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Wird der StuRa/AStA zum Spitzel? über die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz
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 13 Aug 2005, 14:58
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h0uSe NoT HoUsE         
Punkte: 3751
seit: 03.12.2003
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Seit dem 24. Oktober 2002 gilt im Land Brandenburg ein neues Verfassungsschutzgesetz, welches öffentliche Einrichtungen dazu verpflichtet die Verfassungsschutzorgane über extremistische Bestrebungen in Kenntnis zu setzen. Den AStA der Universität Potsdam erreichte vor wenigen Tagen folgendes Schreiben des Dezernates für Personal- und Rechtsangelegenheiten der Universität Potsdam: Zitat "Übermittlung von Informationen über gewaltgeneigte extremistische Bestrebungen an das Dezernat 3 zwecks Weiterleitung an die Verfassungsschutzbehörde aufgrund des § 14 Abs. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG)
Die Terrorismusgefahr wächst und die gewaltgeneigten rechtsextremistischen Bestrebungen nehmen zu. Wie die Terroranschläge in der Vergangenheit gezeigt haben, ist die Bundesrepublik Deutschland für terroristische Gruppierungen ein sog. „Ruheland“, das zur Vorbereitung der Anschläge genutzt wurde.
Der Gesetzgeber hat zur Bekämpfung des Extremismus § 14 BbgVerfSchG geändert, wonach nunmehr auch die Universitäten verpflichtet sind, von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen gewaltgeneigten extremistischen Bestrebungen zu unterrichten.
Falls Ihnen Informationen über gewaltgeneigte extremistische Bestrebungen bekannt werden, ist das Dezernat 3 mündlich oder schriftlich zu unterrichten.
Die Unterrichtung sollte mindestens folgende Angaben enthalten:
- Angaben über die bekannt gewordene gewaltgeneigte extremistische Bestrebung (bekannt gewordene Tatsachen mit möglichem extremistischem Hintergrund sowie weitere Informationen, z.B. Angaben über Ort und Zeitpunkt von Aktivitäten)
- bekannt gewordene personenbezogene Daten (Name(n), ggf. Wohnanschrift(en))
- für evtl. Rückfragen zum übermittelten Sachverhalt bitte auch den Unterrichtenden (Name und Telefonnummer) mitteilen.
Ich bitte zu beachten, die schriftliche Übermittlung von personenbezogenen Daten im Hause in einem verschlossenen Umschlag vorzunehmen." Reaktionen des AStA hierzu findet Ihr auf der Homepage http://www.asta.uni-potsdam.de]AStA Uni Potsdam[/URL] Verfassungsschutzgesetz in genauem Wortlaut: Zitat § 14 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde
(1) Die Behörden, Betriebe und Einrichtungen des Landes sowie die der Aufsicht des Landes Brandenburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind.
(2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist.
(3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen sind festzuhalten.
(4) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in § 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dabei übermittelten Kenntnisse und Unterlagen finden § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 und § 4 Abs. 2 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sind, ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 bestehen. Sie dürfen nur zur Erforschung dieser Bestrebungen oder Tätigkeiten genutzt werden. http://www.mdje.brandenburg.de/Landesrecht...e/K12/12-01.htm ] Was haltet ihr davon? Wird hier versucht politisch tätigen Studenten in die Karten zu schauen und ist das vollkommen legitim? Der Vergleich mit Praktiken der ehemaligen DDR oder der Gestapo im 3. Reich sind meines Erachtens garnicht so weit hergeholt. Ist dies etwa ein weiterer Schritt Deutschland in einen Überwachungsstaat zu verwandeln? Szenarien aus "1984" und "Equilibrium" werden da in mir wach. Und wie lange wird es dauern bis der StuRa in Dresden solch einen Brief erhält? Sind Studenten die für freie Bildung kämpfen extremistisch? Zur Info: Gemeint sind hier alle als "extremistisch" gekennzeichnete Gruppierungen. Darunter würden fallen: Antifa-Hochschulgruppen, Burschenschaften (auch nichtschlagende), Muslimengruppen und dergleichen mehr... €dit: ganz vergessen: das ganze hab ich bei indymedia gelesen
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Antworten(1 - 9)
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 14 Aug 2005, 11:54
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der christian       
Punkte: 1119
seit: 01.10.2003
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Zitat(nappunk @ 13 Aug 2005, 14:58) Zur Info: Gemeint sind hier alle als "extremistisch" gekennzeichnete Gruppierungen. Darunter würden fallen: Antifa-Hochschulgruppen, Burschenschaften (auch nichtschlagende), Muslimengruppen und dergleichen mehr...
Wo steht, dass diese "Gruppierungen" gemeint sind? Weder in dem Gesetz noch in dem Zitat von Dir sind irgendwelche Anhaltspunkte dafür gegeben. Meiner Meinung nach, ist hierbei nur eine (erneute) Redundanz in der Gesetzgebung geschaffen worden, denn Planen von Anschlägen war (meiner Meinung nach) schon zuvor anzeigepflichtig, zumindest, wenn die kenntnistragende Stelle eine öffentliche war/ist. Weiterhin geht es in Deinem Zitat ausschließlich um "gewaltgeneigte" Bestrebungen, also eben keinesfalls "normale studentische Aktivitäten". Also, alles in Allem: Viel Lärm um nichts (Neues)...Lediglich die sehr enge Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei gibt mir zu denken - aber das ist ja sogar auf Bundesebene schon mehrfach diskutiert worden. Zitat(nappunk @ 13 Aug 2005, 14:58) Sind Studenten die für freie Bildung kämpfen extremistisch? Wenn sie diesen Kampf mit Gewalt austragen wollen: Ja, sonst: Nein.
