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>"Drückeberger in Not" Musterungsakten werden Drückebergern z. Verhängnis

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post 12 Mar 2007, 13:21

Advocatus Diaboli
***

Punkte: 323
seit: 12.06.2005

gerade eben bei SPON gelesen:

"Bei der Musterung Krankheiten vorzutäuschen ist gefährlich: Versicherungen und öffentliche Arbeitgeber können später in die Akten schauen.

Es gibt eine Zeit im Leben junger Männer, in der Gespräche über Krankheiten schlagartig enorme Bedeutung erhalten. Meist geht es los, wenn der Brief mit dem Musterungstermin beim Kreiswehrersatzamt kommt.

Dann werden Freunde konsultiert, Ärzte um Atteste gebeten und bisweilen professionelle Helfer eingeschaltet. Es kursieren Geschichten von Ausgemusterten, denen ein willfähriger Arzt eben noch einen Herzfehler bescheinigte, die aber vier Wochen später zum Marathonlauf antraten. Im Internet finden sich Empfehlungen, wie sich mit erfundenen Leidensgeschichten der Dienst beim Bund vermeiden lasse: Knie- und Rückenbeschwerden gelten als heiße Tipps, ebenso Drogenkonsum vorm Musterungstermin. Andere setzen auf Allergien oder die "Psycho-Nummer" - auf vorgeschobene Depressionen oder Zwangsneurosen etwa.

Doch was dem Musterungsarzt erzählt wird, landet in sogenannten G-Akten - die oft viele Jahrzehnte lang im Bundeswehrarchiv schlummern. Und von dort können die alten Lügengeschichten, was kaum jemand weiß, auch an Versicherungsfirmen geraten, die prüfen wollen, ob ihre Kunden beim Abschluss von Lebens-, Pflege-, Renten- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen vollständige Angaben gemacht haben. "Es gibt Fälle, in denen die Versicherungen keinen Cent zahlen, weil die Kunden sich beim Vertragsabschluss nicht mehr erinnern konnten, was sie bei ihrer Musterung alles vorgebracht hatten", sagt der Frankfurter Rechtsanwalt Michael Hofferbert.

Und das kann teuer werden: Mehr als 24 000 Euro Jahresrente hatte ein Lackierer aus der Gegend um Gießen von seiner Versicherung erwartet, als er - angeblich gesundheitsbedingt - seinen Job hinschmiss. Im Antrag für seine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, im Jahr 1999, hatte er bei allen Fragen nach Vorerkrankungen "nein" angekreuzt.

Bei seiner Musterung, neun Jahre zuvor, hatte der Mann noch etwas ganz anderes erzählt: "Erhebliche Knieprobleme" und "massive Atemwegsprobleme", so die Recherchen der Versicherungsfirma, hatte er sich von Ärzten bescheinigen lassen, um nicht zum Bund zu müssen.

Es liege auf der Hand, dass solche Leiden "zu einer Erhöhung des Berufsunfähigkeitsrisikos führen", argumen- tierte die Versicherung, weigerte sich zu zahlen und kündigte den Vertrag. Hätte sie von den angeblichen Vorer-krankungen gewusst, "wäre der Vertrag nicht zu den Bedingungen zustande gekommen".

Rauswinden konnte sich der Handwerker nicht mehr: "Uns liegen sämtliche medizinischen Unterlagen des Wehrmedizinalstatistischen Instituts Andernach vor", ließ ihn die Assekuranz kühl wissen. Die Erlaubnis, in die Akten zu schauen, hatte der Lackierer selbst erteilt: mit der üblichen "Ermächtigungserklärung", die es Versicherungen gestattet, Auskünfte von Ärzten einzuholen. Wer sie verweigert, gilt als verdächtig.

Durch dieses Papier sähen sich auch Bundeswehrärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden, sagt Hubert Lamberti, Oberfeldarzt am Institut für Wehrmedizinalstatistik und Berichtswesen. Dort lagern die Musterungsakten aller Wehrpflichtigen sowie Krankenakten der Rekruten mindestens bis zum 45. Lebensjahr, bei Gedienten sogar bis ins Greisenalter von 90 Jahren, so Lamberti.

Rund 250-mal jährlich sei er im Auftrag von Versicherungsfirmen im Einsatz, um alte G-Akten auszuwerten. Hinzu kämen viele Anfragen von öffentlichen Arbeitgebern, sagt der Militär-Mediziner. "Unter Tränen" habe sich ein abgelehnter Polizeibewerber bei ihm gemeldet, weil er bei der Musterung seine Bandscheibenprobleme aufgebauscht hatte - die vom baden-württembergischen Innenministerium angeforderte G-Akte brachte es ans Licht.

