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Dresdner musste einpacken
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 04 Apr 2005, 12:37
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h0uSe NoT HoUsE         
Punkte: 3751
seit: 03.12.2003
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Biometriekritiker auf staatlichem IT-Sicherheitskongress unerwünschtDas Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat den Dresdener Informatikprofessor Andreas Pfitzmann auf Grund "aktueller Entwicklungen" bei seiner Jahreskonferenz ausgeladen. Der Datenschutzexperte sollte ursprünglich einen Vortrag halten zum Thema "Werden biometrische Sicherheitstechnologien die heutige IT-Sicherheitsdebatte vor neue Herausforderungen stellen?". In dem Manuskript für den abgesprochenen Beitrag, das Pfitzmann bereits Mitte Februar an die Bonner Behörde geschickt hatte, setzt sich der Informatiker kritisch mit den Möglichkeiten der Biometrie im Bereich der inneren Sicherheit allgemein sowie konkret mit den aktuellen umstrittenen Plänen der Bundesregierung zur Einführung biometrischer Merkmale in die Pässe und Personalausweise der Bundesbürger auseinander. Das war der Behörde, die Bundesinnenminister Otto Schily untersteht, für den 9. Deutschen IT-Sicherheitskongress aber wohl doch zu heikel. Datiert vom 18. März erhielt Pfitzmann die Absage für seine Rede. In den letzten Monaten hab es "zahlreiche neue Entwicklungen und Themen" gegeben, "die unsere Teilnehmer im Kongress von uns präsentiert haben möchten", teilte BSI-Präsident Udo Helmbrecht dem Professor mit. Man sei deswegen wenige Wochen vor der Konferenz in der "misslichen Lage, das Programm nochmals ändern zu müssen". Pfitzmann beklagt in einem Antwortbrief an Helmbrecht, Journalisten, Politiker und Wissenschaftler, den ein eifriger Blogger bereits im Internet nebst des nicht mehr untergebrachten Vortrags veröffentlich hat, den "ungewöhnlichen Schritt" seitens des BSI. "Das Thema ist so aktuell und manche Argumente der Vortragsausarbeitung sind so brisant, dass einer der Entscheidungsträger meinte, Sie zu diesem für Sie selbst offenbar peinlichen Schritt veranlassen zu müssen", zieht der Experte den Umkehrschluss aus der offiziellen Absagebegründung. Angesichts der "faktischen Machtverhältnisse" sei die Entscheidung zur Ausladung im Bundesinnenministerium (BMI) getroffen worden, vermutet Pfitzmann. Dieses habe schließlich in den letzten Monaten sowohl für die Biometrie in den Ausweisdokumenten, als auch für die von Pfitzmann in einer Schlussfolgerung seines Beitrags abgelehnte Vorratsdatenspeicherung engagiert. Und zwar "in einer Weise, dass hier offensichtlich jedes abwägende Augenmaß fehlt", empört sich der Professor, den das BMI noch vor vier Jahren mit der Ausarbeitung eines umfangreichen Gutachtens zur "Modernisierung des Datenschutzrechts" beauftragt hatte. Die Gegenargumente für die politische Position des BMI seien vermutlich als bedrohlich empfunden worden, könnten mit der Programmänderung aber nicht aus der Welt geschafft werden. In dem Vortragsmanuskript zeigt sich Pfitzmann skeptisch über den Großversuch zur Einführung sicherer und anwendungsfreundlicher Biometriesysteme im Rahmen der technischen Aufrüstung der Ausweisdokumente. "Soweit ich zurückdenken kann", betont Pfitzmann, "sind solcherart sichere biometrische Systeme jeweils für in zwei Jahren angekündigt. Nach mehr als zwei Jahrzehnten beginnt mir der Glaube daran zu schwinden." Fragen des Datenschutzes im Sinne "informationeller Selbstbestimmung" seien darüber hinaus bei der "extrem fehler-intoleranten" Biometrie "noch schwerer befriedigend zu beantworten". So würden Forscher schon seit 15 Jahren berichten, dass "beispielsweise der tiefe Blick ins Auge auf die Netzhaut nicht nur hilft, Menschen zu unterscheiden, sondern auch am Montag bei Arbeitsantritt unbemerkt auszuwerten, wie tief sie am Wochenende ins Glas geschaut haben -- wenn nicht noch Persönlicheres." Insbesondere sorgt sich Pfitzmann aber über den sich abzeichnenden Einsatz des menschlichen Genoms als neues biometrisches Merkmal, da damit auch ererbte Eigenschaften vermessen werden könnten. Pfitzmann kommt zu der Schlussfolgerung, dass biometrische Verfahren -- "sowohl was ihre kurz- und langfristige Sicherheit angeht, als auch im Hinblick auf ihre 'Nebenwirkungen' bezüglich dem Offenbaren medizinischer Daten" -- bei weitem nicht "so untersucht und stabil" seien, "dass mir ein massenhafter, flächendeckender Einsatz verantwortbar erscheint". Er warnt davor, dass sich die Menschen künftig möglicherweise "in der physischen Welt nicht mehr bewegen können, ohne mit jedem einzelnen Schritt personenbezogen auswertbare Spuren zu hinterlassen." (Stefan Krempl) / (jk/c't) Quelle: heise onlineQUOTE | also das ist echt der gipfel... hier wird freie meinungsäußerung und die berechtigte kritik wieder mal mit füßen getreten um dem mündigen bürger der ein recht auf genaue aufklärung hat die sicht zu verwischen und damit unsere feine republik biometrische daten total unsicher nutzen kann... es wird immer doller |
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 04 Apr 2005, 17:21
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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bonum agere et bonum edere, sol delectans et matrona delectans (Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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 04 Apr 2005, 20:27
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alleingelassen.         
