eXma » Diskutieren » Kunst und Kultur
Startseite - Veranstaltungen - Mitglieder - Suche
Vollständige Version anzeigen: eXma schreibt Kurzgeschichten
Seiten: 1, 2
zorronte
... bis zum nächsten Mal ...
holofernes
supertoll das alles hier... macht spaß zu lesen

@catempire: gibt es dieses buch über australien wirklich? hört sich sehr lustig an und hilft vlt kurz gegen mein eigenes fernweh
the cat empire
Yupp: Egon Erwin Kisch Landung in Australien
zorronte

Dreimal wo

So schnell wie auch die Zeit vergeht
ob korsch man auch am Zeiger zerrt
der Wind von gestern nur im Traume weht

im Schlafe oftmals auch im Morgen steht
nicht selten sich aufs Nächste freut
ist's nur eine Richtung, die doch die Zeit begeht

drum träum' nach vorne und nach hinten
verguck Dich in die Gegenwart
denn auch Musik trägt nicht nur hübsche Quinten

sQeedy
sehr schön yes.gif
Lejanni
Aus dem Tagebuch eines neuen Taugenichts

„Scheisse, ist das heiß!“ denke ich mir, nehme mein Cap ab und wische mir wahrscheinlich zum hundertsten Mal über die Stirn. Okay, ich meine, is‘ klar, wir haben ja Mitte Juni, da ist das so, da muss das so sein, soll das so sein. Vor allem nach so einem beschissen kalten und verregneten Mai.
Ich sitze in einem kleinen Eiscafè direkt an der Hauptstraße und rauche meine letzte Zigarette. Bis eben war noch meine Mum neben mir gesessen. Ich war mal wieder in der Gegend und da hatten wir uns auf ein Eis getroffen. Ausserdem bin ich mal wieder pleite und von meiner Mum kann ich immer etwas schnorren. Sie war zwar leicht entsetzt, dass ich mir zu meinem Schokoeis ein Bier bestellte, aber ich war gerade erst aufgestanden, da brauchte ich eins.
Ich hocke also so alleine da, als gegenüber ein neuer schwarzer Golf parkt. Eine Frau steigt aus, ich schätze sie so auf Anfang 30. Sie hat eine dunkle Sonnenbrille auf, ihre blonden Haare sind nach hinten zusammengebunden. Ich finde, sie hat eine gute Figur und als sie über die Straße kommt, sehe ich auch ihr Gesicht besser und auch das gefällt mir.
Ich lächle in ihre Richtung, sie sieht es und lächelt zurück. Ich beobachte wie sie zur Eistheke geht und sich vier Kugeln geben lässt. Sie bezahlt und leckt sofort daran. Irgendwie macht mich das an. Sie schaut wieder in meine Richtung und ich bilde mir ein, sie lächelt wieder. Ich nicke ihr freundlich zu und da kommt sie und setzt sich einfach an meinen Tisch. Ich bin etwas baff, grinse nur etwas doof, doch sie sagt freundlich „hallo“ und ich sage freundlich „hallo“ zurück.
Erstmal sagt sie weiter gar nichts, schaut mich nur an und leckt weiter an ihrem Eis. Ganz klar, sie erregt mich. Ich nehme einen starken Zug von meiner Kippe.
Nur um irgendwas zu sagen, frage ich: „Na schmeckt’s?“ und komme mir sofort dumm vor.
„Ja, sehr gut. Ich liebe Zitroneneis“, antwortet sie und lächelt wieder.
„Cool...ich bin übrigens Sven.“
„Claudia.“
Mehr sagt sie nicht. Sie leckt wieder an ihrem Eis und ich bekomme eine Steifen. „Oh man, wie peinlich!“ denke ich mir und werde bestimmt knallrot im Gesicht. Während ich noch hoffe, dass sie nichts merkt, sagt sie:
„Hast du noch was vor heute?“
„Öhm, nein. Warum?“
„Mir isses zu heiss hier, wollen wir baden gehen?“
Überrumpelt wie ich bin, sage ich nur:
„Klar. Wohin?“
„Ich kenn‘ da einen See.“
Also fahren wir.
Nach 15 Minuten Fahrt parkt sie den neuen Golf auf einem Feldweg. Wir steigen aus und kommt zu mir her. Wortlos nimmt sie meine Hand und führt mich auf einem kleinen Trampelpfad durchs Geäst. Nach gefühlten zwei Minuten öffnet sich vor uns ein kleiner See. Ich bin kein großer Naturbursche, ich meine damit, ich hab keinen Sinn für diese ganze Ästhetik und Romantik. Aber hier gefällt‘s mir, es ist still und auch das Wasser hat ein beruhigende Wirkung auf mich. Ganz im Gegenteil dazu Claudia, die alles andere als beruhigend auf mich wirkt. Wir bleiben auf dem kleinen Holzsteg stehen und sie sieht mich mit diesem Blick an, den nur Frauen drauf haben. So einen, bei dem man nie weiss, was als nächstes kommt. In meiner Unbeholfenheit sage ich: „Ich hab keine Badesachen mit“, doch sie meint daraufhin nur „Macht nichts, ich auch nicht“, und beginnt auch sofort sich auszuziehen. Um nicht wie ein Idiot dazustehen folge ich ihrem Beispiel. Während ich noch dabei bin aus meiner Hose zu steigen höre ich auf einmal ein PLATSCH! Schnell streife ich noch die Shorts ab und mit einem Satz tauche ich ins kühle Nass ein.
Wieder an der Oberfläche suche ich natürlich nach Claudia, doch ich kann sie nirgends entdecken. Einen Moment lang denke ich, sie will mich verarschen und braust bestimmt gleich mit ihrem Golf davon. Aber auf dem Steg liegen immer noch ihre Sachen. Ich drehe mich nochmal im Wasser im Kreis als Claudia plötzlich unmittelbar vor mir auftaucht. Erst bekomme ich einen Schreck und dann eine Latte als sie ihre Hände auf meine Schultern legt. Sie schwimmt immer näher an mich heran, doch als ihr Gesicht dicht vor meinem ist drückt sie mich unter Wasser. Ich kapiere erst mal gar nichts und kann in dem eher trüben Wasser auch nicht wirklich was sehen. Doch dann ist sie auf einmal wieder direkt vor mir und drückt mir unter Wasser einen Kuss auf. Ich ziehe sie an mich ran und unsere Körper schmiegen sich aneinander. Noch immer ineinander verschlungen tauchen wir wieder auf. Doch wir unterbrechen unser Liebespiel nur kurz um Luft zu holen. Claudia schlingt ihre Schenkel um meine Hüfte und ich krieg ihn bei ihr rein. Gleichzeitig schwimmend und stoßend verfalle ich in einen Rausch, dass mir ganz schwindlig wird. Und ihre Lippen! Noch nie hab ich vorher solche Lippen geküsst! Sie gibt leise Stöhnlaute von sich und auch ich merke wie ich langsam aber sicher zum Höhepunkt komme. Als es mir schließlich in ihr kommt ist ihr Jauchzen fast nur ein Hauchen.
Sie hält sich immernoch an mir fest und so schwimme ich uns beide langsam zum Steg zurück, wobei sie ihren Kopf auf meiner Schulter hat. Wir legen uns Schulter an Schulter platt auf den Rücken und lassen uns von der Sonne trocknen.
Nach einer Weile drehe ich mich zu ihr auf die Seite und streiche sanft mit meinem Zeigefinger über ihren Körper. Ich kann nicht eine einzige Falte sehn. Als unsere Blicke sich treffen sagen wir fast gleichzeitig: Bukowski!



cantrella
ich muss spontan an vox denken ehrlich gesagt blink.gif
onkelroman
eins versteh ich nicht.

wieso bukowski?
Lejanni
an vox? wieso an vox?

wieso nicht bukowski? ist übrigens eine anspielung an den werther
Zappelfry
Zitat(Lejanni @ 27 Nov 2006, 16:32)
... und ich krieg ihn bei ihr rein.
*


Da war es bei mir vorbei ;D. Kann mir wer den Bukowski erklären?

Edit: Vox, weil die Handlung von nem Samstagabendsoftporno meist genauso übersichtlich/durchschaubar ist.
sQeedy
ganz nette geschichte (vermutlich wunschdenken) - mehr aber auch nicht.
myrmikonos
Zitat(Lejanni @ 19 Jun 2006, 22:50)
nun also es ist schon so dass der text bukowski geprägt ist. ich lese gerade sein buch "das liebesleben der hyäne".
also zumindest in diesem buch sind seine dialoge nicht wirklich "auf höchsten niveau", kann dir gern auch ein paar beispiele geben...

also ich versuche nicht verbissen wie bukowski zu schreiben. ich hab nur versucht eine erinnerung, ein erlebnis zu beschreiben und dabei nichts irgendwie zu verschönern, zu stilisieren, durch irgendwelche vergleiche, metaphern oder sonst was zu umschmücken. ich wollte einfach nur das schreiben.
*

die_dan
Also ich muss mir da leider einen vorstellen, der sich nicht gewaschen hat und nach Bier und Rauch riecht. Aber gut, kommt ja Wasser vor. Ansonsten find ich die Sprache nich so wirklich schön, find ich gar nicht ästhetisch. UND: Ich frage mich, wie man "schwimmen und stoßen" gleichzeitig kann. Hat das ma jemand ausprobiert? Ich habe die Vermutung, dass man da nur schwer ums Ersaufen drumrum kommt. Erfahrungsberichte? lol.gif
Chris
Nun es ist in der Tat nicht das größte Erlebnis, aber es geht. Überhaupt geht alles im Wasser etwas gemächlicher, trotzdem ist es gut, sich irgendwo festhalten zu können, bzw. auf dem Boden zu stehen.
Man könnte zu dem Thema auch gerne die netten Damen und Herren mehr oder weniger Engel befragen, die zur Zeit mit ihren Schokobanane-Köstlichkeiten die Mensen unsicher machen. Die haben da bestimmt eine extravagante Meinung dazu, in etwa so: "Doch es gibt leider noch viele, die nicht aufgeklärt sind".
yocheckit
Zitat(die_dan @ 28 Nov 2006, 11:17)
Also ich muss mir da leider einen vorstellen, der sich nicht gewaschen hat und nach Bier und Rauch riecht. Aber gut, kommt ja Wasser vor.
*
genau das hat an der geschichte gefehlt, um einen echten Bukowski draus zu machen..

und warum war die mum gesessen? was ist das?
Lejanni
Zitat(die_dan @ 28 Nov 2006, 11:17)
Also ich muss mir da leider einen vorstellen, der sich nicht gewaschen hat und nach Bier und Rauch riecht. Aber gut, kommt ja Wasser vor. Ansonsten find ich die Sprache nich so wirklich schön, find ich gar nicht ästhetisch. UND: Ich frage mich, wie man "schwimmen und stoßen" gleichzeitig kann. Hat das ma jemand ausprobiert? Ich habe die Vermutung, dass man da nur schwer ums Ersaufen drumrum kommt. Erfahrungsberichte?  lol.gif
*


die sprache soll auch nicht schön sein. die ästhetik der poesie, pf, so ist es eben nicht immer. diese mystifizierung und stilisierung von liebe und zärtlichkeit und ach und je. manchmal geht es eben nur ums fi**en
wenns euch nicht gefällt, ist das ja okay...aber nur weil es um sex geht ist es nicht gleich porno

@yocheckit: die mutter ist neben ihrem sohn in dem eiscafe gesessen

nunja lassen wir das...

ich weiss nicht ob ich das hier schon mal gepostet hab:


Träume
Als ich jung war, träumte ich davon, einmal etwas Besonderes zu sein.
Ich träumte davon, die Welt zu verändern.
Doch als ich erwachte, merkte ich, dass ich alt war und dass Träume allein, nichts wert sind.
die_dan
Zitat(Lejanni @ 29 Nov 2006, 16:27)
die sprache soll auch nicht schön sein. die ästhetik der poesie, pf, so ist es eben nicht immer.
*

Hm okay, seh ich ein, is das dann der künstlerische Wert, von dem immer alle erzählen? So nach dem Motto "schreib doch so, wie der Assi von Nebenan redet"? Is ja ma was anderes...

Zitat(Lejanni @ 29 Nov 2006, 16:27)
nur weil es um sex geht ist es nicht gleich porno
*

Naja, in Verbindung mit der Sprache: Find ich irgendwie schon.

Bin ich wohl zu sehr Mädchen, um das zu mögen, ich stell mir immer Kuschelsex in rosa Rüschenbettwäsche vor und das muss man dann wohl anders erzählen. wink.gif
SHARK
Zitat
„Ja, sehr gut. Ich liebe Zitroneneis“, antwortet sie und lächelt wieder.
„Cool...ich bin übrigens Sven.“
„Claudia.“
Mehr sagt sie nicht. Sie leckt wieder an ihrem Eis und ich bekomme eine Steifen. „Oh man, wie peinlich!“ denke ich mir und werde bestimmt knallrot im Gesicht. Während ich noch hoffe, dass sie nichts merkt, sagt sie:
„Hast du noch was vor heute?“
„Öhm, nein. Warum?“
„Mir isses zu heiss hier, wollen wir baden gehen?“
Überrumpelt wie ich bin, sage ich nur:
„Klar. Wohin?“
„Ich kenn‘ da einen See.“
Also fahren wir.


Am See frage ich sie:
"Warum liegt denn hier Stroh?"
Sie schaut mich geil an und fragt:
"Warum hast Du denn eine Maske auf?"
Ich gucke sie doof an und sage:
"Weiß nicht, aber blas mir doch einfach einen!"
Lejanni
muaha wie witzig, shark rolleyes.gif

ich hab schon gemerkt, dass es euch nicht gefällt, hat keinen sinn weiter drüber zu reden...