Lamberti wird für die Recherchen aber nicht von der Bundeswehr bezahlt, sondern rechnet mit den Versicherungen ab - im Rahmen einer "genehmigten Nebentätigkeit", sagt er. Anwalt Hofferbert, seit vielen Jahren auf Wehrdienst-Fälle spezialisiert, hält die Konstruktion für "äußerst fragwürdig". Angesichts der Lage könne er aber "nur davor warnen, bei der Musterung Leiden zu erfinden".

Allerdings erwecken einschlägige, oft kommerzielle Ratgeber noch immer den Eindruck, den Wehrpflichtigen entstünden keine Nachteile, wenn sie die Bundeswehrärzte belügen. "Auf deine Akten hat keiner Zugriff", behauptet zum Beispiel ausmusterung.net fälschlich.

Der selbsternannte "Ausmusterungsspezialist" Peter Zickenrott aus Waldshut, der einen "Anti-Wehrdienst-Report" mit Tipps für Drückeberger inklusive telefonischer Beratung für 280 Euro pro Exemplar vertreibt, hält seinen Service auch weiterhin für praxisnah: "Man darf halt nicht so blöd sein, später Erklärungen zu unterschreiben." Sollte dennoch immer mehr potentiellen Kunden das Risiko zu groß werden, hat Zickenrott vorgesorgt. Er habe längst ein neues Betätigungsfeld gefunden: "Die Beratung von Lehrern, die aus gesundheitlichen Gründen in Frühpension gehen wollen."



Link zum Artikel bei SPON Link


Das vermittelt einem mal eine ganz andere Sicht auf die "Tricks" der Ausmusterungsprofis tongue3.gif

Dieser Beitrag wurde von hopi: 12 Mar 2007, 13:29 bearbeitet
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Antworten(1 - 14)
post 12 Mar 2007, 16:30
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Heiler
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ich finds eher ne sauerei das private unternehmen, was versicherungen nunmal sind, zugriff auf solche daten haben und die ärztliche schweigepflicht in diesem fall einfach mal so aufgehoben wird!


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mad max ist an der tanke bier holen

Kapitulieren ist EMO

Fuchs (03:57 PM) :
der KNM hat deine Freundin weggeschmissen
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post 12 Mar 2007, 16:46
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Kino im Kasten
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jo, aber mit der beratung von wehrpflichtigen kohle scheffeln ist auch kein ehrenvoller broterwerb.


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"Selbst im allerbesten Kino sollte der allerbeste Sound bei der Erfahrung des Films nicht mehr als zusätzliche fünf Prozent ausmachen." Quentin Tarantino

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post 12 Mar 2007, 18:04
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.o0o.
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also nach ewigen rechtsmedvorlesungen würd ich jetz mal behaupten dass nur der patient selbst, die staatsanwaltschaft und evtl angehörige informiert werden dürfen über diagnosen und therapien.. soviel zur theorie


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° Wer will, findet Wege. Wer nicht will, Gründe! °
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post 12 Mar 2007, 18:08

Advocatus Diaboli
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Zitat(NEO.POP @ 12 Mar 2007, 15:30)
ich finds eher ne sauerei das private unternehmen, was versicherungen nunmal sind, zugriff auf solche daten haben und die ärztliche schweigepflicht in diesem fall einfach mal so aufgehoben wird!
*


Den Zugriff erlangen sie doch aber nur, weil der Versicherungsnehmer beim Versicherungsabschluss eine entsprechende Erklärung unterschrieben hat, i.d.R. zur Erlangung des Versicherungsschutzes unterschreiben musste.
Wer nicht unterschreiben will, der muss sich halt einen Versicherer suchen, bei dem das noch nicht der Standardfall ist. Ich kenne aber keinen (hab aber auch nicht den vollen Überblick). Oder man muss eben auf die Versicherung verzichten...
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post 12 Mar 2007, 18:12
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Heiler
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das wird ähnlich wie mit der schufa sein, es gibt keine versicherung wos die klausel nich gibt
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post 12 Mar 2007, 20:32
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tangel
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Mein Beileid hält sich in Grenzen, das ist eben schlechtes Karma, das den guten Mann eingeholt hat. Den anderen das Arbeiten überlassen und selber die Hand aufhalten, super Plan!


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post 12 Mar 2007, 22:04
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...
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Zitat(tingel @ 12 Mar 2007, 19:32)
Den anderen das Arbeiten überlassen und selber die Hand aufhalten, super Plan!
*

? doh.gif ... wo steht das bitte

Dieser Beitrag wurde von oZmann: 12 Mar 2007, 22:05 bearbeitet


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"that's not opinion that's science. and science is one cold-hearted bitch with a 14" strap-on"
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post 13 Mar 2007, 20:03
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tangel
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seit: 18.01.2005

Zitat(oZmann @ 12 Mar 2007, 21:04)
? doh.gif ... wo steht das bitte

Liest du hier:
Zitat
Und das kann teuer werden: Mehr als 24 000 Euro Jahresrente hatte ein Lackierer aus der Gegend um Gießen von seiner Versicherung erwartet, als er - angeblich gesundheitsbedingt - seinen Job hinschmiss. Im Antrag für seine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, im Jahr 1999, hatte er bei allen Fragen nach Vorerkrankungen "nein" angekreuzt.

