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post 20 Sep 2005, 13:08
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Ich weiß, dass vielen der Text zu lang sein wird aber darauf will ich keine Rpcksicht nehmen da er im ganzen sehr interessant ist. Wer damit nichts anfangen kann möge das Thema überlesen ...

Drogen für die Medizin

Zahlreiche chemische Stoffe können die Funktion unseres Gehirns beeinflussen - die allgemeine Bezeichnug dafür ist Psychoaktivität. Es gibt die unterschiedlichsten Wirkstoffklassen: Stimulanzien, Anästhetika, Sedativa, Narkotika, Antidepressiva und auch Psychedelika. All diese Substanzen wirken direkt auf das psychoneurologische System. Medizinisch nützliche psychoaktive Wirkstoffe werden zumeist im Tierversuch entdeckt -- über Verhaltensveränderungen bei den Versuchstieren. Anschließend sind komplizierte Forschungsverfahren notwendig, in denen dann mit synthetischen Proben experimentiert wird.

Ich selbst habe in den letzten vier Jahrzehnten psychoaktive Medikamente auf der anderen Seite des Spektrums untersucht: Diejenigen, die den Geist beeinflussen können. Diese Substanzen werden zumeist am Menschen getestet, weil es nicht anders geht. Ratten mögen zwar ein Gehirn haben, das wir entnehmen und in Scheiben schneiden können, um zu sehen, wo unsere Experimentalwirkstoffe geblieben sind. Ob Ratten aber ein Bewusstsein in unserem Sinne haben, daran zweifeln die meisten Leute.

Ich möchte an diese Stelle ausdrücklich betonen, dass diese Substanzen nicht nur zum gelegentlichen Freizeitkonsum gedacht sind (obwohl sie natürlich die ganze Zeit so verwendet werden), sondern auch medizinischen Zwecken dienen können. In letzter Zeit gelang es mehreren Forschergruppen, Genehmigungen für klinische Studien mit Psychedelika zu erhalten -- die zu überwindenden bürokratischen Hürden waren enorm. Eine bereits abgeschlossene Studie von Francisco Morena an der University of Arizona verwendete Psilocybin, bekannt aus den so genannten "Zauberpilzen", um Patienten mit Zwangsstörungen zu helfen. Zwei andere Psychedelika-Studien laufen derzeit: Die eine am Harbor UCLA Medical Center in Kalifornien, bei der Psilocybin zur Behandlung von Angstmustern bei Patienten mit fortgeschrittenen Krebsleiden eingesetzt wird, die andere in South Carolina, wo man posttraumatischen Stress mit MDMA -- auch bekannt als die Droge Ecstasy -- behandeln will. MDMA soll auch in weiteren Untersuchungen zum Einsatz kommen -- etwa am McLean Hospital der Harvard University, wo der Wirkstoff ebenfalls als Angsthemmer bei Krebspatienten erprobt werden soll.

ch selbst nenne diese psychoaktiven Wirkstoffe Psychedelika, aber es gibt noch zahlreiche andere Begriffe. Anfangs nannte man die Stoffe auch "Psychotomimetika", was wortwörtlich bedeutet, dass sich damit psychotische Zustände nachahmen lassen. Später setzte sich der Begriff des "Halluzinogens" durch, der ihre Wirkung schon besser beschreibt, aber immer noch nicht sehr akkurat ist. Psychedelika können visuelle Phänomene auslösen (Farben und Formen verändern sich, man interpretiert Wahrnehmungen anders, etc.), aber diese lassen sich später wieder aus dem Gedächtnis hervorrufen. Bei echten Halluzinationen kommt es hingegen oft zu einer Amnesie. Andere Begriffe für Psychedelika sind "Entaktogen" ("etwas, das einen im Inneren berührt"), "Empathogen" ("etwas, das Empathie hervorruft") oder gar "Entheogen" ("etwas, das den Menschen Gott in den Dingen erkennen lässt"). Ich selbst ziehe das Wort Psychedelika all diesen Beschreibungen vor. Der Begriff gefällt zwar nicht jedem, aber wenigstens weiß man dann direkt, was ich meine.