Der erste Frühlingstag

Ich saß dort und konnte die Zeit sehen.
Ich sah die Jungen Fussball spielen.
Ich sah die Mädchen zum Volleyballtraining gehen.
Nichts hatte sich verändert.
Es schien als sei die Zeit stehen geblieben.
Nur wir hatten uns verändert.
Nur wir, waren älter geworden.


der-prophetII
Zitat(yocheckit @ 28 Nov 2006, 21:37)
genau das hat an der geschichte gefehlt, um einen echten Bukowski draus zu machen..
*

Und noch mehr!
Gerade das Ende zeigt nochmal offensichtlich, wie sehr sich versucht wird an Bukowski anzulehnen. Meiner Meinung nach - wenn ich diese Geschichte mit denen Bukowskis vergleichen muss - fehlt hier das Deftige, das Ekelhafte. Es wirkt irgendwie etwas lasch und fad.
"C. Bukowski ist nicht nur ein außerordentlicher Autor, weil er außerordentliche Menschen und Situationen beschreibt. Er beeindruckt, ja überwältigt mit seiner selten zu lesenden Ehrlichkeit." - Günter Krall
"Außerordentliche Menschen", "außerordentliche Situationen", "beeindruckt", "überwältigt" und "Ehrlichkeit"; das trifft genau auf "Hank Chinaski" wink.gif zu. Das fehlt hier leider.

Bitte als einen Versuch konstruktiven Kritikgebens verstehen. Noch ein, zwei Geschichten, dann wird vielleicht was draus smile.gif
die_dan
Ich finds merkwürdig, dass hier versucht wird den Stil eines bestimmten Autors zu adaptieren. Welchen Sinn hat das denn? In diesem Fall hats leider (noch) nicht ganz funktioniert, weshalb es nich sooo toll ist. Aber wenns dann klappt, dann kann man schreiben wie Bukowski oder was? Ich versteh den Sinn dahinter nich. Wäre es nicht besser einen eigenen Stil zu entwickeln, einen der auch nicht absichtlich an einen anderen angelehnt ist? Is ja schwierig genug. happy.gif
zorronte


... ... ich lief in Lichtgeschwindigkeit zu meinem Freund Klaus.

Der erste Tag - immer noch

Um mit Lichtgeschwindigkeit zu laufen, muss ich vor mir eine freie Strecke haben, denn sonst könnte
Frau Ursela Grubenberg und ihrem Hund das gleiche passieren wie letzte Woche. Letzte Woche bin ich
so schnell an der alten Dame vorbeigelaufen, dass ihr beinahe das Herz aus dem Rock gefallen wäre.
Ein D-Zug sei an ihr vorbeigerauscht, schimpfte sie. Einen Mordsschrecken habe man ihr beschert.
Daisy - ihr Affenpinscher - schaut aus, als käme er aus einem Windkanal voller Haarspray; von
hängenden Ohren kann keine Rede mehr sein. Sie glaubt sogar, dass die Ohren ein wenig länger
geworden sind; er sieht aus wie eine Nachttischlampe, beklagte sie sich nochmals. Das alles berichtete
sie meiner Mutter. Zur Strafe musste ich für Frau Grubenberg einen Kuchen backen, und als
Belohnung durfte Vater mir helfen. Vater und ich machen den leckersten Käsekuchen in ganz
Hamsdorf, mit einem Boden aus Kekskrümmeln, vielen Himbeeren und zum Quark etwas Ahornsirup.
Ein Kuchen so schön wie er riecht. Und warum er so gut schmeckt, will ich auch verraten. Wenn die
Ofenwärme den Kuchen schon ganz wumpig und goldgelben gemacht hat, dann schmiert Vater einen
Schaum darauf, den ich aus Eiweiß, Puderzucker und Zimt zaubere. Vater nennt das Baiser, ich nenne
es Zuckerhaube oder Zuckerkruste oder manchmal auch Tränenzucker, denn er wird schnell fest, und
wenn sich der Kuchen abkühlt, dann kommt die Feuchtigkeit aus der Käsemasse durch den
Zuckermantel und bildet Perlen, die aussehen wie Tränen. Und als ob der Käsekuchen nicht schon gut
genug schmecken würde, durfte ich auch noch den Hund von Frau Grubenberg ausführen, damit sie
ihre Beine zur Fußpflege tragen konnte.

Also, bevor ich wie ein D-Zug losfahre, schaue ich jetzt nicht nur nach rechts und links, sondern auch
nach hinten und nach vorne, ganz weit nach vorne, dort wo die Farben verschwinden, dort wo der Weg
zum Punkt wird, dort wo alle Dinge grau sind und ich so oder so gar nicht weiß, ob dahinten alles frei
ist. Und es geschah, dass aus dem Weg zu meinem Freund Klaus eine lange, lange Reise wurde. In
Windeseile war ich vorbei an den drei Kirschbäumen, dem ungepflegten aber hübschen Garten, dem
grünen Holzzaun, der das Haus von Familie Karlson umzäunt; vorbei am roten Gartenzaun, hinter dem
Lisa oft auf mich wartet, um mich für ein kurzes Stück zu begleiten - ein Wettrennen zwischen vier
Pfoten und zwei Beinen, dass ich immer gewinne, wenn die Wegkreuzung erreicht ist und der Zaun so
plötzlich in eine andere Richtung steht. Ich war noch nicht einmal außer Atem, als sich mir eine Hürde
in den Weg stellte, ich mit aller Kraft meine Schuhsohlen in den trockenen Kies presste, um nicht
gegen das kleine aber blonde Hindernis zu laufen; ein Hindernis namens Karin. So überrascht ich war,
so beeindruckt war sie von der Staubwolke, die sich hinter mir aufbauschte und leise zum Himmelblau
aufbrach. Karin ist meine Banknachbarin, die Klassenschönste und nimmt Klavierunterricht. Wenn sie
lacht, dann sieht man ihre Zahnspange, bei Sonnenschein funkelt die wie eine Fahrradfelge. Ich glaube,
dass Karin mich nicht mag. Sie ist fast nie alleine, hat immer andere Mädchen um sich herum. Ihr
Benehmen ist umso schrecklicher, desto mehr Mädchen sie um sich hat. Wenn ich ihr auf dem
Schulhof begegne oder ich in den Klassenraum komme, dann schauen sie kurz, flüstern mit der Hand
vorm Mund und kichern wie ein Rudel Hühner. Manchmal ruft sie Träumer. Ich verstehe sie nicht. Für
jeden Träumer denke ich mir einen kleinen Streich aus. Erst neulich habe ich einen riesigen
Tintenklecks in ihr Pausenbrot gemacht; eine ganze Patrone habe ich ausgedrückt. Das halbe Brot
verschlang sie, dann wurde sie rot vor Wut. Zum Glück standen wir jetzt nicht auf dem Schulhof und
sie fragte: „Hallo schneller Prinz. Wohin des Weges?““
„Einmal um die Erde und zurück.“, sagte ich.
Sie fragte, ob ich denn schon in ihr Poesiealbum geschrieben habe; morgen ist der letzte Schultag und
sie würde es gerne wiederhaben. Erwischt. Ich sagte nichts, hüpfte von einem Bein aufs andere Bein,
gab ein paar Halbtöne von mir und bohrte mit dem Finger im Ohr. Wie konnte ich ihr sagen, dass ihr
Poesiealbum auf der Heizung liegt, noch nicht ganz trocken ist, viele Seiten verbrannt sind und
überhaupt wie ein Aquarellmalbuch aussieht, aus dem Farbe tropft. Das mit dem Poesiealbum ist eine
lange Geschichte. Es passierte, als ich auf Toilette saß und mich mit viel Not meiner Seite hingab. Ich
hatte alle Fragen beantwortet, hab gelogen bei der Lieblingsmusik und schrieb die Wahrheit bei der
Augenfarbe, auch habe ich meine Seite mit einer Zeichnung verschönert - eine fliegende Kuh mit rosa
Pantoffeln und Zebrastreifen. Als ich die Streichhölzer auf dem Badewannenrand liegen sah, kam mir
eine glorreiche Idee in den Kopf. Meine Seite sollte zur Schönsten im ganzen Poesiealbum werden; wie
ein altes Pergament sollte sie aussehen, wie ein längs vergessenes Blatt Papier, verschlossen in einer
Truhe auf dem Dachboden einer Dorfkirche. Ich zündete einen Streichholz, wurde ganz hibbelig und
warf ihn schnell wieder zwischen meine Beine hindurch in die Toilette. Ich zündete noch einen
Streichholz und schaute zu, wie das kleine warme Licht an den Blatträndern zu knabbern begann.
Bevor ich mich versah brannte auch schon eine ganze Seite. Am Anfang nur die mit der Kuh drauf,
doch es folgte noch Eine und noch Eine. Jetzt war ich nicht nur hibbelig, sondern hüpfte auch von
der Brille, zappelte und warf das Poesiealbum in die Toilette; das zischte und hat fürchterlich gequalmt.
Nun liegt das Aquarellmalbuch auf meiner Heizung und sieht wahrlich aus wie ein alter Fund.




Und in wenigen Tagen wird erzählt, was passiert, wenn man seine Klassenkameraden anlügt und
Kröten in Kochbücher presst.
yocheckit
schöne geschichte. fehlt zwar ein roter faden, aber generell ist es sehr schön geschrieben. smile.gif
metamorphosis
oh mann, leider bin ich erst jetzt zum lesen gekommen. später kommentar, aber auch ich muss mich anschließen: die penis-geschichte ist einfach schlecht. und zwar abgrottentief....
hey, du bist deswegen kein schlechter mensch (hoff ich mal)

biggrin.gif
die_dan
Zitat(metamorphosis @ 30 Nov 2006, 23:08)
abgrottentief....*


lol.gif
Lejanni
Zitat(der-prophetII @ 30 Nov 2006, 12:05)
Und noch mehr!
Gerade das Ende zeigt nochmal offensichtlich, wie sehr sich versucht wird an Bukowski anzulehnen. Meiner Meinung nach - wenn ich diese Geschichte mit denen Bukowskis vergleichen muss - fehlt hier das Deftige, das Ekelhafte. Es wirkt irgendwie etwas lasch und fad.
"C. Bukowski ist nicht nur ein außerordentlicher Autor, weil er außerordentliche Menschen und Situationen beschreibt. Er beeindruckt, ja überwältigt mit seiner selten zu lesenden Ehrlichkeit." - Günter Krall
"Außerordentliche Menschen", "außerordentliche Situationen", "beeindruckt", "überwältigt" und "Ehrlichkeit"; das trifft genau auf "Hank Chinaski"  wink.gif  zu. Das fehlt hier leider.

Bitte als einen Versuch konstruktiven Kritikgebens verstehen. Noch ein, zwei Geschichten, dann wird vielleicht was draus smile.gif
*




danke für dein posting. mit so einem kommentar kann ich etwas anfangen.
aber meinst du mit "gerade das ende" den gemeinsamen ausruf? denn das war in erster linie ein intertextueller verweis an goethes werther....
na wenn euch die geschichte auch nicht gefällt, auf jeden fall scheint sie hum ich mag diesen begriff nicht zu polarisieren...


@zorronte: nette geschichte, ja. aber was willst du damit sagen?
zorronte
... , dass es beim Kacken auf die Zutaten ankommt und man beim Backen nicht in der Nase bohrt.


the cat empire
Hört, hört! Auf keinen Fall sollte man mit den beim Kacken gewonnenen Zutaten backen! Welch schelmischer Geist, der durch die Straßen läuft und dabei zugleich Kind und Erwachsener sein will. Eine Übung, die einen Spagat verlangt, an dem sich schon einige den Schritt verzerrt haben.
Stormi
Mir verzerrt sich das Gesicht, wenn ich dein geschwollenes Gesülze lese.
sQeedy
lol.gif

zorronte: ich finde es wirklich schön, dass du den charme des ersten teiles in den zweiten hinübertragen konntest und erwarte mit freuden eine fortsetzung! yes.gif
zorronte


Vater

Ergrauter Mann, war einst jünger als ich heut'
ungescheut mit Witz die Mutter anzugraben
schaut er verblüfft - ihr Bauch ganz rund
und ... muss nun diese Zeilen ertragen

Holzwagen und Indianer, nie Puppen schenkte er
stark er, der wundervolle Märchen erfand
zugeschlagen hat er nie, doch als Vormund hart
derart barst die Haselnuß in seiner Hand

Allerhand verging, bis zum ersten Schachgewinn
sieh hin, mein Spiegelbild trägt Falten
fand man bei ihm doch schon vor langer Zeit
bereit als Freund ihn zu behalten

Durchhalten, auch wenn er ruht im Krankenbett
kokett der Krebs sein Bein schon ziert
festhalten, er wird mich nicht vertreiben
bleiben werd' ich, bis auch das Zweite amputiert



sQeedy
manchmal etwas holprig, aber insgesamt gut smile.gif gefällt mir.
Pusteblumenkohl
zu Hause

Danach gibt es keine Zeit mehr.Zu Hause fängt dort an, wo Zeit nicht mehr in
Minuten,Sekunden oder Stunden zerfällt.Wo Sekundenkleber das Uhrwerk anhält.
Wo Augenblicke nicht flüchtig sondern unvergessen bleiben.Jedes Lachen und jedes
im Zorn gesprochene Wort bleibt auf Ewig, wenn man zu Hause ist.
Und zu Hause kann überall sein.

Seht ihr die Villa dort an den Bahngleisen,einen Steinwurf von Polen entfernt?
Auf ihrem Dachboden habe ich oft nach Gespenstern gesucht aber nichtmal Fledermäuse gefunden.Papa hatte dort oben sein Labor und es roch nach Funkenflug, Staub und kleinen Explosionen.
Vor dem Mittagessen war er dort oben und schraubte und erfand kleine Dummheiten.
Ich war gern bei ihm und spielte mit Uhrwerken und drehte an Zeigern
die ich nicht verstand. Mit der Wende verschwand das Labor aus dem Dachboden,
die Küche mit den Tomatenflecken an der Decke und das kleine Bad mit der roten Glasfasertapete.
Danach lief die Zeit wieder, die Uhr wurde repariert und nichts blieb mehr Ewig.
Übrig blieben kahle Räume und der Kopf meines Lieblings Teenage Mutant Hero Turtles.
Und zu Hause kann überall sein.

