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 19 Apr 2011, 22:56
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3. Schein   
Punkte: 195
seit: 22.07.2008
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Zitat Ich Chef du nix
Von Popp, Maximilian
Vorglühen, feiern, chillen - was geschieht in Uni-Städten zwischen Sonnenuntergang und Morgengrauen? Maximilian Popp geht auf Erkundungstour, er beginnt im Osten. Eines Nachts in: Dresden.
21.30 UhrMein Kumpel Alex und ich laufen durch die nächtliche Stadt. "Dresden. Die alte DDR. Ist das nicht irre spannend?", frage ich. Partys in stillgelegten Fabrikhallen, Ausstellungen in Plattenbau-Ruinen, das Bier aus dicken braunen Flaschen?
Alex sieht mich unverwandt an: "Alter, du kommst 20 Jahre zu spät", sagt er und schüttelt den Kopf. Alex ist vor zehn Jahren zum Studium aus Ost-Berlin nach Dresden gezogen und dort hängengeblieben. Wahrscheinlich hält er mich für einen ignoranten Wessi, der immer noch in den alten Kategorien denkt - oder schlimmer: für einen dieser Süddeutschen, die nach Friedrichshain ziehen, weil sie glauben, nur dort das "wirkliche Berlin" zu finden. Ich versichere, dass ich lediglich gern wissen würde, wie sie so sind, die Nächte im Osten, die Clubs, die Musik - und, ja, auch die Frauen.
21.45 UhrWir sitzen im "Bautzner Tor", einer Kneipe in der Neustadt. In dem Viertel versammeln sich Studenten, Künstler, Hippies - alle, die nicht so sein wollen wie die Dresdner auf der anderen Seite der Elbe. Im Zentrum ist die Stadt zum Museum versteinert: Frauenkirche, Zwinger, Semperoper. Es ist das Dresden der Touristen, das Dresden aus der Bierwerbung: großbürgerlich, spießig, barock. Die Neustadt sollte ein Gegenentwurf dazu sein: jung, alternativ, hip. Doch sie bemüht sich so sehr, jung, alternativ, hip zu sein, dass sie dabei schrecklich angestrengt wirkt.
Das "Bautzner Tor" ist einer der ältesten Läden in der Neustadt, Gaststätte, Kneipe, Wohnzimmer für die Leute aus dem Kiez. Eine Frau mit kräftigen Armen und einem Bleistift hinterm Ohr reicht volle Biergläser. Der Besitzer nennt sich "Lenin" und braut das Bier selbst. An der Wand hängt ein Poster von Helmut Kohl. Ich sage Alex, dass es hier viel zu nett ist, dass wir rausfahren müssen in die Vorstadt, dorthin, wo es richtig fies sein soll, hinterhältig, gemein.
23.00 UhrPorno-Brillen-Party im "Sax Club", einer Großraumdisco an einer Hauptstraße. Die Stasi hatte hier einst ihre Zentrale. Auf dem Parkplatz vorm Eingang stehen getunte VW Golf. Die Mädchen tragen Plateauschuhe und lila Strähnen in den schwarzgefärbten Haaren; die Jungs Tätowierungen, Goldketten, sie haben sich die Augenbrauen gezupft und die Haare kurz rasiert.
"Das hier ist Dresden. Die Neustadt ist nicht Dresden. Hier geht der Durchschnittsdresdner feiern", sagt Alex. HipHop dröhnt durch den Raum. Aus der Nebelmaschine steigt Rauch zur Decke, Lichtanlagen schießen rote Blitze. Vor der Bar haben die Veranstalter Sand aufgeschüttet. Ich lehne an einer der Palmen im Eck und schreibe Notizen in meinen Block. Ein Jugendlicher in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Ich Chef du nix" kommt auf mich zu. Er reißt mir den Block aus der Hand. "Was machste hier? Bist du von der Stasi?"
00.10 UhrVor der "Chemiefabrik" brennt ein Feuer. Um das Feuer sitzen Jugendliche in zerschlissenen Jeans, mit Nieten auf der Lederjacke und Irokesen-Haarschnitt. Die "Chemiefabrik" ist ein Punkrock-Laden, wie es ihn so im Westen vielleicht gar nicht mehr gibt: ramponiert, irgendwie aus der Zeit gefallen, ein Zitat auf das London der siebziger Jahre.
Eine Frau dreht sich eine Zigarette aus Zeitungspapier. Die Wände sind gelbgeräuchert. Ein Hund läuft über die Tanzfläche. Ich unterhalte mich mit Gunnar, einem Altpunk, Ende vierzig, aus Pirna. Goldzähne blitzen durch die struppigen Fransen seines Barts. "Gefährlich? Nein, gefährlich ist der Osten nicht", sagt er. "Nur müde. Verdammt müde."
