Am gestrigen Montag erreichte das Konzept der Universitätsbesetzung auch das Tal der Ahnungslosen. Vielleicht endlich ein Meilenstein in den bisher eher moderat verlaufenden Dresdner Studentenprotesten. Besetzung ist normalerweise ein Schlagwort auf dass sich die Presse mit Freuden stürzt. Die unterschwellige Suggestion von Barrikadenbau und Volksküche, Menschenketten und Polizeigewalt verspricht umsatzsteigernde Schlagzeilen. Verwunderlich, dass sich das Interesse der Medien nicht auf den Potthoffbau richtet.
Fiese Aufkleber zeugen von Kampfgeistigkeit
Gestern startet 17 Uhr der Besetzungsworkshop im Potthoffbau. "Schlafsäcke und Nahrung bitte selbst mitbringen." Bei Bier, Volksküche und entspannter Musik ließ die Beteiligung im Plenum eher zu wünschen übrig. Zumindest wurden die Kernforderungen formuliert, dezentrale Aktionsgruppen gebildet und der Flur des Potthofbaus angemessen mit Strassenkreide dekoriert. Am ersten richtigen Tag der Besetzung geben sich die Protestler eher gemächlich und diskutieren über Aggresivität und Gewaltfreiheit. Am Kaffestand wird munter ein neues Wort für den Bildungsstreik gesucht: Streik klänge so aggresiv und Kampf könnte man schon gar nicht zulassen.
Plakat mit plakativen Forderungen
Wer sich engagieren möchte sollte doch bitte selbst eine Aktionsgruppe suchen oder besser gleich gründen, da nicht klar ist wer zu den bereits bestehenden Gruppen gehört oder wo sich diese grade befinden. Im Hörsaal selbst sah man nur vereinzelte Internetsurfer und Zeitungsleser in den Bänken lümmeln, während sich an den Seitengängen Schlafsäcke und Gitarren gleichmäßig verteilten. Von Arbeitsgruppen eher keine Spur.
Vollversamlung der arbeitsgruppe "Chill Out"
Die Verhaltenheit der Dresdner Proteste bringt auch die Wahl des Besetzungsortes zum Ausdruck. Der hat nur 2 Eingänge, und ist damit theoretisch gegen Tränengaskartuschen und die Kavallerie mit gut plazierten Barrikaden zu verteidigen. aber nichts dergleichen. Sun Tzu und Tacticus würden sich im Grab zerreißen, würden sie die wirkliche Begründung kennen. Denn laut Protestleraussagen wäre das HSZ einfach zu aggresiv gewesen, der Potthaufbau liegt trotzdem noch zentral und wird nicht so stark genutzt. Schön dass auch an die TU Administration gedacht wurde. Die Besetzung wird nach Aussagen der Protestler auch sowohl vom Hausmeister als auch von einigen Professoren unterstützt, und bietet damit für jeden sich beteiligenden Erstsemestler die Chance die lavendelhatige Dresdner Revolutionsluft geschnuppert zu haben.
[attachmentid=27865] Voll agro auf den Boden geschrieben. Damit das klar ist!
Mehr als Schnuppern ist auch nicht möglich da bei der dezentralen Organisation scheinbar eher die Konzeptlosigkeit zum Konzept erhoben wurde. Wer mag kann daher einfach mit ein paar Freunden und einer Lagerfeuergitarre vorbeikommen und ein paar Strophen Kumbaja my Lord trällern. Seine Leistungen werden mit Gewissheit anerkannt werden und ein Platz in den Annalen der Protestbewegung ist gesichert. Aber es soll hier nicht zu negativ geurteilt werden. Die Besetzung hat eben erst begonnen und mit mehr Beteiligung und Elan könnte Dresden mehr als nur eine Randerscheinung in der Bildungsstreikbewegung werden. Solange sich jedoch weiter in der eigenen Harmlosigkeit gesuhlt wird, sind die Chancen eher gering dass die Medien oder Politik dem ganzen Geschehen sonderliche Bedeutung beimisst.
[attachmentid=27866] Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es!
edit: aufhübschungen
Dieser Beitrag wurde von lovehina: 23 Nov 2009, 15:22 bearbeitet
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"ich begebe mich auf eine unklare reise in ein geheimnisvolles land. ich werde antworten finden auf fragen, die ich nicht erkenne. die sonne geht auf.
ich renne im dunkeln. auf weichen sohlen bewege ich mich durch die stadt, den kragen hochgestellt. die zerschrammten knie streichelt der wind. nachts gehe ich ans meer und höre ihm zu.