Ein kleines dorf zum Beispiel, dreizehn Häuser und eine Scheune verteilt
auf zwei Strassen, bewohnt von fünfzig Studenten und unzähligen Ratten.
Ein schönes Leben mit verkrazten Edith Piaf Platten,
gemeinsamen Kochen,Lagerfeuerabenden und Sternbrug Export Flaschen
auf Weihnachtsbäumen.Langsam sickerte erneut Sekundenkleber zwischen die Räder,
und brachten die Welt zum verstummen.[....]
Magic_Peat
Sehr schön biggrin.gif
sQeedy
hehe biggrin.gif

[attachmentid=10882]
kantario
nun, es scheint ja wieder in mode zu kommen, seine gedanken und gefühle nieder zu schreiben, so will auch ich mich dem nicht verschließen...

ein auszug aus meiner gefühlswelt

Heute morgen war ich ziemlich down...mag wohl daran liegen, dass ich erfahren habe, dass ein Studium in Leipzig (nebst DD) auch nicht mehr in Frage kommt. D.h. dann wohl, dass ich nun doch ins kapitalistische Ausland (Westen) muss. Hm...Mainz soll schön sein, d.h. so fern ich dort denn überhaupt angenommen werde. Denn das liegt auch noch in den Sternen. So eine Aufnahmeprüfung hat es schon in sich, wie mir ja nun schon mehrmals zu teil geworden ist. Aber ist es nicht komisch, dass es einem so schwer gemacht wird, das zu studieren, was man gern möchte? Und nein, ich rede dabei noch nicht einmal von der AP an sich, sondern allein vom organisatorischen Gesichtspunkt. Jede Universität hat in jedem Studiengang unterschiedliche Verfahrensweisen. Dies gilt nicht nur für die Art der Berwerbung und was dafür von Nöten ist, nein es gilt sogar für die Zeiten. Ich hatte ja immer angenommen, dass es zumindest für NC-begrenzte Fächer gewisse festgelegte Stichdaten (15.1./15.7.) gibt, aber hups...auch dem ist nicht so. Und wieso wird eigentlich noch zwischen NC-begrenzt und unbegrenzt unterschieden, wenn in 97% aller Studiengänge einer Universität so oder so ein NC festgelegt ist? hm...aber für solche Fragen gibt es ja zum Glück die Studentenberatung der jeweiligen Uni. Doch auch hier soll es natürlich für den angehenden und sogar schon erfahrenen Studenten nicht zu einfach sein. Allein um ersteinmal an die jeweiligen Sprechzeiten und Telefonnummern der Universitäten zu kommen, bedarf es schon einer gewissen, wie soll ich es sagen, Intelligenz? Nein...Geduld? Wohl schon eher...Dafür, dass es so viele Universitäten mit so vielen Studenten gibt, sind die meisten Homepages der Unis einfach mal Schrott...
Aber zurück zum Thema...Hat man einmal die Nummer, ruft man natürlich auch an. Doch wahrscheinlich sind die Damen (und es sind IMMER Damen) um 9.30 genauso genervt, wie die meisten Studenten, denn so hören sich viele von ihnen an (obwohl auch ein paar nette darunter waren, das muss ich zugeben, auch mit einer wundervollen Stimme...hm...vielleicht lern ich die ja auch nochmal persönlich kennen).
Nachdem man nun sein Problem geschildert hat, wird man freundlich (oder auch nicht) darauf hingewiesen, dass man doch bitte mal auf der Homepage des Studentensekretariats nachschauen solle. Achja...Mensch auf die Idee bin ich ja noch überhaupt nicht gekommen. Tja, und das wars dann auch schon wieder mit der Hilfe. Schade eigentlich. Ich hätte gern in Leipzig studiert. Ist nahe an Dresden. biggrin.gif
Aber wie gesagt, mit dem studieren an sich ist es natürlich auch noch nicht so weit her. Sommersemester 2007 ist meine letzte Chance, danach? Wer weiß...Ich muss ja sagen, ich bewundere die Leute, die total am Boden sind und sich immer wieder aufraffen können...zeugt von innerer Stärke und Kraft...aber ob ich so jemand bin? Ich glaube eher nicht...

Bin mal gespannt, was das Leben noch so für mich bereit hält...

Vermiss euch alle (jedenfalls die, die ich kenne wink.gif) und hoffe euch gehts gut und ihr macht euer Ding...

der komischerweise pessimistische Marlboro-Man (und ich dachte immer, ich wäre Optimist blink.gif )
Stormi
Bild kann nicht angezeigt werden.
Pusteblumenkohl
Der Link geht nicht stormi.
zorronte
Es ist nicht euer Körper,

auf dem morgens unsere Augen ruhen, der uns für weitere Momente
im Traum verweilen lässt. Es sind eure Gedanken, die so viel verträumter
und sensibler sind als die Unseren. Es ist der Inhalt eures Kopfes, der uns
vergessen lässt, dass es schon wieder die Kälte war, die uns aus dem
Traum holte, da ihr die Bettdecke bis zum letzten Zipfel für euch beansprucht.
Wie ein Welpe sucht ihr Schutz und Wärme unter und mit den Federn,
weil ein erholsamer Schlaf für euch von so viel mehr Bedeutung ist,
als es für uns zu sein scheint. Und letzte Nacht, als ihr euch erschöpft
zur Seite habt fallen lassen - vergessen sind die Falten und die Polster,
denn im Augenblick des Höhepunktes seht ihr euch alle ähnlich.

Jedoch später, wenn ihr euch vor dem Spiegel die Wimperntusche und
den Lidschatten anzieht, ist es nur ein gesunder Neid, der uns befällt.
Ein Neid auf die wenigen Striche, die euch in gleichem Maße Schönheit
und Gediegenheit verleihen. Letzteres ist einigen von uns nur mit einem
Schnurrbart vorbehalten. Umso mehr sind wir entzückt, wenn ihr mit
kritischer Miene unsere Socken auswählt, die euch bei der Feierlichkeit
am Nachmittag nicht in Verlegenheit bringen sollen. Dass wir diese Art
der Bevormundung nur am Rande wahrnehmen, ist einer wohlgemeinten
Männerüberlegenheit zu zuschreiben, die uns dann doch mit irgendwelchen
und zwei verschiedenen Socken auf euch warten lässt. Warten darauf,
dass ihr und wir endlich die vier Wände verlassen können, die wir und ihr
schon vor Minuten hätten verlassen können, wenn ihr nicht manchmal
meinen müsstet, noch irgendetwas schnell zu müssen. Ihr müsst nur
noch mal schnell. Obwohl wir schon mit zugeschnürten Schuhen und Mütze
auf dem Kopf im Türrahmen stehen, könnte uns nie in den Sinn kommen
euch auch nur mit der geringsten Hast zu begegnen. Nein, eher mit einer
Unbegreiflichkeit, einem Staunen darüber, wie ihr die vielen kleinen und
wichtigen Dinge nicht vergessen könnt - kommt euer scharfes Auge doch
nicht nur der freundschaftlichen oder ehelichen Gemeinschaft zu Gute,
denn auch diese will geordnet sein; ebenso wie der Kühlschrank, in den ihr
noch die letzten Leckereien des Frühstücks einsortieren müsst.
Des weiteren müsst ihr immer noch einmal im Eiltempo auf die Toilette
und ein Besuch bei der Bank, darf ebenfalls nicht fehlen.

Nur kurze aber unzählige Momente danach, wenn wir in der Straßenbahn
oder im Auto sitzen, vernehmen wir mit einem Lächeln eure Aussage, dass
ihr doch bestimmt wieder etwas vergessen habt. Und obwohl ihr auf dem
Beifahrersitz sitzend mit der rechten Hand das Autoradio befingert, entweicht
uns nur ein kleiner Tropfen Wut, da kein Stau von vorne drückt und die Liebe,
gehabt vor einigen Stunden, noch wie eine Beruhigungstablette auf uns wirkt.
Es braucht nicht einmal drei Tage, damit wir diese königlichen Eigenschaften
schätzen lernen; seid ihr in den ersten Tagen doch so verliebt, dass ihr die
vielen kleinen Besitztümer, an denen unser Herz mit größter Freude hängt,
mit einer verzeihbaren Tollpatschigkeit begegnet. Aber auch wir sind von
Sinnen, denn was außer einer geistigen Vernebelung, könnte uns mit einer
Teilnahmslosigkeit dabei zusehen lassen, wie sich ein tiefer Kratzer in unsere
teuer bei eBay erstandene Lieblingsschallplatte verewigt. Und auch passendere
Socken könnten uns schmücken, wenn ihr nicht die euch viel zu großen
Unseren tragen würdet. Nur drei Tage in denen der Kakao, den ihr in der
ersten Nacht behutsam schlürftet, da euch die Füße ein wenig froren,
mittlerweile so fest mit der Tasse verwachsen ist, dass unser Abwasch nur
mit Müh und Not den zu Stein gewordenen Rest entfernen kann. Ihr braucht
euch nicht wundern oder in keiner Weise erbost sein, wenn uns die Unlust
befällt und es die Flucht nur ist, die uns vor dem Abwasch bleibt. Eben darum
schauen wir euch mit einem Blick der Ahnungslosigkeit an, solltet ihr uns sagen,
dass wir zum Schmutzfink mutiert wären und vor drei Tagen noch ganz anders
gewesen wären. Waren Ehrlichkeit, Besinnlichkeit, Freundlichkeit und all die
anderen Keiten doch unsere Pluspunkte, welche euch in unseren Armen den
Alltag vergessen ließen und nicht unser Sinn für Humor oder unsere anhaltende
Energie beim Liebesspiel.

Irgendwann bei der Feierlichkeit ist es ein artiger Stolz, den wir spazieren
fahren, wenn unsere Freunde der Meinung seien, dass ihr abgenommen hättet,
obwohl wir finden, dass euch ein Damenfahrrad viel besser steht, als ein
vollgefedertes Sportfahrrad. Es ist eure Vorliebe für glatte Beine, die euch
auch in einer Radlerhose und auf dem noch so protzigen Zweirad einen
wunderbaren Anblick verleihen. Nicht nur deswegen sind wir euch zu tausend
Dank verpflichtet. Wie können wir jemals wieder gut machen, dass ihr in Zeiten
unserer Vergesslichkeit, die Geschenke für eure Schwiegermütter besorgt.
Von daher überkommt uns auch eine Art Scham, wenn uns Mutters ahnungslose
Freude umarmt, die bei weitem nicht so herzlich wäre, wenn ihr uns nicht noch
den einen oder anderen Fussel von der Jacke genommen hättet.

Und auch wenn man, wie hier am Anfang, ein wenig Honig benötigt, um eure
Aufmerksamkeit zu erhaschen, so sind doch auch unsere Worte nur allgemein
und all zu gemein. Von daher sind wir sprachlos, wenn euch die gleichen und
ebenfalls nicht ernst zu nehmenden Worte entrücken; sind wir doch nur und
überhaupt in die Härte eures Schädels vernarrt.


Subkulturaner
Auszug aus was längerem von mir, hoffentlich nicht zu kitschich:

Der Wald, der am Anfang sehr dicht war, wurde immer lichter, je weiter wir uns dem Tal näherten. „Das können wir öfter machen.“ meinte Maria. Was ich nur bejahen konnte, denn es war wirklich wunderschön.
Wir waren gerade über den Fluss gegangen und standen auf einer großen Wiese, da nahm sie meine Hand und wir blieben stehen. Sie lehnte sich an mich und lachte. Sie lehnte sich immer mehr auf mich und lies sich endlich fallen. Ich war leicht erschrocken und einen Augenblick später lag sie neben mir im Gras. „Du hast mir noch gar keine Antwort auf mein Gedicht gegeben.“ Ich sah ihr in die Augen und lächelte sie an. „Na wenn das so ist.“ flüsterte sie und umarmte mich. Was dann folgte war mein erster Kuss, für den ich etwas konnte. Wir lagen so einige Zeit da, sahen in den Himmel und genossen es, einfach unsere Nähe zu spüren.

„Mancher Dichter sitzt im Dunkel über seinem Werk und sucht einen Vers. Ich aber gehe hinaus und lasse die Sonne, die Bäume, die Vögel und den Wind dichten.“ Maria sah mich an. „Was?“ „Ach ich versuche nur eine schöne Antwort auf dein Gedicht zu finden.“ Sie legte ihren Kopf auf meinen Arm „Na dann erzähl mal.“ „Dann nehme ich meine Feder und den Block Papier, der so wunderbar glatt wie deine Haut in meinen Händen liegt und beginne zu schreiben… Ich betrachte den Himmel und beobachte die Vögel, die voller Lebensfreude, ihr Lied singend durch die Lüfte schweben und scheinbar schwerelos von Baum zu Baum gleiten.“ „Du bist ja richtig begabt!“ Ich lachte und antwortete mit leicht ironischem Unterton „Und ich fange gerade erst an… Hier und da dringt ein Sonnenstrahl, so warm wie deine Nähe durch das dichte in verschiedenen Grüntöen schimmernde Dach der Blätter… Ich denke an dich und merke, wie sich all meine Umgebung in meinen Sinnen verklärt, und mir so vollkommen scheint, obgleich kein Sonnenstrahl, kein Vogellied oder Pflänzchen mit unglaublich schöner Blütenpracht deine Vollkommenheit überstrahlen könnte…“ Maria setzte sich auf und lächelte mich an. Mit folgenden Worten begann sie mich zu verzaubern: „Vom leichten Hauch des Windes, der um mich herum seine lautlosen Bahnen zieht, werde ich sanft aus meinen Träumen geholt. Es ist als wolle er mir zuflüstern >Komm mit mir, lass uns die wunderbare Schönheit dieser Welt entdecken, die so voll von Schätzen ist. Lass uns die blaue Blume suchen.< Ich schloss die Augen und folge in meinen Gedanken dem Wind, wie er hinfort fliegt.
Obgleich ich nicht weiß wohin, schwebe ich mit ihm durch die Lüfte. Ich sehe auf diese so weite Welt hinab, sehe Regenbogen, höre das Rauschen der Blätter und spüre die Wärme der Sonnstrahlen, wie sie mein Gesicht berühren. Der Wind säuselt mir zu >Wie schön ist doch diese Welt< Und ich schaue mich um, betrachte die von Wald bedeckte Landschaft, hier und da von schmalen Bächen durchzogen, die zielstrebig, mit spielerischem Fluss ihres Wassers in kleine Teiche münden. Und ich denke mir, was wäre das alles ohne dich? Meine Blaue Blume bist du.“
Ich lag mit dem Rücken auf der Wiese, sie kniete neben mir und sah mich an. „Wunderschön.“
bea.floh
@ zorronte: heart.gif sehr schöner text mit toller schreibe und überhaupt, auch wenn ich zwischendurch immer grummeln wollte, hast du doch die kurve gekriegt *lol*

1a!
zorronte

@bea.floh: Sollte auch als Spaß gemeint sein ... der Manne steht mit seiner hilflosen Unbeholfenheit ja im gleichen Maße dem Klischee gegenüber.


sQeedy
zorronte: sehr schoen, wirklich! yes.gif
zorronte
Tausend Zänk's ... und für alle Klischee-Fans: gerade läuft auf ARD die Serie "Das Beste aus meinem Leben". Klischees zum satt werden und Mann, der den mit drei Beinen im Leben stehenden Frauen hilflos ausgeliefert ist. Vorbei sind die Zeiten des Ä-Tiems, eines Mäg Geiwers oder eines Meikel Neigts.