Punkte: 9598
seit: 22.10.2004
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bin zwar kein INFler aber im bereich datensicherheit und kryptographie gibt es keinen kompetenteren mann in DD. zudem ist er humorvoll und hält ansprechende vorlesungen. dass er auch ein sehr kritischer zeitgenosse ist, kann man dem artikel ja entnehmen. das ganze hat ein fürchterliche tragik: pfitzmann hat mit seiner kritik meistenteils recht, nur interessiert das eine schily-behörde eben nicht. man kann sich leicht einen einblick durch die online-vorlesungen verschaffen - auch für nicht-INFler geeignet. thumbs up, prof. pfitzmann! #aBaddon nachtrag: der schriftwechsel kann hier online nachgelesen werden. Dieser Beitrag wurde von abadd0n: 04 Apr 2005, 20:34 bearbeitet
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..:: Wir sind gekommen Dunkelheit zu vertreiben, in unseren Händen Licht und Feuer ::..
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 05 Apr 2005, 00:41
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A limão     
Punkte: 524
seit: 31.05.2004
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Pfitzmann ist auf jeden Fall cool und sicherlich ein netter (und kompetenter) Zeitgenosse. Allerdings fand ich die Vorlesung manchmal stressig. Ziemlich viel "Paranoia". Es war irgendwie immer das gleiche..Und dann noch die Nerds, die ihn huldigen.
Dieser Beitrag wurde von cello: 05 Apr 2005, 00:42 bearbeitet
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"Woher kommt es, dass mich niemand versteht und jeder mag?", Albert Einstein
"Wir haben die Pflicht, stets die Folgen unserer Handlungen zu bedenken.", Mahatma Gandhi
"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" "Wer A sagt, der muß nicht B sagen. Er kann auch erkennen, daß A falsch war.", Bertolt Brecht
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 05 Apr 2005, 07:57
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der christian       
Punkte: 1119
seit: 01.10.2003
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QUOTE (cello @ 04 Apr 2005, 23:41) | Ziemlich viel "Paranoia". |
Genau, und Du bist einer, der alle seine Daten bereitwillig abgibt, weil Du ja nichts zu verheimlichen hast, ne? Es muss Menschen geben, die sich kritisch mit Datensicherheit auseinandersetzen, die sich melden, BEVOR etwas passiert. Ein Beispiel ist die Verwendung von Verschlüsselungsverfahren bei den Banken, was auch in den Vorlesungen ab und an gebracht wird: Es gab eine Zeit, da wurden die Bankautomaten noch mit einem "einfachen" Schlüsselverfahren "versorgt" - also jede Transaktion (Kartennummer, Authentisierung(!) und ähnliches) wurde so abgesichert. Dann kamen findige Mathematiker, zudem wurde die Rechentechnik immer besser - und dieses "einfache" Schlüsselverfahren war wirklich zu einfach und (relativ) leicht brechbar...sicher nicht eben das, was sich der Bankkunde wünscht, oder will irgendwer, dass man das eigene Konto leergeräumt bekommt und die Bank, weil sie ja achso unantastbar ist, keinen Schadenersatz leistet? Wie dem auch sei - Leute, wie Herr Pfitzmann wiesen die Banken auf diesen Umstand hin - keine Reaktion (toll, ne?!)...bis man ihnen damit drohte, die Schlüssel, die sie für die Automaten bisher verwendet hatten, auszurechnen und somit die Kommunikation Geldautomat/Terminal -- Bankserver offenzulegen, was eine faktische Abwesenheit von Sicherheit bedeutet hätte - die Banken verwenden nun ein (vorerst) sicheres System, was jedoch immernoch diverse Mankos hat [aber als Kunde will man ja schließlich mit seiner EC-Karte an JEDEM Automaten in GANZ Europa Geld abheben...Wer mag, sollte sich einmal intensiver mit der Thematik beschäftigen.] Das Gleiche gilt für Schilys "Informationspolitik". Es schränkt die Persönlichkeit ein, wenn jeder (beliebige!) Finanz-Beamte, also auch der Nachbar, der einen gerade mal nicht leiden kann, wissen kann/darf, was ich so den ganzen Tag lang mache, mit wem ich mich treffe usw. - nur eine Illusion und Spinnerei? Naja, der Beamte kann immerhin jetzt schon recht leicht in Erfahrung bringen, was ich so für Konten und Anlagen in Deutschland habe - und gäbe es nicht Leute wie Herrn Pfitzmann (diesmal war es der Bundesdatenschutz), würde ich selbst im Nachhinein nichtmal davon erfahren. Vielleicht ist Dir das Grundgesetz egal, mir nicht. Kurz nach der Wende war man hierzulande noch froh, dass der Nachbar (von der StaSi) in Zukunft nicht mehr alles über einen wissen würde - und zumindest bei mir ist die Hoffnung noch da, dass dies auch in meiner Zukunft nicht so sein wird.
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 06 Apr 2005, 15:20
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3. Schein   
Punkte: 178
seit: 05.01.2005
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Sauerei. Da versuchen antiliberale Kräfte die Weichen zu stellen. Ist das beim MDR oder so schon mal aufgetaucht? Auf jeden Fall muss das weiterhin beobachtet werden.
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Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. - Micha 4
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