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Waldschlösschenbrücke

Aberkennung Weltkulturerbe droht...
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post 14 Mar 2007, 21:01
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Straight Esh
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seit: 01.10.2003

Wen das Urteil im Volltext interessiert:
http://www.welterbe-erhalten.de/pdf/070313_ovg.pdf

Weiteres Interessantes ist, dass das deutsche Recht wohl nicht, wie 1976 bei der Unterzeichnung des Weltkulturerbevetrages angenommen, ausreicht um den Vertrag zu erfüllen, bzw. die Weltkulturstätten entsprechend zu schützen.

Weiterhin wurde lediglich entschieden, dass die am 30.08.2006 vom Verwaltungsgericht Dresden beschlossene aufschiebende Wirkung nicht mehr gilt.

Anderen Klagen gegen die WSB können durchaus geführt werden, nur muss halt in der Zwischenzeit gebaut werden. Im schlechtesten Fall führt das dazu, dass der Bau der WSB nach der Hälfte wieder abgebrochen werden muss. Im besten Fall wird die Brücke natürlich vollständig gebaut.


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bonum agere et bonum edere,
sol delectans et matrona delectans

(Verlängere dein Leben indem du hier und hier und hier und hier klickst!)
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post 14 Mar 2007, 22:00
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3. Schein
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@Gizz: Ich habe schon oft nach wirklich guten Gründen für diesen Konstrukt gesucht - aber keine gefunden. Auch in diesem Thread nicht. Und Brückenbefürworter kennen seit dem Bürgerentscheid ohnehin nur die Argumentationslinie "Da gab es mal nen Bürgerentscheid".

Ich möchte es einmal von der anderen Seite aufziehen: Es gibt grob gesagt zwei prinzipielle Gründe, eine Brücke zu bauen:

a) sie ist verkehrsbedingt notwendig
b) Prestige

Vor ein paar Jahren war a) teilweise noch gegeben. Heute (zwei Jahre nach dem Bescheid) wissen wir, das diese Brücke aus Verkehrssicht nicht mehr notwendig ist.

Also handelt es sich hier um einen Prestigebau. Aber dann sollte man andere Anforderungen stellen (Schönheit, Größe, Dimension, ...)

(Und ehe wieder das Argument Autobahn aufkommt: die ist verkehrsbedingt notwendig. Eine Schnellstraße nach Prag gibt es nicht, im Zuge der EU-Osterweiterung aber notwendig. Allerdings wäre hier die stadtferne Lösung besser gewesen ... denn es geht nicht darum, zwischen Pirna und Dresden für den doppelten Verbrauch 2 Minuten einzusparen)

@Chris: >>Im besten Fall wird die Brücke natürlich vollständig gebaut.<<

um sie dann vollständig wieder einzureisen? Dann wäre der Bürgerentscheid erfüllt ;-)

@tingel: die Rahmenbedingungen haben sich schon massivst geändert (mal von den Halb- und Unwahrheiten in der Abstimmbroschüre abgesehen):

Die Brücke sei verträglich mit dem Welterbetitel - damit versuchten die Befürworter Skeptiker zu besänftigen. Die Brücke paßt wunderbar rein - erst die unabhängige Simulation zeigte mal einen Blick auf die Neustädter Grotte. Das Blaue Wunder hält nur noch 10 Jahre - bis dahin muß es lediglich mal saniert werden. Ein Tunnel geht nicht - aber merkwürdigerweise nur bei den Befürwortern. Der Städtische Anteil beträgt nur so und so viel Mio - der Rest wird indirekt über kommunale Firmen abgewickelt. Der Stadt geht es gut - für die verschwiegene Haushaltsnotlage wurde die WOBA verschwerbelt. Die Verkehrsbelastung wird zunehmen - nun ist Dresden schnellste Großstadt Deutschlands. Nur die wesentlichsten Rahmenbedingungen ... nicht jeder einzelne Punkt jetzt dramatisch, aber in Summe durchaus ...
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post 15 Mar 2007, 00:10
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tangel
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Diese "massivsten" Änderungen der Rahmenbedinungen sehe ich so nicht - denn all das, was du anführst stand schon damals im Raum, kein Argument ist neu. Häßlich, teuer (wobei dieses Hickhack auch nicht ganz unschuld ist), Welterbe in Gefahr usw.
Ich behaupte mal, daß sich bei jedem Bürgerentscheid dies uns jenes nach ein paar Jahren ändern würde, somit ließe sich jedes Votum ad absurdum führen, wenn man es deswegen wiederholen müßte.