Man(n) findet's ...


sh_schild.gif
Subkulturaner
Mir ist kalt! Ich stehe mitten im Schneesturm in dieser menschenleeren Stadt. Und selbst wenn ich nicht rauchen würde, würde mein Atem mich in einer kalten Wolke aus weißem Nebel einhüllen. Ich weis eigentlich nicht, was ich hier mache, aber warum sollte ich nicht hier sein! Die Ruhe hatte ich gesucht, und es sieht ganz so aus, als hätte ich diese auch gefunden. Nein ich fand nicht nur die Ruhe, ich fand die vollkommene Stille.
Eingehüllt in weißen Nebel, und langsam, ganz langsam fallenden Schneeflocken stehe ich da.
Stille, Windstille.
Meine Gedanken sind genau so nicht fassbar, wie dass, was ich nicht fassen kann.
Warum? Ha, warum haben mich schon viele gefragt. Deswegen habe ich mich hier her begeben.
Hier draußen in der Kälte fragt niemand. Und vor allem nicht mich, der verbittert im tiefen Schnee steht, bergab sieht, und sich im Rauch seiner Zigarette einhüllt.
Mir fällt eine Flocke auf die neckte Hand… Ich sehe ihr zu, wie sie dahin schmilzt. Es dauert nicht lange. Erst wird sie durchsichtig, und die Spitzen dieses kleinen Sternes lösen sich auf, und man kann kaum noch ahnen, was sich dahinter verbirgt. So langsam verliert die Schneeflocke gänzlich ihre Form, bis sie letztendlich nur noch ein kläglicher Tropfen Wasser ist.
Ja sie schmilzt dahin. Genau wie ich einst dahin schmolz.
Am Anfang war es schön, es veränderte mich, und ich wurde ein anderer Mensch. Ich war glücklicher als je zu vor, ich fühlte mich wie neu geboren, wie ein anderes Wesen. Doch nach und nach merkte ich wie ich mich immer mehr veränderte und am Ende gar nichts mehr verstand, ich wurde blind und traurig.

Ja, ich schmolz dahin, wegen ihr… Und jetzt? ... Jetzt stehe ich hier in der Kälte, den Mond betrachtend und hoffe drauf, dass mich irgendjemand wieder einfriert.
zorronte
@Subkulturaner: Auch ich vertausche manchmal den Dativ mit dem Akkusativ, setze hier zu viele Bindestriche und dort zu selten Kommas; doch wenn Du eine Kurzgeschichte schreibst und sie hier veröffentlichst, dann solltest Du Deine Rechtschreibung verbessern, da das Lesen sonst zu einem Krampf wird. Grüße.
sQeedy
Ich finde diese, seine Geschichte / Erzählung / Wasauchimmer besser als seine Erste. Mag vielleicht an der Detailbeschreibung liegen, für die auch ich etwas übrig habe. :-)
zorronte
Ist auch keine bös' gemeinte Kritik ...

@Subkulturaner: Die Kritik soll Dich nicht vom Schreiben abhalten - im Gegenteil. smile.gif
Subkulturaner
keine Angst mich hält keiner vom Schreiben ab.
das erste Ding is wie gesagt nur n Ausschnitt, von daher evtl. nich ganz durchsichtig, aber egal. Und zur Rechtschreibung, altes Problem, ich frag mich bis heute, wie ich mein Abi geschafft habe. rofl.gif
Aber nun ja am Computer is das so wie so immer son Ding, das kann ich hundert mal lesen. Wenn ichs selber geschrieben hab, seh ich nie irgend nen Fehler, sorry. Werd mich bessern, bestimmt...
sQeedy
Wenn du willst, kannst du's mir zukünftig per PM schicken und ich schau nochmal drüber. :-)
zorronte
... bis zum nächsten Mal ...
the cat empire
Ich hab ein Dejavú.

Ich hab ein Dejavú.
zorronte

Ja ist das denn ein gutes Zeichen? biggrin.gif

sQeedy
Und ich hab irgendwie das Gefühl, als ob diese Geschichte eine ganz besondere wäre. Sie ist anders als deine vorherigen. Diese Melancholie kenn ich von dir gar nicht.
Subkulturaner
So mal wieder was neues von mir...

Is mir gestern Nacht eingefallen, als ich mal wieder die Sache mit den Geistis und den Ings gelesen habe...

Der Schatzmeister

Ich schreckte auf, als die Tür meines Arbeitszimmers lautstark zufiel. Der Luftzug, der durch den Raum zog, löschte die hinter mir stehenden Kerzen und fegte meine letzten Aufzeichnungen hinweg. Ich hatte sie beiseite gelegt, da ich an diesem Abend sowieso keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Vielleicht war es das Signal weiter zu machen, aber ich konnte nicht. Immer nur Zahlen, Zahlen und nochmals Zahlen. Manchmal bereute ich es schon etwas, die Schätze und Steuern des Grafen zu verwalten. Es gäbe doch so viele schöne Dinge zu tun!
Mir wurde etwas kalt. Also beschloss ich, die Kerzen wieder zu entzünden und das Fenster zu schließen. Zum Glück brannte meine Schusterlampe auf dem alten Schreibtisch noch. Ich nahm aus dem Schubfach eines der dünnen Holzstöckchen, die ich für solche Fälle gesammelt hatte, und entzündete es an der Flamme. Dann stand ich das erste Mal seit einigen Stunden auf, um die sechs Kerzen zu entzünden, die in dem großen Ständer neben der Tür standen. Als ich ihn betrachtete, fiel mir wieder einmal auf, wie lange ich schon hier war und jeden Tag das Gleiche tat. An den alten schwarzen Eisenstangen rann schon seit Jahren das heiße Wachs hinab und formte merkwürdige Figuren, die sich hin und wieder auf den Dielenbrettern wiederfanden. Ich war an diesem Tage bedrückt, denn alles stand still.
Die neu entfachten Flammen flackerten ein wenig im sanften Luftzug, der mich daran erinnerte das Fenster zu schließen. Meine Blicke schweiften durch mein Reich, gebaut aus Zahlen, Akten und Papier, aus Schicksalen, die in eine Nummer umgerechnet worden waren und am Ende durch das Gold gewichtet wurden, welches sie Jahr um Jahr zahlten.
Das Glas fühlte sich kalt an, als ich es berührte. Gerade als ich die schweren Rahmen mit ihren kunstvoll gestalteten Bleigläsern schließen wollte, hörte ich etwas. Es war wie ein Streicheln über meine Seele. Jemand sang mit einer gläsernen Stimme, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte. Mein Atem schlug sich auf der Scheibe nieder und mir war in meinem weißen Hemd doch etwas kalt, aber ich konnte mich nicht bewegen. Ich bemerkte, wie ich mich langsam mit dem Kopf an den linken offenen Fensterflügel lehnte. Mein Herz schlug schnell und meine Hand berührte mit der ganzen Fläche die kalte Scheibe, an der ich lehnte.
Komisch, ich hatte mich noch nie zuvor für Musik und ähnliches begeistern können. Mir war es stets ein Graus gewesen, wenn mein Fürst ein paar Spielleute einlud und ich aus reinem Pflichtbewusstsein jedes Mal klatschte, wenn er es tat, jedes Mal lachte, wenn er es tat und von der großartigen Darbietung schwärmte, wenn er es tat. Aber was war jetzt mit mir los?
Konnte nicht denken, konnte nicht sprechen, konnte mich nicht bewegen. Nichts hatte mich bis jetzt so getroffen. Diese liebliche Stimme in der Kulisse perfekter Stille der Nacht. Das Mondlicht tauchte die Landschaft rund um das Schloss in weißes Licht und Klarheit. Das hätte Stunden so gehen können, doch plötzlich kam die Stimme näher und wurde lauter. Ich atmete schnell, meine Hand rutschte langsam an der Glasscheibe hinunter und hinterließ fünf Linien auf dem beschlagenen Glas. Und da war meine Stimme: ein zauberhaftes Wesen spazierte langsam den Weg zum Schloss hinauf. Ich war wie gefroren und konnte meine Blicke nicht von ihr lösen. Gekleidet in ein langes weißes Leinenkleid und mit einer Kapuze über dem Kopf kam es immer näher, Schritt für Schritt.

Es traf mich wie ein Schlag. Als dieses Wesen so weit herangekommen war, dass ich es endlich ganz genau erkennen konnte, blieb es stehen und blickte sich um, dabei hielt es seine Kapuze mit der rechten Hand am unteren Ende zusammen. Plötzlich verstummte das Lied: Sie sah mich an. In ihren klaren, großen Augen sah ich den Schreck, den ich ihr eingejagt hatte. Sie sah mich an, der Moment wirkte für mich wie eine Ewigkeit, dann wandte sie sich ab und rannte fort.
Ich wusste nicht, wie mir geschah und -wie automatisch- stürzte ich zu meinem Schreibtisch, nahm meinen Mantel, den ich am frühen Abend einfach über die Lehne meines Stuhls gelegt hatte und warf ihn mir über. So schnell wie an diesem Tag war ich, so glaube ich, die Stufen der schmalen Treppe, die im Schein der wenigen Kerzen gelblich wirkte, noch nie hinunter gerannt. Ich hatte gut damit zu tun meinen großen Lederhut auf dem Kopf zu behalten. Die Frage der Magd, die wissen wollte, wo in Gottes Namen ich um diese Zeit hin wolle, ignorierte ich und stieß so schnell ich konnte die große Eingangstür auf.
Zu meiner Bestürzung stellte ich, als ich den Eingang verlassen hatte, fest, dass ich mich im Hof des Gebäudes befand und nicht auf der dem Wald zugewandten Seite. Also rannte ich weiter, so schnell meine Füße mich trugen.
Doch ich kam zu spät. Ich rannte fast zwei Stunden quer durch den Wald, der das Schloss umgab. Schließlich rutschte ich erschöpft an einem Baum hinunter und blieb dort sitzen, um nachzudenken. Nie hatte es etwas auf dieser Welt geschafft mich so in seinen Bann zu ziehen und jetzt hatte ich keine Möglichkeit es wieder zu sehen. Egal, was ich auch tun würde, da ich nichts über sie wusste, außer wie ihre Stimme klang, würde ich sie wohl nie wieder sehen.
Meine Blicke streiften durch die Wipfel der Bäume, die im Mondlicht wie lebendig wirkten und Trauer überkam mich. Während die Äste sich in der Kühle der Nacht wiegten, wie sie es jede Nacht taten, dachte ich daran, wie ich am nächsten Tag wieder die Akten ordnen würde, wie ich es immer tat. Für einen Moment war ich glücklich gewesen, doch ich konnte diesen Moment nicht festhalten.
Seit jenem Tag stehe ich jede Nacht am geöffneten Fenster, warte darauf, dass sie kommt mich glücklich zu machen und bin jede Nacht aufs Neue gewiss, dass sie nicht kommen wird. Das geht nun schon viele Jahre so, und noch immer stehe ich hier am Fenster.
Vielleicht kommt sie ja heute.
Hoffi
geile geschichte!
zorronte
... bis zum nächsten Mal ...
sQeedy
Subkulturaner, deine Geschichte hat mir sehr gefallen und mich an ein Lied von Schandmaul erinnert.
Refrain aus Schandmaul - Lichtblick:
"Es war nur der Moment,
der Augenblick,
dann war's vorbei,
ich ließ sie zieh'n,
und ich werde sie nie
wieder seh'n!"

zorronte, deine geschichte hat mir auch sehr gefallen, wenngleich ich heute abend, zu fortgeschrittener stunde, die letzten zeilen nicht ganz entwirren kann. was genau meinst du mit den letzten drei sätzen?
zorronte
Hallo sQeedy,

der junge Mann, der durch einen Fahrradunfall ab der Hüfte gelähmt ist, hat eine Tochter. Doch ist er zeugungsunfähig und kann somit seiner Tochter kein Geschwisterkind schenken. Auch sind es körperliche Einschränkungen, die die Erziehung seiner Tochter verhindern. Er vertraut - aus Liebe und Egoismus - seine Tochter dem Bruder an.

Einen schönen Abend wünsche ich Dir noch.
sQeedy
Danke. :-)
zorronte
Wie ich die Rehe fing …

Immer wenn im Sommer, kurz nach einem Regen und noch vor der
Mittagszeit, die Blätter der Mohn- und Kornblumen auf den Wiesen ein
Perlenkleid tragen und man die Regentropfen mit etwas anderen verwechselt,
da sich das Licht in alle Farben zerbricht, und ich mit meinen viel zu großen
Gummistiefeln durch den Matsch der Wiese stapfe, die Gräser und Halme an
meinen nackten Knien kitzeln, dann denken die Diamanten, sie seien aus Glas.
Mit großen Schritten und die Milchkanne schwenkend bin ich der Prinz im
grünen Felde. Manchmal knackt es unter meinen Sohlen, erschrocken bleibe
ich dann stehen und bin erfreut, wenn nur ein Ast und nicht das Schneckenhaus
brach. Wie jeden Sonntag, wenn die Kühe gemolken sind und ich die frische
Milch zum Opa bringe, laufe ich vorbei an den Gartenzäunen, stiefle über die
weite Wiese und komme vorbei an der Futterkrippe, die in dem kleinen
Waldstück vor Opas Haus steht und an der die zwei scheuen Rehe immer
Reißaus nehmen, wenn sie das Knacken der Schneckenhäuser hören.

