Angriff auf dunkelhäutigen Studenten Von Alexander Schneider
Ein Amerikaner und ein Dozent der TU Dresden wurden am Sonnabend überfallen. Seit gestern ermittelt der Staatsschutz.
Wieder wurde in Dresden ein Mensch mit dunkler Hautfarbe Opfer von einem fremdenfeindlichen Übergriff. Zwei Männer, etwa Mitte 20, haben am Sonnabend einen amerikanischen Gaststudenten (21) und einen TU-Dozenten (35) in einem Bus der Linie 75 niedergeschlagen und massiv verletzt. Vor dem Angriff hatten die Täter den Studenten beleidigt – wegen seines Aussehens.
Es geschah kurz nach 18.30 Uhr. Beim Warten auf den Bus am Haltepunkt Strehlen wird der Student mehrfach als „Kanake“ beleidigt. „Wir sind extra vorne in den Bus, um nahe beim Fahrer zu sein“, sagte der Dozent, ein Naturwissenschaftler, der seinen Namen nicht nennen möchte. Doch die Täter folgten ihnen, warfen eine Zigarettenkippe nach dem Studenten. Im Bus schlugen sie auf den 21-Jährigen ein. Der Dozent ging dazwischen und wurde ebenfalls mit Fäusten und Tritten traktiert. Auf den wenigen Metern Fahrt bis zur Haltestelle Querallee, Tiergartenstraße, müssen beide regelrecht verprügelt worden sein – vor den Augen vieler Fahrgäste. An der Haltestelle retteten sie sich nach draußen und riefen die Polizei. Auch die Täter flüchteten hier aus dem Bus. Eine sofort eingeleitete Fahndung nach ihnen blieb jedoch bislang ohne Erfolg.
Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Übergriff aus und hat gestern den Staatsschutz eingeschaltet. Es ist schon der zweite Fall innerhalb eines Monats. Erst in der Nacht zum Montag, 7. Mai, hatten drei Unbekannte am Großenhainer Platz, Pieschen, einen 26-jährigen Türken an einer Haltestelle zusammengeschlagen und schwer verletzt (die SZ berichtete).
Die Täter vom Sonnabend sind laut Polizei 20 bis 30 Jahre alt, muskulös und waren mit einem weißen und einem roten T-Shirt bekleidet. Einer hat sehr kurzes Haar. Die Polizei bittet Zeugen um Hilfe.
Hinweise an 4832233
Zitat
Sächsische Zeitung Donnerstag, 7. Juni 2007
Verdacht: Mangelnde Courage Von Alexander Schneider
Nach dem Überfall auf TU-Angehörige ist das Entsetzen groß – ihnen wurde nicht geholfen.
Viele SZ-Leser haben gestern entsetzt auf den Übergriff gegen einen dunkelhäutigen Gaststudenten (21) aus den USA und einen TU-Dozenten (35) in einem Bus reagiert. Sie kritisieren, dass weder Passagiere noch Busfahrer eingeschritten sind: „Es fehlt an Zivilcourage.“ Man hätte die Polizei rufen müssen, der Fahrer habe für Ernstfälle einen Notknopf. TU-Rektor Hermann Kokenge forderte eine lückenlose Aufklärung. Dresden dürfe nicht als Studienort in Verruf geraten. Dimitrios Ambatielos Chef des Ausländerrats verurteilte den Angriff: „Die Täter würden ihre brutale und feige Tat überlegen, wenn sie das Gefühl hätten, dass die Menschen um sie herum nicht wegschauen.“
Die Verkehrsbetriebe haben gestern den Busfahrer vom Fahrdienst suspendiert. „Wir wollen ihn nicht vorverurteilen, aber müssen die Sache aufklären“, sagte DVB-Sprecher Falk Lösch. Der Fahrer, ein erfahrener Mann, wurde zu dem Überfall befragt. Nach dessen Angaben habe er zwar ein Gerangel, aber keine Schlägerei bemerkt, so Lösch. An der Haltestelle habe er Insassen befragt, aber keine Antworten erhalten. Lösch: „Der Vorfall ist besorgniserregend, schon weil im ganzen Bus niemand reagiert hat – selbst als die Täter geflüchtet waren.“
Keiner hat die Polizei gerufen
Am Sonnabend, 18.45 Uhr, wurden der Student und sein Dozent, ein TU-Biologe, von zwei Männern in der Linie 75 niedergeschlagen (die SZ berichtete). Schon beim Einsteigen am Haltepunkt Strehlen wurde der 21-Jährige wegen seiner Hautfarbe beleidigt. Auf der Fahrt zur nächsten Haltestelle „Querallee“, Tiergartenstraße, wurden der Student und der Biologe durch Schläge und Tritte verletzt. Der 35-Jährige sagte, eine Mutter habe zweimal „Hört auf, hört auf, hier ist ein Kind!“ gerufen – im vorderen Bereich des Gelenkbusses. Als der Bus hielt, rettete sich der Dozent mit seinen vier Gaststudenten hinaus, auch die Täter flüchteten.
„Im Bus waren etwa 50 Leute. Niemand hat uns gerufen, niemand ist dazwischengegangen“, sagte Polizeisprecher Thomas Herbst. „Ich bitte alle Zeugen nachdrücklich darum, uns wenigstens jetzt zu helfen.“ Die Täter sind 20 bis 30 Jahre alt. Der größere ist kräftig, mit braunen kurzen Haaren und Ohrring, trug ein rotes T-Shirt. Der zweite ist kleiner, hatte die Haare zur Irokesenfrisur gegelt und trug ein weißes T-Shirt.