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> der holocaust und seine folgen wer muss hier wirklich leiden?

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post 19 Jul 2007, 06:29

runderneuert
*********

Punkte: 3813
seit: 01.10.2003

hab gerade diesen bericht gelesen und mir bleibt fast du spucke weg.

also bei aller liebe, aber GEHTS NOCH?

ich bin gespannt wie drauf reagiert wird. mal davon abgesehen, daß hierzulande viele darunter gelitten haben und auch noch leiden und nicht nur diejenigen, welche damals die KZs ueberlebt haben, find ich es doch sehr unverschaemt dieses halbwegs lauwarme eisen wieder ins feuer zu werfen. nicht zuletzt koennte dadurch eine gewisse antipatie entstehen, welche gerade fuer das "deutsche volk" nicht ganz ohne sein duerfte.

man man man koennen die nicht mal gruendlich nachdenken, bevor die so nen rotz verzapfen? ok ich finds zum kotzen... meine meinung, aber geht nur mir gerade die hutschnur hoch oder wie seht ihr das?
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post 19 Jul 2007, 21:41
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4. Schein
****

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seit: 18.11.2004

Auch ein Interessanter Gesichtspunkt




PRAXIS
Welchen Namen
trägt das Verbrechen?

Lexikon: Der Begriff "Holocaust"

Von Martina Thiele

Die Benennung ist einer der entscheidenden hermeneutischen Schritte bei der Betrachtung eines Ereignisses. Ob „Churban“, „Shoah“ oder „Holocaust“, jeder der Begriffe ist eine Metaphorisierung des Geschehens. Ob „Holocaust“ ein brauchbarer Begriff ist, ob er nur den Mord der Nationalsozialisten an den Juden meint, oder auch allgemein für andere „vergleichbare“ Massaker, Genozide, Massenvernichtungen gewählt werden kann, sind Fragen, mit denen sich schon viele Autoren auseinandergesetzt haben. (1)

„Holocaust“ steht wie „Churban“ oder „Shoah“ in einem religiösen Kontext. Abgeleitet vom griechischen holokauston (wörtlich übersetzt: „ganz verbrannt“) bezeichnet er eine besondere Art des wie im wie im 1. Buch Mose (Genesis), Kap. 22, Vers 2-13 oder im 3. Buch Mose, Kap. 1, Vers 3-17 beschriebenen Brandopfers. (2) „Holocaust“ ist überdies assonant mit „ola“, dem hebräischen Wort für das heilige Opfer. Kritiker vermuten hinter diesem Begriff die urchristliche Idee eines jüdischen Martyriums als Strafe und lehnen ihn deshalb ab. „Holocaust“ suggeriere die sakrale Mystifizierung von Auschwitz und sei ein „alttestamentarischer Euphemismus“.

So kritisiert Doron Rabinovici: „Für die Allgemeinheit gerät die Massenvernichtung ... zur Passionsgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Hieraus speisen sich die Ikonen unserer Zeit, und jenem Verbrechen wird ein höherer Sinn eingeschrieben.“ Rabinovici wehrt sich gegen den Gebrauch des Begriffes „Holocaust“, obwohl auch er ihn verwendet. Seiner Meinung nach verweise er auf die Vorstellung von einem sinnvollen Tod der sechs Millionen. Und Rabinovici gibt zu bedenken: „Der Mythos vom gleichsam sakralen, notwendigen Opfer – von der Kreuzigung Christi nämlich – steht auch am Ursprung des christlichen Antisemitismus.“ Irgendeinen „Sinn“ aber hat die Ermordung der Juden nicht gehabt, wenn auch die Nazis damit bestimmte Zwecke verfolgten. James E. Young ist der Auffassung: „... so problematisch die theologischen Implikationen von 'Shoah' und 'Churban' auch sein mögen, so befinden sich diese doch eher im Einklang mit der jüdischen Tradition als die dem Begriff 'Holocaust' anhaftenden Konnotationen Opfer und Brandopfer.“ (3)