Doch heute bin ich in Sorge. Trotz meines kindlichen Treibens ist es keine Flucht,
die ich erblicke. Verstört und traurig stehen Reh und Reh am Wassertrog, wackeln
mit den Ohren und halten verunsichert ihre kleinen Köpfe an den Rand des Trogs,
um sie kurz darauf wieder abzuwenden. Nun bin auch ich betrübt. Vorsichtig stelle
ich die Milchkanne auf den Boden. Zärtlich und auf Zehenspitzen wage ich einen
Schritt nach dem Anderen, bis ich ganz dicht neben den Rehen stehe und meine
Nasenspitze in das stinkende Fell drücke. Mit beiden Händen streichle ich Reh
und Reh. Heiter fragte ich, was sie denn hätten und ob es ihnen nicht gut ginge.
Mit Freude zeige ich ihnen die Glasmurmeln, die ich immer in meiner linken
Hosentasche bei mir trage. Doch auch diese Perlen können ihr Herz nicht erfreuen.
Sie sagen mir, dass sie Durst haben und das Wasser aus dem Trog nicht trinken können,
da es sauer und bitter schmecke.

Ich erzähle ihnen von dem Unglück, welches vor wenigen Tagen und viele tausend
Kilometer westlich von hier geschah. Dort, in einem Land, in dem die Menschen
russisch sprechen, hat ein großer schwarzer Pilz den Himmel verdunkelt. Mit seinen
schrecklich großen Armen hat er die Sonne erdrückt. Das Leben vieler Lebewesen
verschlang er und mit seinem Atem verdarb er den Regen. Fragend rollen die Rehe
mit den Augen, doch hole ich schnell die Milchkanne und schwenke sie mit beiden
Armen vor ihren Augen hin und her. Mit der Hand schöpfe ich Milch aus der Kanne
und lade die Beiden zum Trinken ein. Zuckersüß, wenn ihr so Milch aus meiner Hand
trinkt, mit der Nasenspitze immer zuerst an den Fingern riecht und eure Zunge, bei
der ich mir ein Lächeln nicht verkneifen kann, viel rauer als die Unsere ist, dann
weiß ich, dass Opa mir die leere Milchkanne verzeihen wird.





Voltaire
Einbahnstraße: Exit


Was, wenn die Welt auf einmal wieder in Ordnung wäre? Auf einmal, als hätte sie ewig nur darauf gewartet, aus ihrem Schneckenhäuschen zu kriechen und zu schreien: „Was denn? Ist doch alles wunderbar!“ Und der einzige Grund dafür ist das Loslassen, das Geschehenlassen von Dingen, die vor Kurzem unvorstellbar und doch schon genauso einfach gewesen wären. Stehe ich mir eigentlich absichtlich ständig im Weg rum oder passiert das immer nur zufällig? Aber was kümmert das jetzt noch? Ich bin diesmal einfach schneller gewesen als meine Bedenken. Oder ich habe sie über Bord geworfen, jetzt, da ich auf hoher See in den Wellen treibe und nicht einmal das Gefühl des Ertrinkens spüre. Und selbst wenn es da wäre, es würde sich wie ein warmes Bad anfühlen. Ich bin verliebt. V.e.r.l.i.e.b.t. Das Gefühl, das ich bis vor ein paar Jahren jedem halbwegs annehmbaren Menschen hinterhergeworfen habe und von dem ich glaubte, es würde jetzt nicht mehr zu mir zurückkehren. Es hat sich einfach vor mich hingestellt und gesagt: „Ich will wieder bei dir sein!“ Das geschah keine Sekunde zu zeitig, fast geschah es zu spät. Noch oft hätte ich mich in Situationen verrannt, in denen ich so verloren gewesen wäre wie ein kleines Paddelboot auf dem Ozean. Die Paddel von der letzten Welle fortgespült und verzweifelt gewillt, irgendwo anzukommen. An einem Ort, an dem es mir in meinem Traum so gut gefiel, dass jede noch so originalgetreue Kopie eine große Enttäuschung gewesen wäre. Aber jetzt lasse ich mich einfach treiben. Denn nur das Treibenlassen lässt Raum für stürmisches Fühlen. Nicht wissen, wohin das Ganze führt, aber überhaupt nicht daran zweifeln, dass es die richtige Richtung ist. Und selbst wenn es die falsche Richtung sein sollte, ist es der Weg aus der Einbahnstraße, der Gefühlsleere meiner Welt. Kalte Steine gegen brennende Erde. Alles gegen das Halbherzige. Wenn ich jetzt melancholische Lieder höre, denke ich an etwas schönes, an die Zukunft und manchmal auch an das tieftraurige Gefühl, dass noch vor kurzem in mir lebte und wucherte, ständig größer zu werden schien und drohte, mich aufzufressen. Aber jetzt fühlt es sich wie ein Teil meiner Vergangenheit an. Schmerz, den ich nicht missen, aber auch nie wieder so nah an mich ranlassen möchte. Denn mein Boot hat die Segel gesetzt! Ich fühle, egal was es ist, ich f.ü.h.l.e. wieder! Und das fühlt sich ganz fantastisch an.

[attachmentid=14919]
Chris
Ein Frühlingswalzer

Und die Sonne ging wieder auf über dem Forst. Zart streichelte sie über das Blätterdickicht und lies es dabei noch ein bisschen grüner und saftiger aussehen als sonst. Das machte ihr Spaß. Sie spielte mit ihren Strahlen in den Tautropfen, brach sich in tausend bunte Farben, spiegelte sich und versuchte sich auf jeder Lichtung zu mogeln. Sie tanzte mit den kleinen Fliegen auf der Lichtung und die Fliegen tanzten mit ihr. Von Strahl zu Strahl, die das Blätterdach hindurchließ. Die Sonne kitzelte die Grashalme, klopft bei jeder Blume an sie zu wecken. Es war ein wunderschöner Morgen im Mai. Und langsam erwachte mit der Sonne auch der Wald. Die Feuchtigkeit, die sich über die Nacht gesammelt hatte und die noch klamm und kalt in jeder Ecke hockte zog sich zurück und hinterließ nur einen frischen Duft in der Luft. Es war noch angenehm kühl, aber überall wo die Sonne einen erwischte ergab sich die wunderbare Synthese aus kühler Luft und warmer Haut. Leise konnte man die erwachenden Geräusche des Waldes vernehmen. Ein freudiges Rascheln, Knacksen und Gezwitscher begrüßte die wohltuende Wärme auf ein neues. Und auch der Wind ließ sich nicht lange bitten. Ein leises Lüftchen spielte mit den Blättern. Raschelte einmal hier, raschelte einmal dort und wenn man ganz aufmerksam war konnte man meinen er versuche zusammen mit den Vögeln die großen Komponisten zu imitieren. Es erschien gleichwohl dass der ganze Wald seinen eigenen Walzer tanzte. Ein kleines Häschen hoppelte über eine Lichtung. Langsam und bedächtig. Anmutig und ein bisschen verspielt. Sein Fell glänzte bei jedem Schritt erneut in der Sonne. Es schnuppert hier mal an einer frisch geöffneten Blume, rupfte sich dort ein Löwenzahnblättchen aus. Das Leben war gut.

Doch plötzlich reckt es sein Köpfchen, stellt seine langen Löffel in die Höhe. Irgendwas stimmte doch nicht. Der Walzer den der Wald tanzte war irgendwie verstummt. Ach nein, das Häschen hatte sich geirrt. Die Sonne war warm wie vorher und die Fliegen tanzten über seinem Kopf. Alles war beim Alten. Und vergnügt hoppelte es weiter und reihte sich wieder in den Reigen der Tanzenden ein. Sein Herz war beschwingt. Die frische Morgenluft machte es beinnahe etwas besoffen. Alle Vorkehrungen waren getroffen. Alles war bereit. Nichts konnte schiefgehen. Es konnte einfach den Tag genießen. Und das tat es. Es tanzte über die Wiese. Es schnupperte die frischen Kräuter. Es hüpfte über Pilze und ließ sich den Abhang hinunterrollen. Es spielte Fangen mit den Fliegen. Es lag einfach nur da und ließ sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Es fühlte sich rundum mit sich im Einklang und vollends glücklich. Der Tag war schön, und so würde auch der Sommer werden, dass wusste es mit Sicherheit. Äste splitterten. Im nächsten Moment schlug der Hase einen Haken. Hierhin. Dorthin. Hierhin. Dortrüber. Ekliger Atem. Scharfe Zähne. Noch ein Haken. Haken. Haken. Bach. Haken. Baumstamm. Pilze. Haken. Schmerz im Fuß. Haken. Weg. Nur weg. Haken. Ein schmerzerfülltes Zucken. Seine Gedärme quollen aus ihm heraus. Das Blut war warm und feucht. Das Ohr, das zuvor noch so schön in der Sonne geglänzt hatte, abgerissen. "Es wäre ein so schönes Jahr geworden" dachte sich der Hase. Und die Sonne ging wieder auf über dem Forst. Wie jeden Tag streichelte sie zuerst die Blätter und lies sie noch ein bisschen grüner und saftiger aussehen als sonst. Es machte ihr Spaß. Ihr Strahlen tanzten den Walzer den der Wald einstimmte. Eine Farbenfülle, eine Freude. Vögel zwitscherten. Das Leben war gut.
Magic_Peat
Ich hab auch vor ner Weile eine geschrieben:

Müde und verkatert von einer durchfeierten Nacht saß ein junger Mann vor seinem
Computer. Doch sein Kater kümmerte ihn kaum. Er hatte ein schwierigeres Problem.
Vor wenigen Minuten hatte er erfahren dass zwei seiner Freunde genau am selben Tag
in unterschiedlichen Städten ihren Geburtstag feiern. Er sah sich vor der
schwierigen Entscheidung einen der beiden enttäuschen zu müssen indem er nicht zu
seinem Geburtstag geht. Beide waren gute Freunde und mit beiden würde er sehr gern
einen lustigen Abend verbringen.
Nach Stunden des Grübelns und Abwägens kam ihm eine Idee. Ich sollte auf beiden
Parties gleichzeitig sein, dachte er.
Er musste versuchen sich über die Grenzen des Raumes hinwegzusetzen. Er musste
versuchen sich selbst zu teleportieren! Der Gedanke klang im ersten Moment verrückt
und vielleicht hatte er am Vortag auch einfach nur zu viel getrunken, aber er würde
es versuchen. Zwei Wochen hatte er Zeit das Teleportieren zu trainieren.

Und so schloss er seine Augen und konzentrierte sich. Zurückgelehnt in seinem
bequemen Stuhl schloss er die Augen und suchte sich zunächst einen Punkt in seinem
Zimmer auf den er sich geistig konzentrierte.
Zunächst gelang das nicht so ganz. Er hörte das Surren des Computers und spürte wie
sein Kopf heftig pulsierte. Ein leichter Schwindel überfiel ihn. Mit
zusammengebissenen Zähnen verfluchte er den Vodka den er gestern in so rauen Mengen
getrunken hatte. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt, jeder Muskel seines Körpers
war angespannt.
So saß er nun eine endlos erscheinende Zeit reglos da.
Nichts passierte.
„Natürlich“, dachte er sich „so was geht auch nur in den verrückten Geschichten
ausnüchternder Germanistikstudenten.“ Er trank noch einen Schluck Wasser, machte
seine Lieblingsmusik an und legte sich schlafen. Als die Musik ihn einhüllte und
langsam leiser wurde um schließlich in den Tiefen seines Gehörs verschwand, fiel er
in einen tiefen Schlaf.

Doch so leicht gab er nicht auf. Gleich am nächsten Tag versuchte er es wieder.
Diesmal war sein Geist vollkommen wach und so fiel es ihm leichter sich zu
konzentrieren.
Diesmal lag er auf seinem Bett und entspannte sich. Sein Kopf sollte frei werden,
sodass er sich nur auf den Punkt in seinem Zimmer konzentrieren konnte.
Nach einer Weile beherrschte nur dieser eine Punkt, es war eine Stelle auf seinem
Teppich, seinen Geist. Kein Geräusch, keine Empfindung störte seine Gedanken.
Langsam begann er sich vorzustellen jetzt an dieser Stelle auf dem Teppich zu
liegen. Er stellte sich vor wie er auf dem harten Boden lag und wie er mit den
Händen die kleinen, rauen fasern des Teppichs und die Wärme des Bodens spürte.
Auf diese Weise lag er nun in seinem Zimmer. Die Zeit verstrich, ohne dass er es
merkte. Stunden mussten nun schon vergangen sein. Der Gedanke an den Teppich war nun
schon so vertieft, dass es sich schon so anfühlte als läge er tatsächlich darauf.
Das Bett war für ihn nicht mehr weich, nein, das Bett war einfach nicht mehr
vorhanden in seinem Kopf. Es gab nur ihn auf dem Teppich.
Mittlerweile war es dunkel draußen. Der junge Mann schrak plötzlich hoch, als er
sich bewusst wurde dass er den ganzen Tag damit verbracht hatte nur auf seinem Bett
zu liegen.
Aber etwas hatte sich geändert. Er lag nicht mehr auf seinem Bett. Erstaunt stellte
er fest, dass er tatsächlich auf dem Teppich saß! Bin ich eingeschlafen? Habe ich
nur geträumt auf dem Bett zu liegen? Bin ich geschlafwandelt?

Die Tatsache dass er sich nun tatsächlich an einem anderen Ort im Raum befand war
so unglaublich dass es ihm zunächst Angst machte. Aber aus Angst wurde Begeisterung
es möglicherweise wirklich geschafft zu haben. Mit offenem Mund und einem
Gesichtsaudruck, als hätte er gerade die tollste Erfahrung seines Lebens gemacht,
stand er in seinem dunklen Zimmer.
Und er hatte die tollste Erfahrung seines Lebens gemacht. Dessen war er sich jetzt
sicher. Doch noch mal versuchte er es an diesem Tag nicht, dazu war er zu müde.

