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Günter Grass ist gar nicht mehr krass
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 14 Aug 2006, 22:23
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eXma Poltergeist         
Punkte: 6729
seit: 20.10.2004
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Wie vielleicht einige der nicht nur an Titten und Nonsensbildern interessierten Mituser bemerkt haben dürften, hat Günter Grass vor kurzem in einem Interview angemerkt, dass er als 17 jähriger Angehöriger der Waffen SS war. Seltsamer Weise wird diese Anmerkung von der Presse gleich mal als Geständnis hochstilisiert und es beginnt eine wilde Hetze gegen den Mann, vor allem der Spiegel scheint da die Vorreiterrolle übernehmen zu wollen, was ich so gar nicht verstehen kann. Man ist der allgemeinen Auffassung, dass Grass eine moralische Instanz in Dtl. ist und sich als solche soetwas nicht erlauben kann. Das "Geständnis" käme zu spät.. sogar der Nobelpreis soll ihm am besten aberkannt werden, wird gefordert. Bei diesem Quatsch machen die Schweden natürlich nicht mit, keine Angst. Nicht, dass man mich falsch versteht.. ich habe nie ein Buch von ihm gelesen und was ich so von ihm mitbekommen habe war eher nicht so positiv, er scheint sehr arrogant zu sein und exzentrisch, Schriftsteller eben. Ich kann jedoch nicht verstehen, dass man da jetzt so ein Faß aufmacht. Als ob der Mann ein heuchelnder NPD Führer wäre, der sein Doppelleben jahrelang verheimlicht habe und Wasser predigte, aber Wein trank. Ich glaube vielmehr, dass er aus seiner Vergangenheit gelernt hat und er wird nicht ohne Grund der anerkannteste Dt. Schriftsteller seien. Helmut Schmidt war auch Offizier in der Wehrmacht, das kümmert keine Sau. Kann mir mal jemand erklären, warum da jetzt so ein Terz entsteht? Is das gerechtfertigt oder hat mal wieder die "vor 45 geboren=Nazi" Keule zugeschlagen?
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Antworten
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 18 Aug 2006, 16:39
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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Der Fall Günther Grass ist ein gutes Beispiel für die deutsche Mentalität das Böse von dem Guten zu trennen und dabei gewissen Prädikate als bestimmend für ein ganzes Leben anzusehen. Hier merkt man ganz deutlich, Deutschland hat zwar mit Nazideutschland abgerechnet, doch aufgearbeitet wurde die Vergangenheit nie. Man lehnte den Diskurs mit der Vergangenheit jahrzehntelang ab und tut dies auch heute. Wo Nazi drauf steht, ist Schlechtes drin. Und so wird es bleiben. Zwar haben sich diverse Psychologen dem Massenphänomen 3tes Reich angenommen und dieses auch analysiert, die politische und damit auch die gesellschaftliche Welt klammert dieses aber aus. Böse muss böse bleiben. Eine Akzeptanz, dass eine Zeit und deren Gesellschaft einen Einfluß auf das moralische Denken seiner Bürger hat, wird weiterhin abgelehnt. Man müsste sonst Einsicht zeigen, dass auch Mauersoldaten nur den herrschenden Wertevorstellungen entsprachen, und sich vielleicht sogar noch dem Diskurs mit den Menschen aussetzen. So bleibt es aber dabei, dass man ein komplettes Regime, die darin wohnenden Menschen, deren Kunst und Kultur mit ihrer Abschaffung als falsch bezeichnen darf. Undifferenziert und unbedacht. Und somit reiht man sich doch nur wieder in ein Schema ein, das, näher betrachtet, schon etwas älter ist.
Das einzige was Herrn Grass überhaupt zu Lasten gelegt werden könnte, wäre seine Doppelmoral, mit der er andere zum Reden zwingen wollte, während er selbst seine Vergangenheit verschwieg. Vermutlich war sein Kampf nichts weiter als ein Kampf mit sich selbst, den er, aus Mangel von Möglichkeiten, auf andere Personen übertrug.
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bonum agere et bonum edere, sol delectans et matrona delectans (Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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