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- Der Sammelthread für eure Kurzgeschichten -
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 27 Nov 2006, 17:32
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Vordiplom     
Punkte: 638
seit: 29.04.2006
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Aus dem Tagebuch eines neuen Taugenichts
„Scheisse, ist das heiß!“ denke ich mir, nehme mein Cap ab und wische mir wahrscheinlich zum hundertsten Mal über die Stirn. Okay, ich meine, is‘ klar, wir haben ja Mitte Juni, da ist das so, da muss das so sein, soll das so sein. Vor allem nach so einem beschissen kalten und verregneten Mai. Ich sitze in einem kleinen Eiscafè direkt an der Hauptstraße und rauche meine letzte Zigarette. Bis eben war noch meine Mum neben mir gesessen. Ich war mal wieder in der Gegend und da hatten wir uns auf ein Eis getroffen. Ausserdem bin ich mal wieder pleite und von meiner Mum kann ich immer etwas schnorren. Sie war zwar leicht entsetzt, dass ich mir zu meinem Schokoeis ein Bier bestellte, aber ich war gerade erst aufgestanden, da brauchte ich eins. Ich hocke also so alleine da, als gegenüber ein neuer schwarzer Golf parkt. Eine Frau steigt aus, ich schätze sie so auf Anfang 30. Sie hat eine dunkle Sonnenbrille auf, ihre blonden Haare sind nach hinten zusammengebunden. Ich finde, sie hat eine gute Figur und als sie über die Straße kommt, sehe ich auch ihr Gesicht besser und auch das gefällt mir. Ich lächle in ihre Richtung, sie sieht es und lächelt zurück. Ich beobachte wie sie zur Eistheke geht und sich vier Kugeln geben lässt. Sie bezahlt und leckt sofort daran. Irgendwie macht mich das an. Sie schaut wieder in meine Richtung und ich bilde mir ein, sie lächelt wieder. Ich nicke ihr freundlich zu und da kommt sie und setzt sich einfach an meinen Tisch. Ich bin etwas baff, grinse nur etwas doof, doch sie sagt freundlich „hallo“ und ich sage freundlich „hallo“ zurück. Erstmal sagt sie weiter gar nichts, schaut mich nur an und leckt weiter an ihrem Eis. Ganz klar, sie erregt mich. Ich nehme einen starken Zug von meiner Kippe. Nur um irgendwas zu sagen, frage ich: „Na schmeckt’s?“ und komme mir sofort dumm vor. „Ja, sehr gut. Ich liebe Zitroneneis“, antwortet sie und lächelt wieder. „Cool...ich bin übrigens Sven.“ „Claudia.“ Mehr sagt sie nicht. Sie leckt wieder an ihrem Eis und ich bekomme eine Steifen. „Oh man, wie peinlich!“ denke ich mir und werde bestimmt knallrot im Gesicht. Während ich noch hoffe, dass sie nichts merkt, sagt sie: „Hast du noch was vor heute?“ „Öhm, nein. Warum?“ „Mir isses zu heiss hier, wollen wir baden gehen?“ Überrumpelt wie ich bin, sage ich nur: „Klar. Wohin?“ „Ich kenn‘ da einen See.“ Also fahren wir. Nach 15 Minuten Fahrt parkt sie den neuen Golf auf einem Feldweg. Wir steigen aus und kommt zu mir her. Wortlos nimmt sie meine Hand und führt mich auf einem kleinen Trampelpfad durchs Geäst. Nach gefühlten zwei Minuten öffnet sich vor uns ein kleiner See. Ich bin kein großer Naturbursche, ich meine damit, ich hab keinen Sinn für diese ganze Ästhetik und Romantik. Aber hier gefällt‘s mir, es ist still und auch das Wasser hat ein beruhigende Wirkung auf mich. Ganz im Gegenteil dazu Claudia, die alles andere als beruhigend auf mich wirkt. Wir bleiben auf dem kleinen Holzsteg stehen und sie sieht mich mit diesem Blick an, den nur Frauen drauf haben. So einen, bei dem man nie weiss, was als nächstes kommt. In meiner Unbeholfenheit sage ich: „Ich hab keine Badesachen mit“, doch sie meint daraufhin nur „Macht nichts, ich auch nicht“, und beginnt auch sofort sich auszuziehen. Um