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post 15 Mar 2007, 00:20
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Physically Peter
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@ rene: es gibt hier dazu mehrere threads und in diesen dreht es sich hauptsächlich um das thema wink.gif


aber erstmal:
ein ultimatives argument, das alle sofort umhaut, wird es NIE geben
-> man hat immer Daten, die jemand auswerten und interpretieren muss.
(auch wenn jetzt wieder viele aufschreien werden; aber die welt ist nun mal nicht nur schwarz weiß)


btw. im januar gab es an der verkehrsfakultät zum thema auch eine disskusionsrunde mit mehreren leuten, die wirklich vom fach sind.

die gesamte video-aufzeichnung (ca. 2,5 h) gibt es hier: FSR Verkehr

Dieser Beitrag wurde von Gizz: 15 Mar 2007, 04:00 bearbeitet


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Hier steht nichts



Coca-Cola und die dynamische Welle sind eingetragene Schutzmarken der The Coca-Cola Company; koffeinhaltig
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post 15 Mar 2007, 00:28
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Herr Dachs
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tja nu baunse das teil
was juckts uns?

mir isses mittlerweile fast titte

steht halt ne brücke auf der wiese, davon wird das grass auch nich gelb
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post 15 Mar 2007, 02:00
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Straight Esh
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Soweit ich mich erinnere, war schon die Visualisierung der Brücke bekannt, aber wegen dem Weltkulturerbe wurde weder von den Befürwortern noch von den Gegnern ein Problem gesehen.

Wer nochmal nachlesen will, der findet hier nochmal das Abstimmungsbüchlein, was im Vorfeld ausgeteilt wurde und die Positionen der Stadt, der Befürworter und der Gegner zusammenfasst.

Auszüge:
Zitat
das bedeutet eine Förderung von gerundet 96 Mio. Euro. Kostenbeteiligung Dritter (DREWAG, Stadtentwässerung Dresden, DVB AG) ca.15 Mio. Euro. Der Eigenanteil der Stadt beträgt insgesamt 28 Mio. Euro.

Zitat
Im Jahre 1996 fand zur Frage der von fast allen – auch den heutigen Gegnern – für notwendig erachteten Elbequerung ein Workshop statt. [...] Das Gremium sprach sich einstimmig für die Waldschlößchenbrücke aus!

Zitat
Wird die Waldschlößchenbrücke nicht gebaut, verschlechtern sich die Verkehrsverhältnisse im Jahr 2015 auf den drei bestehenden Brücken drastisch, weil keinerlei Entlastungswirkung gegeben ist.

Zitat
Von den noch aufzuwendenden 119,1 Mio. Euro werden durch den Freistaat 96 Mio. Euro Fördermittel bereitgestellt. Der Eigenanteil der Landeshauptstadt beträgt 23,1 Mio. Euro, er ist im Haushalt der Stadt eingestellt!

Zitat
Gibt es eine Verkehrszunahme in der Innenstadt?
Durch eine erheblich bessere Verteilung der Verkehrsströme kommt es zu einer Verringerung um täglich 20.000 Fahrtenkilometer.

Zitat
Der Sanierungsbedarf ist riesig: Schulen 475 Mio. e, Kitas 117 Mio. e, Albertbrücke 20 Mio. e. Und nur für den Erhalt der Straßen, damit wir überhaupt weiter fahren können, 50 Mio. e in jedem Jahr!
Verfügbar ist nur ein Bruchteil des notwendigen Geldes.

Zitat
Die Carolabrücke wird um 15 % und das Blaue Wunder gerade mal um 9 % entlastet.
Aber Autofahrer werden diese Entlastungen kaum wahrnehmen. Sie liegen in den üblichen Schwankungen von Tag zu Tag.

Zitat
Diese große Brücke zieht einen zusätzlichen Verkehr von 20.000 Fahrzeugen am Tag neu in die Stadt hinein – insbesondere auswärtige Pendler und LKW-Fahrer.

