NPD baut Strukturen weiter aus
Verfassungsschützer: Im Freistaat leben die meisten Neonazis pro Einwohner

Von JÜRGEN KOCHINKE

Dresden. Seit langem schon gilt Sachsen als Hochburg der Rechtsextremisten. Groß ist das Potential vor allem in der Sächsischen Schweiz, und spätestens nach dem Einzug der NPD in den Landtag ist der Freistaat auch bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Die Vorreiterrolle der sächsischen Rechtsextremisten belegen nicht nur neue Zahlen der Verfassungsschützer, wonach im Freistaat deutschlandweit die meissten Neonazis pro Einwohner leben. Für das Landesamt gibt es auch an anderer Stelle keinen Grund zur Entwarnung - beim landesweiten Agieren der NPD und der rechtsextremen Kameradschaftsszene vor allem.
Nach einer Studie der Verfassungsschützer für das erste Halbjahr 2006 hat die NPD ihre Strukturen im Freistaat weiter ausgebaut. "Mit der Gründung des NPD-Kreisverbandes Kamensz am 14. Januar ist die Partei fast flächendeckend vertreten", heißt es. Einzige Ausnahme sei der Landkreis Delitzsch. Darüber hinaus arbeite auch die NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) am Aufbau ihrer Strukturen. So habe die JN im ersten Halbjahr vier neue Stützpunkte im Weißeritzkreis, Aue-Schwarzenberg, Hoyerswerda und Chemnitz gegründet.
Besonderes Augenmerk liege dabei auf Schülern und Jugendlichen. NPD und JN versuchten, "durch vordergründig nicht-extremistische Aktionen ihre rechtsextremistische Ideologie zu transportieren", heißt es in der Studie.
In einigen Regionen existierten zwishcen JN und der zum Teil gewaltbereiten Kameradschaftsszene "personelle Überschneidungen". Dagegen spielten andere rechtsextreme Parteien - wie die Deutsche Volksunion (DVU) oder die Republikaner - nur eine untergeordnete Rolle.
Trotz des Verbots der Neonazi-Gruppe Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) hat sich die rechtsextreme Kameradschaftsszene in der Region stabilisiert. "Gehörten ihr im Jahr 2004 rund 870 Personen an, so betrug das Gesamtpotential im vergangenen Jahr 970 Personen", heißt es in einer weiteren Analyse der Verfassungsschützer zur Lage in der Sächsischen Schweiz. Im Gegensatz zu den Vorjahren aber zeige sich mittlerweile ein neuer Trend. "Das Anwachsen der Kameradschaftsszene spiegelt sich nicht im Ausbau der Strukturen wider. Die Szene ist vielmehr bemüht, die Organisationsstrukturen weiter zu lockern und agiert zunehmend konspirativ."
Hinzu kommt, dass die sogenannten "freien Kräfte" kein reines Jugendphänomen mehr seien. Zwar sinkt das Einstiegsalter laut Verfassungsschutz weiter, gleichzeitig dominierten in der Kameradschaftsszene jetzt junge Erwachsene. so seien rund 53 Prozent der Anhänger 20 bis 25 Jahre alt, und rund 29 Prozent gehörten sogar zur Altersgruppe der 26- bis 30-Jährigen. "Dies signalisiert", lautet das Fazit der Verfassungsschützer, "dass sich hier offenbar über Jahre hinweg ein harter Kern herausgebildet hat."