Heute mal was zur wohl wichtigsten Frage für den Studenten von heute (dicht gefolgt von: "Wo bekomme ich günstig Bier her?"):
Warum eigentlich Sex?
Nun, auch wenn es beim Menschen immer noch nicht 100% experimentell geklärt ist, bei Fadenwürmern (Nematoden) der Art Caenorhabditis elegans scheint der Grund, warum diese denn unbedingt Sex haben müssen enthüllt.
Doch zunächst ein paar langweilige Fakten. Der eifrige Leser muss zunächst erfahren, dass oben erwähntes Würmchen zu den Stars unter den Modellorganismen der modernen Biologie gehört.
Der erwachsene Wurm ist nur etwa einen Millimeter lang und lebt im Boden der gemäßigten Klimazone. C. elegans ist ein Zwitter. Der sogenannte "Hermaphrodit" bildet zuerst Spermien, dann Oozyten (Eizellen). Somit ist der Winzling in der Lage, sich durch Selbstbefruchtung fortzupflanzen, was einer Art klonen gleich kommt. Neben den Hermaphroditen existieren auch Männchen, die mit einem Hermaphroditen kopulieren und so sexuell neuen Nachwuchs produzieren können.
Ausschlaggebend für die Forschung ist das Phänomen der Zellkonstanz: Jeder erwachsene Hermaphrodit besitzt immer genau 959, jedes erwachsene Männchen genau 1031 somatische Zellkerne.
Doch nun zum eigentlichen Thema! Warum sollte man sich eigentlich sexuell Fortpflanzen? Eine Frage, die die Welt bewegen sollte, und die (wenn man den beschränkten menschlichen Horizont einmal verlässt) die Welt auch bewegt! Tagtäglich stellen sich Milliarden und Abermilliarden Lebewesen auf unserer Welt die Frage: "Heute Sex oder lieber Klonen?" Die Vorteile von ungeschlechtlicher Vermehrung liegen auf der Hand. Man kann sich wesentlich schneller reproduzieren. Die langwierige Suche nach dem geeigneten Partner entfällt. Der Nachteil, dass man immer 2 Individuen zur Fortpflanzung benötigt zieht außerdem nach sich, dass 2 sexhungrige Individuen in einer bestimmten Zeit nur x Nachkommen zeugen können, wogegen 2 klonierungsfreudige Individuen in der selben Zeit doppelt so viele Nachkommen hervorbringen können. Vom Vermehrungsstandpunkt aus gesehen ist die Methode Sex also von Nachteil. Sollte genug Nahrung da sein und die Umweltbedingungen günstig, so sind die "Klonierer" eindeutig im Vorteil, da sie sich schneller in diesem Lebensraum ausbreiten können. Was nun aber, wenn die Bedingungen ungünstiger werden? Nahrung knapp? Strahlung? Mutationen? Krankheiten? Evolutionsbiologen um Patrick Phillips an der University of Oregon in Eugene haben nun ein wenig Licht ins Dunkel der Spekulationen gebracht, indem sie 2 Populationen der oben erwähnten Würmchen hielten. Eine Zwitterpopulation, welche sich ausschließlich asexuell vermehrte und eine Polulation mit Männchen und Weibchen ausgestattet war, sich also sexuell vermehren musste. Ich vermute, dass dies durch genetische Modifikation des Erbgutes bewerkstelligt wurde, so dass die gewünschten Geschlechter auftraten. Beide Wurmpopulationen wurden nun Bakterien ausgesetzt, welche für die kleinen Kriecher gefährlich sind. Das interessante Ergebnis: Nach 40 Generationen waren die sexuell aktiven Würmer durch ihren schnelleren Genaustausch bereits gegen den Erreger immun, während die Selbstbefruchter noch immer von ihm dezimiert wurden. In einem zweiten Experiment behandelten Phillips und seine Kollegen die Tiere mit einer Chemikalie, die Mutationen verursacht. 50 Generationen später vermehrte sich die asexuelle Gruppe deutlich langsamer als zuvor, während der männlich-weibliche Stamm anscheinend nicht beeinträchtigt war. Wie erwartet, half der sexuelle Austausch von Erbgut offenbar dabei, die Folgen der Mutationen zu verringern, da diese sich häufig nur manifestieren können, wenn beide Eltern sie an ihren Nachwuchs weitergeben. Die Zwitter können dagegen Mutationen nur langsam durch natürliche Selektion aus ihrem Genpool entfernen - indem betroffene Erblinien aussterben.
Und die Moral von der Geschicht? Musst du dich gegen viele schädliche Einflüsse behaupten, so habe Sex!
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