Neuling
Punkte: 2
seit: 12.06.2005
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oh man, was für ein stark polarisierendes Thema. Ich gebe zu, dass es für Gegner dieser Datenbank angesichts von Kindesmisshandlung und vergewaltigten Frauen (und Männern?) nicht einfach ist, dagegen zu argumentieren. Und wenn man das so hört, scheint es ja auch eine sehr gute Idee zu sein, denn wie oft liest man von Tätern, die rückfällig geworden sind oder gar als Kindergärtner und Betreuer in Schulen angestellt worden sind. Da scheint diese Website (zurzeit nicht zu erreichen, da anscheinend die ganze Welt mal sehen will, wie solche Leute aussehen) ein probates Mittel zu sein. Ich selbst muss aber gestehen, dass ich etwas hin- und hergerissen bin. Denn diese Datenbank scheint mir schon sehr in das verfassungsmäßige Persönlichkeitsrecht jedes Einzelnen einzugreifen, das nun mal auch für Straftäter gilt. Und an und für sich müsste man annehmen, dass nach Absitzen der Strafe, der Täter ... na ja...rehabilitiert ist. Es sollte doch viel mehr Ziel sein, diese Leute erfolgreich zu therapieren, ihnen zu helfen mit ihrer offensichtlichen Störung umzugehen und das Endziel isst doch immer noch die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, oder nicht? Was diese Seite macht, ist aber das genaue Gegenteil: die Täter werden auf ihr Sexualdelikt reduziert, werden wie im Mittelalter an den Pranger gestellt, so dass sie Gefahr laufen, tagtäglich damit konfrontiert zu werden. Tut mir leid, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass einem psychisch labilen Menschen damit geholfen wird. Dass den Opfern und deren Angehörigen damit geholfen ist, wage ich auch zu bezweifeln: ich habe gelesen, dass es richtige Karten geben soll, wo die "Standorte" von Sexualstraftätern dargestellt werden. Was sollen jetzt die Bürger in den Metropolen der Staaten machen? Feststellen, dass sie umgeben sind von lauter Kranken (nicht, dass das nicht schon vorher klar gewesen wäre, aber jetzt haben sie die absolute unumstößliche Sicherheit)? Wird New York morgen leergefegt sein, weil alle aufs Land ziehen? Werden die Straftäter dann nicht einfach mit umziehen? Ganz ehrlich: die Vorstellung, dass diese Datenbank ein plus an Sicherheit bringt, ist trügerisch und absolut illusorisch. Solche Leute werden doch von einer Website nicht davon abgehalten, wieder rückfällig zu werden - dazu müssten die erstmal ganz andere Dinge auf die Reihe kriegen. Der Ansatz ist nobel, aber greift an der falschen Stelle...
Letztlich sind solche Problematiken doch immer ein Frage der Balance, dem Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit. Ein Höchstmaß an Sicherheit geht stets auf Kosten der Freiheiten jedes Einzelnen. Maximale Sicherheit würde schließlich bedeuten, dass man die Menschen kurz nach ihrer Geburt von ihren Eltern trennt und jeden Einzelnen in eine Zelle ohne Fenster und mit ner Hochsicherheitstür steckt. Essen wird Ihnen reingereicht und einmal pro Monat gibt man ihnen in kontrollierter Umgebung nach sorgfältiger vorheriger Untersuchung die Möglichkeit, sich fortzupflanzen. Das ist natürlich ein sehr düsteres Bild, aber es ist auch höchst unwahrscheinlich, dass jetzt Schluss damit ist, wo man gerade einmal damit angefangen hat, die "Bösen" zu entlarven. Morgen werden Liste aller Diebe veröffentlicht, übermorgen aller Falschparker und nächste Woche laufen vielleicht alle mit mobilen Lügendetektoren rum ... oder alle Kiffer werden kahl geschoren und kriegen nen großes pinkes Herz auf die Platte gemalt! Und gerade die Amerikaner, die in Staatsgesetzen ihren Bürgern z.T. tatsächlich vorschreiben wollen, was sie im Schlafzimmer tun dürfen und was nicht, oder welche Unterwäsche Frauen zu tragen haben ... ganz ehrlich: DENEN traue ich alles zu!
Falls jetzt aufgrund der Masse an Argumenten gegen dieses Vorgehen der Eindruck entstanden ist, ich wäre völlig gegen dieses Projekt, dann kann ich nur wiederholen, dass dies nicht der Fall ist. Ich bin auch nach längerer Betrachtung immer noch im Prozess der Entscheidungsfindung. Es ist aber so, dass die Vorteile hier viel offener und für jederman sehr leicht zu fassen sind, während die Nachteile doch etwas tiefer liegen. Prinzipiell finde ich es aber gut, dass in der Öffentlichkeit solche Themen diskutiert werden, wie zum Beispiel auch die Frage, ob der genetische Fingerabdruck von Ersttätern in eine zentrale Datenbank aufgenommen werden soll.
Eine letzte Frage habe ich noch: zählt in den USA nicht auch schon der 18-jährige als Straftäter, der mit einer 15-jährigen (in beiderlei Einverständnis versteht sich) verkehrt? Muss der junge Mann dann sein Leben lang dafür büßen...ich meine...büßen...für faktisch nichts?! Also, da gibt es in jedem Fall noch einigen Diskussionsbedarf und die Initiatoren dieses Projekts sollten nicht denken, dass sich dieses Verfahren mal eben auf alle möglichen Delikte und Straftaten übertragen lässt.
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