an, eine auf ALG II (Hartz IV) lebende Frau (oder ein Mann) entscheidet sich zur Prostitution. Sie weiß - nach Kenntnis der ganzen Bürokratie -, dass sie bei sagen wir 4 Kunden pro Monat à 100 Euro (nehme jetzt mal diesen Fall an - kenne die "genauen Preise" nicht), also bei 400 Euro pro Monat 160 Euro behalten darf und 240 Euro an den Staat abführen muss (100 Euro frei, dann 20% anrechungsfrei). So schreiben es die Gesetze (nach meiner derzeitigen Kenntnis) vor. Mit anderen Worten für jedes Mal Sex (in welcher Form auch immer), bleiben für sie rund 40 Euro und für den Staat 60 Euro.
Bei 8 Kunden pro Monat (zwei pro Woche) wären das 240 Euro vs. 560 Euro (wenn ich mich nicht verrechnet habe) bzw. 30% vs. 70%.
Rein rechnerisch brauche ich das sicher nicht weiter ausführen, oder? smile.gif

Nun lasse ich mal die Zahlen etwas beiseite, Marek:
Stell dir mal vor, du arbeitest wirklich ein paar Monate im Horizontalen Gewerbe und hast irgendwann mal keine Lust mehr auf diese Arbeit ... Wer glaubt da nicht beim A-Amt, dass du jetzt plötzlich doch schwarz anschaffst?
Ich weiß nicht, inwieweit du Erfahrungen mit der ARGE hast, doch ich habe sowohl im Familien- als auch im Freundeskreis MitarbeiterInnen bei der ARGE ... also, um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass sie nicht meine Sachbearbeiterinnen sind smile.gif ... mit anderen Worten, das Misstrauen gegenüber sog. Arbeitslosen scheint mir eine Grundvoraussetzung bei einigen zu sein. Ganz einfach aus dem eigenen Druckempfinden ... auch ARGE-MitarbeiterInnen werden auf Leistung überprüft und es herrscht m.E. eine latente Angst; habe das selbst häufiger erlebt. Angst macht misstrauisch und da du von der ARGE abhängig bist, stehst du immer "zu 50% unter Verdacht".

Wohin führt dann der eigentliche Ansatz des "Raus-aus-der Schmuddelecke-mit-der-Prostitution" im bürokratischen Deutschland?
Für mich geht es erst richtig in die Schmuddelecke hinein. Und was noch hinzukommt, die Prostituierten werden latent kriminalisiert, während die eigentlichen Hintergründe, warum Frauen diesen Weg wählen immer weniger hinterfragt werden.
Die wenigsten Prostituierten möchten sich doppelt "ausnehmen" lassen (Zuhälter o.ä., Staat, ... diverse Ämter - irgendwann kommt vielleicht noch die GEMA, weil nebenbei Musik läuft smile.gif), denn was kann eine Bürokratie an Schutz bieten? Interessiert die Rechte einer Prostituierten wirklich irgendeine Rechtsstelle? Wenn ja, in welchem Umfang? Woher weißt du, ob die betreffende Person dort auch einen entspannten Umgang mit den Themen Sex und Prostitution hat? Wird sie dich unterstützen oder wirst du von vorherein mit der "Eigentlich-bist-du-eine-Nutte"-Brille angeschaut?

Idealismus schön und gut ... bin auch ein Freund davon, doch Gesetze und Wegweiser wie der oben erwähnte sind für mich völlig weltfremd und der Sache überhaupt nicht dienlich, sondern eher das Gegenteil.

Das mit dem Hinweis, dass ich nicht auf den Punkt kommen kann (schönes Wortspiel beim Thema Sex smile.gif), und den Befragungen von Prostituierten nehme ich als Anlass, mal über ein Buchprojekt nachzudenken ... Vor drei, vier Tagen hatte jemand auf dem Kopierer im CopyShop um die Ecke ein Buch-Deckblatt mit dem Titel "Hurengespräche" ausgedruckt (sah es so beim Herausnehmen meiner Ausdrucke) ... vielleicht ist das wirklich 'ne gute Idee smile.gif ... Interessant klingt es auf jeden Fall. Wenn es nur halb so spannend ist wie über die ARGE zu schreiben, dann wird's auf jeden Fall ein Bestseller smile.gif

Alles Gute von Micha (der wahrscheinlich wieder mal nicht "auf den Punkt gekommen ist" smile.gif).

PS: BTW, nette Signatur haste, Marek ... smile.gif
"Ein arroganter Stinkstiefel aus der Akademiker-Bronx Dresden Neustadt., vereint die fußballerischen Fähigkeiten von Bukowski mit dem lyrischen Talent von Michael Ballack"


Dieser Beitrag wurde von Michael13: 27 Dec 2008, 08:12 bearbeitet
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