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post 13 Mar 2007, 22:25
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seit: 22.01.2006

asche auf mein haupt. war durcheinander weil er ja angeben hat dass er nix hatte und in der musterung das noch anders aussah, was ja auch falsch war und so weiter ...
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post 13 Mar 2007, 22:29
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tangel
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Aber von der Drückebergerei mal abgesehen bleiben Versicherungen immer noch was sie sind: alles Verbrecher! wink.gif
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post 14 Mar 2007, 12:02

3. Schein
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Der Artikel dürfte gerade für Lehramtskanidaten interessant sein, weil die vor und nach dem Ref eine amtsärtzliche Begutachtung absolviere müssen. Wenn der Doc ein Schwein oder sehr penibel ist, müsst ihr euch komplett "nackig" machen (im wahrsten Sinne des Wortes). Dann muss du alles über Allergien, Depressionen, Übergewicht, Drogenkonsum und deine (meistens für die Frauen) Verhütungsmethoden angeben.

Bei auffälligen Befunden zieht der öffentliche Dienst alle deine Akten. Hab mich damals bei der Polizei beworben und da wurde sogar das Umfeld gesundheitlich gecheckt (auf psychische Erkrankungen und Störungen z.B).

Im Moment scheint das zumindest in Sachsen nicht so schlimm zu sein, aber in anderen Bundesländern wird dir die Lehrerlaubnis nur erteilt, wenn du absolut gesund bist. Hast du chronische Erkrankungen, leichtes Übergewicht oder psychische Probleme (z.B. eine Behandlung wegen Prüfungsangst oder eine Essstörung) bist du raus. Der Staat hat halt keinen Bock eine Pension für Lehrer zu zahlen, die ab 45 nicht mehr einsatzfähig sind. Ist ja irgedwie auch verständlich - wenn man den volkswirtschaftlichen Schaden durch solche Erkrankungen bedenkt. Für mich heisst es dann auch, mich mal aufzupolieren wacko.gif .
Das Examen nimmt einen ja ganz schön mit.

Elli
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post 14 Mar 2007, 14:26
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Vordiplom
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Das is jetzt aber Panikmache, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei Lehrern relevant ist, ob die jetzt ne starke Sehschwäche haben oder nicht (können schließlich immer ne Brille tragen). Genauso bei leichten Rücken- oder Knieproblemen (müssen ja während des Unterrichts kein Marschgepäck / MG / ... tragen). Usw.

Naja, selber schuld, wer sich dieses Aufeinandertreffen der Intelligenzbestien entgehen lässt:
Zu geil lol.gif, und irgendwie traurig ("Das Gewehr hat ne wunderbare Optik", "Talent gehört auch dazu", ...)
Grundausbildung (Teil 1)Grundausbildung (Teil 2)Grundausbildung (Teil 3)Grundausbildung (Teil 4)
Aber: Das ist nicht repräsentativ!!! Wir hatten z.B. gute Ausbilder und Rekruten


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post 14 Mar 2007, 14:37
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Hack-O-Nator
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Punkte: 845
seit: 08.05.2005

Ich find's eine datenschutzrechtliche Sauerei dass man gezwungen wird, sich komplett und so intim durchleuchten zu lassen. angry.gif

Natürlich ist es nicht in Ordnung bei der Musterung zu lügen. Dafür habe ich auch kein verständnis. Aber was geht es einen Arbeitgeber an, was für Verhütngsmethoden Frau einsetzt? Ich glaube, bald ist es wirklich so weit, dass man einen Gentest über sich ergehen lassen muss um einen Job zu bekommen. sad.gif


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“Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissen-
schaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben als die
Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.”
A. Einstein, 1930, Funkausstellung in Berlin


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post 14 Mar 2007, 15:23
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Vordiplom
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Kann doch auch Vorteile haben, wenn dort ne Erkrankung frühzeitig erkannt wird. Oder danach zu wissen, dass Du gesund bist.
Ich finde nicht, dass man darüber diskutieren muss, ob im öffentlichen Dienst besonders geprüft werden muss.

Aber der Knackpunkt vom obigen Text ist doch Hubert Lamberti. Der ist nicht nur Arzt, sondern auch Beamter. Ist er damit nicht zu quasi doppelter Verschwiegenheit verpflichtet? Denn das finde ich nicht in Ordnung, wenn private Unternehmen einfach mit so ner allgemeinen Willenserklärung praktisch überall Auskünfte bei öffentlichen Stellen bekommen.

Dieser Beitrag wurde von Chrizzly: 14 Mar 2007, 15:26 bearbeitet
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