Zitat(stabilo @ 10 Sep 2007, 17:42)
Toller Beitrag, aber völlig an meiner Fragestellung/meinem Einwand vorbei.

Da will ich doch mal antworten:
Zunächst kann man sich ansehen, wie Frauen mit ihrem ersten und ihrem zweiten Kind umgehen. Das erste Kind wird den ganzen Tag beaufsichtigt und bespielt. Kommt dann das zweite hinzu, ist die Mutter viel mehr damit beschäftigt, für das erste Essen zu machen, Wäsche zu waschen u.s.w. Außerdem muss sie auch noch das erste Kind bespielen. Also teilt sie ihre Zeit, so dass jedes Kind nur die Hälfte der Zeit mit der Mutter verbringt.
Das setzt sich fort. Während eine Einzelkind-Mama nur halb so viel Essen kocht und halb so viel Wäsche wäscht, wie eine Doppelkind-Mama, wird letztere früher oder später das/die älteren Kinder beauftragen, auf die jüngeren aufzupassen. Die Einzelkind-Mama wird das selbst tun.
Wenn die Kinder erwachsen werden, fällt von den Eltern ne ganze Menge Verantwortung und Aufgaben ab. Die Kinder können sich nun selbst betun. Die freien Kapazitäten verwendet man für das, was einem lieb und teuer ist -- die Kinder. Außerdem sind die Kinder seltener zu greifen, also intensiviert man die Kontakte zu den Kindern.
Und jetzt tritt derselbe Effekt ein, wie bei kleinen Kindern: Viele Kinder bemuttern ist, wie einen Sack flöhe hüten. Der eine geht für ein Jahr nach Amerika, der zweite setzt seine Ausbildung in iregendeiner anderen Stadt fort. Und jetzt merken anderen Kinder, dass sie auch selbstständig geworden sind und finden es nicht mehr so toll, jeden Tag von Mami Schnitten für die Uni geschmiert zu bekommen. Das hatten sie doch die letzen fünf Jahre nicht (weil es einfach nicht zu schaffen war). Resultat ist: Auch die Kinder am Ort suchen sich ihre eigene Bude und freuen sich dann, wenn sie mal bei den Eltern zu Besuch sind. Die Eltern werden beizeiten einsehen, dass ihre Kinder erwachsen sind, und lernen ihr Leben neu zu ordnen.
Einzelkinder wachsen mit ihren Eltern viel enger auf. Damit machen Eltern und Kinder viel mehr Veränderungen einfach so mit, die schleichend vonstatten gehen. Es kann sich daraus kein Konfliktpotential entwickeln. Man kommt also nicht im entferntesten auf die Idee, etwas an der bestehenden Ordnug zu ändern. Man bleibt bei den Eltern, wenn das Studium beginnt. Man bleibt bei den Eltern, wenn der erste Job kommt usw.
Immer dann, wenn Kinder etwas das erste mal selstständig machen, machen sich die Eltern natürlicherweise Sorgen. Das führt zu Konflikten, bei denen sich die Geschwisterkinder gegenseitig helfen können. Sei es, dass die älteren den Weg für die jüngeren bahnen, sei es, dass sich die Kinder verbünden. Weil es aber meist funktioniert, werden die Eltern gelassener. Das funktioniert bei Einzelkindern anders.
Nun noch ein weiterer Effekt: Wir übernehmen viele Denkweisen von unseren Eltern. Irgendwann kommt der Augenblick, wo man realisiert, dass einiges von dem, was man selber will, eigentlich nur so ist, weil es die Eltern so wollen. In Wirklichkeit will man etwas anderes. Dieser Augenblick tritt teilweise erst Jahre nach dem Auszug aus dem Elternhaus auf. Wenn man nicht auszieht also nie. Dabei geht es nicht um Pubertät, sondern um Prägung. Und keine Eltern können alles richtig machen. Jeder betont etwas und vernachlässigt etwas. Je nachdem, was einem wichtig war und ist.
Bevor jetzt gleich wieder dagegen geschossen wird: Effekte von außen relativieren das Ganze natürlich. Aber sie wirken gleichermaßen auf Einzelkinder, wie auf Geschwisterkinder. Bei ersteren intensiver, bei letzteren fällt aber etwas von ihren Geschwistern mit ab. Bedenkt also: Es geht hier um den Unterschied zwischen Einzel- und Geschwisterkindern und nicht um den zwischen gebürtigen und Wahldresdnern.
So etwas länger, weil ich mich in wenigen Stunden in den Urlaub verabschiede.