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> Schäuble plant verdachtslose Überwachung Surfverhalten soll aufgezeichnet werden

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post 20 Jan 2009, 11:53
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Straight Esh
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Zitat
Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom
20.01.2009:

Schäuble plant verdachtslose Aufzeichnung des Surfverhaltens im
Internet - Protestkampagne gestartet

Datenschützer und Internetnutzer protestieren scharf gegen einen neuen
Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der die 2007
beschlossene Vorratsdatenspeicherung nun auch bei der Benutzung des
Internet erlauben soll. "Das neuerliche Vorhaben von Bundesminister
Schäuble geht gewaltig über die bisherige Vorratsdatenspeicherung
hinaus", warnt Marcus Cheperu vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.
Gegen die verdachtslose Speicherung aller Verbindungs- und
Standortdaten hatten vergangenes Jahr 35.000 Bürger Beschwerde beim
Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Der neue Vorstoß des Bundesinnenministers ist im Entwurf eines
"Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des
Bundes" vom 14.01.2009[1] versteckt. Jeder Anbieter von
Internetdiensten wie Google, Amazon oder StudiVZ soll danach künftig
das Recht erhalten, das Surfverhalten seiner Besucher ohne Anlass
aufzuzeichnen – angeblich zum "Erkennen" von "Störungen". Tatsächlich
würde der Vorstoß die unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder
Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im
Internet legalisieren. Die Surfprotokolle dürften an Polizei,
Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie
herausgegeben werden. Eine richterliche Anordnung ist nicht
vorgeschrieben, eine Beschränkung auf schwere Straftaten nicht
vorgesehen.

"Schäuble will nun nicht nur wissen, wann wir unter welcher Adresse ins
Internet gehen, sondern auch, was wir dort tun. Als nächstes will er
wahrscheinlich aufzeichnen lassen, welche Gespräche wir im Cafe führen
oder welche Fernsehsendungen wir sehen. Das ist ungeheuerlich, zumal es
in einem ganz anderen Gesetz versteckt wird", ergänzt Ralf Bendrath vom
Netzwerk Neue Medien. "Ich empfinde dieses brisante Detail des Gesetzes
als eine schallende Ohrfeige für alle, die sich für mehr Daten- und
Persönlichkeitsschutz engagieren", bekräftigt Michael Ebeling vom
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Herr Schäuble und die gesamte
Regierung widersprechen damit offen ihrem nach den Datenskandalen des
letzten Jahres öffentlich verkündeten Ziel, den Schutz der Daten von
Bürgern und Internetbenutzern zu verbessern und die gesetzlich
verankerte Datensparsamkeit endlich zu fördern."

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert Bundesregierung,
Bundesrat und Bundestag auf, die geplante Änderung des
Telemediengesetzes sofort aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Er bittet
alle Internetnutzer, bei den verantwortlichen Politikern gegen die
geplante Vorratsspeicherung im Internet zu protestieren. Der
Arbeitskreis hat dazu eine besondere Internetseite eingerichtet, auf
der sich die Kontaktdaten der zuständigen Politiker/innen finden:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Glaesernes_Internet

Im Einzelnen begründet der Arbeitskreis die Forderung, das Vorhaben
sofort aus dem Gesetzentwurf zu streichen, wie folgt:

   1. Die Vorratsdatenspeicherung im Internet hat in einem
Gesetzentwurf zur "Informationstechnik des Bundes" nichts zu suchen.
Für das Internetrecht ist der Bundesinnenminister überhaupt nicht
zuständig, sondern das Bundeswirtschaftsministerium.

   2. Dem Bundesinnenministerium geht es in Wahrheit nicht um die
Sicherheit von Telemedienanbietern, sondern um seine eigene Sicherheit
vor den Gerichten. Nachdem bereits dem Bundesjustizministerium die
verdachtslose Protokollierung der Benutzung seiner Internetseiten unter
Strafandrohung untersagt wurde[2], will der Bundesinnenminister nun das
Gesetz ändern, statt es einzuhalten. Das Bundesinnenministerium
zeichnet gegenwärtig gesetzeswidrig die gesamte Nutzung seines
Internetportals in personenbezogener Form auf[3].