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 14 Aug 2005, 12:33
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5. Schein      
Punkte: 766
seit: 05.08.2004
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Zitat Übermittlung von Informationen über gewaltgeneigte extremistische Bestrebungen .. kommt mir auch bissl vor wie Bespitzelung, denn: wer entscheidet darüber, ob jemand gewalt geneigt und extremistisch ist? Derjenige, der jemanden aus dem Weg haben möchte? Wer kontrolliert die Kontrolleure? Hier ist eine Tür geöffnet, Menschen zu überwachen mit der Begründung deren Gedankengut prüfen zu wollen. Dieses Mittel könnte freilich missbraucht werden - etwa durch falsche Anschuldigungen. Btw: Ich melde aktuelle Informationen über gewaltgeneigte extremistische Bestrebungen: "Wenn sich eine diplomatische Lösung nicht finden lasse, sagte Bush in einem TV-Interview, sei auch die Anwendung von Gewalt möglich." q Wir sehen: WAS extremistische Gedanken sind, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten und darüber entscheiden die Mächtigen. Sind es Deine? Oder meine? Oder Deine dort?
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 14 Aug 2005, 12:54
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6. Schein       
Punkte: 1339
seit: 27.01.2005
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Zitat Angaben über die bekannt gewordene gewaltgeneigte extremistische Bestrebung (bekannt gewordene Tatsachen mit möglichem extremistischem Hintergrund sowie weitere Informationen, z.B. Angaben über Ort und Zeitpunkt von Aktivitäten) ich würde mal interpretieren, dass dort steht man solle melden, wenn die bestrebungen unter gewalteinwirkungen stattgefunden hat... alles eine frage der interpretation. und wenn eine gruppierung (welche auch immer) der meinung ist, sie muss ihre bestrebungen mit gewalt durchsetzen, dann bin ich auch dafür dass die angezeigt werden. ja, da steht gewalt geneigt, aber wie du schon richtig sagtest: wer entscheidet darüber. da man sowas nicht ohne anhaltspunkt entscheiden kann, würde ich sagen, es geht um welche, die schon gewalt angewendet haben. ´ außerdem schätze ich mal die studentischen vertreter nicht so ein, dass sie da irgendwelche gruppen melden, nur weil sie ein problem mit denen haben. gehen wir doch einfach mal davon aus, dass sie nichts tun würden, was wir nicht auch tun würden (wir reden ja hier nicht von "unseren" politikern...)? wie wäre das? wie schon ck sagte: viel lärm um nichts... sollten sie dann doch mist bauen, gibt es immernoch genug, die aufstehen und was dagegen tun können... und würden! Dieser Beitrag wurde von Mimi: 14 Aug 2005, 12:55 bearbeitet
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„Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt!“ -B. Pascal-
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 14 Aug 2005, 13:17
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alleingelassen.         
Punkte: 9598
seit: 22.10.2004
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Auf das Schlagwort "Viel Lärm um nichts" würde ich mal antworten: "Wehret den Anfängen!" Die Stellungnahme des AStA macht auch deutlich klar, worum es eigentlich geht: Zitat Wir, Mitglieder des AStA sind Studierende, und keine Agenten des Verfassungsschutzes. Wir wehren uns gegen derartige Angriffe gegen per Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit an der Uni Potsdam, und halten die Weitergabe von personenbezogenen Daten für grundrechtswidrig und gefährlich. @Theo zur Frage " Quis custodit custodes?" Schlichtweg: Keiner. Ich kann es nur für die technischen Regelungen sagen, - dort wurde dererlei schlicht weggelassen. Im Gegenteil: Es werden sogar Massnahmen getroffen, die eine Rückverfolgung der Ausspähung unmöglich machen (RegTP fungiert selbst als Black Box für Zugriffe durch Behörden auf Carnivores). Aber letztlich hängt es an den Leuten, die im StuRa mitwirken, denn in der Aufforderung der Uni heisst ja "Falls Ihnen Informationen [...] bekannt werden .." Nun gut, was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss. Und wenn ich doch mal was wissen sollte, dann kann ich ebenso gut gaaanz schnell vergessen #abd Dieser Beitrag wurde von abadd0n: 14 Aug 2005, 13:18 bearbeitet
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..:: Wir sind gekommen Dunkelheit zu vertreiben, in unseren Händen Licht und Feuer ::..
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 14 Aug 2005, 22:06
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old 's cool!         
Punkte: 9493
seit: 12.07.2003
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Zitat(Mimi @ 14 Aug 2005, 12:54) sollten sie dann doch mist bauen, gibt es immernoch genug, die aufstehen und was dagegen tun können... und würden!  ich denke du hast die sache falsch verstanden. es geht hier nicht darum, jemanden dafür zu bestrafen oder zu beobachten nachdem "bomben explodiert" sind, denn das wäre danach ohnehin offensichtlich, sondern um eine präventive maßnahme zum festigen der inneren sicherheit oder wahlweise dem ausbau der eigenen macht und position - kann man sicherlich aus den verschiedensten blickwinkeln sehen.. ich sehe dabei nur das problem der differenzierung - woran legt man denn fest wer potentiell wirklich gefährlich ist und wer nur einfach nervt bzw. ein dorn im auge darstellt?
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Kleine Aster Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt. * Irgendeiner hatte ihm eine * dunkelhellila Aster * zwischen die Zähne geklemmt. * Als ich von der Brust aus * unter der Haut * mit einem langen Messer * Zunge und Gaumen herausschnitt, * muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt * in das nebenliegende Gehirn. * Ich packte sie ihm in die Brusthöhle * zwischen die Holzwolle, * als man zunähte. * Trinke dich satt in deiner Vase! * Ruhe sanft, * kleine Aster! -Gottfried Benn (1912)-
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