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Soziologie für Anfänger I - Froschkönig - zur Interpretation freigegeben -
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 24 Nov 2006, 13:50
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2. Schein  
Punkte: 94
seit: 23.10.2006
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=> Froschkönig <=
Es war einmal ein Froschkönig, der hatte kein Krönchen, ihn prägte nur das Froschige, aber das dafür sehr. Und er fühlte sich so belästigt. Ach, da gab es doch tatsächlich einige Wesen in seinem Teich, die nicht vorher für ihre Anwesenheit untertänigst bei ihm um Erlaubnis baten. Schrecklich, wie konnten sie es nur wagen, ein unschickliches Geschehen. Als Türsteher hätte er sie abgewiesen, nur Frösche sind in diesem Berufszweig selten anzutreffen.
Sein trauriges, belästigungsreiches Dasein musste er fristen zwischen all diesen fiesen Figuren, der Feind umgab ihn. Noch hatten sie ihm nichts getan, aber jeden Tag, jeden Moment könnte es soweit sein. Und deswegen flüchtete er, packte seine Sachen, die geblümten Unterhosen, die schwarzen Trauersocken und verließ sein Plätzchen im Schilf.
Er wanderte die Wege der Nation entlang, bis zur großen Landstraße. Beim Versuch diese zu überqueren fuhr man ihn platt. Kein Froschkönig ohne Krone mehr im Teich, dafür ein großer grüner Fleck auf dem Asphalt. Tja, Pech gehabt Fröschlein! Ein schöner grüner Fleck, der bunt leuchtete, wenn die Sonne darauf schien. Richtig so.
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Antworten
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 25 Nov 2006, 13:58
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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Ich seh da andere Aspekte: der Frosch an sich lebt in einem Teich, seiner natürlichen Lebensumgebung. Soweit ist alles gut, da passt er als Durchschnittsfrosch ("ihn prägte das froschig sehr") prima rein. Allerdings hält er sich für etwas besseres ("König, aber ohne Krone"), was dazu führt, dass er sich über die scheinbare Respektlosigkeit seiner Mitbewohner aufregt. Aber er würde sich nie mit so einem Problem die Finger dreckig machen (bzw. niemand seiner Klasse würde es wagen, so eine billige Job anzunehmen). Es bleibt dementsprechend dabei, dass er sich aufregt, aber weder versucht, das Problem zu lösen, noch zu verstehen.
Mehr noch, das Problem wird dramatisch hochstilisiert. Diese Wesen, die ihn nicht persönlich nach Aufenthaltsgenehmigung gefragt hatten, werden zum Feind. Man kann ihnen nichts beweisen, aber allein durch ihre Anwesenheit belästigen sie ihn. Zudem fühlt er sich von ihnen in seinem Leben bedroht (obwohl die Gefahr relativ gering ist). Es bleibt ihm keine andere Wahl als sich von der Gesellschaft loszusagen. Dies tut er nicht unbemerkt, er verkündet seine Tat weithin sichtbar durch die schwarzen Trauersocken, die ihn zum Opfer machen.
Dummerweise übersieht er bei seiner Flucht aus der Gesellschaft, dass es wirkliche Feinde gibt. Unter deren Räder (im wahrsten Sinne des Wortes) kommt er auch prompt. Zurück bleibt lediglich der fromme Wunsch, dass der Ausbruch etwas gutes für die Gesellschaft hat ("ein schöner grüner Fleck, der bunt leuchtete") und das Gefühl, dass der Frosch für seine anfängliche Fehleinschätzung der Gesellschaft gebührend bestraft wurde.
"So und nun" sagte der Frosch, "bleibt nur noch die Frage: wer bin ich?"
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bonum agere et bonum edere, sol delectans et matrona delectans (Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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