Zitat(SHARK @ 01 Sep 2009, 23:41)
Mir stellt sich die Frage, warum die reale Welt ständig in ein virtuelles Konstrukt transformiert werden soll?
Mittlerweile haben sich doch jetzt schon sehr viele Menschen im "Netz" eine Art zweites Leben aufgebaut.
Zocken, Zwitschern, Wichsen, Chatten, etc. - wozu überhaupt noch rausgehen?
Jetzt auch noch ein virtuelles Parlament.

Hier wirfst Du eine Kernfrage auf: Inwieweit ist das Internet eine Abbildung der Realiät? Welchen
Gehalt an Wahrheit und Objektivität hat diese Virtualität?
These: Das Internet durchdringt als Massenmedium die gesamte Gesellschaft und ist ob seiner Interaktivität nicht mehr mit den herkömmlichen Massenmedien vergleichbar, da es trotz seines nicht greifbaren Charakters eine derart umfassende Durchdringung aufweist, dass man ihm eine
Abbildung der Realität zugestehen muss. (Luhmanns Systemtheorie sei hier inklusive Foucaults Machtstrukturen berücksichtigt!) Das Internet sei hier als modernes,
strukturelles Panoptikum zu verstehen: Der Einzelne ist nicht mehr einzeln, sondern vernetzt. Das Massenmedium ist nicht mehr Instrument und Symptom der Realität, sondern struktureller Bestandteil derselben. Du sprichst zurecht von "einer Art zweites Leben"
*, man entkommt der medialen Realität des Internets einfach nicht mehr. Die Vokabel "entkommen" suggeriert hier einen Zwang hierarchischer Natur, das ist aber eben nicht so - so meine These. Vielmehr ist die Ausgangsfragestellung Ausdruck der Unsicherheit gegenüber dem gesellschaftlichen Wandel. Ganz ähnlich müsste man sich Gutenbergs Buchdruck als Phänomen zum Vergleich heranziehen.
Zugegeben: Es steht einem immernoch frei, das Internet als Dispositiv zu betrachten und auf die stattfindende Selbstbegrenzung hinzuweisen, aber das führte jetzt zu weit. Oder doch nicht?
#abD
P.S.: Es sei der Verweis auf
diese Veranstaltung gestattet.