Aber der Begeisterung folgte Ernüchterung. In den nächsten Tagen, nach der Arbeit
versuchte er es noch mal, doch zunächst gelang ihm der Versuch nicht mehr. Ans
Aufgeben dachte er aber nicht und so schaffte er es am vierten Tag wieder, sich vom
Bett auf den Teppich zu teleportieren. Er trainierte weiter und konnte sich im Laufe
der Zeit immer schneller auf einen Punkt konzentrieren und sich dort hin beamen.
Immer weitere Strecken überwand er dabei.
Allerdings verriet er niemandem sein kleines Geheimnis und er musste auch aufpassen
wo er sich hinbeamte. Im Haus war es kein Problem solange niemand da war. Er beamte
sich in die Speisekammer um sich Essen zu holen, teleportierte sich direkt vom
Zimmer unter die Dusche, oder auf die Couch zum Fern sehen.
In der Stadt beamte er auf Hausdächer und in verlassene Ecken in Parks.

Endlich war der Tag der Parties gekommen und er sagte jedem der beiden Freunde er
käme zu seiner.
Um die Orte zu wechseln musste er vorgeben, sich draußen erleichtern zu gehen oder
auf dem Klo zu sitzen, was sich mit der Zeit schwierig gestaltete, weil er hin und
wieder längere Gespräche hatte, während er auf der jeweils anderen Party in
Erklärungsnot kam, wo er denn so lange gewesen sei.
Schließlich entschied er sich nicht zuletzt wegen der vielen Biere die seine Zunge
lockerten, sein kleines Geheimnis seinen engsten Freunden zu verraten. Sie hielten
es natürlich für einen Scherz. Blöde Späße waren sie von ihm gewohnt, also dachten
sie sich nichts dabei. Bis er es ihnen zeigte. Die meisten waren zunächst
schockiert, nicht nur über seine Fähigkeit sondern auch über den Anblick. Was der
junge Mann nämlich nicht wusste, war wie das Beamen überhaupt von außen aussieht.
Sein ganzer Körper verzog sich dabei für den Bruchteil einer Sekunde wie ein
Fernsehbild beim Ausschalten bevor er einfach verschwand. Ein sehr groteskes
Schauspiel.
Natürlich war er jetzt das Highlight der Party für seine Freunde und er musste das
Beamen immer wieder zeigen. Nach einigen malen wurde es auch immer anstrengender und
ihm wurde auch langsam schwindlig bei der Sache, sodass er zunächst erstmal auf
einer der Parties blieb, bis er langsam müde wurde und sich entschied ins Bett zu
gehen.
Er verabschiedete sich von der einen Party und beamte sich noch ein letztes mal zu
der zweiten um sich auch dort zu verabschieden.
Dort waren schon viele nach Hause gegangen und der kleine Rest war entweder im
Gespräch vertieft oder schon so betrunken dass ihnen beim Abschied nicht auffiel das
etwas an ihrem beamenden Freund anders war als sonst.
Als der junge Mann vor die Tür trat, sah er noch einmal in die sternklare Nacht und
atmete die kalte, erfrischende Abendluft. Er fragte sich ob er sich vielleicht auch
eines Tages in eine Raumstation beamen könnte und malte sich aus welche
fantastischen Orte auf der Welt er noch bereisen könnte, ganz ohne Geld und in
kürzester Zeit.
Auf seinem leicht verzerrten Gesicht (welches seine Angetrunken Freunde wohl nur für
eine Täuschung ob ihrer Betrunkenheit hielten) zeichnete sich ein breites,
zufriedenes Lächeln ab, bevor er die Augen schloss um sich direkt ins Bett zu
teleportieren.
Er kam niemals dort an.
the cat empire
Mein digitaler Tag


Oder warum die Realität total überbewertet wird



Heute Morgen bin ich aufgewacht und meine Gedanken drehten sich um die Probleme des Lebens. Mein Kopf verwies schmerzend auf die vorangegangene Nacht und den darin platzierten gescheiterten Versuch, das Grauen der Welt in einem Bierglas aufzulösen. Ein einziger klarer Gedanke presste sich durch meine verkaterten Gehirnwindungen: Heute belaste ich mich nicht mit der Realität, heute bastele ich mir einen Tag, ganz wie er mir gefällt. Schon lächelte mir mein Computer aufmunternd zu, als wolle er sagen: Ich heile deine Wunden! Kurz davor hatte er sich mit leiser Musik in mein Bewusstsein gedrängt – automatischer Weckdienst. Ich beschloss, an diesem Tag nicht vor die Tür zu gehen.
Der Anfang war schwierig, denn mein Kühlschrank verweigerte mir, wie üblich, jegliche Frühstücksmöglichkeit. Egal, dachte ich, und bestellte mir Kaffee und ein Stück Apfelkuchen im Café um die Ecke. Online, versteht sich. Noch vor ein paar Tagen musste ich dort auf eine servicewillige Bedienung warten, wurde mir im hastigen Vorbeigehen auf den Füßen herumgetreten und der Ausgang durch herumlümmelnde Vierbeiner versperrt. Heute klingelte es keine zehn Minuten später an meiner Wohnungstür. Zum Kuchen klickte ich mich durch sämtliche mir bekannten Onlineausgaben von Zeitungen, sehr darauf bedacht, nur die guten Nachrichten herauszufiltern. Wie viel Zeit ich da doch sparen konnte! Derart motiviert, wendete ich mich meinem Sozialleben zu. Ich chattete mit einer mir bis dahin unbekannten Person mit dem wunderschönen Namen Partygirl24 über Diskos in Darmstadt, diskutierte in verschiedenen Foren über Heißwachsenthaarung und schrieb endlich wieder E-Mails an meine alten Freunde. An die, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte und auch nicht vorhatte, dies zu ändern. Doch dann – ein klirrendes Geräusch aus dem Flur. Der Anruf meiner Freundin Thea störte mich in meiner kommunikativen Hochphase. Keine Zeit, rief ich und knallte den Hörer auf die Gabel, was ja genau genommen die dafür vorgesehene Ladestation war. Ich eilte zurück in mein Zimmer, schließlich warteten noch ein paar alte Bekannte auf die schriftliche Zusammenfassung meines Lebens.
Von draußen drang ein weiteres, diesmal dumpfes Geräusch an mein Ohr. Ein Glockenschlag? Dann war es höchste Zeit für einen Snack. Jetzt ersparte ich mir den aussichtslosen Gang in die Küche und ersurfte mir sogleich mein Mittagessen. Dazu gab es Musik vom Livestream und eine Portion Adrenalin. Ich hatte versucht, bei einer Internetauktion eine Sonnenbrille zu ersteigern. Drei, zwei, eins … und sie war weg. Na und? Ich hatte sowieso nicht vor, sie zu benutzen. Mein Zimmer war angenehm kühl, durch die schmalen Ritzen meines Rollos schafften es nur sehr wenige Sonnenstrahlen herein. Ich fühlte mich so sicher, wie schon lange nicht mehr. Den Rest des Nachmittags widmete ich mich bunten Bildern und recht eindringlichen Videos im Netz, je schräger desto erfreulicher - bloß schön realitätsfern. Ich lachte viel und laut. Wann hatte ich das letzte Mal soviel Spaß? Ich wusste es nicht mehr und es war mir schon lange egal. Denn gegen sechs war meine heile Welt perfekt eingerichtet, alle Ungerechtigkeit war verschwunden oder war von Anfang an nur ein Hirngespinst der miesepetrigen Intriganten aus der Außenwelt. Fünf Minuten davor hatte ich beschlossen, nicht mehr zu denken.
Meine neu gewonnene Geistesfreiheit machte furchtbar hungrig. Die Pizza, sonst beim dauerflirtenden Italiener erstanden, kam direkt ins Haus. Kalt und ohne Extraportion Käse. Sei’s drum, säuselte ich vor mich hin, mein Leben war innerhalb eines Tages zum Paradies geworden und ich hatte nicht vor, diesen Zustand wegen ein paar fehlender Proteine aufzugeben. Das einzig störende waren meine Freunde. Die fingen an, mir gewaltig auf die Nerven zu gehen, ich sollte rausgehen und mich amüsieren. Ja wussten die denn nicht, dass die Zukunft digital daherkommt? Das Internet hatte mir die Hoffnung zurückgegeben und mir eins klar gemacht: Die Welt ist so gut, wie man sie sieht. Und sieht man sie gar nicht ist man entweder blind oder aber der glücklichste Mensch der Welt.
Für morgen habe ich mir übrigens vorgenommen, auch auf die lästige analoge Nahrungsaufnahme zu verzichten.
Chris
@TCE:
Interessant, interessant. Das ist schon ganz schön auf die Spitze getrieben smile.gif
@magic peat:
Gefällt mir. Klingt etwas traurig, irre ich mich da?


Der Tag an dem ich mich selbst besiegte

Ich wachte auf. Eigentlich war es noch kurz vor dem Aufwachen. Es war kein guter Tag. Ich denke, jeder von uns kennt so einen Tag, bei dem man schon vor dem Aufwachen weiß, dass man eigentlich im Bett bleiben und durchschlafen sollte. Ich - wachte auf. Es empfing mich eine eigentümliche Atmosphäre. Es war kalt. Nicht etwa zu kalt, sondern eher so klamm-kalt, wie es einem kalt den Rücken hinunterläuft. Vor meinen Augen tanzten Flecken, die Farben hielten sich zurück, es manifestierte sich ein grauer Brei, der scheinbar auch auf meinen Mund zu legen schien. Schmeckt wie tote Oma. Etwas faulig. Langsam schälte ich mich aus dem letzten bisschen Rückhalt, meiner Decke, die mir die Nacht noch hinterlies und stolperte hinaus in mein graues Zimmer. Lichtdurchflutet? Fehlanzeige. Der graue Brei vor meinen Augen wollte nicht aufhören. Ich blickte durch's Fenster. "Es müsste mal wieder geputzt werden", dachte ich so bei mir und blickte auf das Grau das dahinter lag. Ich versuchte die hässlichen Eindrücke zu vertreiben. Ich dachte an den bevorstehenden Tag. Grauer Brei. Ich dachte an meine Freundin. Grauer Brei. Ich dachte an die Ärzte. Grauer Brei. Alles was mir dazu einfiel war, dass ich weg musste. Weg von diesem Grau. Der Boden knarrte verächtlich, als ich das Zimmer verließ. In der Dusche funktionierte kein Licht. Eine ausgedehnte lange, warme Dusche hätte mich noch vor dem Tag retten können. Das nicht vorhanden Licht schaffte es aber meine Stimmung am Boden zu halten. Lustlos sammelte ich im Kühlschrank die Reste des Vortages ein um sie auf mein hartes Brot zu legen. Auch hier. Grau in Grau. Selbst das Brot schmeckte grau. Der Boden knarrte abermals verächtlich, als ich das Zimmer wieder betrat. "Jaja, du mich auch". Ich trat ihn mit Füßen. Ich trat ihn nochmal. Nicht dass mich das befriedigt hätte, aber es machte es auch nicht schlechter. Ich trat noch mal zu. Ich stellte mir vor, wie das Grau des Bodens bei jedem Tritt über meine Füße auf meine Beine floß. Ich hörte mit dem Treten auf. Und er knarrte verächtlich. Ich begann mich auf die stilistischen Dinge des Tages zu konzentrieren. "Ob ein graues Hemd zu einer grauen Hose passt"? Ich hatte gar keine graue Hose. Aber irgendwie schon. Graues Hemd, graues Hemd, graues T-Shirt, graues T-Shirt, graue Jeans, graue Stoffhose, graue Jeans. Eine Kombination erschien mir nicht schlechter als die andere - aber auch nicht besser. Ich streifte mir etwas über. "Passt schon". Ich zog meine Schuhe an - irgendwie könnten sie auch mal wieder geputzt werden. Ich entdeckte einen kleinen Fleck auf meiner Jacke. Ich suchte meine Schlüssel. Ich suchte mein Handy. Ich suchte, ich suchte, ich hatte doch schon alles. Mißmutig stolperte ich den grauen Flur entlang. Mißmutig drückte ich die Knöpfe des Aufzuges. Mißmutig öffnete ich das Tor, das bislang die Außenwelt von der Innenwelt trennte. Ich stellte fest, dass diese Trennung nicht nötig sei, empfing mich draußen doch das selbe kalte Grau, wie ich es drinnen gewohnt war. Ich schleppte mich die Straße entlang. Über mir versuchte die Sonne die Wolkendecke aufzubrechen, brachte aber nur einen jämmerlichen Lichtschein hervor. Die Wolken hielten dicht. Die Straßen waren menschenleer. Alles was hier wohnte war das Grau.
Lejanni
diese tristesse kenne ich und du hast das sehr gut beschrieben
Chris
Zitat(Lejanni @ 12 Jan 2008, 15:36)
diese tristesse kenne ich und du hast das sehr gut beschrieben
*

Danke.
Magic_Peat
Zitat(Chris @ 10 Jan 2008, 10:44)
@magic peat:
Gefällt mir. Klingt etwas traurig, irre ich mich da?
*

Danke danke smile.gif Find deine Geschichte auch schön! Ich weiss nicht ob man es traurig nennen kann. Ich fand den Gedanken einfach zu verschwinden ziemlich interessant.
Allerdings könnte mein Schreibstil etwas weniger stümperhaft sein. Waran dem Tag selber erst am ausnüchtern, da hats mit der Artikulation nich so hingehauen.
zorronte
Bis zum nächsten Mal ... smile.gif
#npnk
*pippi im auge*

wunderschön
the cat empire
Schön.
JustOneDay
/nothing
incurable
Sie starrt mich an!
von/für methoni

