Was haben die Brückenbefürworter nicht alles geredet und überzeugt. Die Brücke würde sich harmonisch ins Elbtal einfügen (ja, klar, mit riesigen Brückenpfeilern) und sogar die obersten UNESCO-Weltkulturerbe-Hirten würden die Brücke gutheißen.
Tja, entweder haben sie gelogen oder sie waren naiv. Beides ist für Entscheidungsträger eigentlich nicht hinnehmbar.
Auch das Material, das mit der Dresden-Bewerbung eingereicht wurde, enthielt Abbildungen der Brücke. Was aber nach DNN-Informationen fehlte, ist die genaue Stelle am Flusslauf, wo sie gebaut werden soll. Im Antragstext steht, dass die Bemühungen der Denkmalpflege zu einer "schmaleren und tiefergelegten" Brückenkonstruktion geführt hätten. Trotzdem ist bereits im Bericht der Unesco zum Dresdner Welterbe eine mögliche Gefährdung des Welterbes durch die neue Elbquerung erwähnt.
Außerdem gibts auch momentan nen schönen Artikel in der ZEIT über die tollen Dresdner, die sich ihrer eigenen Schönheit berauben: Artikel "Canaletto kaputt"
Zitat
Während die Verwaltungsmühlen mit bedrohlichem Knirschen mahlen, bleibt jedoch draußen am Waldschlösschenhang die Realisierung der Katastrophe unvorstellbar. Da erstreckt sich die Wiese endlos zum Strom hinab, da flanieren winzige Spaziergänger durch ein Panorama wie aus dem 19. Jahrhundert, da streuen alte Bäume goldenes Laub ins Blaue, und im Hintergrund, wenn man zu den Brühlschen Terrassen schaut, schwebt die Kuppel der Frauenkirche. Dresden vom rechten Elbufer oberhalb der Augustusbrücke: So hieß Canalettos erstes Ölgemälde, das er 1747 für August III. schuf, ein Waldschlösschen-Blick, nur etwas näher an die Stadt gerückt. Einerseits das sanfte Flussufer, andererseits die erhabene Frauenkirche: Dieser Zusammenklang aus landschaftlicher Weite und städtebaulicher Öffnung scheint den venezianischen Maler am meisten beeindruckt zu haben. Erst 1748 entstand das berühmte Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke, jener postkartenbeliebte Canaletto-Blick, auf den die Stadt sich so viel einbildet, dass sie glaubt, das Idyll am Waldschlösschen ruinieren zu dürfen.
--------------------
Nun in Berlin angekommen, aber noch oft in der Elbmetropole.
Die Dresdner Stadtregierung will mit allen Mitteln verhindern, dass das Weltkulturerbe verloren geht. Deswegen wird wohl in der heutigen Stadtratssitzung beschlossen, dass 3 kleinere Varianten der WSB geplant werden sollen, die am 23. Juli der Weltkulturerbekomission vorgelegt werden.
Das deutsche Finanzministerium prüft indes, ob Sachsen überhaupt Gelder ausgeben darf, wenn dadurch ein Weltkulturerbe gefährdet wird.
Verkehrsminister Tiefensee hat sich in einem Schreiben an Georg Milbradt gewandt, dass man doch nach einer verträglichen Lösung bei der Brücke, also nach einer kleineren Realisierung, mit der auch die UNESCO einverstanden ist, suchen sollte. Bis dahin sollte man mit dem Bauen warten.
Der sächsische Ministerpräsident Milbradt hingegen betonte noch einmal, dass es von Seiten der UNESCO keinen Verhandlungsspielraum gäbe. Käme an dieser Stelle eine Brücke, würde das Weltkulturerbe verloren gehen. Desweiteren betonte er, dass ein Bürgerentscheid auch nicht durch Bundesrecht gebrochen werden könne. Zudem sei es ein Unding, dass er aufgefordert würde, den Bau zu verhindern. Er werde nicht in den Konflikt eingreifen.
Die SZ bemerkte gestern zudem, dass immer noch 64% der Dresdner Bürger für den Bau der Brücke sind (laut einer repräsentativen Umfrage). Allerdings kommt ein Großteil der Befürworter aus schlechter gebildeten Schichten, die gleichzeitig das Weltkulturerbe nicht für wichtig erachten.
----- Kommentar: Zwei kleine Gedanken dazu: Irgendwie drehen sich inzwischen schon alle um die Brücke. Was auch verständlich ist. Unverständlich ist, was in den letzten 6 Monaten mit der Weltkulturerbekomission verhandelt wurde, bis die Verhandlungen scheiterten. Unverständlich bleibt auch, wieso Bundesregierung und Dresdner Stadtrat der Meinung sind, dass eine kleinere Brücke WKEverträglich sei (man will sogar 670.000 Euro zusätzliche Planungsgelder ausgeben) und Georg Milbradt aber das Gegenteil vertritt. Wie kommt es zu solchen Diskrepanzen zwischen Parteien, die im direkten Dialog mit der WKEKomission stehen?
Der andere Gedanke geht in Richtung "der Bürgerentscheid steht über alles". Wie ist es möglich, dass ein Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene gegen bundesdeutsches Recht verstoßen kann? Normalerweise wiegt doch der höhere Rechtsrahmen stärker? Und wie kommt es, dass Georg Milbradt - der Verfechter schlechthin der direkten Demokratie, wie es scheint - keinerlei Bereitschaft zeigt, die Grenzen für Bürgerentscheide (die in Sachsen sehr hoch sind) zu senken oder die sächsischen Bürger an der Entscheidung zur europäischen Verfassung zu beteiligen?