Die hebräische Bezeichnung „Churban“ bzw. ihre jiddische Entsprechung „Churbm“ verweist auf die Zerstörung des Ersten und Zweiten Tempels. Die Bezeichnung des Massenmords an den Juden im 20. Jahrhundert als „Churban“ ordnet das Ereignis als eine der Prüfungen des jüdischen Volkes in einen religiösen Kontext ein. Auch der hebräische Begriff „Shoah“, was so viel heißt wie „großes Unglück, Katastrophe“, deutet auf ein biblisches Gesetz und kennzeichnet den Genozid als einen Teil der jüdischen Geschichte, dennoch wird hier die Katastrophe weniger im Zusammenhang mit früheren Geschehnissen gesehen. Jüdische Theologen, Historiker und Schriftsteller führen den Begriff nicht auf seinen religiösen Ursprung zurück, wonach „Shoah“ Konnotationen von Sünde und Strafe enthält, sondern deuten ihn eher im Sinne von Verzweiflung und metaphysischen Zweifel.

Obwohl die Gründung des Staates Israel als unmittelbare Reaktion auf den Völkermord an den Juden verstanden werden kann, war für das Selbstverständnis des jungen Staates die Opferrolle der europäischen Juden eher hinderlich. Das mag erklären, warum sich der hebräische Begriff „Shoah“ mit der oben beschriebenen allgemeineren Bedeutung durchgesetzt hat. Der Tag, an dem in Israel der Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung gedacht wird, heißt „jom ha shoa“.

Die Verwendungsgeschichte des Wortes „Holocaust“ in Deutschland ist aufschlussreich. Nachdem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 1978 die ersten Artikel über die in den USA auf eine enorme Publikumsresonanz stoßende Serie Holocaust erscheinen, fragen Leser nach der Bedeutung dieses Wortes. In einem Leserbrief vom 27.6.1978 erklärt Theo Stemmler: „Die Mehrzahl der vier wesentlichen Elemente des Begriffs – vollständig/Brand/Opfer/Tier – ist über die Jahrhunderte hinweg erhalten geblieben, hat jedoch eine bezeichnende Umwertung erfahren. Neben den rituellen Begriff 'Brandopfer' treten seit dem 15. Jahrhundert allgemeinere Bedeutungen wie 'Opfer, Aufopferung', die zunächst noch im religiösen Bereich angesiedelt sind, dann aber säkularisiert werden. Das Begriffselement 'Tier' des Wortes 'holocaustum' geht bald verloren und wird durch 'Mensch' ersetzt; das Element 'vollständig' (griechisch holos) erscheint abgewandelt als 'groß, zahlreich': Es geht nunmehr um den Feuertod, dann allgemein um die vollständige Vernichtung zahlreicher Menschen. Auf diese Weise ist aus einem durchaus positiven, rituellen Begriff ein negativer, säkularer geworden.“ (4)

Stemmler ist der Ansicht, bei „Holocaust“ handele es sich um „... eine bedrückend genaue Bezeichnung für die von den Nazis betriebene Vernichtung der europäischen Juden.“ (5) „Holocaust“ weist auf eine bestimmte Art des Tötens und meint „vollständige Vernichtung“. Von den Gemordeten bleibt nichts übrig – „ein Grab in den Lüften“ schrieb Paul Celan. 1980, ein Jahr nach Ausstrahlung der Serie Holocaust in der Bundesrepublik, wird der Begriff zum „Wort des Jahres“ gewählt.

Abgesehen von religionsgeschichtlichen Argumenten scheinen weitere Gründe vorzuliegen, wenn es um das Für und Wider eines Begriffes geht. Erst die US-amerikanische Serie Holocaust hat den Deutschen einen Namen für das gegeben, was sie bis dahin mit dem Nazi-Unwort „Endlösung“ bezeichnet hatten. Nach der heftigen Kritik an der amerikanischen Serie ist dieser Begriff gerade bei deutschen Intellektuellen in Misskredit geraten. Wer 1986 Claude Lanzmanns neuneinhalbstündigen Filmessay Shoah gesehen hat, spricht seitdem von „der Shoah“ und tut damit kund, dass er zu denjenigen gehört, die sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen. So lässt sich schon anhand des gewählten Begriffes erkennen, welchen ideologischen Standpunkt der Sprecher einnimmt. Wer in Deutschland von „der Shoah“ spricht, verfügt anscheinend über ein kritisches Bewusstsein, richtet er sich doch politisch korrekt mit dem hebräischen Wort „Shoah“ nach den Empfindungen der Opfer.