Sie starrt mich an. Dann wendet sie sich ab. Sie läuft zum Küchenschrank, öffnet eine der oberen Schubladen und holt einen abgewetzten Holzlöffel heraus. Das Ding ist so alt, dass es sogar schon ein Loch hat. Sie schaltet den Herd ein. Und schweigt mich an.
Frustriert schüttelt sie jetzt die Tüte, die die jetzt noch pulverisierte Soße enthält, die es wahrscheinlich später noch zu Essen geben wird. Wenn ich ihren Gesichtsausdruck betrachte, frage ich mich, ob es klug sein wird, diese Soße essen zu wollen.
Die Mikrowelle meldet sich. Das Hackfleisch ist fertig.
„Brauchst Du Hilfe“: frage ich. „Sieht das so aus“: antwortet sie: „Meinst Du vielleicht, ich brauche dabei Hilfe. Meinst Du das?“
Was antwortet man eigentlich am besten in einer solchen Situation. Ich schaue auf den Boden und entscheide mich dazu, besser nichts mehr zu sagen. Sie wendet sich wieder dem Soßenpulver zu, das nach Änderung seines Aggregatzustandes heute noch meine Magenschleimhaut verätzen wird.
„Ich kann es auch lassen“: sagt sie in die Stille des Raumes: “Du musst nicht hier essen. Du kannst ja auch gehen. Vielleicht sollten wir uns überhaupt trennen“ Im Umdrehen fügt sie etwas leiser hinzu: “Fieser Fiesling.“
Sie holt die Gewürze aus dem Schrank. Zuallererst den afghanischen Pfeffer. Und ich bekomme Angst. Während ich ihr beim Würzen zusehe, frage ich mich, ob man einen Hirntod eigentlich auch durch Gewürze ausgelösen kann. Liebevoll schlägt sie jetzt auf das Hackfleisch in der Pfanne ein. Ich mag Püree. Vor allem mit Petersilie. Ganz besonders wenn man gleich den gesamten Bund in die Pfanne wirft. Sie schmeckt das Essen ab und ich fürchte, dass ich wahrscheinlich heut hier der Einzige bin, der dies auch essen wird. Muss. Als Wiedergutmachung. Als Ausgleichsschmerz, quasi. Das sagt zumindest ihr Gesichtsausdruck. Aber ich werde das durchstehen. Ich habe sowieso keine Wahl.
Ihre Zunge gleitet jetzt nicht mehr über den Löffel. Ihre Augen fangen an zu tränen und obwohl sie versucht es zu unterdrücken, höre ich das Röcheln. Es wird kein einfacher Abend. Aber was tut man nicht alles für Sex. Ha, aber ich weiß etwas, das Du nicht weißt Fräulein. Ich bin seit Tagen nicht geduscht. Für Dich wird es auch kein einfacher Abend.
Da steht das Essen auf dem Tisch. Das ist eigentlich das Letzte woran ich mich erinnern kann. Ein paar Stunden erwache ich im Krankenhaus. Eine Magensonde sorgt für meine Ernährung. Seitdem. Immer noch will mir keiner erzählen, was eigentlich passiert ist. Aber sie ist jetzt wieder freundlich, besser vielleicht friedlich. Ich werde wohl erstmal von einer Anzeige absehen. Was tut man nicht alles für Sex. Und den habe ich jetzt mehr als je zuvor. Ein schlechtes Gewissen ist keine so schlechte Sache, vor allem wenn es die eigene Freundin hat und weiß, das mich ein guter Beischlaf immer besänftigt.*

*keine wahre Begebenheit
onkelroman
Zitat(incurable @ 31 Aug 2009, 09:03)
Ich bin seit Tagen nicht geduscht. Für Dich wird es auch kein einfacher Abend.
lol.gif


vermutung: sie wusste das und hat deswegen mit dem afghanischen pfeffer richtig zugeschlagen, weil sie die obligatorische waschprozedur im krankenhaus kennt und nur so vermeiden konnte, dich zum duschen überreden zu müssen..
Narziss
Spurensuche

Die Herbstsonne scheint. Scheint fast schon eine Wintersonne zu sein, doch sie ist warm und hell, das ist entscheidend. Auf meiner Windschutzscheibe erleuchtet sie den Staub der Alltäglichkeiten und ich sehe jetzt kaum etwas. Ein Tippen, ein Surren, Wasser und zwei fröhlich winkende Wischerarme klären den Blick. Die Herbstsonne scheint und etwas bleibt. Nicht außen, sondern innen. Spuren werden sichtbar, Fußspuren an meiner Windschutzscheibe. Sie zeigen kleine knubbelige Zehen. Man darf sie nicht so nennen, dann werden sie traurig. Aber sie sind auch hübsch, das darf man sagen. Die Spuren die sie zeigen, sind Spuren des Sommers. Die Leichtigkeit einer Reise. Während im Watt alle Erinnerung daran längst davongewaschen sind, kann man sie hier plötzlich sehen; im Licht der Herbstsonne.

Die Herbstsonne scheint. Scheint verschluckt vom Schlamm des Teiches, dessen Wasser man abgelassen hat. Die Fische darin (es waren Karpfen) werden in klares Wasser gesetzt für einige Tage und dann verkauft. Das heißt natürlich, dass man sie essen wird. Einige Tage müssen sie dazu hungern, damit man den Schlamm in ihnen nicht mehr schmeckt. Damit man nicht an den Teich denkt in dem sie schwammen und die Fahrt mit dem Ruderboot über ihre Köpfe hinweg. Mit einem Fisch sollten nicht auch die Erinnerungen an den Sommer verschlungen werden.

Die Herbstsonne scheint. Scheint auf die Dächer der Stadt und kann nicht verbergen, dass ihr die Kraft des Sommers fehlt. Ich las ein Gedicht in einem Tourismusprospekt. Daneben eine halbnackte Frau. Ich faltete sie nach hinten, hätte sie am liebsten von den Zeilen getrennt, die sie so offen pervertierte. Sie stand gegen Simon Dach. Er schreibt von Liebe. Wie sie anzugehen sei, in heimlicher Verschwiegenheit. Kein Blick darf sie verraten, soll sie bestehen. Dem barocken Dichter weht Moderne um die jahrhundertealten Zeilen. Er weiß nicht, dass nur weniges in Erinnerung bleibt, wenn man davon schweigt.

Ich habe versucht die Fußspuren an meiner Windschutzscheibe zu fotografieren. Auf dem Bild sind sie nicht zu sehen. Wenn man Geister beweisen will, sind sie auf Fotos nie zu sehen. Am besten man schweigt dann über sie – dann gilt man wenigstens nur vor sich selbst als verrückt.
Narziss
Von Atomen und Elefanten

Karl-Friedrich Sonnenberg pickt ein funkelndes Krümelchen vom staubigen Boden. Hält es gegen die Sonne und dreht es zwischen Daumen und Zeigefinger. Das ist noch lange nicht klein genug für Herrn Demokrit. Noch lange nicht klein genug. Hier kommt Sonnenberg mit Hammer und Axt allerdings auch nicht weiter. Diese klobigen Werkzeuge bieten nicht annähernd die Wucht und Schärfe, die ein vorsokratischer Geist einst aufbrachte.

Aber was soll man auch machen, wenn alle Gedanken schon gedacht sind. Richtig! Man zerlegt sie in ihre Bestandteile und bastelt sich neue. In diesem Fall lag schon ein gutes Stück in Trümmern. Seine ganze Seele hatte Sonnenberg zerdroschen. Am Anfang war das wirklich schwer. Da hat er sie vor sich hingestellt. Groß und glatt war sie. Nur hier und da trübte ein blinder Fleck den feurig glänzenden Würfel. So legte der wissbegierige Karl auch schon los. Schlag auf Schlag mit dem fast meterlangen Spalthammer; und die Schale des scharfkantigen Kubus war verdammt hart. Da gab es aber auch einen ersten Riss und peng! lag das zwei Meter große Teil in zwei. Wer dem stofflichen Kern dieser Welt auf die Schliche kommen will, muss eben auch zu Opfern bereit sein.

In der Antike, gar noch der späten Neuzeit, machten sich die Denker daran, Grenzen zu finden, die dem Universum einen festen Stand geben. Die Götter hatten das ja oft vernachlässigt und den kippligen Beinen der Welt nur ein paar Elefanten untergeschoben. Das konnte unmöglich artgerecht sein – hier mussten Naturgesetze her. Da rechnete man nun und dachte nach und formulierte das Chaos trotzig in seine Schranken. Die galt es seither auszubauen.

Átomos, sagt nun Karl-Friedrich Sonnenberg leise und setzt sich auf den Scherbenhaufen seiner selbst. Der alte Demokrit wusste, dass die menschliche Seele wie alles andere aus unteilbaren Bausteinen besteht. Nun nimmt die Seele aber über Sinne auch andere Atome wahr. Und Sonnenberg hatte eben diese Idee, so ist er, voller Ideen und Ungeduld. Er wollte nicht warten, bis fremde Atome als Sinneseindrücke zu ihm kämen. Er wollte seine Seele selbst als Staub im Kosmos verteilen und die Erkenntnis desselben darin binden.

Jetzt hat er seinen großen Hammer auf dem Schoß liegen, die blitzeblanke Axt zu seinen Füßen, und merkt, dass es so nicht geht, dass die viel zu großen Stücke noch immer Träge am Boden liegen, statt luftig ins All zu steigen. Sein Anliegen kommt Karl-Friedrich jetzt zunehmen fragwürdig vor. Selbst wenn er sein Innerstes auf Atomgröße prügelt, was wusste denn ein alter Grieche von Teilchenphysik? Hatte man nicht längst in riesigen Röhren die winzigsten Winzlinge in weitere Stücke geschossen und damit nur wieder kleiner Komponenten gefunden? Sonnenberg wird jetzt schwindlig und das zu recht. Am Ende gibt es ein Ende überhaupt nicht. Da ist das Universum vielleicht nach oben und unten offen. Sonnenberg befürchtet, er müsse seine Seele in unzählig viele, unendlich kleine Teile spalten; das nimmer endende All damit bedecken… da fällt er auch schon in Ohnmacht unser Karl und mit dem Kopf genau in die Schneide seiner blitzeblanken Axt.

Doch während dem Grübler Sonnenberg so langsam das dicke rote Blut aus dem Schädel quillt, sieht er noch etwas Schönes. Er sieht wie der Schutt seiner Seele endlich zu einem kupferroten Nebel zerbirst und sich gen Firmament erhebt. Karl-Friedrich Sonnenberg nun mittendrin. Unten liegt sein fahler Leib mit der Axt im oberen Ende und einer hübschen dunklen Lache drumrum. Da geht sie auch schon los seine rasante Reise ins schwarze Universum mit den spitz blinkenden Sternen. Und als sich Sonnenberg noch einmal umdreht – kurz bevor er das Sonnensystem verlässt – da glaubt er unter der blauen Erde vier Elefanten zu erkennen, die ihn fröhlich prustend grüßen.
abadd0n
Du hast Kraft. Nimm Dir aber mehr Zeit, noch mehr Worte. Die Sache mit dem Karpfen und dem Schlamm hat mir weh getan beim Lesen. Mich berührt selten was. Mach weiter! Und: Besuch mich mal am 29.11., da ist phil. Stammtisch, das wird Dir gefallen und lernst drei nette Menschen kennen.

~abakrit
Fuchs
der erste text erscheint als adoleszenter versuch - aber ein guter. der zweite ist stark! nicht mehr wörter, sprache und stoff sind dicht genug. auch wenn ich nicht mit allen denkansetzen übereinstimme, bleibt das geistige nahrung. meide den philosophischen stammtisch, aber lass uns ruhig mehr sehen. du machst es wieder lohnenswert, in diesen thread zu schauen, den ich sonst zu meiden bemüht war...
Stormi
Wieso ist denn der philosophische Stammtisch zu meiden?
Fuchs
mir persönlich gefällt die diskussionkultur nicht. desweiteren scheinen seine gedanken rund und fest zu sein. kein grund, sie zu zerpflücken und mit altbackenem theoretischen kleinod zu behandeln. manchmal sind die drei leute natürlich auch nett. und wenn man ein wenig über anderes - im sinne von nicht eigenes - sinnieren möchte, ist das alles dringend zu empfehlen. narziss is aber schön und ganz. wie faust, den deutschlehrer jahr für jahr ruminterpretierend vergewaltigen. ich höre lieber in mich rein, als draußen mit den falschen leuten geistige kriege zu führen. bin ja innen schon komplex genug... allerdings is das ansichts- und geschmacksache. war auch nur ein tipp meinerseits smile.gif genug offtopic...

edit: btw steht am 29.11. cubanischer abend bei euch im programm huh.gif
Narziss
Danke, danke erstmal für die Reaktionen. Eine schöne Idee so ein Kurzgeschichtenthread. Viele Ideen kritzelt man einfach ins (mentale) Notizbuch und vergisst sie dort. Hier kann man sie teilen und tauschen.
Stichwort Schlamm: Das Leben ist kein Poesiealbum; das ein Absatz darüber. Der zeigt, dass man mit einem Blick in eine andere Richtung aus schwebenden Gedanken auf einen Tatsachenboden zurückgeworfen werden kann.
the cat empire
Abwarten

Wenn Worte nicht zählen und Köpfe nicht wählen
wenn Augen genügen und Herzen sich wiegen
wenn die Sonne scheint, obgleich die Fenster vereisen
wenn einsame Seelen die Umarmung preisen

Dann
aber wirklich erst dann
ist es Zeit
die Dinge ernst zu nehmen

Dann musst du lächeln
Fuchs
zweiter teil ist sehr gut gelingen, nur leider ist der reim nicht fett sad.gif
Narziss
Gegenstück (zu the cat empires Gedicht)

Das also war des Pudels Kern. Ein dunkelroter Rinnsal schlängelte sich von der Mitte des Küchentischs zur Kante, von wo er in dicken Tropfen zu Boden fiel. Patt, Patt, Patt! Ich hatte den Pudel beim Einparken vor dem Haus übersehen und ihm unter dem Reifen meines Autos offenbar das Genick gebrochen. Ich war nicht sonderlich konzentriert in den letzen Wochen. Nein, im Gegenteil, ich war überhaupt höchstens vier Stunden täglich ansprechbar. Warum ich das Tier dann in eine grüne Decke aus meinem Kofferraum wickelte, weiß ich heute nicht mehr. Patt, patt, patt… Mit der Küchenschere schnitt ich dem Hund den Bauch auf. Es berührte mich seltsam wenig; ich war sonst so empathisch, dass ich Fliegen mit dem Saftglas fing. Aber was da nun vor mir lag, war längst zu einem Untier geworden. Der Pudel als solcher kann ja als die fleischgewordene Dekadenz menschlichen Handelns betrachtet werden. In diesem Köterklischee konnte ich weit weniger das Tier als vielmehr einen Menschen ohne Geschmack erkennen. Hier hatte ich keine ethischen Bedenken, sie waren rein ästhetisch. Patt, patt, patt!

