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Kann man mit 8 Monaten davonkommen wenn man ein Kind tötet ?
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 27 Nov 2007, 15:40
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[heating da road]        
Punkte: 1684
seit: 27.10.2005
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"Kind stirbt durch Unfall - Verlorenes Rad als Ursache
Vor einem Jahr verlor eine Frau auf der A 8 bei der Messebaustelle an ihrem Auto ein selbst montiertes Winterrad. Das führte zu einer Unfallkette mit Schwerstverletzten und einem toten Kind. Wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung mussten sich nun die 34-Jährige und ein 37-Jähriger vor Gericht verantworten.
Am 12. November 2006 ist die Karlsruherin gegen 10 Uhr auf dem Rückweg von München in ihre Heimatstadt. Bei der Landesmesse gilt eine Tempobeschränkung von 80 auf der Fahrbahn mit drei verengten Fahrstreifen. Eine Standspur fehlt. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit unterschreitet die 34-Jährige rasch: Beim Abbremsen hört sie schnell lauter werdende, ihr unerklärliche Geräusche. Besorgt bremst sie weiter, schaltet die Warnblinkanlage ein. Nach einem lauten Knall kommt der Alfa Romeo auf der rechten Spur zum Stehen. Der Wagen hat das linke Vorderrad verloren.
Sekunden später kracht ein Renault bei guter Sicht in ihr Auto. Auf dessen Rücksitz sitzen angeschnallt zwölfjährige Zwillinge. Die bleiben so unversehrt wie der am Steuer sitzende Vater. Nur seine Frau verletzt sich leicht. Der Vater hat Warnblinker eingeschaltet, die Polizei verständigt und sitzt bereits wieder in seinem Wagen wie seine ganze Familie, als ein Golf in den Renault rast: mit 95 km/h, wird später ein Gutachter errechnen. Durch diesen Aufprall werden die Zwillinge und die Frau schwer verletzt. Ein Kind stirbt später in der Klinik.
"Ich war schon oft dabei, ich dachte, ich könnte es", erklärt die Alfa-Fahrerin vor dem Amtsgericht. Sie hatte zwei Wochen vor dem Unfall die Winterräder montiert und mit einem Drehmomentschlüssel festgezogen. Allerdings beseitigte sie weder Rost an Radflanschen noch an deren Gegenstücken und versäumte es, die Radschrauben nach einigen Kilometern nachzuziehen. Dies sind für den Gutachter die Ursachen des Radverlusts. Auch an den übrigen Alfa- Rädern waren die Schrauben locker.
Im Dunkeln bleibt das Verhalten des Golf-Fahrers, der wohl ungebremst in den Renault raste. Der 37-Jährige kann sich vor Gericht an die letzten Sekunden vor dem Aufprall nicht erinnern. Bei einer geschätzten Sichtbarkeit des Renaults über mindestens 200 Meter errechnet der Sachverständige einen Reaktionszeitraum von 7,6 Sekunden vom Auftauchen bis zur Kollision. Für den Staatsanwalt ein "nicht nachvollziehbarer Reaktionsverzug".
Richterin Nast-Kolb verurteilt den Golf-Fahrer, der "schlichtweg nicht aufgepasst hat", zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe, die Frau zu 100 Tagessätzen à 30 Euro, beide wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Ermittlungen gegen den Renault-Fahrer hat die Staatsanwaltschaft eingestellt, da er durch den Tod seines Kindes schon gravierende Folgen erlitten hat."
Quelle: Bericht Stuttgarter Nachrichten 14.11.07
Es geht mir um den letzten Teil des Textes, eigentlich, denn ich finde die richterliche Entscheidung ziemlich komisch.
Erstens, der eigentliche Drama-Verursacher ist der Golf-Fahrer, oder? Also hat er, rein objektiv gesehen, das Kind getötet. Ist da die Bewährungsstrafe nicht zu mild?