   3. Die "Störungsbekämpfung" als offizielle Begründung ist
vorgeschoben. Die anlasslose, präventive Vorratsspeicherung der
Internetnutzung aller Besucher eines Internetangebots hat nichts mit
einer gezielten Störungsbeseitigung zu tun. Große Portale wie das von
Bundesjustizministerium und Bundesfinanzministerium beweisen, dass eine
anlasslose Protokollierung der gesamten Internetnutzung zum ungestörten
Betrieb von Internetangeboten nicht erforderlich ist. Dasselbe gilt für
eine Vielzahl weiterer Portale, die an dem Projekt "Wir speichern
nicht!"[4] teilnehmen. Der geltende Telemedien-Datenschutz hat sich
über Jahre hinweg bewährt und muss erhalten bleiben.

   4. Ein ähnlicher Artikel im "Telekom-Paket" der EU, das derzeit in
Brüssel verhandelt und frühestens im Sommer verabscheidet wird, ist
politisch weiterhin umstritten. Wirtschaftsminister Michael Glos hatte
sich noch im November nach einem offenen Brief von Datenschützern bei
seinen EU-Kollegen dafür stark gemacht, eine solche
verdachtsunabhängige Speichererlaubnis aus dem Paket zu streichen.[5]
Innenminister Schäuble will ihn nun anscheinend mit einem U-Boot-
Paragrafen in einem ganz anderen Gesetz ausbooten und noch vor dem EU-
Beschluss Fakten schaffen. Das ist eine politische Unkultur, wie sie
nicht in die Offenheit des Internet-Zeitalters passt.

   5. Wie beim Lesen eines Buches oder beim Versenden eines Briefes
muss garantiert bleiben, dass uns auch im Internet niemand über die
Schulter blicken kann. Nur bei Protokollierungsfreiheit können wir
unbefangen lesen, schreiben und diskutieren. Das nützt nicht nur uns
(z.B. vertraulich Hilfe suchen bei Anwälten, Ärzten, Drogenberatung,
AIDS-Beratung...), sondern allen (z.B. der Politik durch Kritik auf die
Beine helfen, Missstände anonym gegenüber der Presse aufdecken). Eine
Forsa-Umfrage[6] aus dem letzten Jahr hat nachgewiesen, dass eine
Vorratsdatenspeicherung die Bereitschaft zu sensibler Kommunikation
drastisch senkt.

   6. 2008 kam es wiederholt zu Datenpannen, bei denen sensible
Nutzungsdaten plötzlich weltweit zugänglich waren. Nachzulesen war, wer
delikate Kontaktanzeigen unter Chiffre aufgegeben hatte[7], wer das
Erotikangebot von Beate Uhse genutzt hatte[8] oder welche Kinder ein
Forum des ZDF-Kinderkanals nutzten[9]. Es ist völlig unverantwortlich
und gefährdet unsere Sicherheit, dass jetzt neue Datenberge geschaffen
und damit privateste Daten über unsere Internetnutzung
Missbrauchsrisiken ausgesetzt werden sollen.

Fußnoten:
1. http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/s...G__Novelle.html
2. http://www.heise.de/newsticker/Zypries-dro.../meldung/103440
3. http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/I....html__nnn=true
4. http://www.wirspeichernnicht.de
5. http://www.vorratsdatenspeicherung.de/cont...80/135/lang,de/
6. http://www.vorratsdatenspeicherung.de/cont...228/79/lang,de/
7. http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/4...crubrik=artikel
8. http://www.welt.de/webwelt/article2395426/...sen-im-Web.html
9. http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page...bgeriegelt.html

Die Protestseite gegen die Internetprotokollierung:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Glaesernes_Internet

Diese Pressemitteilung im Internet:
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/289/79/

Über uns:
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ist ein
bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und
Internet-Nutzern in über 50 Ortsgruppen, die sich für den Schutz unserer
Freiheitsrechte in Zeiten ausufernder Überwachung einsetzen. Der
Arbeitskreis hat die mit über 34.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
größte Verfassungsbeschwerde der Bundesrepublik initiiert.
http://www.vorratsdatenspeicherung.de


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Beiträge
Chris   Schäuble plant verdachtslose Überwachung   20 Jan 2009, 11:53
Juri   ​​   20 Jan 2009, 14:12
Borstel0r   damit soll doch nur das legal gemacht werden, was ...   20 Jan 2009, 15:20
mmarx   Was abadd0n gesagt hat.   20 Jan 2009, 15:32
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