Wenn Hoffnung noch den Busen schwellt, dem lindert sie den Schmerz fuer eine Weile; doch ist's unmöglich, daß sie ihn ganz heile, wenn sich nicht noch bald mehr ihr zugesellt.
Anstatt huldvoll Blicke zu verschwenden, O wärst du lieber streng und kalt geblieben! Was hilft mir Ärmsten all mein heißes Lieben, wenn Du mir nichts als Hoffnung denkst zu spenden?
Soll ich vergeblich immerdar nur stets erwarten , harren, hoffen, Dann [? er]trags ich nicht; mein Tod ist unabwendlich. Denn Roswitha, ich bekenn es offen, Hoffnung und Zweifel sind ein Zwillingspaar, Und aus dem Zweifel wird Verzweiflung endlich gar.
------------------------------------------------- Sturm und Drang koennte man nicht dichter verstricken, als im Bett der Liebe zwischen Schmerz und Lust. Das vorliegende Gedicht beschreibt die 2 Facetten des Schmerzes: die der Hoffnung und des Zweifels, die sich aus der Sehnsucht als Form des Liebesschmerzes offenbart. Der Wechsel dieser unheimlichen Paarung treibt das "lyr. Ich" an, welches sich zuerst an sich richtet (du, 7.Vers) und danach zum Du (8.Vers) wechselt, zuletzt mit Roswitha (12.Vers) benannt wird. Weitere Wechsel sind am Reimmuster, Verslaenge [etc] zu erkennen. Man koennte es auch als Schwaeche des Lyrikers deuten, aber die bewußte Anwendung verknuepft sich auch mit der Wirkung, die das sehr einfache Sprachbild sowie die Iterationen, Parallelismen erzeugen: eine besondere Verstaerkung der Intention. Es werden schwungvolle Gedanken zwischen Aussage 1. Strophe , Fragesatz 2. Strophe und Feststellung Vers 13/14 -hier leider ohne Ausrufezeichen- gemacht. Die Wucht und Staerke des Schmerzes laeßt nur eine emotionale Reaktion zu, die dem lyr. Ich als Sentenz , "mein Tod ist unabwendlich", feststehend erscheint. (Vers 11) Jedoch ergibt Er sich noch einer rationalen Begruendung in den letzten 2 Versen, die eine vollkommene Abwesenheit des Geistes nicht annehmen lassen.
Ob die Erwaegung ein Gedicht zu schreiben trotz der Einsicht, daß die Sache um die Liebe zur Roswitha ein weiterer Verzweiflungsakt ist, der sich aus der Hoffnung ergibt, oder man das Gedicht als Abschiedsbrief gegenueber Roswitha liest, bleibt offen. Es ist zumindest eine phaenomenale Konservierung des Umstandes und Zustandes zugleich, die mich entzueckt.
Moegen doch weitere Gedichte folgen! myrmi mit Cappuccino
Edition/Nachtrag: passend zum Hanami die 2 Haiku aus dem Jahr 1710 (Hagakure - Goldmann Verlag 2005)
Tsunemoto Yamamoto schreibt
Von dieser wandelbaren Welt Wie viele Meilen sind es wohl Zum Kirschbaum in den Bergen?
Tsuramoto Tashiro entgegnet
Unter weißen Wolken Bei den Kirschblueten jetzt Fand und traf ich ihn endlich.
Dieser Beitrag wurde von myrmikonos: 21 Apr 2008, 01:03 bearbeitet