Zitat
Das sind aber gerade einmal 61 % der Kosten. Die Differenz hat die Stadt auf jeden Fall zu tragen.
Sind 61 Millionen »fast Nichts«?

Zitat
Die ständig steigenden Kosten der Brücke werden derzeit mit 157 Mio. e angegeben. Und es wird noch weitergehen: Schallschutz, Materialpreise, Entschädigungen.

Zitat
Fahrzeuge am Tag fast vervierfachen. Ausgerechnet am Herz-Kreislaufzentrum werden – durch den Straßenverkehr verursacht – die Grenzwerte für Feinstaub überschritten. Feinstaub ist krebserregend und ruft Herz-Kreislaufkrankheiten hervor.

Zitat
Angeblich »braucht die Wirtschaft die Brücke«. Nur wofür? Es gibt keinen Mangel an freien Gewerbeflächen in Dresden, gut erschlossen und erreichbar. Kein einziger Investor hat je sein Engagement an den Bau der Waldschlößchenbrücke geknüpft.

Zitat
Die zahlreichen Klagen gegen den Brückenbau werden nicht durch den Bürgerentscheid, sondern vor Gericht entschieden. Ein rechtskräftiges Urteil kann Jahre dauern.

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post 15 Mar 2007, 02:13
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Straight Esh
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seit: 01.10.2003

Sehr lesenswert zu dem Thema ist auch der Thread bei eXma wink.gif
/index.php?showtopic=1642

Und der beweist eindeutig: wir wussten vorher wie hässlich und wie teuer das Ding wird.
Und außerdem: yocheckit hat es schon damals gewusst, dass die Brücke gebaut wird. Egal wie rofl.gif

/index.php?showtopic=5388
hier gings auch nochmal um das Thema Brücke und Bürgerentscheid ...

und natürlich die Anfänge dieses Threads ...
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post 15 Mar 2007, 14:02
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3. Schein
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zu der Podiumsdiskusion: ich habe mir die auch angeschaut - und mir wurde dabei eins deutlich: Ein Tunnel ist auch keine Lösung. Es geht hier nicht um die Notwendigkeit, sondern um Prestige - und dann ist ein Tunnel die falsche Wahl.

@Teuer: auch ohne den demokratischen Mehraufwand ist die Brücke weit teurer als alle anderen ...

@Welterbe in Gefahr: die Gegner hatten zwar Zweifel, die Befürworter hatten diese aber souverän ausgeräumt ...

@gizz: ja, es gab mehrere Threads dazu. Ich sagte ja auch, daß ich da nirgends eine sinnvolle Argumentationslinie finde ... zumindest eine, die man nicht sofort mit Fakten widerlegen kann oder die Notwendigkeit der Brücke einzig auf den Bürgerentscheid stützt ...

@Chris: es gab Ausschnitte der städtischen Visualisierung ... schön aus Vogelperspektive. Die wahre "Schönheit" zeigte zeigte aber erst Aachen.
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post 15 Mar 2007, 14:19
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Physically Peter
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Zitat
@gizz: ja, es gab mehrere Threads dazu. Ich sagte ja auch, daß ich da nirgends eine sinnvolle Argumentationslinie finde ... zumindest eine, die man nicht sofort mit Fakten widerlegen kann oder die Notwendigkeit der Brücke einzig auf den Bürgerentscheid stützt ...
*


und ich sagte, dass es sowas nicht gibt, du wirst besonders bei verkehrsprojekten immer begründete einwände finden...

-> das gilt für die pro und contra seite

€: und hier meinen die verantwortlichen leute (und die "jetzt angeblich manipulierte" dresdner mehrheit), es gibt mehr gründe für als gegen das vorhaben

