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Als Praktikant in Deutschland... Erlebnisse aus Unternehmen
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 22 May 2010, 15:09
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schläft.      
Punkte: 917
seit: 03.12.2003
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Hallo Exma,
ich möchte mal zur Diskussion über eure Erfahrungen in Praktika anregen. Ich befinde mich gerade in einem Praktikum, es ist nicht mein erstes, aber was ich so erlebe, finde ich teilweise einfach unglaublich.
Okay, ich fange mal an zu jammern:
1. Das Praktikum ist unbezahlt. Anfangs dachte ich, ich würde damit schon klar kommen, aber je länger man das Praktikum macht und auch mitbekommt, dass Azubis, die nur 3 Tage die Woche da sind und vom Niveau her die gleichen oder sogar noch weniger anspruchsvolle Aufgaben erledigen, 550 € mehr im Monat bekommen, als man selbst - dann motiviert das in sehr hohem Maße. Zudem ist es so, dass das Unternehmen derzeitig eine sehr gute Auftragslage hat und Sonderschichten schieben muss, um die ganzen Aufträge zu bearbeiten. Es ist also nicht so, dass es dem Unternehmen schlecht geht, und da finde ich einen finanziellen Zuschuss für die gebrachte leistung mehr als angebracht. Schließlich muss ich von etwas leben und ein Nebenjob ist nach einer 40-Stunden-Woche zwar möglich, aber sollte es das sein? Ich finde nicht!
2. Keiner erkennt das Potential, das in Praktikanten steckt. Das Praktikum ist unbezahlt. Okay, damit muss man sich abfinden, aber man will ja zumindest was lernen und nicht nur seine Zeit absitzen, aber: ich muss regelrecht nach Aufgaben betteln. Ein Beispiel: Ich schreibe meiner Vorgesetzten Mittwoch, 9 Uhr, eine Mail, dass mit der derzeitigen Aufgabe fast fertig bin und langsam eine neue Aufgabe benötige. Sie schrieb zurück, dass sie da was hätte, aber an dem Tag noch ein Meeting hat und mir die neue Aufgabe erst am nächsten Tag erklären könne, sie kommt Donnerstag, 9.30, zu mir. Okay. Also hatte ich quasi nichts zu tun, bisschen Kleinkram gemacht, bisschen gelangweilt, ihren Twitter-Account gefunden, an besagten Tag während der Arbeitszeit 20 Tweets. Aha. Nun Donnerstag - 9.30 wollte sie kommen, 10.30 war sie noch nicht da, ich frag' an, ja sie hätte noch zu tun, sie kommt dann gleich. Sie kam kurz vor 12 und die Besprechung dauerte weniger als 5 Minuten. Ich finde: Wenn man twittern kann, kann man sich auch kurz Zeit nehmen, die Aufgabe zu erklären, hat ja keine Stunde gedauert. Die Vertretung meiner Vorgesetzten hat mir einmal ihre Abrechnungen, die nichts mit der Abteilung zu tun haben, sondern nur mit ihr selbst, zum Kopieren gegeben. Habe es leider zu spät gemerkt, sonst hätte ich mich geweigert. Mir ist klar, dass man mal was kopieren muss, aber den Privatkram von Vorgesetzten? Sorry!
Das Unternehmen ist nicht gerade klein (Hunderte von Mitarbeitern) und ich frage mich, warum man das derartig unprofessionell mit Praktikanten umgeht, die dem Unternehmen ja eigentlich einiges an Mehrwert bringen können. Aber hinterher ist man immer schlauer.
Was habt ihr so erlebt? Auch Positives :-)
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Antworten(1 - 14)
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 22 May 2010, 15:49
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Automatix         
Punkte: 5198
seit: 09.11.2005
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Bis auf den Punkt das mein Praktikum nicht bezahlt war, hab ich keinen Nachteil, sondern nur Vorteile entdeckt. Ich wurde nicht ausgebeutet, bekam anspruchsvolle Aufgaben, die eben Ingenieure beschäftigen und hatte immer genug zu tun. Bei den zu bearbeitenden Aufgaben stand mir lediglich ein Ingenieur als Ansprechpartner zur Seite, der auch letztendlich die Verantwortung dafür zu tragen hatte, was ich entwickelte, verteidigen und durchbringen musste ich meine Ideen und Gedanken in Besprechungen aber selbst, was zugegeben großen Spaß gemacht hat. Möchte mal wissen, was der Personaler sagt, wenn er rauskriegt dass da wer im Web2.0 rumwurschtelt während der Arbeitszeit... gabs bei uns nicht, der firmeninterne Zwangsproxy ließ das alles nicht zu, gerade mal eXma ging durch, doch passte ich auf, nur in Kaffeepausen oder Mittagspausen da mal rein zu schaun, man möchte ja kein schlechtes Bild liefern.