02.30 UhrEs wäre Quatsch zu behaupten, Herkunft würde in Dresden keine Rolle spielen. Selbst im "Club der Republik", zurück in der Neustadt, tut sie das. Menschen schieben einander durch einen engen Raum. An den Plattentellern tastet sich der DJ durch elektronische Funkfrequenzen.
Ich stehe mit einer jungen Frau an der Bar, sie ist aus Dresden und studiert Medizin. Sie sagt, ihr gehe das Ost-West-Gerede mittlerweile ziemlich auf die Nerven. Immerhin liege die Wende 20 Jahre zurück. Dann fragt sie mich, wie ich den Osten denn so fände? Und warum ich, als Wessi, eigentlich hier sei? Ich muss lachen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich das gefragt werde. Und immer beteuern meine Gesprächspartner, dass sie das Ost-West-Thema eigentlich für völlig überholt halten.
05.00 Uhr"Mein Problem mit Dresden?" André sieht mich durch sein Weinglas hindurch an. "Dresden ist tot. Wenn du jung bist und was vorhast, ziehst du weg. Okay, in Dresden leben viele Studenten, aber wie lange? Bis zum Abschluss. Wer was erleben will, geht nach Berlin oder zumindest nach Leipzig. In Dresden bleibt nur, wer's gern ruhig hat - oder klassische Musik mag."
Wir sitzen im "Blue Note", einem Jazz-Club in der Neustadt. Jede Stadt braucht eine Bar wie das "Blue Note": einen Ort, an dem immer noch was geht, wenn alle anderen Läden längst geschlossen haben. André ist Grafikdesigner und ein Kumpel von Alex. Er hat in Hamburg studiert, ist aber zurückgekommen nach Dresden. Warum? "Weil ich Ossi bin, so einfach ist das."
06.10 UhrDie Nacht ist bleich geworden. Ich schlurfe durch die leere Altstadt, vorbei an ihren restaurierten, aufgehübschten Palästen, Semperoper, Frauenkirche. André hat recht: Dresden hätte nach der Wende berühmt werden können, die aufregendste Stadt im Osten. Sie hat sich entschieden, ein Museum zu sein.
Maximilian Popp, 25, ist SPIEGEL-Redakteur. Für den UniSPIEGEL hat er schon einmal eine Serie bestritten: über sein Studienjahr in Istanbul. Der ArtikelIch verstehe nicht wie jemand in " UNISpiegel" über Dresden so schreiben kann ohne in der Nähe des Campus gewesen zu sein...
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 19 Apr 2011, 23:22
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Diplom        
Punkte: 1884
seit: 17.03.2009
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Ich verstehe nicht, wie man sowas einfach eins zu eins im INternet posten kann, ohne sich Gedanken über Urheberrecht zu machen ... ganz heißes Eisen ...
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wer braucht schon liebe, wenn man dinge mit käse überbacken kann "Ihren Ansatz halte ich für interessant, aber irrelevant" HäMa war hier!!! Bernd auch... aeon auch 
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 20 Apr 2011, 09:19
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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Recht hat er.
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bonum agere et bonum edere, sol delectans et matrona delectans (Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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Proxima |
 20 Apr 2011, 09:43
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Abgemeldet
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Vielleicht sieht Leipzig nicht so angestrengt beim alternativ sein aus o_O
natürlich wirkt Dresden im Vergleich zu Berlin tot, es ist auch im Vergleich zu Berlin ne Kleinstadt, meine kleine Heimatstadt in Thüringen (oder Erfurt, wo ich auch gewohnt habe) wirkt im Vergleich zu Dresden auch tot.. was ein Statement
Trotzdem.. gute Clubauswahl, er hat mehr Facetten von Dresden in einer Nacht gesehen, als die Meisten Studenten, die schon seit Jahren hier leben.
Am Ende zieht er die Schlußfolgerung, dass Dresden tot ist, während er in der Altstadt rumläuft.. äh ja..
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 20 Apr 2011, 10:38
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Clubküken       
Punkte: 1104
seit: 17.11.2006
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Zitat(mcnesium @ 20 Apr 2011, 10:33) was ist denn das bautzner tor?  war da schon mal jemand? ja, zum WM 66-Konzert ... sehr lustiges Ambiente, wie ich fand. Will sagen Band und Location habe bestens harmoniert. ... ansonsten zum Text: Ich find den komisch
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>> life's short ... play naked <<BTW: Seine vortrefflichen physischen Eigenschaften, allen voran die kräftige Brust und langen Hinterbeine, machen den Irbis zum besten Weitspringer aller Säugetiere. ... und wenns kalt ist legt er einfach seine Schwanzspitze auf die Nase ... niedlich!Bein stellen, Schuhe klauen und dann den Glasscherbenweg entlang schicken ... na Prima
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