Dieser Beitrag wurde von Gizz: 15 Mar 2007, 14:21 bearbeitet
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post 15 Mar 2007, 21:10
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Schneeweißchen
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Und selbst wenn ein neuer Bürgerentscheid durchgeführt werden würde, würde das Ergebnis wieder so ausfallen. Ich würd auch wieder dafür stimmern, weil ichs nich einsehe, warum man wegen einer Brücke nen Titel weggenommen kriegt. Ich besuch doch keine Städte, weil die irgendwelche Titel hat, sondern weil ich mir die Stadt an sich ansehen möchte. Der Zwinger, die Frauenkirche usw. werden deswegen nich einstürzen. Ich find das is einfach nur Erpressung. Und wenn ich höre, wie gesagt wird, dass es Deutschland nach dem Bau sehr schwer haben wird insgesamt noch mal für irgendwas nen Weltkulturerbetitel zu bekommen krieg ich einfach nur das kotzen. Es nervt langsam so dermaßen. Ich versteh gar nich was das soll. Die Carolabrücke ist auch nich hübsch. Das hat aber bei der Vergabe niemanden gestört. Da wollte niemand das die abgerissen wird. Was das soll?!


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Nixi-Pixie

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I know you'll never stay the same.
In time, most of us lose it.
But I'm hoping just the same,
You'll shine and learn how to use it.

Sekretärin des CDSEU
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post 15 Mar 2007, 21:52
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tangel
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seit: 18.01.2005

Außerdem wird man von der neuen Brücke super Fotos von der Altstadt schießen können. In dem letzten Artikel, wo Spiegel Online gegen die Brücke hetzt ist ein Foto zu sehen, wo die neue Brücke noch nicht mal drauf zu sehen wäre.
Ein Prosit auf deren Sachverstand! rofl.gif
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post 15 Mar 2007, 22:48
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3. Schein
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seit: 04.10.2005

Unesco hin, Unesco her - die Elbwiesen werden an der Stelle beeinträchtigt ... schon allein durch die Irrsinnigkeit, diese genau an der breitesten Stelle zu bauen ...

Auch wenn der Imageschaden hochgespielt wird: es ist ein Präzedenzfall werden. Was das bedeutet, wird man nicht wissen ...

Und sicher wird ein Unescosiegel unwichtig sein, wenn ein Bayer sich Dresden oder Leepzsch anschauen will ... aber wenn Leute von anderen Kontinenten kommen, kann die Unesco-Liste eine gute Grundlage sein. (auf mich bezogen: wenn ich nach Südamerika fahren würde, würde ich die Liste schon zu Rate nehmen...)

Und die Carolabrücke ist keine Schönheit, aber durch die flache Bauweise auch nicht so penetrant.

@Gizz: ich brachte das Beispiel A17 nach Prag ... hier ist eine Notwendigkeit da.
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post 15 Mar 2007, 23:49
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Physically Peter
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seit: 09.11.2004

wie gesagt, wir drehen uns im kreis, dies alles steht im prinzip auch in den threads:

erstens:
die brücke wird jetzt gebaut, um dies zu verhindern müssen argumente gebracht werden.
jetzt schauen wir uns mal die gängigen hauptargumente gegen die brücke an:

unesco welterbe ist bedroht
dazu steht hier auch schon viel

-> das halte ich, wie in potsdam für eine leere drohung und selbst wenn, juckt es doch kaum.
zum x-ten mal: keiner reist in eine stadt, nur weil es weltkulturerbe ist
ich würde jetzt sogar behaupten, dass das aberkennen bei entsprechender medialen aufmerksamkeit auch förderlich sein kann

ich kann mich da nicht mehr sonnen/radfahren
dazu steht hier auch schon viel

-> bedarf keine erläuterung

sie ist häßlich
dazu steht hier auch schon viel

-> bedarf auch kein erläuterung

sind das wirklich argumente, die auf verkehrsdaten (wofür die brücke gebaut wird) beruhen?



zweitens:
und das die notwendigkeit zur a17 das ist, sagts du auch nur, da du die daten auf eine bestimmte art und weise interpretierst (und vermutlich auch emotional unbelasteter an die sache rangehst)

-> ich kann dir dazu nur (wie auch schon chris etc.) die vorlesungen an der verkehrsfakultät empfehlen yes.gif

Dieser Beitrag wurde von Gizz: 15 Mar 2007, 23:52 bearbeitet
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post 16 Mar 2007, 03:21
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Straight Esh
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seit: 01.10.2003

Zitat(Even @ 15 Mar 2007, 20:10)
Ich find das is einfach nur Erpressung. Und wenn ich höre, wie gesagt wird, dass es Deutschland nach dem Bau sehr schwer haben wird insgesamt noch mal für irgendwas nen Weltkulturerbetitel zu bekommen krieg ich einfach nur das kotzen. Es nervt langsam so dermaßen. Ich versteh gar nich was das soll.
*

Gut, ich werde es dir erklären. Erstmal ist es keine Erpressung, weil bei Erpressung geht es um Bereicherung. Den Fall den du meinst, bezeichnet man als Nötigung. Aber wir wollen uns nicht mit Haarspaltereien aufhalten.