Zweitens, der Unfall passiert lange nachdem der Frau das Rad abgeflogen ist. Wenn ich nun auf der Landstrasse irgendwo aufsetze, und Kühlwasser von mir ausläuft, dann kommt ein anderer, rutscht auf dem Frostschutz aus und landet im Graben, und da kommt ein ANDERER und fährt irgendwie dem da ins Genick oder was weiss ich... dann bin immer noch ICH schuld? Dann bin ich auch im Restaurant schuld, wenn ich einen Braten esse, und dann das Küchenpersonal sich beim Abwasch verletzt...
Was meint ihr denn dazu? Ist das nicht ein bisschen zu viel Krümelkackerei, zu viel "deutsch und bürokratisch sogar im Falle eines Unfalls"-sein ?
Dieser Beitrag wurde von valex22000: 27 Nov 2007, 15:40 bearbeitet
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 27 Nov 2007, 19:26
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muy tranquilo         
Punkte: 3047
seit: 03.03.2004
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Zitat(Chris @ 27 Nov 2007, 17:43) Die unwissentliche Verletzung der Sorgfaltspflicht nennt man "fahrlässig". Die wissentliche Verletzung hingegen "vorsätzlich".
Dementsprechend ist die Frau auch korrekt wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden.
@ chris: fahrlaessige toetung ist wohl trotzdem nur fuer 'nen "hardcore-paragraphen-reiter" zutreffend, da die toetung erst 2 unfaelle nach dem eigentlichen eintrat! mal rein hypothetisch: die raeder waeren korrekt montiert gewesen und die frau waere vorsaetzlich in die planke gerast - die unfaelle danach waeren genau so eingetreten - dann waer das ja vorsaetzlicher mord, oder? Zitat(MafiaGirl @ 27 Nov 2007, 17:44) (Ich erinnere mich ja nur noch dunkel an meine Fahrschulzeit) Aber ist es nicht eigentlich so, dass man als Autofahrer einen gewissen Abstand zu seinem Vordermann halten muss......?
@ mafia: der letzte, der da reingerauscht is hatte ja wohl sogar doppelten tacho abstand, also worauf willst du hinaus? @ topic: ich will damit nicht sagen, dass die frau komplett unschuldig ist. raeder sollten grundsaetzlich nachgezogen werden (besonders du solltest das wissen, alex  ), aber die art und weise wie in manchen faellen strafen gehandelt werden ist doch wirklich merkwuerdig. was den golf-fahrer angeht, will ich nicht derjenige sein, der die strafe verhaengen muss, denn mit 'nem kind auf dem gewissen (auf garantie unwillentlich) ist er mehr als gestraft. auch damit will ich nicht sagen, dass er keine strafe verdient, aber wer sind wir denn, darueber zu urteilen? Dieser Beitrag wurde von unicum: 27 Nov 2007, 19:28 bearbeitet
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"I never should have switched from Scotch to Martinis." - Humphrey Bogart's last words
Meine größten Erfolge habe ich im Lösen von Problemen, deren Erfolgskriterien nicht definiert sind.
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 27 Nov 2007, 19:36
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Straight Esh         
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seit: 01.10.2003
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Zitat(unicum @ 27 Nov 2007, 18:26) @ chris: fahrlaessige toetung ist wohl trotzdem nur fuer 'nen "hardcore-paragraphen-reiter" zutreffend, da die toetung erst 2 unfaelle nach dem eigentlichen eintrat!
"Hardcore-Paragraphen-Reiter" ist ein anerkanntes Studium und nennt sich Jura  Vielleicht verhält sich Schuld auch transitiv...? Zitat mal rein hypothetisch: die raeder waeren korrekt montiert gewesen und die frau waere vorsaetzlich in die planke gerast - die unfaelle danach waeren genau so eingetreten - dann waer das ja vorsaetzlicher mord, oder?
Wenn dabei geplant war den Hintermann umzubringen, dann war es in der Tat vorsätzlicher Mord. Ansonsten vermutlich Tötung durch grobe Fahrlässigkeit. Zitat auch damit will ich nicht sagen, dass er keine strafe verdient, aber wer sind wir denn, darueber zu urteilen?  Menschen sind wir. Und als solche verfügen die meisten über ein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein.
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