#014 Gefecht auf verlorenem Posten
Besuch. Mütter von Geisteswissenschaftlern schauen erst dann nicht mehr mitleidig vorwurfsvoll, wenn der Herr Sohn Professor geworden ist – aber nur vielleicht. Also wieder die Truppen formieren, „man ist nur gut in Dingen, die einem Spaß machen“, „Geisteswissenschaftler sind universell einsetzbar“, „Laut Statistik von Prof. Lenz sind nach einem Jahr…“ Mutter interessiert die Statistik nicht. Da zählen nur die harten Fakten. Mutter hat Ort und Zeit sorgfältig gewählt. Ich ahne, dass es ein Blutbad wird. Meine Attacke „Ich arbeite doch jetzt in meinem Fachgebiet“ kontert Mutter locker mit „ja, aber als Ein-Euro-Sklave in einem Institut, das gerade den Bach runter geht.“ „Die Kollegen sind nett. Die Arbeit macht Spaß.“ Es sieht für einen Moment so aus als könnte ich in ihre Formation einbrechen. „Hattest du nicht erzählt, dass die da gerade die Sekretärin rausgeekelt haben? Und bezahlt wirst du doch auch nicht anständig.“ Zwei harte Treffer, doch noch ist nichts verloren. „Jeder muss mal anfangen. Der Chef hält übrigens viel von meiner Arbeit“, bringe ich mein schwerstes Geschütz in Stellung. „Und? Hat er dir einen Job angeboten?“ Volltreffer! Die Wucht der Explosion versprengt meine Truppen in alle Winde. „Naja, also … nein. Die Haushaltslage…“ beginne ich den Rückzug. „Also dein Bruder hat nach dir angefangen zu studieren und auch was gefunden.“ prescht Mutter vor. „Der ist aber auch Ingenieur. Das kann man nicht vergleichen.“ versuche ich zu retten was retten ist. Mutter weiß genau wo die Schwachpunkte meiner Verteidigung liegen. „Du musst dich auch mal nach etwas anderem umschauen, Junge. Caroline arbeitet jetzt bei IKEA.“ Ich schicke ein letztes Aufgebot in die Schlacht. „Ich bin mir sicher, dass sich bald …“ geht im finalen Großangriff der die-Sache-mit-deinem-Leben-Rede unter. Ich schließe die Augen und höre den großen Klingonen neben mir sagen, „Heute ist ein guter Tag zum Sterben!“.
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