nicht wie ein Idiot dazustehen folge ich ihrem Beispiel. Während ich noch dabei bin aus meiner Hose zu steigen höre ich auf einmal ein PLATSCH! Schnell streife ich noch die Shorts ab und mit einem Satz tauche ich ins kühle Nass ein. Wieder an der Oberfläche suche ich natürlich nach Claudia, doch ich kann sie nirgends entdecken. Einen Moment lang denke ich, sie will mich verarschen und braust bestimmt gleich mit ihrem Golf davon. Aber auf dem Steg liegen immer noch ihre Sachen. Ich drehe mich nochmal im Wasser im Kreis als Claudia plötzlich unmittelbar vor mir auftaucht. Erst bekomme ich einen Schreck und dann eine Latte als sie ihre Hände auf meine Schultern legt. Sie schwimmt immer näher an mich heran, doch als ihr Gesicht dicht vor meinem ist drückt sie mich unter Wasser. Ich kapiere erst mal gar nichts und kann in dem eher trüben Wasser auch nicht wirklich was sehen. Doch dann ist sie auf einmal wieder direkt vor mir und drückt mir unter Wasser einen Kuss auf. Ich ziehe sie an mich ran und unsere Körper schmiegen sich aneinander. Noch immer ineinander verschlungen tauchen wir wieder auf. Doch wir unterbrechen unser Liebespiel nur kurz um Luft zu holen. Claudia schlingt ihre Schenkel um meine Hüfte und ich krieg ihn bei ihr rein. Gleichzeitig schwimmend und stoßend verfalle ich in einen Rausch, dass mir ganz schwindlig wird. Und ihre Lippen! Noch nie hab ich vorher solche Lippen geküsst! Sie gibt leise Stöhnlaute von sich und auch ich merke wie ich langsam aber sicher zum Höhepunkt komme. Als es mir schließlich in ihr kommt ist ihr Jauchzen fast nur ein Hauchen. Sie hält sich immernoch an mir fest und so schwimme ich uns beide langsam zum Steg zurück, wobei sie ihren Kopf auf meiner Schulter hat. Wir legen uns Schulter an Schulter platt auf den Rücken und lassen uns von der Sonne trocknen. Nach einer Weile drehe ich mich zu ihr auf die Seite und streiche sanft mit meinem Zeigefinger über ihren Körper. Ich kann nicht eine einzige Falte sehn. Als unsere Blicke sich treffen sagen wir fast gleichzeitig: Bukowski!
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 28 Nov 2006, 08:07
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drawn to wisdom       
Punkte: 1230
seit: 20.10.2005
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Zitat(Lejanni @ 19 Jun 2006, 22:50) nun also es ist schon so dass der text bukowski geprägt ist. ich lese gerade sein buch "das liebesleben der hyäne". also zumindest in diesem buch sind seine dialoge nicht wirklich "auf höchsten niveau", kann dir gern auch ein paar beispiele geben... also ich versuche nicht verbissen wie bukowski zu schreiben. ich hab nur versucht eine erinnerung, ein erlebnis zu beschreiben und dabei nichts irgendwie zu verschönern, zu stilisieren, durch irgendwelche vergleiche, metaphern oder sonst was zu umschmücken. ich wollte einfach nur das schreiben. 
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 28 Nov 2006, 12:38
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Straight Esh         
Punkte: 14030
seit: 01.10.2003
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Nun es ist in der Tat nicht das größte Erlebnis, aber es geht. Überhaupt geht alles im Wasser etwas gemächlicher, trotzdem ist es gut, sich irgendwo festhalten zu können, bzw. auf dem Boden zu stehen. Man könnte zu dem Thema auch gerne die netten Damen und Herren mehr oder weniger Engel befragen, die zur Zeit mit ihren Schokobanane-Köstlichkeiten die Mensen unsicher machen. Die haben da bestimmt eine extravagante Meinung dazu, in etwa so: "Doch es gibt leider noch viele, die nicht aufgeklärt sind".