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Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
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 22 May 2010, 15:55
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Vordiplom     
Punkte: 550
seit: 08.03.2009
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Ich habe 8 Wochen in einem kleinen mittelständigen Unternehmen (ca. 50 Mitarbeiter) für spezielle Klimatechnik und Belüftungsanlagen (eines der 3 größten Unternehmen in Deutschland in dieser Sparte, Aufträge sogar aus Ungarn etc.) gearbeitet. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch geradezu unbrauchbar, war grad von der Schule runter. Aber habe in ca. 70% der Fälle sehr angemessene Aufgaben bekommen, ich hab dutzende Endkundengeräte komplett alleine vom ersten bis zum letzten Arbeitsschritt zusammengebaut, waren zwar einfache Geräte - aber man fühlt sich trotzdem gut wenn man in einer Lagerhalle an die Decke guckt und sagen kann, "die Lüftung da oben hab ich gebaut". Als die Auftragslage gut war, war ich denke ich dem Betrieb eine sehr große Hilfe, habe auch 6€ die Stunde bekommen. Dann kam die Finanzkrise, bin dann entweder an den Schreibtisch gewandert oder habe Aluprofile auf Vorrat gesägt, weil einfach keine andere Arbeit da war. Das ist dann ernüchternd, aber was soll man machen.
Nun war der technische Leiter dieser Firma mein Nachbar - ob es nur deshalb alles so gut lief, weiß ich nicht - denke aber, dass man für handwerkliche Praktika, z.B. Grundpraktika in kleinen Unternehmen besser beraten ist als in Großen. .
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And you run and you run to catch up with the sun, but its sinking. And racing around to come up behind you again...
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 22 May 2010, 16:39
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schläft.      
Punkte: 917
seit: 03.12.2003
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Zitat(Stormi @ 22 May 2010, 16:30) Davon abgesehen ist die Annahme eines unbezahlten Praktikums absoluter fail. In der Zeit hättest du auch ein "besseres" suchen können oder in einem Nebenjob Geld und Erfahrung sammeln können.  Da haste sicherlich Recht. Und weißte was? Ich hatte mehrere Angebote nach meiner Bewerbungsphase, davon eins auch bezahlt. Die jetzige Firma hat mich geködert mit den Worten "wenn's gut läuft, anschließender Werkstudentenvertrag" und "spätere Festeinstellung möglich". Die anderen, die mir was gezahlt hätten, haben mir das nicht gesagt. Tja, bin ich wohl drauf reingefallen.  Aber hinterher ist man immer schlauer. Find's nur schade und ätzend. Übrigens starten Dienstag meine letzten 5 Tage und vom Werksstudentenvertrag war bisher noch keine Rede - so viel dazu. An meiner Arbeit kann's eigentlich nicht liegen, denn das bisherige Feedback war positiv. Ich hatte vorher noch 2 andere Praktika gemacht in jeweils kleineren Unternehmen und die liefen durchaus anders.
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 22 May 2010, 16:42
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dLikP       
Punkte: 1497
seit: 06.10.2006
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Zitat(Stormi @ 22 May 2010, 16:30) Davon abgesehen ist die Annahme eines unbezahlten Praktikums absoluter fail.  Full Ack! Is doch klar dass die Leute einen nicht ernst nehmen, wenn man bereit ist für umme zu arbeiten. Das schreit ja geradezu "Ignoriere mich, ich koste eh nix und kann auch nix, sonst würd ich ja woanders für Geld schaffen". Ob das wirklich so ist, ist dann im Wesentlichen auch egal. Aber solange in einigen Bereichen genug Leute da sind die sich darum reissen die Jobs für nix zu machen, wird sich auch nix ändern...
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flickrUnd wenn sie kommt, fährt sie an uns vorbei -RaT-
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 22 May 2010, 16:54
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schläft.      
Punkte: 917
seit: 03.12.2003
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Zitat(Stormi @ 22 May 2010, 16:48) Ist auch von der Führungsetage absoluter Fail. Mitarbeitermotivation my ass. Wie man so blöd sein kann, gut ausgebildeten potenziellen Nachwuchs mittels Verheizung die Unattraktivität des eigenen Unternehmens vor Augen zu führen, erschließt sich mir absolut nicht. Da reichen wohl die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse nicht aus hm   Der Geschäftsführer ist unstudiert und hat "nur" eine handwerkliche Ausbildung - da fehlt ihm wohl die BWL, hmm? ;-) @ Mitarbeitermotivation: Da haste recht. Das Unternehmen ist so ziemlich unten durch bei mir. Wenn's sowas wie "unfaircompany.de" geben würde, würde ich auch mal 'ne nette Bewertung abgeben. @ Polygon: Da haste auch recht, aber ich brauchte schnell ein Praktikum, ich habe leider nur unbezahlte oder schlecht bezahlte gefunden, was willste machen? Ich finde nicht, dass das gerecht ist; mindestens so viel Leistung wie ein Azubi bringe ich allemal, zudem habe ich Vordiplom und ein fast abgeschlossenes Hauptstudium. Edith & Nachtrag:Ich habe übrigens auch keinen festen Arbeitsplatz, d.h., ich sitze immer da, wo einer im Urlaub ist oder halt gerade mal 'ne Woche ein Platz frei ist. Auch sehr toll, da ich ja meine ganzen Dateien immer mitnehmen muss. Dieser Beitrag wurde von bsf: 22 May 2010, 17:41 bearbeitet
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