Das gebrochene Deutsch, das junge Menschen aus sozialen Brennpunkten oft sprechen, ist ein Dialekt mit eigenen Regeln, zu finden so ähnlich auch auf bestimmten Nachrichtengeflechtseiten.
Der hilfsbereite Herr im Anzug muss nicht lange überlegen: "Da müssen Sie Alexanderplatz umsteigen", empfiehlt er der jungen Dame, die ihn auf dem U-Bahnsteig nach dem Weg gefragt hat. Was er nicht weiß: Die junge Dame ist Studentin und testet sein Deutsch. Und, für ihn vielleicht noch schlimmer: Was er da gesagt hat, unterscheidet sich aus linguistischer Sicht nicht von der Ausdrucksweise junger Deutschtürken, wenn sie sagen: "Wir sind Görlitzer Park" oder "Die sind alle Schule".
Die deutsche Standardsprache hält die Möglichkeit bereit, Ortsangaben auch ohne die eigentlich erforderlichen Präpositionen wie "am" oder "im" zu bilden. Die meisten Deutschen nutzen diese Möglichkeit nur, wenn sie von U-Bahnhöfen sprechen. Junge Migranten und Deutsche, die in sozialen Brennpunkten aufwachsen, lassen die Präpositionen bei Ortsangaben dagegen grundsätzlich weg.
"Kiezdeutsch entwickelt sich im Kontakt von Jugendlichen mit unterschiedlichem Migrationshintergrund und deutschen Jugendlichen." Es sei "die Sprache, die wir hier im Kiez sprechen", wie die Jugendlichen selbst sagen. Wer dort Hochdeutsch spricht, gilt als arrogant.
Die Standardsprache sei durch Kiezdeutsch nicht bedroht, sagte Wiese. Im Idealfall sei ein Kiezdeutsch-Sprecher in der Lage umzuschalten und, etwa in der Schule oder in der Ausbildung, auch Hochdeutsch zu sprechen. Auf diese Fähigkeit zum Umschalten kommt es letztlich an. Denn so sehr sich die Linguisten auch bemühen, dem Kiezdeutschen Regeln abzuhorchen und es zur respektablen "Varietät" aufzuwerten, eins ist klar: Wer nur Kiezdeutsch kann, der kommt nicht weit.
http://www.zeit.de/online/2009/23/kiezdeut...schung?page=allDie, die nicht umschalten können, sondern nur dem Kanak Sprak beherrschen, das sind dann wohl die Problembären unter den Schülern.