Zuweilen wird diskutiert, ob nicht beide Bezeichnungen – „Holocaust“ und „Shoah“ – „Deutschen verwehrt“ sein sollten, um zu verhindern, dass ihnen das Verbrechen als „... unvermeidliches Selbstopfer im jüdischen Schuldzusammenhang“ erscheint. (6) „Der Holocaust sollte für sie ein Fremdwort bleiben, das sie nicht zu benutzen haben. Ebenso unangemessen ist für sie auch der Begriff der Schoah. Der Massenmord an den Juden ist nur mit dem deutschen Wort zu benennen.“ (7)

Also Massenmord? Bedenkenswert erscheint der Vorschlag Eberhard Jäckels, den Begriff „Holocaust“ wie andere aus dem Griechischen übernommene Fremdwörter der im Deutschen üblichen Schreibweise anzupassen – Jäckel sagt „einzudeutschen“ – und also „Holokaust“ statt „Holocaust“ zu schreiben. (8) Die im Herbst 2000 im ZDF ausgestrahlte gleichnamige Dokumentation zum Thema hat allerdings kaum zur Verbreitung dieser anderen Schreibweise beigetragen. „Holocaust“ indes hat sich trotz der von verschiedenen Seiten kritisierten „Opfer“-Konnotation international durchgesetzt.

Abzulehnen ist der sich ausbreitende Gebrauch der Bezeichnung „Holocaust“ für Massaker und Genozide aller Art. Denn auch wenn mit „Holocaust“ nicht ausschließlich der Mord an den Juden gemeint ist, so weist die Bezeichnung doch auf eine zeitliche Eingrenzung: es handelt sich um die zwischen 1933 und 1945 von Nationalsozialisten überwiegend an Juden verübten Verbrechen.

(1) Vgl. Young, James E.: Beschreiben des Holocaust. Darstellung und Folgen der Interpretation. Frankfurt/M., 1992, S. 141ff.; La Capra, Dominick: Representing the Holocaust: History, Theory, Trauma. Ithaca, London, 1994, S. 45; Dubiel, Helmut: Niemand ist frei von der Geschichte. Die nationalsozialistische Herrschaft in den Debatten des Deutschen Bundestages. München, 1999, S. 12; Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Bd. 1. Hrsg. von Eberhard Jäckel, Peter Longerich, Julius H. Schoeps. Hauptherausgeber Israel Gutmann. Vorwort zur deutschen Ausgabe. Berlin, 1993, S. XVII-XIX.

(2) Der Tisch oder Altar, auf dem das Opfer verbrannt wird, trägt die Bezeichnung Holocaust; so taucht in französischen Bibelübersetzungen das Wort „holocauste“ auf.

(3) Young, James E: Beschreiben des Holocaust. A.a.O., S. 145. Young merkt „der Vollständigkeit halber“ an, der Begriff „Holocaust“ sei schon 1938 in einer Einleitung der englischsprachigen Ausgabe der Werke Sigmund Freuds zu finden. A.a.O., S. 312

(4) „Holocaust ist genauer“. Leserbrief von Theo Stemmler. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.6.1978, S. 6

(5) Ebenda

(6) Vgl. Koch, Claus: Der Wettbewerb beschmutzt auch die Sieger. Noten und Notizen. In: Süddeutsche Zeitung vom 11.12.1998, S. 15

(7) A.a.O. Auf dasselbe zielt der Vorschlag, statt „Pogromnacht“ wieder „Reichskristallnacht“ zu sagen: Die Nachkommen der Täter hätten nicht das Recht, von den Opfern geprägte Begriffe zu benutzen. Vgl. Gillessen, Günther: Die Benennung des Fürchterlichen. „Reichskristallnacht“ oder Pogrom? Auswärtige Berichte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6.11.1999, S. III

(8) Vgl. Jäckel, Eberhard: Holokaust, sagte Herr K. Bescheidener Vorschlag, einen Begriff einzudeutschen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.8.2000, S. 47



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Dr. Martina Thiele ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalistik der Universität Dortmund. Sie hat zum Thema "Publizistische Kontroversen über den Holocaust im Film" promoviert.


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