Nun also war klar, dass der Teufel nicht im Pudel steckte. Logisch: Als Kind schon lernte ich, dass ein Versteck beim zweiten Mal zur Falle wurde. Im Inneren des Hundes befand sich lediglich ein toter Vogel. Genau konnte man ihn nicht mehr erkennen, es könnte ein Spatz gewesen sein. Bestimmt war der Hund daran erstickt und ich hatte keine Schuld an seinem Tod. So ist das wohl im Leben. Du wirst verschlungen und mit Glück bist du bald Teil jener warmen weichen Masse, die gewöhnlich Scheiße heißt. Mit Pech Kotzt dich die kranke Welt unzerkaut wieder aus und du darfst erneut darauf warten, in ihrem gierigen Schlund zu landen. Aber dieser Vogel, der hatte es vielleicht geschafft. Hatte sich und diesen Pudel gerettet. Kleiner klebriger Held. Patt, patt, patt.

„Jaha! Wenn ich ein Vöglein wär…“, der Dicke saß auf meinem Sofa und lachte. „Was denkst du jetzt, wer du bist? Der Vogel oder der Hund? Ich wette, du bist gerade auf dem Vogel-Trip!“ Der Dicke hatte recht. Außerdem Augenringe und einen Siebentagebart. Ich sah den Alten dennoch zuweilen gern. Zum ersten Mal vor drei Wochen. Da versuchte ich, mich gerade zu betrinken und baute ein Regal zusammen. Das ging erstaunlich gut, bis zu dem Punkt, wo man die Nägel in die Rückwand schlagen musste. Die Nachbarn schliefen ja schon. Das war der erste Moment, in dem der Dicke mich auslachte. Dann kam er öfter und heiterte mich auf. Ich hatte ja immerhin kein Bild mehr. Also zumindest, wenn man mein Leben in letzter Zeit als solches betrachten wollte. Eine wirklich hübsche Skizze war das mit vielen interessanten Aspekten. Aber dann sagte mir der Fluchtpunkt eines Abends, dass er lieber woanders wäre und fiel aus dem Rahmen. Peng! Stürzte das Ganze in sich zusammen. Sicher, die einzelnen Teile waren noch da, aber ohne Fluchtpunkt fehlte ihnen jegliche Perspektive.

„Naja, hat sie dich halt verlassen“, sagte der Dicke, und ich weiß, dass er nur versuchte, mich aufzubauen. Aber die Elefanten. Immer, wenn ich jetzt Elefanten sehe werde ich weinen. Gott, was habe ich an dem Abend geweint wie nicht mehr, seit ich ein Kind war. „Das ist das Leben, mein Freund. Glück macht träge. Da kannst du die Museen und Bibliotheken gleich zumachen. Ihr würdet alle lallend in einer Höhle dauerficken.“

Patt. Patt. Langsam hörte es auf, zu tropfen, und ich überlegte, ob ich den Vogel und den Pudel vergraben sollte. Beide zusammen? Oder nur den Vogel. Tapferer klebriger Kerl. Ich stellte mir vor, wie er wohl im nächsten Frühjahr gesungen hätte. „Wirf das jetzt in die Mülltonne, du machst doch alles dreckig hier!“ Der Dicke fing an, mit Küchenkrepp das Blut aufzuwischen. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Ich sah in den Pudel und dachte, dass der Teufel wahrscheinlich kein Sadist sei. Nur eine andere Vorstellung vom Leben hatte er. Davon was wir brauchen, damit es weiter geht, was die Kugel am drehen hält.

Als der Dicke das Blut aufgewischt hatte, wickelten wir den Pudel wieder in die grüne Decke. Und vergruben ihn im Hof. Den Vogel ließ ich drin. Ich weiß nicht, ob es in seinem Sinne gewesen wäre. Ich weiß nicht, was passiert war. Zweifel ist der beste Freund des Status Quo – der Dicke lachte wieder. Er lacht gern. Vielleicht mache ich das ja auch eines Tages: wieder lachen. Wahrscheinlich sogar. Aber kann das des Pudels Kern sein? Lachen, Weinen und erkennen, dass man letztlich nur gefunden wird, falls jemand einem Hund den Bauch aufschneidet?
the cat empire
(dies ist so sehr das Gegenstück zu Narziss' Text wie des Pudels Kern zu "Abwarten")


An einen Luftikus

Aus Luft bastel‘ ich dir einen Kuss
Und drück ihn durch die Windungen meines Computers
Direkt in deine fernen Hände
Wo du ihn beliebig formen kannst

Mach ihm Eselsohren, besudel‘ ihn mit Fett
Doch zerdrück‘ ihn bitte nicht
Denn wenn die Luft erst mal entwichen ist
Bleibt nichts das du mir zurücksenden könntest


#npnk
letztens mal im wettbüro abends dem zorronte übern weg gelaufen...netter kerl

und jetzt, meine häsl...
schreiben! schreiben! schreiben!
Euronymus
War unterhaltsam zu lesen. Aber irgendwie sollte mal der Unterschied Kurzgeschichte zu Kürzestgeschichte erläutert werden, denn eine echte Kurzgeschichte hab ich hier noch nicht gesehn.

...und noch ne Off-Topic-Literatur-Frage: Kann eine Autobiographie in Novellenform geschrieben werden? g.gif
BiteTillBlood
Nur ein Sprung

"Na komm schon! es ist ganz einfach!", meinte er und balancierte auf dem Geländer. Sie lächelte ihn an.
"Komm da runter! Komm schon runter man!", meinte sie.
Er lächelte zurück.
"Wenn ich jetzt springe, und dann ein Zug kommt! Ey, dann geht's schnell!", grinste er.
Sie lachte. "Ja! Und wenn du Pech hast erwischt es dich so das du noch ein paar Momente alles voll Mitkriegst.”
Er blickte sie mit einem sarkastischen Lächeln an. “Das ist sehr unwahrscheinlich!” Sie grinste und zuckte mit den Schultern.
“Bitte! Wie du willst!”, meinte sie und lehnte sich an das Geländer.
“Glaubst du das du es dich trauen würdest?”, fragte sie.
Er schwang sich zu ihr herab und setzte sich auf das Geländer.
“Weiß nicht! Ich kann mir nicht vorstellen wie es sein könnte!”
Er schaute sie genau an
“Wie Bungeejumping! Nur dass das seil fehlt und wirklich bis zum Boden fällst!”
Sie drehte sich zu ihm um.
Er nickt nur.
“Ja! Wahrscheinlich! Und würdest du es dich trauen? Würdest du?”
Sie setzte sich nun auch auf das Geländer.
“Wahrscheinlich! Aber dann alleine und nicht für oder mit jemand anderem!", meinte sie.
Er nickte.
"Ja wie diese Pärchen die gleichzeitig springen wollen!"
Sie musste lachen.
"Ja, aber springt einer nur eine Sekunde zu früh dann ist der andere voll angeschissen!"
"Genau! Wie krank!", meinet er und stellte sich wieder auf das Geländer.
"Genauso krank wie die, die wegen einer gescheiterten Liebe springen. Alles Kranke!", fügte er mit einem grinsen hinzu und half ihr sich auch hinzustellen.
"Ich bin sicher wenn uns jetzt wer sieht der denkt doch auch das wir auch so kranke sind!", meinte sie.
Er nickte.
"Wollen wir?", fragte sie.
Er nickte wieder.
Die beiden holten tief Luft und schlossen die Augen ...





Am Ende der Welt

Mein Schiff gleitet vorwärts.
Die Glocke läutet, denn das Wasser ist so kalt und klar wie nie zuvor ; und um mich herum nur Felsen aus Eis.
Mein Schiff gleitet weiter, weiter hinein in das dunkle des gefrorenen Wassers.
Hinein in eine schwarze Höhle, an deren Decke die Sterne zu tausenden funkeln.
Sie spiegeln sich auf der klaren See, das Wasser und Himmel verschmelzen zu scheinen.
Sie locken dich tiefer in die Finsternis, bis sich alle Gedanken zu verflüchtigen scheinen.
Vergiss nichts!
Erinnere dich!
Lass deinen Gefühle aufkommen und aus einem Gefühl Hoffnung werden.
Gib der Hoffnung die Chance zu einem stillen Gedanken zu werden.
Glaube an ihn bis er ein stilles Wort wird und lass es wachsen, lass es lauter und lauter werden, bishin zu einem Kampfgeschrei.
Ich schaffe es, ich brauche nicht lebewohl zu sagen!
Ich lasse die Sterne erzittern und das dunkel schwanken.
Bis ich zu einem Wasserfall komme.
Doch ich muss mich nicht fürchten.
Ich gleite in die Tiefe.
Mein Schiff dreht sich, doch das ist gleich
Ich werde nicht Lebewohl sagen, denn das Wasser wird emporsteigen und ich auf ihm gleiten.
Mein Gefühl ist hier, auch wenn um es kein anderer weiß, so werde ich es nicht vergessen.
Meine Erinnerungen werden stärker, bis ich sie vor mir sehe.
Und so kehrt sich das Wasser und ich bin auf ihm.
Ich bin zurückgekommen, zurück zum Anfang.
Zum Himmel der Himmel, zum Baum Namens Leben.
apfelchaos
Es ist morgens halb 8. Sie erwacht aus einem gewohnt unruhigen Schlaf und fühlt sich fremd im eigenem Bett. Es ist kalt im Zimmer. Die Heizung ist zwischen 4 und 10 Uhr ausgeschaltet. Sie überlegt, ob Sie es wagt, die Augen noch einmal zu schließen und dabei zu riskieren, länger als 30 Minuten wegzunicken. Sie entscheidet sich dagegen, um nicht zu spät zum Frühstück zu erscheinen. Sie fragt sich zum ersten Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Als Sie ihren Fuß auf die Treppe ins Untergeschoss setzt, betritt Ihr Vater das Haus. Er hat die Gänse gefüttert. Ihre Mutter bereitet das Frühstück vor. In der Küche wird Sie von Ihrer Schwester angesehen, als wäre es unfassbar selten, dass Sie zum Frühstück erscheint. Sie fragt sich zum 2. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Die Gespräche am Tisch sind seicht. Sie hält sich weitestgehend zurück überhaupt etwas zu sagen. Ihre Mutter befiehlt Ihr, sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Doch nicht in einem Satz, sondern einem 2-minütigen Monolog über Ihr Erscheinungsbild. Sie fragt sich zum 3. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Nach dem Frühstück überlegt Sie, wie Sie dieses Jahr das Problem, welches nun auftaucht, löst: Der Weihnachtsbaum. Wo soll er hin. Dass Sie ihn schmücken wird, steht außer Frage, das macht Sie seit 15 Jahren allein. Sie fragt vorsichtig die Schwester, ob die Mutter sich darüber schon geäußert hätte. Die beiden sind die einzigen Mitglieder in ihrem Mutter-Tochter Club, Sie wurde nie aufgenommen. Vielleicht hat Sie das Aufnahme-Ritual nicht bestanden, wenn es denn eins gab. Sie bekommt keine Antwort und fragt sich zum 4. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Die Zeit vergeht schnell. Zum Mittag gibt es Kohlrabi-Eintopf. Sie mag keinen Eintopf, das wissen alle. Deswegen wird Ihr auch besonders viel aufgetan. Sie spühlt jeden dritten Happen mit einem Schluck Wasser runter. Die Mutter versucht ein Streitgespräch über ihre Kochkünste zu beginnen, indem sie Ihr vorwirft, dass Ihr nie etwas schmecke und warum man überhaupt noch koche. Sie ignoriert es und fragt sich zum 5. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Sie fasst sich ein Herz und fragt die Mutter, wo der Weihnachtsbaum dieses Jahr stehen soll. Für so etwas hätte sie jetzt keine Zeit, bekommt Sie als Antwort. Also wendet Sie sich der familären Rechentechnik zu, um diese einer jährlichen Generalüberholung zu unterziehen. Während der Vater draußen die Schlachtung der Gans vorbereitet, sitzen Schwester und Mutter in der Küche, schauen Telenovelas und machen Salat. Sie fragt sich das 6. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Sie geht nach draußen und fragt den Vater welche Gans er schlachten will. Seiner Antwort folgend schlendert Sie in den Stall, holt die Gans und schlägt ihr auf dem Holzbock in gewohnter Routine mit der Axt den Kopf ab. Ihr Vater lächelt ein wenig. Sie nimmt den Hund an die Leine und will den Hof Richtung Straße verlassen um etwas zu erledigen. Ihre Schwester hält Sie auf, sie und Mutter würden jetzt mit dem Hund spazieren gehen. Zum 7. Mal fragt Sie sich: Warum bin Ich überhaupt hier?

Es gibt Abendbrot. Es herrscht die gewohnte, den vollen Mündern geschuldete Stille. Unterbrochen wird sie von Ihrer Frage, ob Sie ein Auto bekäme oder jemand Sie in die Stadt fahren könne - nach der Bescherung, betont Sie. Sie bekommt keine Antwort, stattdessen Fragen wo Sie hinwolle, mit wem Sie sich treffe und warum. Sie ignoriert die Andeutungen und fragt sich zum 8. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Die Bescherung ist lieblos, man legt die Geschenke auf den Tisch - Sie legt die Geschenke auf den Tisch. Sie merkt, dass man peinlich berührt ist. Sie haben nicht damit gerechnet etwas von Ihr zu bekommen. Nach einer Anstandsstunde im Wohnzimmer mit der Familie zieht Sie sich sich zurück und fragt sich zum 9. Mal: Warum bin Ich überhaupt hier?

Sie verlässt das Haus, atmet die kalte Luft ein, erfreut sich an dem Schneefall und die einhergehende Stille. Sie läuft den halbe Kilometer und tritt durch das Tor. Sie entfernt den Schnee von den Pflanzen und steht wie angewurzelt vor dem Stein auf dem das heutige Datum vor 15 Jahren steht. Sie erzählt sich selbst, dass sie dieses Jahr den Baum nicht schmücken konnte und fragt sich: Warum bist du nicht hier?
stabilo
Die Geschichte kommt mir so bekannt vor. Ghostwriter?