Die Idee die hinter dem Weltkulturerbe steht ist relativ simpel. Man möchte gerne bedeutende und besonders schöne Bauwerke und Landschaften für die komplette Menschheit erhalten. Auch der Schutz gegen Zerstörung durch wandel der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist ein Kernpunkt. Damit dies möglich wird wurde 1972 eine UNESCO Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt verabschiedet. Es steht jedem Staat frei, diese Konvention zu unterzeichnen. Tut man es aber, so erkennt man deren Artikel 4 an, der folgend lautet:
Zitat
Jeder Vertragsstaat erkennt an, daß es in erster Linie seine eigene Aufgabe ist, Erfassung, Schutz und Erhaltung in Bestand und Wertigkeit des in seinem Hoheitsgebiet befindlichen, in den Artikeln 1 und 2 bezeichneten Kultur- und Naturerbes sowie seine Weitergabe an künftige Generationen sicherzustellen. Er wird hierfür alles in seinen Kräften Stehende tun, unter vollem Einsatz seiner eigenen Hilfsmittel und gegebenenfalls unter Nutzung jeder ihm erreichbaren internationalen Unterstützung und Zusammenarbeit, insbesondere auf finanziellem, künstlerischem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet.

Vollständige Konvention

Der Status Weltkulturerbe ist nicht nur ein Prädikat, dass man von einer Gruppe Historikverliebter aufdrücken lässt. Vielmehr muss sich jedes Land, jede Stadt, die diese Auszeichnung erhält, darum bewerben. Des weiteren erkennt man mit der Bewerbung nicht nur an, dass man eben diese Auszeichnung erhält, sondern damit auch eine Reihe Verpflichtungen, um die ausgezeichnete Stätte zu erhalten.
Trotzdem kann man nicht von Nötigung sprechen, wenn die Welterbekommission droht, den Status zu entziehen. Denn die Kommission ist lediglich ein Gremium, was beauftragt ist, festzustellen, welche Stätten den Status erfüllen. Tuen sie dies nicht mehr, ist es eine natürliche Folge, dass sie von der Liste wieder gestrichen werden (was übrigens noch nie vorgekommen ist). Für eine Nötigung fehlt aber, dass die Drohung verwerflich (sozial unerträglich / sozialethisch zu missbilligen) ist. Denn man kann der Welterbekommission nicht vorwerfen, dass der Hinweis auf den Verlust eines Welterbestatus sozial unerträglich sei (die Staaten haben ja die Konvention anerkannt, und auch unter der Bevölkerung herrscht mehrheitlich die Meinung vor, dass ein Weltkulturerbe nichts schlechtes ist).

Ich hoffe, dass du jetzt die Bedeutung, die hinter einem Weltkulturerbe steht erkannt hast. Jetzt werde ich dir erläutern, warum das Urteil solche Auswirkungen auf Deutschland haben kann.

