@Chris Die SZ schrieb am Mittwoch dazu:
Bankenkrise: Dresden drohen Millionen-Verluste
Die Schieflage der Sachsen-LB dürfte sich auf den Stadt-Haushalt auswirken. Kunden der Sparkasse sind nervös.Das Finanzdesaster bei der Sachsen-LB hat offenbar auch Auswirkungen auf Dresden. Stadträte mehrerer Fraktionen warnen vor Einbußen im städtischen Haushalt in Millionenhöhe. Die Stadt ist nämlich mit der in die Krise geratenen Bank verbunden. Dresden hält Anteile an der Sachsen-Finanzgruppe, die aus acht Sparkassen und eben der Sachsen-LB besteht. Mit rund 14 Prozent ist die Stadt an ihr beteiligt. Der Gruppe wiederum gehört der Großteil der Landesbank, nämlich 63 Prozent.
Bislang hat Dresden davon profitiert. Die Sachsen-Finanzgruppe schüttete jährlich Geld an die Stadt aus. Im Doppelhaushalt sind 5,5 Millionen Euro für 2007 und 6,5 Millionen Euro für 2008 eingeplant.
Die durch riskante Wertpapier-Geschäfte einer irischen Tochter der Landesbank ausgelöste Finanzkrise könnte dazu führen, dass die Ausschüttungen geringer ausfallen. Finanzkreise gehen davon aus, dass die Finanzgruppe rund ein Drittel weniger an die Kommunen als bislang ausreicht. Falls überhaupt. „Ich kann mir vorstellen, dass Dresden weniger erhält“, sagt Stadträtin Christine Ostrowski (Linksfraktion). Allerdings sei die Stadt angesichts des Verkaufs des Wohnungsunternehmens Woba in einer finanziell guten Lage.
Auch FDP-Fraktionschef Jan Mücke hält eine geringere Ausschüttung für wahrscheinlich. Er fordert die Verwaltung auf, den Sparkurs nicht zu verlassen und keine neuen Schulden zu machen.
Skeptischer gibt sich Karl-Heinz Gerstenberg. Der Grünen-Politiker, der Stadtrat und Landtagsabgeordneter ist, sieht das Risiko, dass die Bank den kurzfristig gewährten 17-Milliarden-Euro-Kredit nicht über das laufende Geschäft refinanzieren kann. „Dann müsste Dresden sogar Geld zuschießen“, sagt Gerstenberg. CDU-Stadtrat Michael Grötsch, der den suspendierten Rathauschef Ingolf Roßberg (FDP) im Verwaltungsrat der Bank vertritt, warnt vor Panikmache. Unklar sei, ob der Kredit überhaupt in Anspruch genommen werde.
Unterdessen häufen sich bei der Ostsächsischen Sparkasse Anfragen besorgter Dresdner. „In allen Filialen wollten Kunden wissen, ob Einlagen sicher sind“, sagt Sprecher Andreas Rieger. Die Antwort der Bank: Ja. Dies sei gesetzlich gewährt. Die Krise der Sachsen LB wirke sich nicht auf die Kundenkonten aus.
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Und allgemein schrieb die
FTD am Donnerstag warum es sinnvoll ist auch kleinere Banken zu retten:
Warum auch kleine Banken gerettet werden
Die Summe klingt astronomisch. 17,3 Mrd. Euro stellt die Sparkassen-Finanzgruppe bereit, um die Sachsen LB zu retten. Zuvor wurde schon die Deutsche Industriebank IKB gestützt. Jetzt mehren sich kritische Stimmen, die Rettungsaktionen für kleinere Institute hinterfragen. Zu Unrecht, sagt die Wissenschaft. Es ist wieder eine spektakuläre Nachricht. Kurz nachdem die Bankenwirtschaft für die IKB einen milliardenschweren Rettungsschirm aufgespannt hat, ist jetzt die Sachsen LB in Schwierigkeiten geraten. Eine Landesbank von eher regionaler Bedeutung, mit einer Bilanzsumme von 68 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank kommt auf 1126 Mrd. Euro. Zwar handelt es sich bei der Sachsen LB um ein öffentliches Institut, das gar nicht pleite gehen kann. Doch die grundsätzliche Frage drängt sich trotzdem auf: Wann ist es überhaupt sinnvoll, eine Bank zu retten?
Die Wissenschaft führt als Begründung für solche Stützungsmaßnahmen oft das "Too-big-to-fail"-Phänomen an. Das heißt: Bestimmte Banken sind einfach zu groß, um Konkurs zu gehen, da sonst der volkswirtschaftliche Schaden immens wäre. Das trifft auf Institute der Größe IKB oder Sachsen LB aber nicht zu. Doch laut Isabel Schnabel, Professorin an der Universität Mainz und führende Spezialistin auf dem Gebiet von Bankenkrisen, gibt es ein weiteres Argument. "Relevant für die Entscheidung, ob eine Bank gerettet wird oder nicht, ist nicht allein ihre Größe. Selbst wenn ein kleineres Institut pleite ginge, könnte das zu Ansteckungseffekten führen. Denn: Auch andere Banken haben ähnliche Geschäftsmodelle, haben ähnliche Investments getätigt. Die Wissenschaft nennt dieses Phänomen 'Too many to fail'."