Der erste psychedelische Stoff, den ich selbst zu mir nahm (vor gut 45 Jahren!), war Meskalin -- jenes bekannte Peyote-Kaktus-Alkaloid. Die Meskalin-Einnahme war aus mehreren Gründen ein faszinierendes Erlebnis. Ich konnte es nicht glauben, dass dieses weiße, kristalline Pulver vergessene Erinnerungen aus meiner Kindheit hervorholen konnte und derart fantastische Farbdarstellungen in meinem Kopf möglich machte. Mir wurde allerdings schnell bewusst, dass diese paar Milligramm Dinge aus meinem Geist hervorlockten, die längst vorhanden waren. Der Stoff gab mir aber Zugriff darauf. Als Chemiker war es mir anschließend ein leichtes, chemische Wirkstoffe zu synthetisieren, die winzige strukturelle Unterschiede im Vergleich zum Originalwirkstoff besaßen. Eine etwas längere Kohlenstoffkette hier, ein Schwefelbaustein statt einem Sauerstoffmolekül dort -- schon wurde die Dosis zu einem aktiven Wirkstoff.

Einige Beispiele: Wenn ich eine der Methoxylgruppen des Meskalins an eine benachbarte Position bewegte und eine andere Methoxylgruppe mit einer Ethylgruppe ersetzte, ergab sich ein schöner, fester weißer Stoff namens 2C-E. Er wurde bereits bei einer Dosis von 20 Milligramm aktiv, die ich dann oral einnehmen konnte. Die optische Wirkung erinnerte mich an LSD, aber das 2C-E hatte noch einen ganz anderen, merkwürdigen Effekt, den ich noch nie erlebt hatte: Wenn ich mir während eines dieser psychedelischen Trips innerlich eine wichtige, private Frage stellte und diese ein Gebiet berührte, das mir unangenehm war, konnte ich die Frage nicht mehr vergessen. Das 2C-E ließ es nicht zu: Ich musste auf jede einzelne Frage in meinem Kopf eine Antwort finden, bevor es weitergehen konnte.

Eine andere Familie von Psychedelika sind die so genannten Tryptamine. Das Dipropyltryptamin (DPT) wurde erstmals 1962 von Steven Szara synthetisiert. Wenn die Dreier-Kohlenstoffpropyl-Gruppe über den mittleren Kohlenstoff an das Stickstoff-Atom gebunden wird, anstatt den hinteren Kohlenstoff zu verwenden, ergeben sich ganz neue Eigenschaften: Eine Isopropylgruppe entsteht. Ich setzte den Wirkstoff also auf diese Art zusammen und nannte ihn DIPT. Mit ihm war es möglich, Töne tiefer und verzerrter zu wahrzunehmen.

Eine weitere minimale Modifikation eines Tryptamins hat mit dem bekannten Neurotransmitter Serotonin zu tun. Obwohl der Wirkstoff eine wichtige Rolle bei der Kommunikation zwischen den Nervenzellen spielt, kann er das Gehirn vom Körper aus nicht erreichen. Die Blut-Hirn-Schranke blockiert den Übergang vieler Moleküle vom Blut ins Gehirn. Bestimmte Aminosäuren und Zuckerarten können die Schranke aber überwinden, weil sie bestimmte Transportmechanismen verwenden. Die Vorläuferaminosäure von Serotonin ist ein solcher Stoff. Hat sie das Gehirn einmal erreicht, kann daraus reguläres Serotonin produziert werden.

Ich habe also das Serotonin leicht verändert. An der rechten Seite des Moleküls sitzt eine primäre Aminogruppe. Geht sie durch Oxidation verloren, wird das Molekül schnell zu einer sehr polaren Carboxyl- Gruppe umgesetzt. Ich ergänzte eine Alphametylgruppe, um die Desaminierung zu verhindern. Zur Linken des Moleküls ist eine polare Phenolhydroxitgruppe angeordnet. Diese wandelte ich zu einem Methylether um, der die Polarität neutralisierte. Den zusammengesetzten Wirkstoff nannte ich Alpha-O-Dimethyl-Serotonin oder auch O-DMS (andere nannten ihn auch 5-MeO-AMT). Überraschung: Die Substanz war bei oraler Einnahme bereits im geringen Milligramm- Bereich aktiv. In meiner Forschungsgruppe nahm jede Person zwischen 2,5 und 4,5 Milligramm. Die Trips dauerten jeweils mehr als 12 Stunden. Fast jede Versuchsperson hatte Albträume, wenn sie denn überhaupt schlafen konnte.