ich sehe mit meine händen, ich träume im licht, ich schreibe briefe von der erde." -M.H.-
Zwar werden durch Drittmittel am Anfang mehr Leute eingestellt, mittelfristig werden dadurch aber öffentlich finanzierte Stellen abgebaut. Des weiteren sind die Drittmittel in der Regel zweckgebunden. Das führt dazu, dass nur noch Forschungsvorhaben gefördert werden die einen wirtschaftlichen Nutzen versprechen. Die durch Drittmittel geschaffenen Stellen sind dazu da um zu forschen, dementsprechend wird die Lehre vernachlässigt. Womit wir beim Problem wären, dass ein Forscher seine Reputation nur dadurch verbessert wenn er forscht und Ergebnisse veröffentlicht. Wenn er dagegen seinen Lehrauftrag ernst nimmt interessiert das außer den Studenten ansonsten eher niemanden. (Ich selber kenne Professoren die größtenteils im Auftrag der Forschung die Welt bereisen und nur ausnahmsweise im Hörsaal anzutreffen sind. Doktoranden bestätigen dies aus eigener Erfahrung ebenfalls)
In Österreich wurden Studiengebühren eingeführt, daraufhin wurden stückchenweise die öffentlichen Zuschüsse verringert. Als dann die Studiengebühren von der Regierung großmütig wieder abgeschafft wurden, fand kein Finanzausgleich statt. Aus diesem Grund wird aktuell auch in Österreich demonstriert, weil die Universitäten dort inzwischen kein Geld mehr haben.
Wenn das mit den Drittmitteln so toll ist und die Wirtschaft das möchte, warum haben dann bestimmte Fakultäten keine bzw. nur geringe Mittel zu Verfügung?
Zwar werden durch Drittmittel am Anfang mehr Leute eingestellt, mittelfristig werden dadurch aber öffentlich finanzierte Stellen abgebaut.
Spekulation oder Fakt? Im zweiten Fall bitte Quellen nachreichen. Viele Drittmittelstellen bedeuted auch eine höhere Fluktuation an Leuten. Da braucht man einfach einen gewissen Stamm an Leuten, die immer da sind und den Überblick behalten. Diese werden weiterhin öffentlich bezahlt.
Zitat
Des weiteren sind die Drittmittel in der Regel zweckgebunden. Das führt dazu, dass nur noch Forschungsvorhaben gefördert werden die einen wirtschaftlichen Nutzen versprechen.
Das ist und bleibt 'ne Uni. Da wird viel theoretisches Grundwissen herausgearbeitet. Ausserdem stammen die Drittmittel nicht ausschliesslich aus der Wirtschaft. Und ich spekuliere einfach mal: Es gibt auch öffentliche Fördertöpfe für Grundlagenforschung.
Zitat
Die durch Drittmittel geschaffenen Stellen sind dazu da um zu forschen, dementsprechend wird die Lehre vernachlässigt.
Das ist nicht richtig. Hier sind fast alle Stellen von Drittmitteln finanziert und hier macht jeder ein oder zwei Jahre mindestens eine Übung/Praktikum oder anderes, die meisten davon noch mehr. Das ist pro Person zwar nicht viel, aber in Summe kommt wesentlich mehr rum.
Zitat
Womit wir beim Problem wären, dass ein Forscher seine Reputation nur dadurch verbessert wenn er forscht und Ergebnisse veröffentlicht. Wenn er dagegen seinen Lehrauftrag ernst nimmt interessiert das außer den Studenten ansonsten eher niemanden. (Ich selber kenne Professoren die größtenteils im Auftrag der Forschung die Welt bereisen und nur ausnahmsweise im Hörsaal anzutreffen sind. Doktoranden bestätigen dies aus eigener Erfahrung ebenfalls)
Wie willst du Leute an die Unis ziehen, wenn du denen sagst "du machst nur Lehre". Dann steht man ja gleich zum Karriereeinstieg auf der Stelle. Wer Lehrer werden will, der hat Lehramt studiert, wenn ich forschen will, dann geb ich gerne was von dem Wissen weiter, will aber hauptsächlich wissenschaftlich tätig sein. Ich finde den Kompromiss: Viele Leute und ein bis zwei Lehrveranstaltungen pro Nase eigentlich nicht schlecht.
Zitat
In Österreich wurden Studiengebühren eingeführt, daraufhin wurden stückchenweise die öffentlichen Zuschüsse verringert. Als dann die Studiengebühren von der Regierung großmütig wieder abgeschafft wurden, fand kein Finanzausgleich statt. Aus diesem Grund wird aktuell auch in Österreich demonstriert, weil die Universitäten dort inzwischen kein Geld mehr haben.
Tja, kann man nur hoffen, dass die Leute hier nicht so dumm sind. Aber um Studiengebühren geht's zumindest in Dresden ja eher nicht.
Zitat
Wenn das mit den Drittmitteln so toll ist und die Wirtschaft das möchte, warum haben dann bestimmte Fakultäten keine bzw. nur geringe Mittel zu Verfügung?
Weil keiner ankommt und Geld auskippt, dafür muss etwas getan werden. Wem das zuviel ist, der muss halt weiter kleine Brötchen backen. Und auch wenn es vermutlich nie ankommt: Drittmittel kommen nur zum Teil von der "Wirtschaft". Ein Großteil kommt aus öffentlicher Hand.
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