Systemkrisen drohen, da Banken gleichgerichtet investierenDie Hypothekenkrise ist ein gutes Beispiel für das "Too many to fail"-Argument. Mehrere deutsche Banken sind im Subprime-Sektor engagiert. Was bei den Sachsen "Ormond Quay" heißt, heißt bei der Deutschen Industriebank IKB "Rhineland Funding" oder bei der WestLB "Greyhawk". Laut einer Statistik der Ratingagentur Moody's haben 16 deutsche Finanzinstitute insgesamt 93,1 Mrd. $ in Vehikeln geparkt, die sich wie Ormond Quay über Asset Backed Commercial Papers refinanzieren (ABCP) und in Kreditportfolien investieren. ABCP sind kurzfristige Wertpapiere, die mit Kredit- oder Leasingforderungen besichert sind. Gerät eine Bank in Schieflage, sind Panikreaktionen der Marktteilnehmer wahrscheinlich - da im schlimmsten Falle gleich alle von der Subprime-Krise betroffen sind.
Das ähnliche Investmentverhalten ist laut der ökonomischen Forschung kein bloßer Zufall. Viral Acharya von der London Business School und Tanju Yorulmazer von der New York University haben das untersucht. Ihr Fazit: Banken fürchten, dass die Schieflage eines Wettbewerbers dazu führt, dass sie selbst in Gefahr geraten. Und deshalb verhalten und investieren sie ähnlich "Ein Bankenzusammenbruch ist eine schlechte Nachricht für die gesamte Volkswirtschaft. Die Anleger fordern dann auch von den überlebenden Banken eine höhere Verzinsung ihres Kapitals. Die Refinanzierungskosten sind also geringer, wenn alle Banken überleben. Das führt dazu, dass sie ähnliche Kreditportfolien haben", schreiben Acharya und Yorulmazer in einer Studie.
Das Dilemma der Bankenaufsicht - Klare Ankündigungen sind gefährlichWalter Bagehot, der berühmte Chefredakteur des Magazins "Economist", forderte schon 1873 klare Kriterien für Stützungsaktionen durch die Notenbank. Doch moderne Forscher sind sich einig, dass das gleich aus mehreren Gründen gefährlich wäre.
Erfahrung mit solch klaren Ankündigungen sammelten die Vereinigten Staaten. 1984 erwarb die US-Regierung Anteile an der Continental Bank. Die achtgrößte Bank war zahlungsunfähig. Der Comptroller of the currency, dem in den USA die Bankenaufsicht zufällt, gab in einer Stellungnahme gegenüber dem Kongress zu verstehen, dass neben Continental alle elf großen Banken für das Bankensystem des Landes "essentiell" seien. Daraufhin veröffentlichte das "Wall Street Journal" eine Liste mit Finanzinstituten, die faktisch unter Konkursschutz standen - mit weitreichenden Folgen für den Aktienkurs und die Risikoprämien, wie Donald Morgan und Kevin Stiroh von der Federal Reserve Bank of New York in einer Studie nachwiesen. Selbst noch in den 90er Jahren, nach mehreren Reformen des Aufsichtsrechts, profitierten große Banken von einem Aktienkursaufschlag und niedrigeren Risikoprämien auf ihren Anleihen als ihre kleinere Konkurrenz, zeigten Morgan und Stiroh. "Die Investoren rechnen damit, dass die Banken gerettet werden. Das schwächt die Marktdisziplin, weil die Anleger einen geringeren Anreiz haben, Risiken zu bewerten und sich adäquat vergelten zu lassen", schrieben die Forscher in einer wegweisenden Studie.
Bankexpertin Schnabel nennt einen weiteren Grund, warum es problematisch ist, schon im Vorfeld die Bedingungen für eine Rettung festzulegen: "Solche Ankündigungen sind zur Unglaubwürdigkeit verdammt. Wenn die Krise erst einmal eingetreten ist, ist es meist im Interesse der Politiker, Ansteckungseffekte auf das restliche Bankensystem zu vermeiden." Sie empfiehlt stattdessen eine andere Vorgehensweise: "Es bietet sich eher eine Politik der konstruktiven Ambiguität an, bei der die Marktteilnehmer nicht im voraus wissen, ob eine Bank gerettet wird oder nicht. Keinesfalls darf der Staat den Banken das gesamte Risiko abnehmen."
Fusion als Allheilmittel?Nach der Schieflage der IKB und Sachsen LB fordern Politik und Experten einschneidende Reformen. "Es muss zu einer Konsolidierung kommen", fordert der Nürnberger Bankenexperte Wolfgang Gerke". Zwar spielen die Landesbanken eine wichtige Rolle für kleine und mittlere Sparkassen, doch es gibt davon zu viele", sagte Gerke in einem Zeitungsinterview.
Doch es bestehen Zweifel, ob Fusionen wirklich die Situation verbessern. "Nimmt man an, dass die Risiken innerhalb einer großen Bank stärker korreliert sind als bei vielen kleinen Banken, so könnte das systemische Risiko in einem Bankensystem mit einigen großen Banken größer sein als in einem System mit vielen kleinen Banken", entgegnet Schnabel.
Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher. (Albert Einstein)
Prüfungen sind deshalb so unerträglich, weil der größte Dummkopf mehr fragen kann, als der gescheiteste Mensch zu beantworten vermag. (Charles Cahleb Colton)