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Ein Staat mit tausend Augen Überwachungskamera
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 02 Jan 2004, 11:48
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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Zitat (SZ vom 2.1.2004) — Die Videokameras, die alsbald an den deutschen Straßen installiert werden sollen, sehen alles. Sie sehen aber nicht die Heuchelei von Innenministern, die diese Kameras aufstellen lassen. Die Innenminister behaupten nämlich, es sei nur daran gedacht, gesuchte Verbrecher und gestohlene Autos aus dem Verkehr zu ziehen.
Dagegen könnte in der Tat niemand etwas haben. Aber diese Behauptungen stimmen nicht. Sie sind nur der Köder, mit der nach der allgemeinen Zustimmung zu dieser Generalüberwachung geangelt wird.
In Wahrheit wird es so sein: Die Millionen von Autokennzeichen unbescholtener Bürger, die von den Kameras an Kreuzungen, in Tunnels und an Autobahnen festgehalten werden, werden mitnichten sofort gelöscht. Und es wird auch nicht so sein, dass die Kontrolle per Video nur der Fahndung nach Straftätern dient, gegen die ein Haftbefehl vorliegt.
» Es handelt sich also um eine verschleierte Dauer-Razzia auf Deutschlands Straßen zur Sammlung potentiell nützlicher Daten «
Es wird vielmehr auch nach Leuten gefahndet werden, die bloß eine Ordnungswidrigkeit begangen und ihren Bußgeldbescheid noch nicht bezahlt haben. Und es werden auch die Bewegungsdaten von Leuten registriert werden, die noch gar nichts getan haben, von denen die Behörden aber glauben, dass es gut ist, wenn man sie schon einmal ins Visier nimmt. Es handelt sich also um eine verschleierte Dauer-Razzia auf Deutschlands Straßen zur Sammlung potentiell nützlicher Daten. Die Innenminister leugnen solche Pläne.
Aber diese Pläne kann man nachlesen, etwa im Gesetzentwurf der SPD/FDP-Landesregierung von Rheinland-Pfalz zu einem neuen Polizeigesetz. Er stammt vom 24. Juni 2003, also aus einer Zeit, in der das Video-Thema noch nicht öffentlich diskutiert wurde – und ist vielleicht deshalb von einer mittlerweile nicht mehr erwünschten Ehrlichkeit.
Da heißt es also in Paragraf 27 Absatz 7, dass die Unterlagen "unverzüglich, spätestens nach zwei Monaten zu löschen oder zu vernichten" sind, "soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung, zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, oder zur Behebung einer bestehenden Beweisnot erforderlich sind".
Wer mit den Formeln des Sicherheitsrechts vertraut ist, der weiß, dass die Sicherheitsbehörden auf dieser Basis fast alles speichern können, was sie nur wollen. Man wird also die Bewegungsdaten von allen Leuten registrieren können, die den Sicherheitsbehörden aus irgendwelchen Gründen suspekt erscheinen (ohne dass man ihnen schon konkret etwas vorwerfen kann).
Misstrauensaktionen im Großmaßstab
Vor 30 Jahren wurden die Kennzeichen von Autos, die vor Versammlungslokalen von Kernkraftgegnern parkten, polizeilich registriert. Solche Misstrauensaktionen werden künftig im Großmaßstab möglich sein. Wie die verfassungswidrige Jedermann-Kontrolle gerechtfertigt werden wird, ist jetzt schon vorhersagbar: Die Innenminister werden darauf verweisen, dass man nur so Erkenntnisse über islamistische Fundamentalisten gewinnen könne.
Je unbestimmter die Gefahr, desto bedrohlicher kann sie geschildert werden – und umso schneller die bisherigen Rechtsgarantien aufgehoben. Die geplanten umfassenden Video-Dauer-Kontrollen fügen sich ein in die seit Jahren zu beobachtende Umwandlung des Sicherheitsrechts: Staatliche Eingriffe und Zugriffe auf den Bürger werden losgelöst von einem konkreten Tatverdacht.
Zur Gefahrenvorbeugung wird erlaubt, was nicht einmal zu Zwecken der Strafverfolgung möglich ist. Wenn also ein Verdacht nicht vorhanden ist, dann lässt man eben einen Vorverdacht genügen. Die gleichen Polizeigesetze, die die präventive Videokontrolle auf den Straßen einführen, wollen auch das präventive Abhören in den Wohnungen erlauben: Nicht erst dann, wenn es einen konkreten Verdacht gibt, sondern auch schon vorher sollen Telefone abgehört werden dürfen. Das heißt: Jeder ist erst einmal verdächtig – bis sich bei den diversen Kontrollen herausstellt, dass er doch nicht verdächtig ist. © Süddeutsche 02.01.2004
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bonum agere et bonum edere, sol delectans et matrona delectans (Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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Antworten(1 - 14)
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 03 Jan 2004, 03:21
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Neuling
Punkte: 1
seit: 13.12.2003
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Trottel
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 04 Jan 2004, 21:50
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1. Schein 
Punkte: 33
seit: 13.11.2003
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Noch ein Grund dieses Land zu verlassen!