Ich habe keine Ahnung, warum diese erstaunlichen Substanzen bewirken, was sie bewirken. Der menschliche Geist ist ein mysteriöser und komplexer Gegenstand. Es gab nie verlässliche Wege, in ihn vorzudringen, ihn auseinander zu nehmen oder konkret zu sehen, wie er arbeitet. Meine Hoffnung bleibt, dass Psychedelika-Präparate dabei helfen werden, diesen Geist zu erkunden. Vielleicht sind sie bereits heute die geeigneten Werkzeuge hierzu. Stellen Sie sich einen Mann vor, der als geisteskrank gilt, weil er jedem erzählt, die Stimme Gottes in seinem Kopf zu hören. Vielleicht könnte man eine Positronenquelle an eine Chemikalie binden, die das Hörvermögen im Gehirn verändert. Wird sie dann einer gesunden Person verabreicht wird, könnte man diese dann mittels Positronen-Emissions-Tomografie untersuchen, um herauszufinden, wo die Substanz im Gehirn wirkt. Vielleicht wäre dies dann genau der Ort, an dem der Arzt nach einem Tumor im Gehirn desjenigen suchen müsste, der die Stimme Gottes in seinem Kopf hört.

Der Kampf gegen Drogen verhindert derzeit, dass die Forschung auf diesem faszinierenden Gebiet weitergeht. Psychedelika werden immer noch als grundsätzlich schlecht und gefährlich eingestuft -- sie gehören in die so genannte Kategorie 1 der US-Drogen-Registratur, der kein medizinischer Wert zugesprochen wird. Entdeckungen auf diesem Gebiet werden nicht in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert und offen in Fachkreisen diskutiert, weil Forscher fürchten, dass die US-Drogenbehörde die Wirkstoffe verbieten könnte. Vielleicht ist die aktuelle Forschungsreihe hier ja ein Lichtblick.

Alexander "Sasha" T. Shulgin ist Pharmakologe und Biochemiker, der den Ecstasy-Wirkstoff MDMA in den Siebzigerjahren bekannt machte. Er synthetisierte Hunderte von Wirkstoffe mit psychedelischer Wirkung, darunter die so genannte 2C-Wirkstofffamilie, von der die wenigsten heutzutage illegal sind.

Von Alexander T. Shulgin, Übersetzung: Ben Schwan.
Quelle: http://www.heise.de/tr/aktuell/meldung/63760/0
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post 20 Sep 2005, 13:46
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ich hab den Text nich gelesen.. aber ich weiß einiges drüber.. zb das ich meinem kind..egal wie hyperaktiv es ist.. niemals ritalin geben würde.
bei psychischen erkrankungen is für die meisten ärzte die pillenlösung die einfachste. wie krass die dinger abhängig machen können, hab ich an meinem Papa gesehen. der hatte angstzustände.. und zack..pillchen verschrieben.. nach 14tagen täglicher einnahme (ja was denn sonst?!..der körper muss sich ja erst ma drauf einstellen^^) extreme abhängigkeitsgefahr. ein glück hat mein papa nur eine einzige geschluckt.. und dann dank gesundem menschenverstand wieder damit aufgehört..
meine mama durfte auch ma was schlucken, war aber homöopathisch.. und von daher scheiß teuer..weil die kasse das nicht zahlt.. danke gesundheitssystem..

und nach kurzem überfliegen des textes.. ich weiß nicht was ich von drogen in der medizin halten soll..wenn mir an jeder ecke erklärt wird wie abhängig das alles macht..
das sie gewisse positive einflüsse haben, is nicht mehr abzustreiten.. aber am bsp ritalin - was nichts anderes als speed is - kenn ich genügend negativbeispiele..die in der kindheit damit ruhig gestellt worden sind.. dann irgendwann festgestellt haben, dass das zeug durch die nase ja viel besser wirkt.. und dann irgendwann beim koks gelandet sind.. und in der entziehungsklink yeahrite.gif

Dieser Beitrag wurde von simpson: 20 Sep 2005, 13:49 bearbeitet


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[22:17] cantrella: ich bin der männergarten

bunglefever was here!

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Chino   Drogen für die Medizin   20 Sep 2005, 13:08
deoPhilus   wie jetz? biste dir sicher, dass du da keen rotz ...   20 Sep 2005, 15:04
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