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> Direkte Demokratie Was haltet ihr davon?

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post 11 Jul 2006, 18:24
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3. Schein
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Punkte: 247
seit: 19.01.2004

Auf kommunaler sowie auf Landesebene gibt es verschiedene Möglichkeiten zu Sachthemen Initiativen zu starten und somit Einfluss auf Parlamente und Regierung zu nehmen, die schließlich in Volksabstimmungen oder Bürgerentscheiden münden können.

Was haltet ihr davon? Wem sind diese Möglichkeiten der direkten Demokratie bekannt?
Sollte es soetwas auch auf Bundesebene geben?


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post 12 Jul 2006, 12:09
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3. Schein
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Punkte: 247
seit: 19.01.2004

Da bin ich ja erstaunt und erfreut, auf welche Resonanz das Thema trifft. das hätte ich nicht gedacht.
Andererseits bin ich erschrocken wie mit ältesten Vorurteilen und Misverständnissen gegen die Beteiligung des Volkes argumentiert wird.

Ich versuche einige Dinge klarzustellen.

Politikverdrossenheit ist auch hier als Schlagwort gefallen. Dies ist ein Großes Problem, da gerade ein demokratisches System wie das unsrige auf die Teilnahme der Bürger angewiesen ist, sonst bräuchten wir ja bloß einen Führer, der alles für uns regelt.
Die Akzeptanz des Sytems ist aber grundlegend für dessen Legitimität und die verbindlichkeit der Entscheidungen.
Politikverdrossenheit kommt wohl auch eher daher, dass der Wähler nur alle vier (auf Landesebene teilweise alle fünf) Jahre gefragt wird und ansonsten nur wenig Möglichkeiten hat Einfluss auf die Politik zu nehmen (zumindest auf Bundesebene). In den Ländern bzw. Kommunen ist das anders, da es dort die möglichkeit des dreistufigen Verfahrens der sachunmittelbaren Beteiligung gibt.

Jemand meinte, dass dann dauernd über alles abgestimmt würde. Wird in Sachsen dauernd über alles abgestimmt? Nein und dass ist auch nicht das Anliegen von direktdemokratischen Verfahren, die als Ergänzung zum Repräsentativsystem fungieren sollen.
Durch das dreistufige Verfahren (Volksantrag, Volksbegehren, Volksabstimmung) findet nämlich eine Gewisse Themenauslese statt, bei dem nur wirklich wichtige Themen, die von einer breiten Masse unterstützt werden, überhaupt bis zur Abstimmung gelangen.

Es ist auch nicht das Hauptziel von DD über alles Abzustimmen. Vielmehr geht es darum dem Bürger die Möglichkeit zu eröffenen sich außer bei Wahlen noch in die aktuelle Politik einzubringen und eventuell vernachlässigte Themen auf die Agenda zu setzen bzw. selbst die Initiative für die Formulierung von Gesetzentwürfen zu ergreifen.

das Argument "die Fachleute sollen sich damit befassen, da der Bürger kein umfassendes Wissen besitzt" ist nicht haltbar, da Abgeordnete nur von einem Fachgebiet Ahnung haben und bei fachfremden Themen nach den Hinweisen ihrer jeweiligen Kollegen abstimmen.
Umfassendes Wissen gibt es nicht.

Öffentliche Diskussion kann jedoch bei Behandlung eines bestimmten Sachthemas bildend für das Volk wirken, wenn der Bürger weiß, dass er im Endeffekt dazu seine Stimme abgeben kann. Wenn mich ein Thema nicht betrifft oder es mir egal ist brauche ich auch nicht abstimmen zu gehen. Ein Thema das es bis zur Abstimmung schafft, muss zwangsläufig eine gewisse breite des Volkes ansprechen, da es sonst nicht durch das Verfahren soweit gekommen würde.

Die Frage, ob direktdemokratisch getroffene Entscheidungen "besser" sind als parlamentarisch getroffene kann kein Gegenstand dieser Diskussion sein, da "besser" eine rein subjektive Auffassung ist.

Direkte Demokratie darf auch kein "Publikumsjoker" der Politiker sein, im Gegenteil. die Initiative muss immer von unten aus gehen, da es um Beteiligung geht und nicht darum, dass sich Politiker Ihre Entscheidungen durch das Volk absegnen lassen.

Thema Lobbyeinfluss. Gerade heutzutage ist es für Lobbyisten einfacher Einfluss auf die Politik zu nehemen, da sie sich mit ihren Interessen nur im Parlament/ Ministerialbürokratie durchsetzen müssen. Wenn aber bestimmte Gesetze einem fakultativen Referendum unterworfen wären (siehe Schweiz) müßten sich Politiker viel mehr darum kümmern Gesetze "referendumsfest" zu machen. Das heißt also, dass alle referendumsfähigen Gruppen in der Gesetzgebung Berücksichtigung finden müssen.

Thema EU-Verfassung.
Wenn in Dtl. ein referendum über die EU-Verfassung stattgefunden hätte, wären die Politiker unter Druck gewesen die Inhalte und den Sinn des Ganzen zu kommunizieren. Da dies nicht der Fall war wurde die Ratifiztierung einfach durch den BT gejagt und niemand hat es wirklich mitbekommen.
Eine Verfassung ist aber etwas grundlegendes und hätte im Rahmen der EU eine identitätsstiftende Wirkung entfalten können. Darüber hinaus hätte die öffentliche Diskussion im Vorfeld einer solchen Abstimmung die Inhalte und den Zweck der Verfassung vermitteln können, wobei befürworter und Gegner eines solchen Vertragswerks ihre Argumente abgeben hätten können.
Ich sage nur: Chance verpasst!

