Das Kuriose Koenigreich der KorallenWuerde man die Frage nach dem groessten Lebewesen der Erde stellen, man wuerde mit hoher Wahrscheinlichkeit Antworten wie Giraffe, Blauwal und auch Dinosaurier erhalten. Doch all diese Tiere sind entweder bereits ausgestorben oder unbedeutend klein im Vergleich zum tatsaechlich groessten existierenden Organismus unseres Planeten. Dieses riesige Gebilde ist sowohl Spielwiese des Annemonen-Clownfisches Nemo wie auch Schauplatz des Schreckens fuer zwei vergessene Taucher. Die richtige Antwort auf die Frage wuerde lauten: Das Great Barrier Reef ist das groesste Lebewesen der Erde.

Man koennte sagen dass dieses Wissen zur Allgemeinbildung gehoert. Koennte man. Aber weiss man, dass Korallen laichen und dass das Riff eine natuerliche Entbindungsstation fuer Buckelwale darstellt? Weiss man auch, dass manche Riffbewohner durch ihren Anus atmen, und Fische transsexuelle Neigungen haben?
Zahlen und Fakten: Das Grosse Barriere Riff erstreckt sich ueber 345.000 Quadratkilometer und ist ueber 10.000 Jahre alt. Damit ist es nicht nur ungefaehr 1.050mal groesser sondern auch 9.200 Jahre aelter als Dresden. Man koennte sogar sagen es ist so gross wie ganz Deutschland, nur nicht so dick, sondern langgezogen wie Japan – und misst deshalb ueber 2.000 km von Nord nach Sued. Australier nennen es das achte Weltwunder, dabei ist es eigentlich die natuerlichste Sache der Welt: ein Biotop, in dem jeder einzelne der Abermilliarden Organismen zum Erhalt des Ganzen beitraegt und optimal an seine Umwelt angepasst ist.
Das Riff ist produktiv. Im Fruehling, wenn die benoetigte Tageslaenge, Mondphase und Wassertemperatur erreicht ist, geben Korallen Eizellen und Samen in die Meeresstroemung ab und sichern somit ihre Fortpflanzung. Und die Versorgung ihrer natuerlichen Fressfeinde. Hat der Sproessling dieses erste Abenteuer ueberlebt, nagt alsbald der farbenfrohe Papageienfisch mit seinen messerscharfen Schneidezaehnen am Korallengestein und produziert so feinen Sand, der an die Kueste gespuelt wird. Der touristische Strandliebhaber postiert sich also auf einem Haufen Fischexkrement.

Buckelwale, besser bekannt unter dem Namen Megaptera Novaeangliae, wissen die warmen Temperaturen der Korallengewaeser sehr zu schaetzen und finden sich alljaehrlich zum Gebaehren am Riff ein. Die frisch ‚geschluepften’ Buckelwalbabies muessen allerdings fuenf Jahre warten, um es ihren Eltern gleichzutun, haben dann aber stattliche 70 Jahre vor sich. Da bleibt viel Zeit fuer sexuelle Verwirklichung.
Das Riff hat viele merkwuerdige Bewohner. Einer davon ist die Seegurke. Sie sieht aus wie eine Gurke, benimmt sich jedoch ganz anders. Naemlich komisch. Eine Seegurke atmet durch ihren Anus, um Fressfeinde zu verwirren. Wenn sie in Panik geraet oder an Verstopfung leidet, stuelpt sie ihr Inneres nach Aussen und stoesst Fortpflanzungs- und Atmungsorgane ab. Aber eine Seegurke ist nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, was am guten tropischen Seegras liegen mag.

Riffbewohner wie der Harlekin-Suesslippenfisch haben nicht nur einen beneidenswerten Schmollmund, sie besitzen auch die Faehigkeit, je nach Belieben ihr Geschlecht zu wechseln. Meistens jedoch wird ein weiblicher zu einem maennlichen Fisch, sei es aus Mangel- oder auch aus Verlustgruenden. Ein dramatischer Farbwechsel geht mit der Geschlechtsumwandlung einher.

Spaetestens an dieser Stelle muss man einsehen, dass die Unterwasserwelt der menschlichen weit ueberlegen zu sein scheint. Und wenn nicht eben dieser Mensch ab und zu in das reibungslose Naturgeschehen eingreifen wuerde; das Great Barrier Riff haette bestimmt schon lange die Weltherrschaft an sich gerissen. So ist es nur eine atemberaubende und skurile Welt fuer sich.
Dieser Beitrag wurde von the cat empire: 14 Nov 2005, 02:15 bearbeitet