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bonum agere et bonum edere, sol delectans et matrona delectans (Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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 29 Nov 2006, 17:27
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Vordiplom     
Punkte: 638
seit: 29.04.2006
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Zitat(die_dan @ 28 Nov 2006, 11:17) Also ich muss mir da leider einen vorstellen, der sich nicht gewaschen hat und nach Bier und Rauch riecht. Aber gut, kommt ja Wasser vor. Ansonsten find ich die Sprache nich so wirklich schön, find ich gar nicht ästhetisch. UND: Ich frage mich, wie man "schwimmen und stoßen" gleichzeitig kann. Hat das ma jemand ausprobiert? Ich habe die Vermutung, dass man da nur schwer ums Ersaufen drumrum kommt. Erfahrungsberichte?   die sprache soll auch nicht schön sein. die ästhetik der poesie, pf, so ist es eben nicht immer. diese mystifizierung und stilisierung von liebe und zärtlichkeit und ach und je. manchmal geht es eben nur ums fi**en wenns euch nicht gefällt, ist das ja okay...aber nur weil es um sex geht ist es nicht gleich porno @yocheckit: die mutter ist neben ihrem sohn in dem eiscafe gesessen nunja lassen wir das... ich weiss nicht ob ich das hier schon mal gepostet hab: TräumeAls ich jung war, träumte ich davon, einmal etwas Besonderes zu sein. Ich träumte davon, die Welt zu verändern. Doch als ich erwachte, merkte ich, dass ich alt war und dass Träume allein, nichts wert sind. Dieser Beitrag wurde von Lejanni: 29 Nov 2006, 17:31 bearbeitet
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 29 Nov 2006, 19:50
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verkwirtsch         
Punkte: 4565
seit: 09.04.2004
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Zitat(Lejanni @ 29 Nov 2006, 16:27) die sprache soll auch nicht schön sein. die ästhetik der poesie, pf, so ist es eben nicht immer.  Hm okay, seh ich ein, is das dann der künstlerische Wert, von dem immer alle erzählen? So nach dem Motto "schreib doch so, wie der Assi von Nebenan redet"? Is ja ma was anderes... Zitat(Lejanni @ 29 Nov 2006, 16:27) nur weil es um sex geht ist es nicht gleich porno  Naja, in Verbindung mit der Sprache: Find ich irgendwie schon. Bin ich wohl zu sehr Mädchen, um das zu mögen, ich stell mir immer Kuschelsex in rosa Rüschenbettwäsche vor und das muss man dann wohl anders erzählen.
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 29 Nov 2006, 20:17
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Froschologe       
Punkte: 1018
seit: 19.06.2006
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Zitat „Ja, sehr gut. Ich liebe Zitroneneis“, antwortet sie und lächelt wieder. „Cool...ich bin übrigens Sven.“ „Claudia.“ Mehr sagt sie nicht. Sie leckt wieder an ihrem Eis und ich bekomme eine Steifen. „Oh man, wie peinlich!“ denke ich mir und werde bestimmt knallrot im Gesicht. Während ich noch hoffe, dass sie nichts merkt, sagt sie: „Hast du noch was vor heute?“ „Öhm, nein. Warum?“ „Mir isses zu heiss hier, wollen wir baden gehen?“ Überrumpelt wie ich bin, sage ich nur: „Klar. Wohin?“ „Ich kenn‘ da einen See.“ Also fahren wir. Am See frage ich sie: "Warum liegt denn hier Stroh?" Sie schaut mich geil an und fragt: "Warum hast Du denn eine Maske auf?" Ich gucke sie doof an und sage: "Weiß nicht, aber blas mir doch einfach einen!"
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Everybody knows that the boat is leaking Everybody knows that the captain lied
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 30 Nov 2006, 12:45
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Vordiplom     
Punkte: 638
seit: 29.04.2006
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muaha wie witzig, shark ich hab schon gemerkt, dass es euch nicht gefällt, hat keinen sinn weiter drüber zu reden... Der erste FrühlingstagIch saß dort und konnte die Zeit sehen. Ich sah die Jungen Fussball spielen. Ich sah die Mädchen zum Volleyballtraining gehen. Nichts hatte sich verändert. Es schien als sei die Zeit stehen geblieben. Nur wir hatten uns verändert. Nur wir, waren älter geworden.
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 30 Nov 2006, 13:05
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Hockeyprophi         
Punkte: 2765
seit: 22.01.2005
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Zitat(yocheckit @ 28 Nov 2006, 21:37) genau das hat an der geschichte gefehlt, um einen echten Bukowski draus zu machen..  Und noch mehr! Gerade das Ende zeigt nochmal offensichtlich, wie sehr sich versucht wird an Bukowski anzulehnen. Meiner Meinung nach - wenn ich diese Geschichte mit denen Bukowskis vergleichen muss - fehlt hier das Deftige, das Ekelhafte. Es wirkt irgendwie etwas lasch und fad. "C. Bukowski ist nicht nur ein außerordentlicher Autor, weil er außerordentliche Menschen und Situationen beschreibt. Er beeindruckt, ja überwältigt mit seiner selten zu lesenden Ehrlichkeit." - Günter Krall "Außerordentliche Menschen", "außerordentliche Situationen", "beeindruckt", "überwältigt" und "Ehrlichkeit"; das trifft genau auf "Hank Chinaski"  zu. Das fehlt hier leider. Bitte als einen Versuch konstruktiven Kritikgebens verstehen. Noch ein, zwei Geschichten, dann wird vielleicht was draus
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Nichts ist schöner als der eigene Geist!
Sp..T...A...Ges 8 .. 6.. 6 .. 12
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