Im Urteil wird festgestellt, dass der Bürgerentscheid ein Akt mit direkter Bindung ist. Dem gegenüber hat man festgestellt, dass die Bindung aus der Konvention zum Weltkulturerbe, die Deutschland 1976 unterzeichnet hat, bestenfalls eine mittelbare ist. Ob überhaupt eine Bindung besteht, ist unklar und konnte im Rahmen des Urteils nicht herausgefunden werden. Klar ist nur, dass keine direkte Bindung besteht. Deswegen wird der Bürgerentscheid mit seiner direkten Bindung über den Weltkulturerbestatus gestellt.
Dummerweise verpflichtet sich aber jeder, der die Konvention unterschreibt, alles Mögliche zu tun, um die Stätten auch an die nächste Generation weiterzugeben. Man könnte jetzt sagen, dass ein Bürgerbegehren so ein ungeheurer Akt der Demokratie ist, dass nichts darüber geht. Doch es existieren Gesetze, die die Grenzen eines Bürgerbegehrens aufzeigen, z.B. dass nicht direkt in den Finanzhaushalt eingegriffen werden darf. Folglich wäre es auch möglich ein Gesetz zu erlassen, dass ebenso den Eingriff in ein Weltkulturerbe verbietet. Solch ein Gesetz gibt es aber nicht.
Damit ist klar, dass Deutschland die Pflichten aus der Konvention nicht erfüllt. 1976 war man der Meinung, dass der Schutz von Weltkulturerbe durch die aktuelle Gesetzgebung genügend erfüllt sei. Das Urteil hat gezeigt, dass es dies nicht ist. Dadurch, dass Deutschland seinen Pflichten nicht nachkommt, kann die Welterbekommission nicht davon ausgehen, dass Deutschland fähig ist, Weltkulturerbe konsequent zu schützen.
Das Interessante an der Konvention ist, dass der Fall, dass ein Weltkulturerbe nicht mehr besteht, nicht vorgesehen ist. Die Rote Liste dient dazu, alle Kräfte des Staates und auch der internationalen Staatengemeinschaft zu bündeln, um das Weltkulturerbe wieder zu sichern.
Wie die Folgen ausfallen ist ungewiss. Man kann sich aber denken, dass ein Staat, der seinen Pflichten aus der Konvention nicht nachkommen kann, keine neuen Weltkulturerben anmelden kann. Darüber hinaus könnte es durchaus passieren, dass alle deutschen Stätten auf die Rote Liste aufgenommen werden (eben aus dem Grund, weil es nicht sicher ist, dass sie erhalten werden können). Im schlimmsten Fall werden alle deutschen Weltkulturerbestätten aus der Liste gestrichen. Wie sich das internationale Ansehen entwickelt, sollte so ein Fall eintreten, kann man sich ja vorstellen.

Das war jetzt etwas lang, aber ich hoffe, ich konnte einigermaßen klar machen, von welcher Bedeutung die ganze Sache mit dem Weltkulturerbe ist, die weit über die 20.000 Autos zusätzlich in der Stadt, der Verteuerung der ÖPNV-Tickets und der Zerschneidung von zwei Elbwiesen hinausgeht.

Wenn du noch Fragen hast, bin ich gerne bereit darauf einzugehen.


@Gizz: den Verweis auf die Vorlesungen der Verkehrsfakultät kannst du bleiben lassen, solange du dort nicht genügend mitgenommen hast um uns hier glaubwürdig darlegen zu können, warum 20.000 Autos mehr in der Stadt die Verkehrslage verbessern sollen. Denn wenn schon du das nicht mal im Ansatz kannst, wie soll es jemand schaffen, der sich vielleicht eine Vorlesung zu dem Thema anschaut. Und hierbei sind leider diejenigen in der Beweispflicht, die die Lösung mit mehr Verkehr vorschlagen.
Differenzplan der Brückenbefürworter
Ich begreif leider auf dem Differenzbild nicht, wie es Strecken geben kann, auf denen sich das Verkehrsaufkommen erhöht, obwohl sich auf allen angeschlossenen Strecken das Verkehrsaufkommen senkt. Das geht irgendwie logisch nicht, wo kommen denn die Autos her? Fahren die nur auf der Petersbuger hin und her?
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post 16 Mar 2007, 04:07
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3. Schein
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Punkte: 167
seit: 04.10.2005

>>und das die notwendigkeit zur a17 das ist, sagts du auch nur, da du die daten auf eine bestimmte art und weise interpretierst<<

ich machte meinen Zivi in der Nähe der B170 ... und das war noch vor dem EU-Beitritt. Und was da an Verkehrsbelastung durch die Dörfer ging, war schon hart am Limit. Man kann nun streiten, ob eine einfache, gut ausgebaute Bundesstraße es auch getan hätte ... oder eine Stärkung der Rollenden Landstraße ... oder eine Verlegung des LKW-Grenzüberganges ... auf jeden Fall besteht auf der Strecke ein akutes infrastrukturelles Problem. Das ist in Dresden nicht mehr ...

@Chris: die Frage hatte ich beim Differenzplan auch gehabt ;-)
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