Zuersteinmal der der ganze Text:
Das "Anrennen gegen die Grenzen der Sprache" - Methoden des Schreibens und Strategien des Lesens.
Kurzgefasst, es ergibt sich aus dem Prozess des Schreibens immer ein eigendynamischer Charakter, ein besonderes lebendig sein des Literaten, daß jeglicher Schematik trotzt. Beim lesen kann man diese Entstehungsweise beruecksichtigen: wenn ich Schopenhauer so
langsam lese, wie er schreibt, lassen sich die Wurzeln im Geflecht seiner gewebten Saetze leichter hervorziehen. Anders bei Wittgenstein, den man auch durch die sehr strenge logische Verknuepfung der Knoten-Woerter,
hypertextuell lesen kann, oder auch Hegel, den ich selber nur
thematisch lese/exerpiere. Es gibt einfach nur kein "soll" bei der Hermeneutik. Wer kann dir denn verbieten, daß du Hemingway nicht auch so betrunken lesen kannst, wie er geschrieben wurde, oder noch einen Grad schaerfer in
komparatistischer Feinarbeit mit dem fabulierenden Werk des Dostojewskis erfaehrst? Dann gibt es noch Leute wie Proust, die derbe Gedaechtnisabdruecke aufzeigen und viele Figuren einfuehren und einfach mal vergessen. Kaum einer schreibt eben einen Text von vorne bis hinten einfach so linear durch, eher in Abschnitten, wie eine Zwiebel, Blatt fuer Blatt, Pause fuer Pause.
Soweit meine kleine Erfahrungswelt. Diese sonst schematische Herangehensweise wird bestimmt auch durch elektronischen e-book Handheld-reader auch ueber Suchfunktion etc. weiter eingeschraenkt werden.
Gilles Deleuze: Ich möchte noch etwas zur Lektüre sagen: Es gibt zwei Arten, ein Buch zu lesen: Entweder man betrachtet es als Schachtel, die auf ein Innen verweist, und man sucht also seine Signifikate und macht sich daran, wenn man noch perverser oder korrumpierter ist, auf die Suche nach dem Signifikanten. Auch das nächste Buch behandelt man wie eine Schachtel, die in der vorhergehenden enthalten ist oder sie ihrerseits enthält. Und man kommentiert, interpretiert, verlangt Erklärungen; man schreibt das Buch des Buches, bis ins Unendliche. Oder aber man liest auf die andere Art: Man nimmt das Buch als kleine asignifikante Maschine. Das einzige Problem ist, ob und wie sie funktioniert. Wie funktioniert sie für Euch? Wenn sie nicht funktioniert, wenn nichts passiert, muss man zu einem anderen Buch greifen. Jene andere Lektüre ist intensiv. Entweder kommt was rüber oder nicht, passiert etwas oder passiert nichts. Es gibt nichts zu erklären, zu verstehen, zu interpretieren. Wie bei elektrischen Schaltungen.
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Hast du mich verstanden?
Gruß und viel Spaß beim weiteren lesen.