Bloß wohin?
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 04 Jan 2004, 22:55
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Freidenker   
Punkte: 275
seit: 24.05.2003
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Zitat ..sollen jetzt Nutzer von Internet Angeboten, vor allem von Online-Foren und Chatrooms vorübergehend auf unbestimmte Zeit in Gewahrsam genommen werden können. Der bayerische Innenminister Beckstein (CSU) dazu ... Ihr gehört doch alle eingesperrt! *lach*
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tragt eure silberhütchen!
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 05 Jan 2004, 01:20
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3. Schein   
Punkte: 314
seit: 01.10.2003
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ich hab heute gelesen das die csu den symphatischen vorschlag gemacht hat, das jugendliche unter 14 jahren das haus in zukunft nach 20 uhr nur in begleitung erwachsener verlassen dürfen... (soll die jugendkriminalität senken)... wer weiss...
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Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verpraßt. (Georgie Best) Wenn ich über's Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker: Nicht mal schwimmen kann er. (Berti Vogts)
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 05 Jan 2004, 01:21
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3. Schein   
Punkte: 245
seit: 01.10.2003
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Hey es is einfach unfassbar! Ich hab nen großen Artikel darüber in der Zeitung gelesen. Und das erste was ich mir gedacht habe: Selbst wenn die HERREN POLITIKER sagen, dass die Daten dieser Kameras nach einem bestimmten Zeitraum gelöscht werden und selbst wenn auch niemals irgendein Gesetz zugunsten der Überwachung geändert wird, WER verdammt kann das kontrollieren?? Und dann frage ich mich, was das für Leute sind, die sich das überlegen! Hat denn in Berlin keiner mehr einen Rest von Interesse an der persönlichen Freiheit? Und wenns nur um die Bekämpfung von Kriminalität geht, mann glauben die echt, dass sie dadurch alle Terroristen und Straftäter und bla bla unschädlich machen? Das ist hirnrissig. Es gibt andere Ansätze zur Kriminalitätsbekämpfung, viele Ansätze, und meiner Meinung nach ist dieses 1984-Szenario hier das absolut falsche. Ich mach mein Studium fertig und dann wandere ich aus...
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 06 Jan 2004, 01:43
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3. Schein   
Punkte: 245
seit: 01.10.2003
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@mcnesium Na wenn du nich auf meinen Beitrag antwortest, dann ich auf deinen :D : Widersprichst du dir damit nich selbst??? Zitat Und wenn man dann nach Hause will lässt man sich entweder von Mutti abholen oder rennt mal eben fix illegal auf die andere Straßenseite. Das wär dann eben gerade illegal. Und ich find die Idee genauso kacke wie die Kameras. Ich weiß nich, wie oft ich in dem Alter noch draußen nach 8 rumgelaufen bin. Aber es war seeeehr oft. Mann und wenn ich überleg, dass wir z.B. an Hexennacht immer endlos lange unterwegs waren und Klopapier um Straßenschilder gewickelt haben (und Drogen genommen haben natürlich... :), ich glaube das wär eindeutig lebenslänglich gewesen... Wenn ich ma wieder genug von Politik hab, hör ich mir einfach das "Politikerlied" von der Terrorgruppe an und es geht mir wieder ein bissl besser. Übrigens machen die auch ganz viel Musik über Amerika, weil ja diverse Threads über die Amis toben...
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 07 Jan 2004, 00:48
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3. Schein   
Punkte: 245
seit: 01.10.2003
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Jo, aber willste dann verschiedene Gesetze für Kleinstädte und Großstädte machen? Das wär auch scheiße, weils auch in Großstädten ja nur die Ausnahmen sind, die nach 8 (warum nur nach 8?) vielleicht Scheiße bauen. Dumm für alle anderen Kinder, die dann auch unter diesem Gesetz stehen, obwohls bei denen absolut sinnlos wär...
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 07 Jan 2004, 01:47
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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Das Grundproblem, sowohl bei Ausgehverbot und Überwachungskameras ist, dass es keine Ansätze zur Lösung von Problemen sind, sondern Ansätze um Probleme zu verstecken.
Die Überwachungskamera wird zur Kriminalitätsvermeidung genutzt, so wird gesagt. Fakt ist aber, dass sich die Kriminalität eher dahin verschiebt, wo keine Kameras existieren, bzw. intelligenter wird, als die Kameras.
Genauso auch mit dem Ausgehverbot. Dann sitzen die Kinder halt ab 8 abends vorm Computer, fangen an zu hacken oder surfen auf Naziseiten. Oder sie gehen halt dorthin wo sie keine Polizei aufgreift. Gut man hat keine rumlungernden Jugendlichen mehr auf dem Marktplatz. Dafür sicher einiges mehr an verwüsteten Vorgärten. Das Ausgeverbot löst aber nicht das Problem, dass die Kinder von ihren Eltern vernachlässigt werden.
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