Ich könnte noch so eineiges schreiben, möchte an dieser Stelle aber ersteinmal stoppen und auf folgende Links zur weiteren Info verweisen:

Mehr Demokratie e.V.

Info zur Volksgesetzgebung in Sachsen
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post 12 Jul 2006, 13:31
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Drehrumbum der Runde
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Punkte: 1995
seit: 07.03.2006

Zitat(Hawaiian @ 12 Jul 2006, 12:09)

Politikverdrossenheit ist auch hier als Schlagwort gefallen. Dies ist ein Großes Problem, da gerade ein demokratisches System wie das unsrige auf die Teilnahme der Bürger angewiesen ist, sonst bräuchten wir ja bloß einen Führer, der alles für uns regelt.
Die Akzeptanz des Sytems ist aber grundlegend für dessen Legitimität und die verbindlichkeit der Entscheidungen.
Politikverdrossenheit kommt wohl auch eher daher, dass der Wähler nur alle vier (auf Landesebene teilweise alle fünf) Jahre gefragt wird und ansonsten nur wenig Möglichkeiten hat Einfluss auf die Politik zu nehmen (zumindest auf Bundesebene). In den Ländern bzw. Kommunen ist das anders, da es dort die möglichkeit des dreistufigen Verfahrens der sachunmittelbaren Beteiligung gibt.
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du entkräftest dich selbst... wahlbeteiligung der letzten bundestagswahl: 77,7%
wahlbeteiligung der letzten landtagswahl in sachsen: 63%


wenn nun die politikverdrossenheit daher rührt, dass man keinen einfluss nehmen kann und auf kommunalebene diese möglichkeiten da sind, dann müsste dort entsprechend auch mehr beteiligung sein... ist aber nicht so...

Zitat(Hawaiian @ 12 Jul 2006, 12:09)
das Argument "die Fachleute sollen sich damit befassen, da der Bürger kein umfassendes Wissen besitzt" ist nicht haltbar, da Abgeordnete nur von einem Fachgebiet Ahnung haben und bei fachfremden Themen nach den Hinweisen ihrer jeweiligen Kollegen abstimmen.
Umfassendes Wissen gibt es nicht.

Öffentliche Diskussion kann jedoch bei Behandlung eines bestimmten Sachthemas bildend für das Volk wirken, wenn der Bürger weiß, dass er im Endeffekt dazu seine Stimme abgeben kann. Wenn mich ein Thema nicht betrifft oder es mir egal ist brauche ich auch nicht abstimmen zu gehen. Ein Thema das es bis zur Abstimmung schafft, muss zwangsläufig eine gewisse breite des Volkes ansprechen, da es sonst nicht durch das Verfahren soweit gekommen würde.
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im gegensatz zum ominösen durchschnittsbürger werden sich die politiker aber durch einen expertenausschuss informiert haben und da es ihr beruf ist, werden sie es in ausreichendem maße getan haben - hofft man

wenn man vergleicht, welcher aufriss um die waldschlösschenbrücke in dresden entstanden ist und das mal auf bundesebene hochskaliert ... no.gif das kann nicht gut gehn...
probleme auf bundesebene sind vermutlich auch nicht mehr so leicht zu verstehen, wie die problematik brückenbau, wo es jetz schon hängt

Zitat(Hawaiian @ 12 Jul 2006, 12:09)
Thema Lobbyeinfluss. Gerade heutzutage ist es für Lobbyisten einfacher Einfluss auf die Politik zu nehemen, da sie sich mit ihren Interessen nur im Parlament/ Ministerialbürokratie durchsetzen müssen. Wenn aber bestimmte Gesetze einem fakultativen Referendum unterworfen wären (siehe Schweiz) müßten sich Politiker viel mehr darum kümmern Gesetze "referendumsfest" zu machen. Das heißt also, dass alle referendumsfähigen Gruppen in der Gesetzgebung Berücksichtigung finden müssen.
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das heißt, dass man keine grundlegenden entscheidungen mehr beschließen kann... und zwar noch extremer, als jetz... das bedeutet wiederum stillstand bzw handlungsunfähigkeit
radikale, nötige veränderungen gerade in richtung steuerreform bzw steuererhöhung kann man bei einer riesenbevökerung nie und nimmer vermitteln


Zitat(Hawaiian @ 12 Jul 2006, 12:09)
Thema EU-Verfassung.
Wenn in Dtl. ein referendum über die EU-Verfassung stattgefunden hätte, wären die Politiker unter Druck gewesen die Inhalte und den Sinn des Ganzen zu kommunizieren. Da dies nicht der Fall war wurde die Ratifiztierung einfach durch den BT gejagt und niemand hat es wirklich mitbekommen.
Eine Verfassung ist aber etwas grundlegendes und hätte im Rahmen der EU eine identitätsstiftende Wirkung entfalten können. Darüber hinaus hätte die öffentliche Diskussion im Vorfeld einer solchen Abstimmung die Inhalte und den Zweck der Verfassung vermitteln können, wobei befürworter und Gegner eines solchen Vertragswerks ihre Argumente abgeben hätten können.
Ich sage nur: Chance verpasst!
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allerdings! einfach nur scheiße von der politik zumal wenn man bedenkt, dass die mehrheit zu der zeit dagegen war... >die sind dagegen? na dann fragen wir lieber erst garnicht<

das war echt ein starkes stück...

zumal im grundgesetz schon bei wesentlich unbedeutenderen sachen, wie neuordnung der bundesländer volksentscheide gefordert sind... angry.gif


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