als ich heute morgen im zug nach T. bei D. an der E. saß, und über verschiedene inputs der letzten teage sinnierte, fiel mir ein nietzsche-zitat ein:
(obwohl er englsich besser klingt, der besseren konservierung halber auf deutsch)
Zitat(Nietzsche @ Jenseits von Gut und Böse - Vorspiel einer Philosophie der Zukunft)
Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lang genug in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.
Dann fiel mir dieser thread wieder ein... zuerst - fachrichtungsbedingt - myrmikonos' baum. wenn du ihn lange genug anblickst, blickt er auch in dich hinein. wenn man lange genug mit dem diktat der naturwissenschaften konfrontiert wurde, dann bringt man selber die verbindung, die gemeinsame wurzel zum absterben. der baum entsteht in dir neu, und du tust nichts anderes, als seinen sterben zu beschleunigen.
ich dagegen, suche in antrainierter methodik den baum zu retten. was? warum? wie?
der baum krankt an parasiten, er krankt auch daran, dass der boden auf dem er wächst, seine blätter nurnoch dort ernähren will, wo sie ihm gefallen. viel zu viele überschneidungen, unnötige verschwendung, viel zu viele beschattete äste, die selber einmal leittrieb waren. die parasiten hat er sich selbst eingefangen. dagegen muss er selber kämpfen, profilierungsgeile kleine krebszellen, die nurnoch selber wachsen wollen, ohne rücksicht darauf, dass das gewebe und letztlich der ganze organismus darunter leiden wird.
der boden... ja der boden. er ist zu sauer geworden, man wollte den baum antreiben, ihn in die enge drängen, aus der er nur mit leuchtturmartigen hervorsprießen herauskann. einige äste sind geschossen, andere kurz vor dem sterben, einige nurnoch anhängsel, und der stamm viel zu dünn die ausufernden zu tragen. auch der boden erkennt nicht, dass er damit ganzen baum schadet. und damit letztlich sich selbst, wenn wind und sturm ihn abtragen werden, weil keine festen wurzeln, kein schützendes laubdach ihn mehr hüten.
wie können wir helfen? wir der baum... abtrennung der ausgewucherten triebe? lösung des krebses aus unserem eigenen mark? vielleicht doch lieber kämpfenkämpfenkämpfen, um sie, die doch unser stärkster teil sind zu erhalten, ihnen nachzueifern?
wie können wir dem boden mehr seiner nährenden salze entlocken? wie seine azidität vermindern? behalten wir die blätter, um den sauren regen zu filtern? werfen wir sie ab, um uns zu schützen? entwickeln wir früchte für uns? oder werfen wir sie einfach wieder ab, um den boden zu düngen, einer neuen palette von zersetzern die chance geben, uns zu versorgen?
wie greife ich als förster ein? reicht es den boden zu kalken? wenn ja, womit? schneide ich die krone zurück, um den baum ins gleichgewicht zu bringen? verliere ich dabei womöglich genetisch junge triebe, vernichte das reproduktionspotential? oder schneide ich die jüngeren? und vernichte vielleicht des baumes potential früchte zu tragen?
aufgeschreckt vom automatismus meines geistes, verließ ich den zug in T. und warf noch einen letzten blick zurück auf den baum, ich sah nicht mehr, was er ist. ich sah, was er sein kann. wenn er ausgewogen wächst, wenn er keine limitierungen zu fürchten hat, wird er austreiben und früchte tragen. jeder der verzweigten äste ist wichtig, sonst wäre er nicht gewachsen und nur die alten, ganz unten am baum, die genetisch jüngsten, sichern das überleben bei blitzschlag oder windwurf, nur sie haben das potential neue wurzeln zu bilden und die chance dies zu überleben. nur weil sie beschattet sind, von all den leuchtend grünen sonnenblättern, sind sie doch nicht nutzlos, sonst hätte der baum sie selbst abgeworfen, als er noch bei bester gesundheit war.
diesen grünen starken, blühenden und tragenden baum im geiste, war ich glücklich. denn solange die idee eines gesunden ganzen baumes, der mehr ist als die summe seiner gesunden und ungesunden sichtbaren teile, besteht, wird dieser baum sich aus dem etwas angegriffenen herausschälen wollen.
...und wenn ich nicht gestorben bin, sitze ich jetzt an meinem laptop und erstaune mich über die gedanken, die einem während 19 minuten zugfahrt so kommen können.
einen schönen tag noch
fee
[edit]: ich bitte darum, in der folge nicht von biologen oder bodenkundlern vermöbelt zu werden, weil ich nicht völlig korrekt bleibe. mir sind die biegungen und brechungen, die ich der naturwissenschaftlichen erkenntnis über baum und boden angetan habe durchaus bewusst.
Dieser Beitrag wurde von gewaltfee: 01 Feb 2007, 17:06 bearbeitet